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Auf den Spuren des 'großen Unbekannten'

  • Alexander Ritter (Hg.): Charles Sealsfield. Perspektiven neuerer Forschung. (SealsfieldBibliothek 1) Wien: Edition Praesens 2004. 244 S. EUR 37,00.
    ISBN: 3-7069-0197-8.
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Die vorliegende Sammlung ist das Ergebnis eines Symposions der Internationalen Charles-Sealsfield-Gesellschaft, Wien, das anlässlich deren Gründung 2002 veranstaltet wurde und als erster Band der Reihe »SealsfieldBibliothek« in der Wiener Edition Praesens www.praesens.at erschienen ist. 1 Die Beiträge widmen sich der kulturellen Identität und dem Amerikabild Sealsfields (Alexander Ritter), der gegenwärtigen Forschungssituation (Wynfrid Kriegleder), dem europäischen Kontext zwischen 1815 und 1830 (Paul Michael Lützeler), dem bei Sealsfield beinah lebenslang aktuellen Thema der Sklaverei (Heike Paul), Sealsfield aus der Sicht der Gender Studies (Gabriela Scherer), Sealsfields bekanntestem Roman Das Cajütenbuch (1841), gelesen als »autoethnologischer Topos« (Gustav Frank), der Rezeption in Lesebüchern der k.u.k. Monarchie und bei den österreichischen Emigranten seit 1933/38 (Primus-Heinz Kucher), der Rezeption in Böhmen und Mähren (Jörg Krappmann), der Mehrsprachigkeit und interkulturellen Erfahrung (Gustav-Adolf Pogatschnigg) und schließlich der »Entstehung einer weiblichen Leitfigur« in dem 1839 erschienenen Roman Die deutsch-amerikanischen Wahlverwandtschaften (Jerry Schuchalter).

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1. Zwischen Identität und Anonymität

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Als ›Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika‹ hat sich Charles Sealsfield alias Carl Postl (1793–1864) seit seinem ersten Amerika-Aufenthalt in den Jahren 1823–26 bezeichnet. Seine neue Identität ist zunächst weniger die Folge eines freiwilligen kulturellen Wandels als einer persönlichen Notwendigkeit. Postl, geweihter Priester und Sekretär des Großmeisters des Kreuzherrenordens in Prag, war 1823 nach den Vereinigten Staaten geflohen, vermutlich weil er sich mit dem Leben im Kloster und dem repressiven politischen Klima in Europa nicht mehr arrangieren konnte oder wollte. Nach (oder vielleicht schon unmittelbar vor) seinem Landgang nimmt er eine folgenreiche und schwerwiegende Umdeutung seiner Identität vor, die zum einen pragmatisch begründet scheint (er wird auch noch nach seiner Flucht polizeilich gesucht), zum anderen aber und tiefer gehend die Bande zur Alten Welt vollständig lösen soll. Aus Carl Postl wird Charles Sealsfield, und diese beiden Figuren blicken geradezu janusköpfig in zwei Richtungen: der eine ins alte Europa, der andere in die Neue Welt, die politischen Liberalismus, Demokratie und ein besseres Leben verspricht.

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Dieser Verlust und Gewinn von persönlicher und kultureller Identität hat die biographische und literaturwissenschaftliche Forschung beschäftigt und Sealsfield aus gutem Grund zu einem Modellfall interkultureller Analyse gemacht. Seine anfängliche Zweisprachigkeit – den Reisebericht Austria as it is (1828) schreibt er in Englisch – spiegelt diese doppelte Identität auf literarischer Ebene. Sealsfield beginnt 1827 zu publizieren, bringt es in den 1840er Jahren aufgrund von offenbar in hohen Auflagen verbreiteten Raubdrucken in den USA sogar zum ›greatest American author‹ und gerät ab 1848 zusehends in Vergessenheit. Kurz davor sind im Stuttgarter Metzler Verlag seine Gesammelten Werke erschienen. Das jähe Schwinden des Interesses hat die Sealsfield-Forschung bisher mit Veränderungen im Publikumsgeschmack und den Marktbedürfnissen nach 1848 erklärt. Für die Vereinigten Staaten hat Nanette Ashby festgestellt, dass »when he returned to the United States in 1853, he found his works given place in the libraries but forgotten by the people«. 2 Tatsächlich ist Sealsfield mit dem Erscheinen eines Artikels am 20. März 1844 im Boston Daily Advertiser, der ihm das hochtrabende Attribut des »greatest American author« einbringt, eine Zeit der Popularität gegönnt.

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Zur nicht immer leicht überschaubaren Publikations- und Übersetzungsgeschichte kommt die Anonymität bzw. Pseudonymität des Schriftstellers, die seinen zeitgenössischen Lesern eine vollständige Identifikation der Texte mit einer von einem Erwartungshorizont gesteuerten Autor-Vorstellung kaum möglich macht. Erst mit der Metzlerschen Werkausgabe lüftet Sealsfield das Geheimnis seiner Autorschaft, davor hat er seine Bücher entweder anonym publiziert oder ist lediglich als Herausgeber aufgetreten.

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2. Geschichte – Geschlechtlichkeit – Utopos

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Damit ist der biographische und literarhistorische Hintergrund angedeutet, auf den die Beiträge des Bandes Bezug nehmen. So fokussiert Paul Michael Lützeler in seiner kurzen Darstellung den Zeitraum 1815–1830 und setzt Sealsfields erste Veröffentlichungen Die Vereinigten Staaten von Nordamerika (1827) und Austria as it is (1827) in Bezug zu einigen Publikationen dieser Zeit: Von dem Wiederaufbau der europäischen Staaten-Gesellschaft von Claude Henry de Saint-Simon und Augustin Thierry, Napoleons Biographie Mémorial de Sainte Hélène, Victor Hugos Fragment d’histoire (1829), Giuseppe Mazzinis politischen Schriften und Heinrich Heines Reisebildern. Saint-Simon / Thierry und Napoleon stellen sich gegen die restaurative Politik nach dem Wiener Kongress und diskutieren Wesen und Aufbau Europas nach 1815. Hugo favorisiert Fortschritt und Technik als wesentlich für die Emanzipation des Menschen und damit Amerika gegenüber Europa. Während Sealsfield auf der Suche nach Alternativen zu Europa seinen Blick auf die Vereinigten Staaten richtet, trifft jener Heinrich Heines auf Paris und Napoleon. Die Schlussfolgerungen Lützelers aus dieser Konstellation sind jedoch oberflächlich ausgefallen: Dass Sealsfield in seinen Texten europäische und amerikanische Verhältnisse einander gegenüberstellt, Amerika aus eigener Anschauung kennt usw., ist bereits bekannt und erhellt den mit diesen Texten umrissenen Europa-Diskurs nur wenig.

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Aufschlussreicher liest sich hingegen Heike Pauls Analyse des Motivs der Sklaverei in Sealsfields Romanen. Als Apologet des amerikanischen Südens – und damit der Sklaverei – widmet sich Sealsfield diesem Thema zwar nicht intensiv, doch für sein Amerika-Bild spielt es eine wichtige Rolle und zeigt nicht zuletzt dessen Widersprüchlichkeit aus heutiger Sicht. Wenn Sealsfield also Freiheit und Individualität als zentrale Eigenschaften der Neuen Welt propagiert, schließt das die Leibeigenschaft mit ein. Paul möchte der bisherigen Diskussion der Sklaverei bei Kriegleder, Grünzweig und Sammons 3 eine weitere Ebene hinzufügen: Zum einen fasst sie die Sklaverei und den damit verbundenen Diskurs (Gewalt, Rassismus usw.) als »ein Unbewusstes der Sealsfieldschen Textualität« (S. 47) auf, als »wiederkehrendes Verdrängtes« (S. 48), was nichts anderes bedeutet, als dass die direkte Rezeption, wie sie bei Kriegleder und Sammons vorherrscht, durch eine indirekte, typologische Rezeption in Form von unbewussten Übernahmen zeitgenössischer Diskurspartikel zu ergänzen ist. Pauls Analyse, die, wie sie in einer Fußnote bemerkt, Anregung für weitere Überlegungen sein soll, ist dennoch zu kurz geraten und verrät nur wenig darüber, zu welchen Ergebnissen eine solche Diskursanalyse gelangen könnte.

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Sealsfield aus der Sicht der Gender Studies ist ein bisher noch wenig beachteter Aspekt, wie Gabriela Scherer in ihrem Beitrag feststellt, zumal der soziale und vor allem geschlechtliche Kosmos Amerikas in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts »ein männliches, weißes, bürgerliches Subjekt« (S. 58) privilegiere, was sich auch in Sealsfields Romanen in Form von Abwertungen ethnischer Gruppen wie der Indianer, der Schwarzen und Mestizen spiegelt. Die Frau wiederum entspricht dem zeitgenössischen bürgerlichen Bild der Mutter, Hausfrau und Gattin, das durch Sealsfields möglicherweise auch außerhalb des Ordenslebens durchgehaltenes Zölibat noch bestärkt wurde. Scherers nicht sehr tiefschürfender Beitrag meint schließlich: »Sealsfields Gesamtwerk auf subversive Variationen zeitgenössischer Ideologeme, Diskurse und Diskursstrategien hin abzuklopfen, ist eine Herangehensweise an Charles Sealsfield, die Autor und Werk, die unter diesem Namen geführt werden, aus der Sicht der Gender Studies zu einem lohnenden Untersuchungsgegenstand für die Erforschung eines dunklen Kontinents eigener Art machen« (S. 63). Die Autorin entledigt sich dieser Aufgabe leider nur mit dem Hinweis auf einige Textstellen in Sealsfields Romanen, womit ihre Aufgabenstellung, Sealsfield im Licht der Gender Studies zu analysieren, nur angedeutet bleibt.

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Dafür bietet Alexander Ritter mehr: Er setzt in seinem Beitrag die Thematik um den Zusammenhang von Identität und Amerikabild Sealsfields fort, die er in anderen Beiträgen – jeweils mit anderen Analyseschwerpunkten – behandelt hat. 4 Bei seiner Beschäftigung mit den Romanen Die deutsch-amerikanischen Wahlverwandtschaften (1839) und Das Cajütenbuch (1841) geht Ritter von einer bemerkenswert engen Verschränkung von Biographie und Werk aus. Die transkulturelle Relevanz von Sealsfields Werk und Biographie beschreibt Ritter anhand der Schiffsüberfahrt in den Wahlverwandtschaften, die rund die Hälfte des Romans einnimmt. Die Überfahrt lässt sich – in Ergänzung zu Ritters Ausführungen – gleichsam wie ein Übergangsritus fassen, wie ihn Arnold van Gennep und Victor Turner umrissen haben. 5 Der Übergangsritus beschreibt den Wechsel eines Menschen von einem Zustand in einen anderen. Dieser Wechsel wird in Form eines Rituals durchlaufen und kennt auch einen Zustand, der zwischen Ausgangspunkt und Ziel steht. Jener Zwischenzustand wird als liminale Phase bezeichnet, d.h. das Subjekt gehört weder dem alten noch dem neuen Zustand an.

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In genau dieser Lage befinden sich auch die Auswanderer auf dem Schiff: Sie gehören nicht mehr ihrer Heimat an, sind aber auch noch nicht Bestandteil der Neuen Welt. Dieses weder hier noch dort Sein hat in Sealsfields Roman einen auf den ›amerikanischen Zustand‹ vorbereitenden Charakter, zumal der Kapitän die gesellschaftliche Ordnung an Bord von der großen in die kleine Welt des Schiffes reflektiert und eine Ordnung schafft, die allerdings mit der realen des Ziellands nicht übereinstimmen muss. Daran schließt sich die »Charakterbewährung als Voraussetzung für die Aufnahme in die amerikanische Gesellschaft« (S. 79) an. Auch der Weg von Morse im Cajütenbuch ist von den Stationen »›Aufbruch‹ –›Weg‹ –›Ankunft‹« (S. 81) geprägt und wird deshalb mit einer qualitativen Zuschreibung als »Läuterungsprozeß« (S. 81) bezeichnet. Eine Ergänzung zu Gabriela Scherers Beitrag über Sealsfield aus der Sicht der Gender Studies stellt Ritters Kapitel über das »anti-emanzipatorische Frauenideal der Klassengesellschaft« dar. Auch hier ist es wieder der biographische Hintergrund Sealsfields (Priestertum, Zölibat, vermutlich kein oder wenig intimer Kontakt zu Frauen), der ein passives Frauenbild in seinem Werk begünstigt.

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Mit den Deutsch-amerikanischen Wahlverwandtschaften beschäftigt sich auch Jerry Schuchalter, die er als bemerkenswert in zweierlei Hinsicht beurteilt: Zum einen setze sich dieser Roman »radikaler und kompromissloser als bisher mit seiner [Sealsfields] Amerika-Vision auseinander« (S. 202), zum anderen präsentiert Sealsfield mit Dougaldine die »einzige weibliche Gestalt [...], die mehr als nur eine Folienfunktion ausübt« (S. 203). Der Roman erschöpft sich nicht nur in ihrer Suche nach einem Bräutigam, sondern reflektiert vielmehr »die Suche nach einer idealen Lebens- und Gesellschaftsform« (S. 203), die Schuchalter überzeugend anhand dreier Variationen der Wahlverwandtschaften im Text darstellt: Krise der Geldwirtschaft, Deutschland als moderner Staat, Amerika und seine »patriarchalisch-republikanischen Tugenden« (S. 204).

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Gustav Franks ausführliche Beschäftigung mit dem Cajütenbuch als »autoethnologischem Utopos« dreht sich »um die Unterscheidung mit Bedeutung aufgeladener topographischer und geopolitischer, letztlich jedoch sprachlich-literarisch entworfener semantischer Räume« (S. 144). Raumwechsel, so bemerkt er weiter, verliefen immer auch als einschneidende Lebenswechsel der Figuren. Die ›frontier‹ als Utopos meint nun einen unerreichbaren Ort, der geradezu zum Mythos wird, weil er aufgrund seiner Entfernung mit Vorstellungen aufgefüllt wird, die ihn seiner Faktizität mitunter berauben können. Das wirft die Frage auf, »was gerade damit für die deutsche literarische, epistemische, soziale und politische Problematik der 1830er und 40er Jahre geleistet wird« (S. 115). Frank untersucht schließlich die »Systematik topographischer, politischer, sozialer und semantischer Räume im Cajütenbuch« (S. 117) unter anthropologischen Gesichtspunkten und mit Rückgriff auf das Ritual- bzw. Transitionsvokabular Turners und van Genneps. Die im Titel seines Aufsatzes angedeutete Männerwelt analysiert Frank als eine »homosoziale Gemeinschaft« (S. 147), die der »Reproduktion von Männlichkeit« (S. 147) dient. Auch die ›frontier‹ ist ein Ort, der ganz im Sinn der Transitionsproblematik der Bewährung junger Männer dient. Franks Beitrag gehört mit seiner ausladenden und eingehenden Diskussion der angedeuteten Fragestellungen sicher zu den gelungensten dieses Sammelbands.

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Der Transkulturalität, der »Mehrsprachigkeit als literarische Technik« ist Gustav-Adolf Pogatschniggs Beitrag verschrieben. Er untersucht ebenfalls überzeugend »Sealsfields Vorliebe für fremdsprachige Einschlüsse« (S. 182) und seine Sprachenmischung und verortet diese schließlich nicht in einer Exotik, sondern in einem vom Autor intendierten ethnologischem Realismus und Streben nach Authentizität.

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3. Die Mühen der Rezeption

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Zwei Aufsätze widmen sich der Rezeption von Sealsfields Werk vor allem nach dessen Tod. Primus-Heinz Kucher kommt zu dem ernüchternden, aber naheliegenden Ergebnis, dass die Rezeption nach 1848, vor allem aber im 20. Jahrhundert, außerhalb des literaturwissenschaftlichen Diskurses nur mehr punktuell stattfindet. Zeugnisse dafür sind die in diesem Zusammenhang oft zitierte Anthologie Deutsche Erzähler (1912), herausgegeben von Hugo von Hofmannsthal, die Hinweise auf Sealsfield bei Albert Ehrenstein und Ernst Waldinger im amerikanischen Exil, beiläufige oder direkte Bezugnahmen von Peter Handke oder aus jüngerer Zeit von Erich Hackl. 6 Auch die von Jörg Krappermann dargestellten »vier Etappen der Sealsfield-Rezeption in Böhmen und Mähren« verlaufen im Wesentlichen nach diesem Schema, wobei die Rezeption in Mähren schon zu Sealsfields Lebzeiten trotz seiner Popularität in den 1840er Jahren kaum merkbar ist.

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Diese Beispiele zeigen zwar keine kontinuierliche, dennoch aber latente Rezeption des Sealsfield’schen Oeuvres. Die Rezeption außerhalb der Wissenschaft wird durch die Neuausgabe einiger Werke Sealsfields zumindest angeregt: Das Kajütenbuch ist im Moment in zwei Ausgaben lieferbar, die Neuausgabe des Romans Süden und Norden wird gerade vorbereitet, weitere sollen folgen. Die Sealsfield-Forschung selbst steht zumindest in den letzten drei Jahrzehnten auf festen Beinen, wenngleich sie wie jedes lebendige Gebiet von einigen Desiderata begleitet ist, wie Wynfrid Kriegleder in seinem Forschungsüberblick darlegt: die interdisziplinäre Aufarbeitung von Postl / Sealsfields Prager Jahren als Mitglied des Kreuzherrenordens, neue Werkeditionen (v. a. die Erschließung seiner journalistischen Arbeiten), nicht zuletzt eine neue Sealsfield-Lektüre mit dem Ziel einer noch differenzierteren Verortung seiner Texte im Gattungssystem und in der Literaturgeschichte.

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Ergänzt wird der Sammelband durch den Hinweis auf eine Publikation zu Sealsfields 100. Geburtstag im Jahr 1893 in den »Jahresberichten für neuere deutsche Litteraturgeschichte« und einem bisher unbekannten Brief aus dem Jahr 1822, den Postl / Sealsfield an den Mathematiker Ladislav Josef Jandera gerichtet hat. Wie immer nützlich ist Alexander Ritters Sealsfield-Bibliographie, die diesmal den Zeitraum von 2000 bis 2003 abdeckt.

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Charles Sealsfield. Perspektiven neuerer Forschung beweist einmal mehr die Existenz Sealsfields in der germanistischen Forschung. Dass Sealsfields Texte und ihre Rezeption ein lohnendes Terrain für die Komparatistik darstellen, liegt mindestens aufgrund des bei Sealsfield intensiv vorhandenen Wechselspiels von Kultur (Amerika) und Gegenkultur (Europa) auf der Hand. Von dieser Seite sind noch weitere erhellende Beiträge zu erwarten.

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Tiefschürfendere Analysen hätten dem Band eine größere Tragweite in der Sealsfield-Forschung beschieden, zumal die theoretischen Einleitungen zu einigen Beiträgen interessante Erkenntnisse versprechen. Die Fragen, die man an Sealsfield, sein Werk und seine Zeit stellen kann, sind also noch längst nicht aufgebraucht, sondern stellen sich unter neuen methodischen und theoretischen Vorgaben immer wieder anders. Dieser Sammelband beantwortet einige von ihnen und hilft, den ehemals ›großen Unbekannten‹ im Bewusstsein der Forschung wach und lebendig zu halten.

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Anmerkungen

Bisher sind in dieser Reihe erschienen: David Christoph Seybold: Reizenstein. Die Geschichte eines deutschen Officiers (1778). Hg., kommentiert u. mit e. Nachwort versehen von Wynfrid Kriegleder (SealsfieldBibliothek.
Wiener Studien und Texte 2) Wien: Edition Praesens 2003; Alexander Ritter: Charles Sealsfield – Vormärzliterat, American author und politischer Mittler (in Vorb.).   zurück
Nanette M. Ashby: Charles Sealsfield: »The Greatest American Author«. A Study of Literary Piracy and Promotion in the 19th Century. Stuttgart 1980 (Diss. 1939), S. 10.   zurück
Wynfrid Kriegleder: Die amerikanische Sklaverei im deutschsprachigen Roman zwischen 1776 und 1860. In: Thomas Fröschl / Margarethe Grandner / Brigitte Bader-Zaar (Hg.): Nordamerikastudien. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 2000, S. 78–89. Walter Grünzweig: Das demokratische Kanaan. Charles Sealsfields Amerika im Kontext amerikanischer Literatur und Ideologie (American Studies 62) München: Fink 1987. Jeffrey Sammons: Charles Sealsfield. A Case of Non-Canonicity. In: Gerhard P. Knapp (Hg.): Autoren damals und heute. Literaturgeschichtliche Beispiele veränderter Wirkungshorizonte. Amsterdam: Rodopi 1991.   zurück
Vgl. etwa Alexander Ritter: Grenzübertritt und Schattentausch. Der österreichische Priester Carl Postl und seine vage staatsbürgerliche Identität als amerikanischer Autor Charles Sealsfield. Eine Dokumentation. In: Freiburger Universitätsblätter 38 (1999), Heft 143, S. 39–71.   zurück
Victor Turner: Vom Ritual zum Theater. Der Ernst des menschlichen Spiels. Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch Verlag 1995. Arnold van Gennep: Übergangsriten. Aus dem Französischen v. Klaus Schomburg u. Sylvia M. Schomburg-Scherff. Frankfurt/M./New York: Campus 1986.   zurück
Erich Hackl bezieht sich in seiner Dankesrede anlässlich der Verleihung des Solothurner Literaturpreises 2001 auf Sealsfield http://www.kat.ch/bm/solo7a.htm. Hackls Rezeption deckt sich mit den von Kucher explizierten Rezeptionsmustern Albert Ehrensteins und Ernst Waldingers, die ihre Exilsituation auf das ›Exil‹ Sealsfields projizierten und wohl gerade deswegen Interesse an ihm fanden.   zurück