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Von den Schwierigkeiten,
eine Klosterbibliothek zu rekonstruieren

  • Anja Freckmann: Die Bibliothek des Klosters Bursfelde im Spätmittelalter. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2006. 634 S. zahlr. Abb. Kartoniert. EUR (D) 72,00.
    ISBN: 978-3-89971-271-1.
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Bibliotheksgeschichte als Forschungsgegenstand

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Die Geschichte der mittelalterlichen Bibliotheken ist seit einiger Zeit (wieder) ein beliebtes Thema für Historiker, Kunsthistoriker, Theologen und Philologen, wie neue Dissertationen, Sammelbände und interdisziplinär ausgerichtete Forschungsbeiträge in großer Zahl belegen. Mit Recht stehen dabei die Büchersammlungen der Klöster im Zentrum des Interesses, denn aus ihnen stammt – in primärer oder sekundärer Überlieferung – die große Masse der erhaltenen Handschriften, Inkunabeln und Frühdrucke. Von den Klöstern gingen die bedeutendsten und nachhaltigsten Impulse für das Geistesleben der Zeit aus, und entscheidendes Quellenmaterial für die Erforschung der mittelalterlichen Kultur stammt aus monastischen Bibliotheken und Archiven.

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Trotz anhaltender Katalogisierungsbemühungen und großer Erkenntnisfortschritte in diesem Bereich sind wir von einem repräsentativen und kohärenten Überblick über den tatsächlichen Umfang und die mannigfaltigen Ausprägungen der klösterlichen Schrift- und Buchkultur des Mittelalters noch weit entfernt. Studien zur Bibliotheksgeschichte einzelner Konvente sind daher nach wie vor von hohem Interesse. In der Ausrichtung der Forschung herrscht indes ein gewisses inhaltliches Ungleichgewicht. Einzelne Orden und Frömmigkeitsbewegungen wurden und werden seit geraumer Zeit intensiv erforscht, etwa die Kartäuser und die Devotio moderna. Unter regionalem Aspekt werden vor allem west- und süddeutsche Klöster und ›Klosterlandschaften‹ aufmerksam beobachtet. Besonders intensiv befasst man sich derzeit mit den Bibliotheken der Frauenklöster und mit der Partizipation der Laien an der durch die Klöster vermittelten bzw. gesteuerten Verbreitung geistlicher Literatur.

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Die hier vorgelegte Arbeit, eine Göttinger historische Dissertation aus dem Jahr 2004, widmet sich einem Konvent, der keines dieser interesseleitenden Kriterien erfüllt: dem selbst für norddeutsche Verhältnisse durchaus an der Peripherie gelegenen Benediktiner-Männerkloster Bursfelde, berühmt als namengebendes Mutterkloster der Bursfelder Kongregation, einer weit ausgreifenden Reformbewegung des Benediktinerordens im 15. Jahrhundert. Indes hat ausgerechnet Bursfelde im Vergleich zu anderen Schaltstellen der Kongregation, etwa St. Peter in Erfurt, in der Forschung bislang eher ein Schattendasein geführt, was wohl auf die schlechte Quellenlage zurückzuführen sein dürfte.

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Diese Lücke versucht die vorliegende Arbeit für die Bibliothek des Klosters Bursfelde zu schließen, wobei unter dem Stichwort ›Bibliothek‹ auch der Schreibbetrieb und die Aktivitäten der klösterlichen Buchbinder behandelt werden. Dieses anspruchsvolle Pensum hat nicht zuletzt in einer veritablen Reifezeit des Werks seinen Niederschlag gefunden: Von den Anfängen der Untersuchung bis zum Erscheinen des voluminösen Buchs sind 15 Jahre vergangen (vgl. S. 7).

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Einleitung und Arbeitsziele

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Einleitend werden zunächst Fragestellung und Ziel der Arbeit erläutert
(S. 13–20). Als Ziel wird in Bezug auf die Bursfelder Bibliothek »eine vollständige Rekonstruktion ihrer erhaltenen Bestände« (S. 16) angegeben. Das ist eine etwas unglückliche Formulierung, denn ›erhaltene Bestände‹ bedürfen strenggenommen keiner ›Rekonstruktion‹. Es geht Freckmann um die Zusammenstellung aller erhaltenen Bände aus Bursfelde sowie um die Rekonstruktion und Auswertung der vorreformatorischen Klosterbibliothek im Hinblick auf ihre Entstehungsgeschichte, ihren Bestand und ihren Gebrauch.

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Schon in den ersten Abschnitten formuliert die Autorin eine Reihe von Axiomen, die kaum durch Argumente oder Begriffsklärungen untermauert werden. Als Beispiel sei eine in ihren Konsequenzen weitreichende Prämisse zitiert, die im zweiten Satz der Einleitung zu lesen ist: »Die Rekonstruktion der spätmittelalterlichen Klosterbibliothek [...] wird ihren Schwerpunkt naturgemäß auf der Verbreitung monastischer Literatur haben« (S. 13). Warum dies so sein soll, bleibt unklar, zumal man nicht erfährt, was mit »monastischer Literatur« gemeint ist. Es wird auch nicht erläutert, in welcher Weise eine »Rekonstruktion […] ihren Schwerpunkt […] auf der Verbreitung« von irgendetwas haben könnte. Sprachliche und gedankliche Unschärfen dieser Art kennzeichnen bedauerlicherweise die ganze Arbeit; als frappierend empfinde ich hier aber vor allem die Vorwegnahme bzw. Mitteilung eines (vermuteten) Ergebnisses. Es wird sich zeigen, dass diese Selbstbeschränkung auf die »monastische Literatur« die umfassende Analyse der Bibliotheksbestände und ihrer Gebrauchsfunktionen stark beeinträchtigt hat.

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Ähnlich vage bleibt ein zweiter Anlauf, die eigenen Erkenntnisinteressen zu beschreiben: »Ziel der Bibliothekgeschichtsschreibung ist es, aus den erhaltenen Beständen […] das geistige Interessenprofil herauszuarbeiten« (S. 13). Auch hier fehlt der Versuch einer Definition des nichtssagenden bzw. tautologischen Begriffs ›geistiges Interessenprofil‹. Er erscheint wenig geeignet, diese oder andere Büchersammlungen zu charakterisieren, denn er ignoriert die Tatsache, dass die jeweiligen Hintergründe der Entstehung mittelalterlicher Klosterbibliotheken kaum monokausal zu erklären, sondern als komplexe historische Prozesse zu beschreiben sind, als Zusammentreffen zahlreicher (ungleichgewichtiger) Faktoren. Die Fixierung auf ein ›Interessenprofil‹ birgt die Gefahr, vorab Gewusstes auf die eigenen Befunde zu applizieren und in einen argumentativen Zirkelschluss zu geraten, der den Quellen nicht gerecht wird. Genau so ist es in der vorliegenden Arbeit –
leider – geschehen.

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Der zweite Teil der Einleitung gibt einen Überblick über die Geschichte des Klosters Bursfelde von der Reformation bis zum Dreißigjährigen Krieg
(S. 19–34). Dieser Zeitabschnitt markiert die beginnende Zerstreuung der Sammlung, zunächst durch ihre Verlegung nach Corvey. Über den genauen Zeitpunkt dieser Verlegung wie auch über das gesamte Schicksal des Klosters in jener Zeit herrscht Unsicherheit. Ein Inventar bezeugt noch 1585 einen Bestand von 521 Bänden vor Ort. Mit guten Gründen (Plünderungen Corveys 1632 und 1634) erwägt Freckmann gegen die ältere Forschung, dass die Bibliothek überhaupt erst um das Jahr 1635 nach Corvey gekommen sein könnte. Nach den Klosteraufhebungen zu Anfang des 19. Jahrhunderts ging ein größerer Teil der Bücher sodann an die Universitätsbibliothek Marburg, kleine Segmente gelangten in die heutige Erzbischöfliche Akademische Bibliothek Paderborn sowie über die Familie von Kesselstatt nach Trier. Etwa ein Dutzend weiterer Bibliotheken im In- und Ausland besitzen versprengte Handschriften und Drucke Bursfelder Provenienz.

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Die Überlieferung und ihre Tücken

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Teil I umfasst einen ausführlichen Katalog der Handschriften, Inkunabeln und Frühdrucke aus Bursfelde. Der Handschriftenkatalog mit 57 Nummern nimmt dabei den größten Raum ein (S. 41–172), das Verzeichnis der Drucke bietet in einem kürzeren Beschreibungsmodus 63 Nummern (S. 173–198). Der Vorbemerkung zur Anlage des Katalogs zufolge sind die Handschriften »nach einem einheitlichen Aufbau detailliert beschrieben« (S. 37). Das ist indes nicht der Fall, da z. B. die 28 mittelalterlichen Codices aus Bursfelde in der UB Marburg, die durch einen modernen Katalog erschlossen sind, 1 zumeist nur kurz verzeichnet werden, wie Freckmann auch selbst erläutert (vgl. S. 39 f.). Sehr ausführlich beschrieben werden hingegen zwei heute in der Staatsbibliothek zu Berlin befindliche Bursfelder Handschriften und andere bislang schlecht erschlossene Codices.

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Der Katalog weist zwei gravierende methodische Mängel auf: Einerseits fehlen konsequent angewandte material- und erkenntnisorientierte Ordnungsprinzipien, andererseits vermisst man die Unterscheidung zwischen Wichtigem und Unwichtigem. Letzteres artikuliert sich in einer Weitschweifigkeit, die auch den geduldigen Leser ratlos bis enerviert zurücklässt. So werden etwa in Handschriftenbeschreibungen seitenlang Initien und Textausschnitte zitiert und kürzere Texte vollständig transkribiert, ohne dass der Sinn dieser Zitationen innerhalb der Beschreibungen selbst oder im weiteren Verlauf der Arbeit deutlich würde. Die Verfasserin meint, dieses Vorgehen mit Erläuterungen zur Arbeitsweise mittelalterlicher Kompilatoren begründen zu müssen (vgl  S. 38). Jedoch ist ein Handschriftenkatalog nicht der Ort, um solche text- und überlieferungsgeschichtlich zweifellos relevanten Sachverhalte darzulegen. Vielmehr hätte es sich angeboten, das entsprechende Material in Teil III zusammenzustellen und exemplarisch zu analysieren.

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Kodikologische Daten und paläographische Analysen, also zentrale Elemente jeder Handschriftenerschließung, sucht man hingegen vergebens. Die Angaben beschränken sich auf Beschreibstoff, Umfang und eine oftmals zu weit gefasste Datierung. Sträflich vernachlässigt wird die Kennzeichnung sekundär zusammengesetzter Sammelbände (sog. Bindesynthesen). Für unverzichtbar halte ich bei der Beschäftigung mit einem spätmittelalterlichen Skriptorium außerdem ein paläographisch differenziertes Inventar der Schreiberhände, indes: Auch dieses fehlt. Der Katalog bietet stattdessen neben den erwähnten Zitathäufungen eine Fülle allgemeiner historisch-literaturgeschichtlicher Mitteilungen, die wenig zum Erkenntnisziel beitragen und oft nur Lexikonwissen tradieren.

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Der erste Teil schließt mit zwei weiteren Kurzkatalogen: »Nicht eingesehene Handschriften und Drucke« sowie »Handschriften anderer Provenienz, die auf Bursfelder Vorlagen zurückgehen«. Man fragt sich, warum nicht wenigstens das erste dieser beiden Verzeichnisse in den Hauptkatalog eingegliedert wurde und weshalb die hier verzeichneten Überlieferungsträger in den nachfolgenden Untersuchungen nicht berücksichtigt wurden. Es scheint, als akzeptiere die Autorin nur von ihr selbst eingesehene Bände als aussagekräftige Bestandteile der untersuchten Bibliothek. Dies ist freilich keine irgendwie begründbare Beschränkung, sondern eine gravierende Unterlassung. So wird beispielsweise die einzige Freckmann bekanntgewordene volkssprachige Handschrift aus Bursfelde, überliefert in der Bibliothèque Nationale et Universitaire Strasbourg, lediglich genannt (die zitierte Signatur ist übrigens veraltet, lies: Cod. 2106 [All. 182] statt: »MS. L. germ. 182«), nachfolgend aber dann vollständig ignoriert. Dabei hätte die Handschrift auch ohne Autopsie in die Studie einbezogen werden können, denn es liegen mehrere ausführliche moderne Beschreibungen vor, die eine Fülle bibliotheks- und überlieferungsgeschichtlich relevanter Daten enthalten, etwa Schreiber- und Mönchsnamen. 2 Hier hätte Freckmann zum Beispiel den Namen Egidius Caster finden können, der sich bestens zu einem aus Bursfelde überlieferten Buchbindernamen fügt (s.u.).

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Neben dieser Handschrift ist ein weiterer volkssprachiger Codex aus Bursfelde überliefert, den Freckmann übersehen hat: Universitätsbibliothek Leipzig, Ms. 1302. Eine bereits 1996 publizierte Beschreibung des Codex ist über die Datenbank Manuscripta Mediaevalia recherchierbar. 3 Auch mehrere Bursfelder Inkunabeln fehlen in der Arbeit. 4 Die hier vorgelegte Rekonstruktion der Bibliothek ist also nicht vollständig. Diese Lücken lassen Zweifel an der Sorgfalt der Materialerhebung aufkommen.

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Die Nichtbeachtung der volkssprachigen Textzeugen zeigt darüber hinaus, dass die Arbeit die interdisziplinären Forschungsansätze der jüngeren Vergangenheit kaum mitvollzogen hat. Denn obwohl gerade die Altgermanistik die Erforschung der Bibliotheken spätmittelalterlicher Reformklöster vorangebracht hat, und obwohl auch historische Studien den sozial- wie literarhistorisch bedeutsamen Aspekt des Gebrauchs der Volkssprache in den Observanzbewegungen in den Blick genommen haben, kommt diese Facette der Bursfelder Bibliotheks- und Bildungsgeschichte bei Freckmann kaum vor. 5 Daher fehlen im Register Stichworte wie ›Deutsch‹, ›Niederdeutsch‹, ›Volkssprache‹, der Begriff ›Laienbruder‹ wird laut Register nur einmal en passant erwähnt, ›Donat‹, ›Konverse‹, ›Oblate‹ sucht man vergebens. Im Vergleich zu den erheblichen Mühen, die für den bildungsgeschichtlich irrelevanten Bereich der Einbände aufgewandt worden sind (s. u.), ist die Ausklammerung der Themenbereiche Volkssprache, Schule, Laien- und Novizenbildung nicht zu rechtfertigen. Freckmann vertritt offenbar die aus der Sekundärliteratur übernommene Ansicht, die Bursfelder Reformer seien »volkssprachlicher Literatur mit Skepsis begegnet« (S. 391). Beweise hierfür werden indes nicht vorgelegt, mit guten Gründen, denn andere wichtige Klöster der Kongregation verfügten bekanntlich über veritable Bestände volkssprachiger Handschriften, und trotz der für Bursfelde schmalen Quellenbasis wäre der Nachweis dieser angeblichen Skepsis wohl nicht gelungen.

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Bibliotheksaufbau

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Der zweite Teil befasst sich mit »Aufbau und Entwicklung der Bursfelder Bibliothek seit Einführung der Bursfelder Kongregation« (S. 205–328) und ist in drei Abschnitte gegliedert: 1. Die Verwaltung der Bibliothek in der Bursfelder Reformbewegung. 2. Bestandsaufbau in der Bursfelder Bibliothek. 3. Einbände. Da der Untersuchungszeitraum aufgrund der Grenzdaten ›Anfänge der Kongregation‹ und ›Einführung der Reformation‹ auf acht Jahrzehnte zwischen etwa 1440 und 1520 beschränkt bleibt und die im ersten Teil katalogisierte Überlieferung zwar umfangreich, aber nicht abundant ist, darf man sich von diesem Teil eine aussagefähige Mikrostudie zum spätmittelalterlichen Bibliotheksbetrieb im Kontext einer monastischen Reformbewegung erwarten. Das ist cum grano salis auch gelungen.

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Zunächst befasst sich Freckmann mit der Rolle des Bibliothekars in der Kongregation, wobei als Quelle zum einen die schon 1474/1475 gedruckten Caeremoniae der Bursfelder Reform zur Verfügung stehen, zum anderen, wie auch in den beiden folgenden Abschnitten, die am Material gemachten Beobachtungen zur Bursfelder Bibliothek ausgewertet werden. Die Analyse der normativen Quelle ergibt interessante Erkenntnisse unter anderem zu den vermuteten windesheimischen und zisterziensischen Einflüssen auf die Bursfelder Bibliotheksordnung. In den folgenden Ausführungen über Bibliothekspraxis und Ausstattung sind die wichtigsten im Katalog verstreuten kodikologischen und provenienzgeschichtlichen Aspekte nochmals zusammengestellt und ausgewertet. Außerdem werden weitere Überlegungen angestellt, etwa zum Bibliotheksraum, über den zwar nichts bekannt ist, per Analogieschluss sind hierzu indes einige Hypothesen möglich. Der folgende Abschnitt »Bestandsaufbau« widmet sich den nachweisbaren Schreibern aus dem Kloster, den Schenkungen, Personen der Stifter usw.

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Einbände

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Ausführlich befasst sich Freckmann im dritten Abschnitt des zweiten Teils mit den Bursfelder Buchbinderwerkstätten und deren Umfeld (S. 270–328). Nach einer langatmigen Einführung zu den Zielen und Methoden der Einbandkunde und zum Stand der Forschung 6 unterteilt sie die mehr als 100 von ihr untersuchten Blindstempeleinbände Bursfelder Provenienz in zwei Hauptgruppen, wobei sie sich kritisch – wenn auch nicht konsequent genug – mit der älteren Forschung auseinandersetzt, insbesondere mit dem Einband-Repertorium von Schwenke / Schunke. 7 Eine Übersicht über die Werkstätten verschafft man sich am besten anhand der Tabelle auf S. 416, die Ergebnisse sind S. 326–328 zusammengefasst.

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Statt den anhand der Entstehungsdaten der Bücher nachvollziehbaren historischen Abläufen zu folgen, behandelt die Autorin zuerst eine jüngere Einbandwerkstatt. Hier wird unter anderem der wohl einzige konkrete Hinweis auf einen klösterlichen Bursfelder Buchbinder, einen Mönch namens Antonius de Caster, notiert (S. 279). Daraus werden jedoch keine Schlüsse gezogen; vor allem unterbleibt der methodisch gebotene Schritt, die Werkstatt nach diesem nunmehr namentlich bekannten Buchbinder zu benennen, dadurch unverwechselbar zu machen und aus den irreführenden, auf schwer nachvollziehbaren stilistischen Vergleichen beruhenden Konnotationen des Schwenke / Schunke-Repertoriums herauszulösen.

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Es folgt ein Abschnitt über die besondere Technik des Lederschnitt-Einbandes, die nach Freckmanns Erkenntnissen vor allem im nahegelegenen Benediktinerkloster Reinhausen gepflegt und von dort nach Bursfelde transferiert wurde. Einer dieser Einbände ziert ein Exemplar des berühmten Mainzer Drucks der Epistolae des Hieronymus. 8 Der Entstehungsgeschichte dieser Ausgabe widmet Freckmann einen ausführlichen Exkurs (S. 298–305). Anschließend werden Einbandgruppen und einzelne Einbände auswärtiger Werkstätten beschrieben, die sich in Bursfelde ebenfalls feststellen lassen. Zu diesem Abschnitt gehören zahlreiche Abbildungen sowie die Tabellen II und III, die fast 40 Seiten einnehmen (S. 416–453). Verwundert stellt man fest, dass ganze Tabellenteile bisweilen über Seiten hinweg leer bleiben, was der überaus umständlichen Darstellungsweise geschuldet ist. Selten habe ich in einem Buch eine schlechter disponierte Form grafischer Präsentation gesehen.

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Monastische Gelehrsamkeit – und sonst?

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Teil III trägt die Überschrift »Monastische Gelehrsamkeit im Spiegel der Bursfelder Bibliothek« (S. 331–403). Der erste Abschnitt dieses Teils befasst sich mit der Lektüre- und Meditationspraxis in der Bursfelder Kongregation insgesamt und geht von der Annahme aus, das Sammelprofil der Bursfelder Bibliothek sei geprägt gewesen von der seit Benedikt von Nursia festgeschriebenen klösterlichen Lectio einerseits, von einem »auf der monastischen Theologie fußende[n] Wissenschaftsverständnis« (S. 331) andererseits. Diese »monastische Theologie« bestimmt, wie bereits angedeutet, das Denken der Autorin bei der Analyse der Bibliothek in einer derart monomanischen Weise, dass kaum ein Seitenblick auf andere mögliche geistlich-literarische Interessenshorizonte geworfen wird. Es ist zwar richtig, dass die auch in den Caeremoniae vorgeschriebene Lesung ein wichtiger Teil des spirituellen Alltags der Kongregationsmitglieder war. Aber Freckmanns Untersuchung stützt sich so einseitig auf die aus Bursfelde überlieferten Meditations- und Andachtstexte, dass der tatsächliche Überlieferungsbefund rabiat verkürzt und das ›Profil‹ der Sammlung auf einen einzelnen Textbereich reduziert wird.

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So konzentriert sich der Abschnitt darauf, die Bedeutung der Kirchenväter und der »monastischen Theologen« des 12. Jahrhunderts für die Kongregation nachzuweisen und einen Blick auf andere Reformströmungen und Orden zu werfen, deren Lektüreprogramme vermeintliche Parallelen zu denen der Bursfelder aufgewiesen hätten, etwa die Devotio moderna und die Kartäuser. Nicht thematisiert wird, ob in anderen Benediktinerreformen (Melk, Kastl), bei den Bettelorden oder den Zisterziensern durchweg andere Texte gelesen wurden und ob die Bursfelder Lektüregepflogenheiten von dem allerorten beobachtbaren Überlieferungs-›Mainstream‹ durch irgendwelche Spezifika abzusetzen wären.

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Der zweite Abschnitt »Observanzbewegung und Literaturrezeption: Das Profil der Bursfelder Bibliothek« bietet eine abschließende Bestandsanalyse nach den Kriterien a) Autoren, b) Gattungen, c) Christus- und Passionsmystik. Die Logik dieses Gliederungssystems will sich mir auch nach mehrfacher Lektüre nicht erschließen. Jedenfalls wird hier nicht etwa versucht, ein Gesamtprofil zu erstellen. Die Aufmerksamkeit gilt vielmehr einer Reihe von Einzelerscheinungen, die lediglich einen Ausschnitt aus dem Gesamtspektrum der aus Bursfelde überlieferten Texte spiegeln. Das analytische Schema ist gleichbleibend: Über einen bestimmten Autor und / oder ein bestimmtes Werk werden einige Grunddaten mitgeteilt, anschließend wird festgestellt, wie wirkmächtig er / es in den verschiedenen reformierten Orden gewesen sei, zuletzt heißt es, dieses oder jenes Werk sei auch in Bursfelde vorhanden gewesen. Dies wird ausführlich etwa für die Vitas patrum, die Imitatio Christi und für passionsmystische Schriften (Pseudo-)Bernhards von Clairvaux und (Pseudo-)Bonaventuras durchexerziert. Gerade diese Schriften sind freilich derart ubiquitär und quer durch alle klösterlichen und viele nicht-klösterlichen Provenienzen überliefert, dass sie für die Erstellung eines individuellen Frömmigkeitsprofils gleich welcher Institution schlichtweg ungeeignet sind.

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Ohne nähere Gattungsdifferenzierung werden diesem Bereich auch Texte subsumiert wie Hugo Ripelins Compendium theologicae veritatis und Davids von Augsburg De exterioris et interioris hominis compositione – zwei Werke, die entgegen Freckmanns Ausführungen keinem der beiden in Bursfelde angeblich dominanten Literaturbereiche, weder dem Kirchenväterschrifttum noch der monastischen Theologie des 12. Jahrhunderts, sondern der pastoraltheologisch fundierten Bettelordensgelehrsamkeit des 13. Jahrhunderts angehören. Auch der für die zeitgenössische Frömmigkeitstheologie bedeutende Dominikaner Johannes Nider findet sich hier in eigenartiger Transformation als »Vertreter dominikanischer Mystik« (S. 371), was trotz der nachfolgenden Einschränkungen nur als krasse Fehleinschätzung zu bezeichnen ist. Ingesamt bleiben diese langen, oftmals nur allgemein verfügbares Handbuchwissen kumulierenden Aussagen zu Einzeltexten zu inkohärent und deskriptiv und sind auch aufgrund ihrer stilistischen Unbeholfenheit äußerst unergiebig.

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Der nächste Abschnitt (»Gattungen«) beginnt mit dem Satz:

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Der Versuch, eine erste […] Übersicht über die in Bursfelde gesammelten Autoren […] unter der Leitfrage [zusammenzustellen], inwieweit die aufgeführten Werke dem geistlich-spirituellen Profil Bursfeldes entsprachen, führt zu einem zweiten Untersuchungsschritt […] (S. 394).
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Hier wird nochmals der methodische Grundirrtum der Untersuchung deutlich. Statt aus der Überlieferung ein wie auch immer geartetes ›Profil‹ abzulesen, wird aufgrund eines bereits festgefügten, überwiegend wohl aus der Sekundärliteratur abgeleiteten Vorwissens ein solches ›Profil‹ in die Überlieferung hineingedeutet. Das zeigt sich zum einen im Insistieren auf dem »mystisch-spirituelle[n] Gehalt dieses Schrifttums« mit der sofortigen kaum verständlichen Einschränkung, dieser werde »durch den praxisorientierten Anweisungscharakter überdeckt« (ebd.). Dass es sich bei den behandelten Texten zumeist um Schriftgut handelt, welches sowohl die heutige Forschung als auch die mittelalterlichen Rezipienten als dezidiert nicht-mystisch verstehen bzw. verstanden haben, war der Autorin offenbar nicht bewusst.

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Zum anderen erweist sich die Unselbständigkeit ihrer Studien in auffälligen Fehlstellen, etwa in Bezug auf die reichhaltige Bursfelder Inkunabel- und Frühdrucküberlieferung. Sie wird zwar dokumentiert, aber für die Analyse nicht wirklich herangezogen, womit die Unterlassungssünden der älteren Forschung fortgeschrieben werden. Bei den Drucken dominiert freilich nicht die »monastische Theologie«, daher fügen sie sich nicht besonders gut in das vermeintliche ›Profil‹ der Bibliothek. Vielmehr finden sich unter den Inkunabeln und Frühdrucken (zum Beispiel) Rechtstexte, scholastische und pastoraltheologische Summen und Handbücher, Vollbibeln, Sermonessammlungen, Grammatiken, Vokabulare usw.: eben alles, was zu einer Standard-Klosterbibliothek auch dazugehört und ihr ›Profil‹ mitprägt.

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Nur eine auf Vollständigkeit bedachte Zusammenschau hätte diese – nicht nur in Bursfelde, sondern allerorten zu beobachtende – Vielfalt der literarischen und spirituellen Interessenbildung im monastischen Rezeptionsrahmen dem Leser nachvollziehbar vor Augen stellen können. Nochmals: Die Rekonstruktion jeder mittelalterlichen Bibliothek, sie mag ehedem noch so umfangreich oder bescheiden gewesen sein, hat mit wechselnden historischen Einflüssen, mit einer Reihe überlieferungsgeschichtlich relevanter Prozesse ebenso zu rechnen wie mit dem unabweislichen Faktor der Kontingenz. Angezeigt ist daher grundsätzlich ein behutsames analytisches Vorgehen, welches immer auch die Möglichkeit in Rechnung stellt, dass Bestände wie dieser keinen einheitlichen Charakter, sondern eine ganze Reihe möglicher ›Interessenprofile‹ offenbaren.

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Formales

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Es dürfte deutlich geworden sein, dass Freckmanns Arbeit inhaltlich nur teilweise überzeugt. Äußerst schwerwiegend ist darüber hinaus die Anzahl der sprachlichen, formalen und buchgestalterischen Mängel, die das erträgliche Maß weit übersteigt. An dieser Stelle können nur einige gravierende, indes repräsentative Erscheinungen benannt werden. In den Fußnoten sind, soweit ich sehe, alle Verweise auf vorangegangene oder nachfolgende Seitenzahlen falsch; als Beispiel nenne ich S. 37 Anm. 1: »Vgl. Tabelle III im Anhang, S. 433–464«: recte: S. 422–453. Offenbar wurden die Verweise in einen vorläufigen Umbruch eingesetzt und danach nicht mehr geprüft. Auf ein konsequentes Siglensystem wurde verzichtet. Die von der Autorin eingeführten Ordnungsziffern für Handschriften und Drucke werden im Verlauf der Arbeit nur teilweise benutzt, stattdessen werden immer wieder umständlich die Bibliotheksorte und Signaturen zitiert. Es begegnen zahlreiche Uneinheitlichkeiten auf z. T. engstem Raum. 9 Schlichtweg inakzeptabel für eine geisteswissenschaftliche Qualifikationsarbeit und eine Zumutung an die Leserschaft ist die Dichte der Druck- und Ausdrucksfehler, syntaktischen Brüche, Undeutlichkeiten und Stilblüten. 10

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Fazit

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Die Autorin hat sich bemüht, ein geistes- und kirchengeschichtlich nicht unbedeutendes Thema auf breiter Materialgrundlage zu bearbeiten und dadurch eine veritable Forschungslücke zu schließen. Leider bleiben die Verzeichnisse und Analysen in inhaltlicher und methodischer Hinsicht größtenteils hinter den heutigen Ansprüchen an buchgeschichtlich-bibliotheksanalytische Arbeiten zurück, und selbst die anerkennenswerten Einzelergebnisse sind aufgrund der unkonzentrierten formalen und sprachlichen Präsentation schwer rezipierbar. Respekt verdient die enorme Leistung, die das Zusammentragen der verstreuten Materialien darstellt. Insbesondere die Katalogteile, die prosopographischen Kapitel und der Abschnitt zu den klösterlichen Buchbindewerkstätten werden von weiterführenden buch- und bibliotheksgeschichtlichen Forschungen zu Kloster Bursfelde und seinem Reformkreis zu konsultieren sein. Die Aufarbeitung des bursfeldischen Schreib-, Bibliotheks- und Bildungswesens im Mittelalter – sowohl in der Zentrale der Reform als auch in den z. T. weit bedeutenderen Filialklöstern – darf indes noch lange nicht als erledigt betrachtet werden. 11

 
 

Anmerkungen

Sirka Heyne: Die mittelalterlichen Handschriften der Universitätsbibliothek Marburg. Wiesbaden: Harrassowitz 2002.   zurück
Nigel F. Palmer: Visio Tnugdali. The German and Dutch Translations and their Circulation in the Later Middle Ages (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 76). München / Zürich: Artemis 1982. S. 356–361. Karl Heinz Keller: Textgemeinschaften im Überlieferungsvorgang. Fallstudie aus der Überlieferung der Epistel Rabbi Samuels an Rabbi Isaac in der volkssprachlichen Übertragung Irmhart Ösers (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 527). Göppingen: Kümmerle 1992. S. 80–84. Weitere Literatur im Handschriftencensus: URL: http://cgi-host.uni-marburg.de/~mrep/beschreibung.php?id=2606 (07.08.2008). Freckmann hat darüber hinaus zahlreiche weitere Referenzwerke zur Überlieferung bestimmter mittelalterlicher Autoren und Werke nicht ausgewertet.   zurück
Franzjosef Pensel: Verzeichnis der deutschen mittelalterlichen Handschriften in der Universitätsbibliothek Leipzig. Zum Druck gebracht von Irene Stahl. Berlin: Akademie-Verlag 1998. S. 178–180. URL: http://www.manuscripta-mediaevalia.de, Suchwort »Bursfelde« (07.08.2008).   zurück
Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Inc. fol. 2761 (GW 3805, Bartholomaeus de Bellincinis: De caritativo subsidio et decima beneficiorum, Modena: Antonio di Bartolommeo Miscomini und Domenico Roccociola, 9. Mai 1489). Der Band ist recherchierbar über die Inkunabeldatenbank INKA: http://www.inka.uni-tuebingen.de, Suchwort »Bursfelde« (07.08.2008) doch mag zum Zeitpunkt der Niederschrift der Arbeit dieser Eintrag noch nicht verfügbar gewesen sein (GW: Gesamtkatalog der Wiegendrucke. Hg. von der Kommission für den Gesamtkatalog der Wiegendrucke. Bd. 1–8, Lfg. 1. Leipzig: Hiersemann 1925–1940. 2. Aufl.: durchges. Neudruck der 1. Aufl., Bd. 1–7. Stuttgart: Hiersemann 1968. Bd. 8 ff. Hg. von der Staatsbibliothek zu Berlin, Stuttgart: Hiersemann 1978 ff.). Ebenfalls aus Bursfelde stammt ein in der Königlichen Bibliothek in Den Haag erhaltenes Exemplar der seltenen Inkunabel GW 1178, Alexander de Villa Dei: Doctrinale (Teil 1 und 2), [Deventer: Richard Paffraet, um 1492–1500].    zurück
Dies gilt auch für die deutschen Texte in Marburg, UB, MS. 54 (erwähnt nur S. 85, 397 Anm. 407).   zurück
An dieser Stelle finden sich überflüssige Erläuterungen zum DFG-Förderprogramm Kulturelle Überlieferung, dem u. a. das wichtige Recherche-Instrument der Einband-Datenbank (www.hist-einband.de) zu verdanken ist.   zurück
Ilse Schunke: Die Schwenke-Sammlung gotischer Stempel- und Einbanddurchreibungen. Nach Motiven geordnet und nach Werkstätten bestimmt und beschrieben. 2 Bände (Bd. 2 fortgeführt von Konrad von Rabenau) (Beiträge zur Inkunabelkunde 3. F. 7 und 10) Berlin: Akademie-Verlag1979–1996.   zurück
Mainz: Peter Schöffer, 1470 (GW 12424 und 12425; die GW-Nummern fehlen im Katalog S. 187 Nr. 27).   zurück
Beispiele: S. 235 ist die Rede von einer »romanischen« Minuskel, in der dazugehörigen Fußnote 118 von einer »karolingischen«. S. 382 heißt es, 21 Schriften des Jakob von Paradies in 26 Exemplaren seien in Bursfelde vorhanden gewesen, in Fußnote 310 werden hingegen 17 Schriften in 19 Exemplaren angegeben. Ein Text Richards von St. Victor wird S. 110 und 157 mit insgesamt drei verschiedenen Werktiteln bezeichnet, u. a. mit fehlerhaftem Latein als Expositio cantica canticorum.   zurück
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Auswahl (Auslassungspunkte bezeichnen Passagen, deren Zitation die Fehlerhaftigkeit der Formulierung nicht gemildert hätte): S. 18: »Die bereitgestellte Literatur sollte […] die innere Durchdringung des einzelnen Mönchs mit den Reformidealen anregen«. – S. 18 Anm. 14: »Einen erheblichen Anteil der in Clus rezipierten Literatur wird den Schriften der Kartäuser und der Devotio moderna gewährt.« – S. 61: »Vorliegender Text […] ist die Überarbeitung eines namentlich unbekannten Redaktors«. – S. 65: »Obwohl die Kapitelsüberschriften zwischen der Bonner Handschrift und den beiden Druckfassungen […] identisch sind«. – S. 217: »Diese [Consuetudines] wurden unter Abt Jarento (1077–1113) neu verfaßt, die Laurentius, Prior von Saint-Bénigne, zwischen 1085 und 1090 niederschrieb«. – S. 232: »Ebenso wurden einige Lombarden am Schaftende […] mit kurzen Fadenausläufern verziert und gelten als Vorläufer der Fadenranken in der Fleuronnée-Ornamentik«. – S. 237: »Mit der Wahl von Pergament als Beschreibstoff […] knüpft dieser Codex an hochmittelalterliche Vorbilder an und wird von den anderen, im Bursfelder Skriptorium entstandenen Handschriften hervorgehoben«. – S. 269: »Die Auswirkungen der religionspolitischen Umbrüche […] warfen einen Schatten auf das spätere Schicksal vieler anderer norddeutscher Klöster und geistlicher Ins[t]itutionen voraus, deren Bibliotheken durch die Reformation oder während des Dreißigjährigen Krieges zerstreut oder vernichtet worden waren und das Ende einer monastischen Buchkultur bedeuteten«. – S. 295 Anm. 362: »Dies stimmt nach Autopsie der Verfasserin nicht«. – S. 306: »Diese Werkstätten, deren Schwerpunkte geographisch im nordhessisch-südniedersächsischen Raum lagen«. – S. 315: »Ob sich hinter dieser Werkstatt jedoch eine Buchbinderei des nordhessischen Klosters Kaufungen verbirgt, scheint […] sehr unwahrscheinlich zu sein. Ebenso ist die Grundlage, auf der sich die Annahme einer Fritzlarer Werkstatt stützt, zu schmal«. – S. 336 Anm. 28: »Die Paderborner Handschrift […] überliefert auf f. 34v einen Ablaß, die die Äbte […] ausgestellt hatten«. – S. 341: »ausgehend von dem Leitsatz: Non sunt monachis omina legenda omnibus«. – S. 362: »Arnulf von Löwen […] verarbeitete in diesem Gedicht das von franziskanischer Mystik beeinflußte Passionsgeschehen«. – S. 373: »wobei sich die Schwerpunkte der Rezeption […] auf Brabant, dem Lütticher Raum und dem Rhein-Mosel-Gebiet erstreckten«. – S. 380: »Aufgrund ihres hohen Ansehens als Lehrer der Mönchsreform haben die Schriften aus dem Kartäuserorden […]«. – S. 391: »Bei der Durchsicht der aus der Bursfelder Bibliothek stammenden Schriften Gersons ist die Übersetzung von ursprünglich von ihm auf Französisch verfaßten Traktate ins Lateinische bemerkenswert«. – S. 401 (zu Mechthild von Hackeborn): »Erst im Alter von 50 Jahren […] wurde ihr im Laufe einer schweren Erkrankung ein Gnadenleben zuteil«. Manche stereotyp gebrauchte Formulierung klingt befremdlich: »Ein Bursfelder Besitzeintrag wird nicht überliefert« (S. 70 u. ö.). Gemeint ist: Der Band enthält keinen Bursfelder Besitzeintrag. Falsche oder ungenaue Terminologie: »auf Verlangen der landesherrschaftlichen [recte: landesherrlichen, F. E.] Räte« (S. 21 Anm. 29). Die Schriftart »Gotica-Carolina« bzw. »Gotico-Carolina« (als Vorläufer der Bastarda, beides S. 236) ist mir unbekannt, ebenso der Ausdruck »Quadrattextur« (S. 238). Rätselhaft ist, was Freckmann mit der »Augustinischen Introversionsmystik« meint (S. 393). Ungenaue oder falsche Namen und Werktitel, z. B. »Eckbert von Schönau«, recte: Ekbert; »Theologica mystica«, recte: Theologia mystica; »Meister Eckhardt«, auch »Eckard«, recte: Eckhart; »Anton Koburger«, recte: Koberger. Eine wirklich skurrile Fehlleistung bietet Freckmann mit der verballhornenden Eindeutschung eines ausländischen Autornamens: Der spanische Dominikaner Johannes de Turrecremata (Juan de Torquemada, 1388–1468) wird als »Johannes von Brandenturm« übersetzt (S. 101, 116 u. ö.).   zurück
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Das Verhältnis der Bursfelder Kongregation zu den humanistischen Bildungsbestrebungen wird jetzt prägnant dargestellt von Harald Müller: Habit und Habitus. Mönche und Humanisten im Dialog (Spätmittelalter und Reformation NR 32). Tübingen: Mohr Siebeck 2006, bes. S. 39–42, 97–100.   zurück