York-Gothart Mix

Die Koordinaten im Kopf und die Koordinaten der Forschung




  • Holger Brohm: Die Koordinaten im Kopf. Gutachterwesen und Literaturkritik in der DDR in den 1960er Jahren. Fallbeispiel Lyrik. Berlin: Lukas 2001. 292 S. Paperback. EUR 25,00.
    ISBN: 3-931836-42-8.


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Das Erbe der DDR

[2] 

Daß ein »Schriftsteller nach der Erfahrung des Nationalsozialismus über eine stabile, antiautoritäre, kritische Gesinnung verfüge, die sich im Zweifelsfall« bewähre, sei, so Frank Schirrmacher in einer kritischen Bilanzierung der Gegenwartsliteratur 1990, eine bewußt gepflegte Nachkriegslegende, um den »zweiten totalitären Sündenfall«, 1 die DDR, zu verharmlosen. Zweifellos erschwerte die in der Folgezeit von Journalisten, Kritikern und Autoren bereitwillig kolportierte Formel von den »zwei Diktaturen, die einander ablösten«, 2 nicht allein die notwendige Differenzierung zwischen den totalitären Systemen des Nationalsozialismus und der DDR, sondern verführte dazu, die bis 1989 im Osten Deutschlands entstandene Literatur, Kunst und Musik unterschiedslos als zweitrangig oder politisch suspekt abzutun.

[3] 

Mit dem Vorwurf der ›Gesinnungsästhetik‹ etablierte sich nach der Wende eine simplifizierende Scheidung zwischen Regimekritikern und Parteibütteln, Zensierten und Zensoren sowie autonomer Ästhetik und Staatskunst. Ein vorläufiger Höhepunkt dieser kurzschlüssigen Sichtweise war die Realisation der Ausstellungsreihe »Aufstieg und Fall der Moderne« in Weimar, bei der man konzeptionell völlig unterschiedliche Bilder aus der DDR ähnlich wie bei der Münchner Ausstellung »Entartete Kunst« 1937 additiv auf engstem Raum zusammenhängte und eine ästhetische Kohärenz suggerierte, die so nie existierte. 3 Für ein auf Nuancierungen abzielendes Erkenntnisinteresse, das für Erwin Strittmatter auch die Grenzen von aktivem Mittun und diszipliniertem Verhalten nicht verwischte, 4 blieb in den Debatten der jüngsten Zeit kein Spielraum.

[4] 

Was ist literarische Zensur?

[5] 

Seit jeher erwies sich bei der Analyse formeller literarischer Zensur das trügerische Bild vom idealistischen Kampf des freien Autors gegen die Herrschaft der »Kulturfeldwebel« 5 als trügerisch, zu Recht verwies Klaus Kanzog im Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte auf den uralten Topos des engstirnigen und verblendeten Zensors. Gleichermaßen zweifelhaft und simplifizierend waren Versuche, die folgenschwerste Variante informeller Zensur, die Selbstzensur, unter derartig polarisierenden Vorzeichen zu konkretisieren. Selbst die wegweisende Untersuchung Die literarische Zensur als Problem der Soziologie der Politik von Ulla Otto bot für die aus den »modernen totalitären Staaten des Ostens vertraute Praxis der sogenannten Selbstzensur« 6 Erklärungsmuster an, die den Autor zum bloßen Opfer übermächtiger Instanzen stilisierten.

[6] 

Aber auch das Zensurverständnis, das in Anlehnung an Michel Foucaults Vorlesung Die Ordnung des Diskurses die verschiedensten Varianten internalisierter Selektionsleistungen unter den schillernden Begriffen der ›Diskurskontrolle‹ oder ›Entmündigung‹ 7 subsumierte, erweist sich in diesem Zusammenhang als problematisch. Einerseits, weil die Durchsetzung konformer »kultureller Bedeutungen« 8 in der DDR nicht einmal bei den Mitgliedern der SED oder des Schriftstellerverbands gelang, und andererseits, weil sich das von Foucault als ›Logophobie‹ 9 charakterisierte Phänomen zu den üblichen Formen einer Verinnerlichung sozialer, religiöser, sexueller oder politischer Normen nur undeutlich abgrenzen ließ.

[7] 

Ähnliches galt für den von Pierre Bourdieu als Grenze des gesellschaftlich Benennbaren entworfenen Zensurbegriff. 10 Die Motive, die eine interpersonale Kommunikation regulierten, einschränkten oder verhinderten und die zwischen der bloßen Konvention und dem sozial und historisch indifferenten Tabu oszillierten, waren seit jeher von den an autoritäre Formen der Literaturvermittlung gebundenen Normen der ›Zensur‹ abgrenzbar. Die voreilige Relativierung dieser Unterschiede verstellte den Blick für die Spezifik der Form, Institutionalisierung sowie Funktion dieser Restriktionen und führte zu jenem diffusen Zensurverständnis, das Michael Kienzle und Dirk Mende ihrer 1980 erschienenen Publikation Zensur in der BRD zugrunde legten.

[8] 

Reinhard Aulich brachte deshalb in seinem 1988 veröffentlichten, systemtheoretisch orientierten Entwurf in Erinnerung, daß die zensorische Praxis bisher fast ausnahmslos auf die zentralen, durch die »Literaturproduktion erschlossenen Möglichkeiten an literarischer Kommunikation« 11 fixiert war. Schärfer als Kienzle und Mende richtete er das Augenmerk auf die funktionelle Differenzierung dieser Kontrolle und hob hervor, daß ein zensorischer Eingriff so gut wie nie monokausal vom »Textinhalt einer inkriminierten Schrift« 12 bestimmt wurde.

[9] 

Auf diese Korrelation zwischen dem Zensurakt und den aus einer normkonformen Textbewertung resultierenden Hypothesen über die Wirksamkeit eines Werkes verwies auch Otto in ihrem Standardwerk. In Anlehnung an das als ideologiekritisch apostrophierte Ästhetikverständnis der Zeit sah sie in einem literarischen Text allerdings lediglich die »Quintessenz, Abkürzung und Zusammenfassung des konkreten sozialen Prozesses«. 13 Die für jede Legitimation der Zensur bemühte These von einer Diskrepanz zwischen Objektivem und Subjektivem, zwischen Widerspiegelung und Widergespiegeltem 14 wurde zwar permanent bei einer Rechtfertigung zensorischer Maßnahmen ins Feld geführt, fand aber in der DDR nicht einmal bei allen als Gutachter tätigen Zensoren uneingeschränkte Zustimmung.

[10] 

Bei der Inkriminierung eines Textes konnten, wie Holger Brohms Dissertation Die Koordinaten im Kopf. Gutachterwesen und Literaturkritik in der DDR in den 1960er Jahren andeutet, persönliche oder banale alltagspolitische Aspekte eine maßgebliche Rolle spielen, und die These, ein als normverletzend empfundener Text verändere die Koordinaten des sozialrelevanten Kulturhorizonts in signifikanter Weise, ließ sich genauso wenig verifizieren wie die Annahme, Zensur habe eine die Zukunft bestimmende Wirkungsqualität.

[11] 

Gutachterwesen,
Druckgenehmigung und Zensur

[12] 

Die Akzeptanz der als Druckgenehmigung firmierenden Zensur konnte zwar eine partielle Wertgemeinsamkeit zwischen Autor und Gutachter offenbaren, gleichzeitig führten aber die zahlreichen Initiativen zur Umgehung, Modifizierung oder Abschaffung der Genehmigungspraxis die Beteiligung vieler Autoren am politischen Wandel und an der Veränderung kollektiver Identitätsmuster vor Augen. Gerade die Positionen von Volker Braun, Franz Fühmann, Erwin Strittmatter, aber auch von Christa Wolf oder Günter de Bruyn belegten, daß die prinzipielle Zustimmung zum Modell einer sozialistischen Literaturgesellschaft mit dem Engagement zur Veränderung kultureller und politischer Strukturen verbunden sein konnte.

[13] 

In der Furcht vor der öffentlichkeitswirksamen Medialisierung dieser Kritik und im abwehrenden, gelegentlich auch vetativen Umgang mit ihr manifestierten sich allerdings die Grenzen und die prinzipielle Reformunfähigkeit dieses Funktionssystems. Die mit der Angst vor unkalkulierbarer Meinungsbildung eng verbundene Text- und Buchgläubigkeit provozierte zudem ein simplifiziertes Bild des Schriftstellers und Lesers. So wie der Zensor in der Regel den impliziten mit dem realen Leser identifizierte, so setzte er auch faktuales und fiktives Erzählen oder den realen mit dem impliziten Autor gleich. War die Position des impliziten Autors indifferent oder war sie nach Auffassung der Zensoren sogar geeignet, normverletzende, disfunktionale Wirkungspotentiale zu entfalten, so richtete sich die Kontrolle unter Verweis auf die Verantwortung des Schriftstellers sowie die normativen, aktivierenden und revolutionierenden Potentiale von Literatur nicht nur gegen den Text, sondern auch direkt gegen die Person des Autors.

[14] 

Die Zensur in der DDR trachtete je nach politischer Opportunität differierend, aber doch kontinuierlich danach, den literarischen Kommunikationsprozeß und seine Träger so zu beeinflussen und zu organisieren, daß alle kulturpolitisch relevanten Aktivitäten und angenommenen Wirkungen auf das gültige gesellschaftliche Harmonieideal ausgerichtet und zuwiderlaufende Handlungen unterbunden oder zumindest wirkungsvoll sanktioniert werden konnten.

[15] 

Den ideologischen, innen- sowie außenpolitischen Vorgaben entsprechend wurden wirksame formelle und informelle Maßnahmen ergriffen, um Autoren und Texte gezielt zu reglementieren, zu tabuisieren oder zu propagieren, Lizenzen und Druckgenehmigungen selektiv zu erteilen, den herstellenden und vertreibenden Buchhandel zu kontrollieren und die private und kollektive Literaturrezeption nach Maßgabe kulturpolitischer Losungen einzuschränken oder zu beeinflussen. Im Vordergrund der Überlegungen stand der medialisierte Text, auch wenn die Personen des realen Autors und Lesers, aber auch deren soziale Bezugsgruppen, immer wieder zu Adressaten operativer Maßnahmen seitens des Ministeriums für Staatssicherheit 15 oder anderer Repressalien wurden.

[16] 

Brohm: Studie über das Gutachterwesen,
die Literaturkritik und Zensur

[17] 

Die an der Humboldt-Universität Berlin entstandene Dissertation von Brohm Die Koordinaten im Kopf versucht, diesem Problemzusammenhang am Fallbeispiel Lyrik nachzugehen. Der gewählte Untersuchungszeitraum ist das letzte Jahrzehnt der Herrschaft Walter Ulbrichts, jenes berüchtigte Dezennium nach dem Mauerbau, das Günter Agde in seinem Aufsatz- und Dokumentenband Kahlschlag. Das 11. Plenum des ZK der SED 1965 1991 erstmals umfassender dokumentierte. 16 Brohms Arbeit gliedert sich nach der knappen »Vorbemerkung« in vier Abschnitte: auf die umfangreiche »Einleitung« folgt die »Studien« betitelte, eigentliche Analyse, schließlich eine »Zusammenfassung« der Ergebnisse sowie ein längerer »Anhang« mit einer Auflistung der damals tätigen Verlags- und Außengutachter, drei Dokumenten zur Diskussion um die von Adolf Endler und Karl Mickel 1966 herausgegebenen Lyrikanthologie In diesem besseren Land, einem Literaturverzeichnis und dem unzuverlässigen Namensregister, in dem beispielsweise die im Text genannten Namen von Charles Baudelaire, Gerrit-Jan Berendse, Pierre Bourdieu, Michel de Certeau, Gustave Flaubert oder Alain Viala nicht vorkommen.

[18] 

Ob das Fehlen dieser Namen damit zusammenhängt, daß der kurze Exkurs zur Feldtheorie Bourdieus nach der Fertigstellung des Registers umgeschrieben oder hinzugefügt wurde, läßt sich nicht eindeutig klären. Auffällig ist jedoch, daß der auf den Seiten 12 bis 18 skizzierte und auf Bourdieus Feldtheorie rekurrierende methodische Ansatz im Analyseteil nur wenig entfaltet wird. Die Schwierigkeiten benennt der Autor selbst:

[19] 
Sicher läßt sich von einer Autonomie des literarischen Feldes im Sinne einer Eigengesetzgebung in literarischen Fragen kaum sprechen, schließlich verzichtete die kulturpolitische Führung in den vierzig Jahren DDR nicht darauf, mit Hilfe der Zensur ihren Machtanspruch zu sichern. Die unmittelbare Zensur, das sogenannte ›Druckgenehmigungsverfahren‹, nahm nicht nur dem Autor sein alleiniges Recht auf Veränderung des Textes sowie sein Entscheidungsrecht, ob und wo er den Text veröffentlichen lassen will, sie richtete sich ebenso gegen den Verlag und dessen Entscheidung, bestimmte Texte zu publizieren, und entmündigte den Leser in seiner literarischen Urteilsfähigkeit. 17
[20] 

Warum Brohm ausgerechnet für die Kahlschlagära, die Zeit einer ostentativen Negation ästhetischer Autonomie, den Versuch macht, Bourdieus Feldtheorie zu adaptieren, bleibt ganz und gar unklar. Vielleicht deshalb, weil er sich mit dem grundlegenden Problem der Zensur in der DDR gar nicht substantiell auseinandergesetzt hat. Es ist auffällig, daß die vor 1989 in der Bundesrepublik erschienenen, maßgeblichen Publikationen von Aulich, Manfred Jäger und Otto ebenso ignoriert wurden wie die nach der Wende veröffentlichte Basisliteratur von Ernest Wichner und Herbert Wiesner: etwa das Ausstellungsbuch Zensur in der DDR. Geschichte, Praxis und ›Ästhetik‹ der Behinderung von Literatur oder der Band ›Literaturentwicklungsprozesse‹. Die Zensur der Literatur in der DDR. 18 Ja, selbst der bereits genannte Band Kahlschlag von Agde wurde übergangen. Die Konsequenz dieser selektiven Aufarbeitung der Forschung ist die methodische und terminologische Indifferenz der Studie. Brohms Detailuntersuchungen zu Günter Kunert, Endler, Mickel, Volker Braun und Sarah Kirsch bleiben blass, die ›literarästhetische‹ Dimension der Texte wird allenfalls oberflächlich analysiert.

[21] 

Ähnliche Ungereimtheiten ergeben sich aus dem »Verzeichnis der verwendeten Archivbestände«. Hier werden mit den Archiven des Aufbau-Verlages, dem Bestand des Ministeriums für Kultur im Bundesarchiv, der Stiftung »Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR«, dem Archiv des Reclam-Verlages und Beständen in der Staatsbibliothek Berlin / Stiftung Preußischer Kulturbesitz ungewöhnlich umfangreiche Quellenkorpora aufgelistet, aber wofür wurden sie genutzt? Über wichtige Quellen, wie etwa die 1960 von der Vorläuferinstitution der HV Verlage und Buchhandel erarbeiteten Richtlinien für die Begutachtung, denen de facto ein außerordentlicher Stellenwert zukam, erfährt man in der 1997 erschienenen Untersuchung von Simone Barck, Martina Langermann und Siegfried Lokatis ›Jedes Buch ein Abenteuer‹. Zensur-System und literarische Öffentlichkeit in der DDR bis Ende der sechziger Jahre beispielsweise weit mehr als in Brohms Dissertation. 19 Auch Brohms Schlußthese, die Lyrikdebatte habe in zunehmenden Maße zu einer »Selbstthematisierung des Subjektes« 20 geführt, ist wenig innovativ und paraphrasiert die bereits seit längerem in der Zensurforschung erörterte Entwicklung vom großen Wir zum eigenen Ich.

[22] 

Offene Fragen

[23] 

Ob das nach einem aufwendigen Begutachtungsverfahren und langen Diskussionen erteilte Imprimatur eines Autor für die gekürzte Fassung im Sinne der funktionalen Differenzierung Aulichs als ein aus der »Wertegemeinsamkeit« mit den Apologeten der Kommunikationskontrolle resultierender Akt der »Selbstzensur«, 21 als zwanghafter Versuch, den »Familienfrieden« 22 zu bewahren oder gar als »stiller Widerstand« 23 interpretiert werden konnte, muß auch nach der Lektüre von Brohms Studie offen bleiben, da das Verhältnis zwischen Konfliktbereitschaft, Normakzeptanz und schriftstellerischem Wirkungsanspruch retrospektiv nie als eine situationsunabhängige, a priori gültige Relation zu definieren war. Was ist also das Erkenntnisinteresse? Die von Brohm angeführten Beispiele offenbaren immerhin, daß die Konfrontation zwischen Literatur, Zensur und Selbstzensur keineswegs immer ein unüberbrückbarer Konflikt war und das Plazet für eine veränderte Version nicht prinzipiell mit vorauseilendem Gehorsam gleichgesetzt werden konnte.

[24] 

Die »Nichtexistenz eines eigenen Öffentlichkeitsbegriffes in der marxistischen Theorie« 24 und der auf die Kategorie der historischen Notwendigkeit bezogene Freiheitsbegriff ließen diese Praxis der Gängelung allerdings als Fortschritt erscheinen. Diesen ideologischen Kontext blendet Brohm leider aus. Da man im zähen Prozeß der Lektorierung die Zustimmung des Autors zu allen gewünschten Textänderungen forderte, waren Zensurierung und Selbstzensurierung oft schwer zu unterscheiden und jeder noch so rigide Eingriff in das Manuskript konnte als Einsicht in die Notwendigkeit bezeichnet werden.

[25] 

Die scheinbar auf den Fortschritt bezogene Kommunikation zwischen Zensor, Lektor und Autor schien unter diesen Vorzeichen mit dem von Friedrich Engels im sogenannten ›Anti-Dühring‹ skizzierten Modell der Übergangsgesellschaft völlig im Einklang zu stehen:

[26] 
Die objektiven, fremden Mächte, die bisher die Geschichte beherrschten, treten unter die Kontrolle der Menschen selbst. Erst von da an werden die Menschen ihre Geschichte mit vollem Bewußtsein selbst machen, erst von da an werden die von ihnen in Bewegung gesetzten gesellschaftlichen Ursachen vorwiegend und in stets steigendem Maße auch die von ihnen gewollten Wirkungen haben. Es ist der Sprung der Menschheit aus dem Reiche der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit. 25
[27] 

Über diese Zusammenhänge und Hintergründe erfährt man bei Brohm fast nichts. Der im Titel anklingende komplexe Anspruch wird nicht eingelöst, die Arbeit ist alles andere als ein wesentlicher Beitrag zur Forschung.


Prof. Dr. York-Gothart Mix
Philipps-Universität Marburg
Institut für Neuere deutsche Literatur und Medien
Wilhelm-Röpke-Str. 6 A
DE - 35039 Marburg

Ins Netz gestellt am 17.09.2004

IASLonline ISSN 1612-0442

Diese Rezension wurde betreut von unserer Fachreferentin Prof. Dr. Simone Winko. Sie finden den Text auch angezeigt im Portal Lirez – Literaturwissenschaftliche Rezensionen.

Redaktionell betreut wurde diese Rezension von Julia Ebeling.

Empfohlene Zitierweise:

York-Gothart Mix: Die Koordinaten im Kopf und die Koordinaten der Forschung. (Rezension über: Holger Brohm: Die Koordinaten im Kopf. Gutachterwesen und Literaturkritik in der DDR in den 1960er Jahren. Fallbeispiel Lyrik. Berlin: Lukas 2001.)
In: IASLonline [17.09.2004]
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Anmerkungen

Frank Schirrmacher: ›Dem Druck des härteren, strengeren Lebens standhalten‹. Auch eine Studie über den autoritären Charakter: Christa Wolfs Aufsätze, Reden und ihre jüngste Erzählung ›Was bleibt‹. In: Thomas Anz (Hg.): ›Es geht nicht nur um Christa Wolf‹. Der Literaturstreit im vereinten Deutschland. München: edition spangenberg 1991, S. 89.   zurück
Erwin Strittmatter: Die Lage in den Lüften. Aus Tagebüchern. Berlin, Weimar: Aufbau Verlag 1990, S. 232.   zurück
Vgl. Ulrich Greiner: Die deutsche Gesinnungsästhetik. Noch einmal: Christa Wolf und der deutsche Literaturstreit. Eine Zwischenbilanz. In: Thomas Anz (Anm. 1), S. 213. – Hanno Rauterberg: Kesseltreiben in Weimar. Aus Bilderstreit wird Bilderkampf: Wie eine Ausstellung den Ost-West-Konflikt schürt. In: Die Zeit, Nr. 22 vom 27.5.1999, S. 49 f. – Gottfried Knapp: An die Wand gestellt. Wie die Weimarer ›Moderne‹-Schau DDR-Kunst abqualifiziert. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 121 vom 29.-30.5.1999, S. 15: »Auf den Folien hängen Bilder der unterschiedlichsten Größenordnungen fast lückenlos neben- und übereinander. Der Besucher hat also keine Chance, sich einem Bild besonders zu widmen. Genau mit den gleichen Mitteln haben die Nazis aus den Hauptwerken der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts ›Entartete Kunst‹ gemacht«. – Ulrich Gerster: Schwierige Felder. Die Moderne, die NS- und die DDR-Kunst in Weimar. In: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 121 vom 29.-30.5.1999, S. 33. – Walter Libuda: Schwarzweißhängung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 125 vom 2.6.1999. S. 53: »Denke niemand, dieser Ausstellungsgeist wäre nicht wiederholbar. München ´37, Weimar ´99«. – Eduard Beaucamp: Der Prozeß. Weimarer Kunstjustiz. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 139 vom 19.6.1999, S. 41. – Mario-Andreas von Lüttichau: ›Deutsche Kunst‹ und ›Entartete Kunst‹: Die Münchner Ausstellungen 1937. In: Peter-Klaus Schuster: Die ›Kunststadt‹ München 1937. Nationalsozialismus und ›Entartete Kunst‹. München: Prestel, 2. Aufl. 1988. S. 83. – ›Ich bin kein Terminator‹. Ausstellungsmacher Achim Preiß über die Kritik an seiner Bilderschau in Weimar. In: Der Spiegel, Nr. 22 vom 31.5.1999, S. 210. Im Interview kommt Preiß zu der jeder gängigen Zensurdefinition widersprechenden, Ursache und Wirkung verkehrenden Schlußfolgerung, der Protest betroffener Künstler sei mit »Zensurmaßnahmen« gleichzusetzen. Die Unzulänglichkeit des Ausstellungskonzeptes zeigte sich auch darin, daß im dritten Ausstellungsteil, dem der offiziellen Staatskunst vorbehaltenen Panorama, Bilder wie Curt Querners Selbstbildnis (Hungernder) (1947), Wolfgang Mattheuers Weihnachtsstilleben (1976) und A. R. Pencks und Wolfgang Opitz’ Energetik (1971) neben exemplarischen Werken des sozialistischen Realismus von Walter Womacka, Willi Sitte oder Willi Schramm plaziert wurden.   zurück
Vgl. Erwin Strittmatter (Anm. 2), S. 166.   zurück
Günter Kunert: Der Sturz vom Sockel. In: G. K.: Schatten entziffern. Lyrik, Prosa 1950–1994. Hg. v. Jochen Ritter. Leipzig: Reclam Verlag 1995, S. 156. – Vgl. Klaus Kanzog: Literarische Zensur. In: Klaus Kanzog / Achim Masser: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Bd. IV. Berlin, New York: Walter de Gruyter 2. Aufl. 1984, S. 1031 ff.   zurück
Ulla Otto: Die literarische Zensur als Problem der Soziologie der Politik. Stuttgart: Ferdinand Enke 1968, S. 120.   zurück
Vgl. Michel Foucault: L’ordre du discours. Leçon inaugurale au Collège de France prononcée le 2 décembre 1970. Paris: Gallimard 1971, S. 10 ff., 46 f. »Tout système d’éducation est une manière politique de maintenir ou de modifier l’appropriation des discours, avec les savoirs et les pouvoirs qu’ils emportent avec eux« (S. 46). – Michael Kienzle / Dirk Mende: Stichwort ›Zensur‹. In: M. K. / D. M. (Hg.): Zensur in der BRD. Fakten und Analysen. München, Wien: Carl Hanser Verlag 1980, S. 28, 231. Vgl. in diesem Zusammenhang die Kritik bei Dieter Breuer: Geschichte der literarischen Zensur in Deutschland. Heidelberg: Quelle & Meyer 1982, S. 9 ff.   zurück
Michael Kienzle: Logophobie. Zensur und Selbstzensur in der BRD. Ein geschichtlicher Abriß. In: Michael Kienzle / Dirk Mende (Anm. 7), S. 25.   zurück
Michel Foucault (Anm. 7), S. 37 f.: »La discipline est un principe de contrôle de la production du discours. Elle lui fixe des limites par le jeu d’une identité qui a la forme d’une réactualisation permanente des règles«.   zurück
10 
Vgl. Pierre Bourdieu: Die Zensur. In: P. B.: Soziologische Fragen. Frankfurt / M.: Suhrkamp 1993, S. 131 ff.: »Jeder Ausdruck stellt einen Kompromiß zwischen einem Ausdrucksinteresse und einer Zensur dar, die in der Struktur des Felds besteht, in dem dieser Ausdruck angeboten wird, und dieser Kompromiß ist das Produkt einer Euphemisierungsarbeit, die bis zum Schweigen gehen kann, dem Grenzfall des zensierten Diskurses [...] Kurz, was eigentlich zu analysieren wäre, sind die sozialen Bedingungen der Konstituierung des Feldes, in dem dieser Diskurs produziert wird, denn dort liegt das eigentliche Prinzip dessen, was hier gesagt oder nicht gesagt werden konnte.«   zurück
11 
Reinhard Aulich: Elemente einer funktionalen Differenzierung der literarischen Zensur. Überlegungen zu Form und Wirksamkeit von Zensur als einer intentional adäquaten Reaktion gegenüber literarischer Kommunikation. In: Herbert G. Göpfert / Erdmann Weyrauch (Hg.): ›Unmoralisch an sich...‹. Zensur im 18. und 19. Jahrhundert. Wiesbaden: Harrassowitz 1988, S. 181.   zurück
12 
Reinhard Aulich (Anm. 11), S. 179.   zurück
13 
Ulla Otto (Anm. 6), S. 7.   zurück
14 
Zu dem von Ulla Otto gebrauchten materialistischen Begriff Widerspiegelung vgl. Georg Klaus / Manfred Buhr (Hg.): Philosophisches Wörterbuch. Leipzig: VEB Verlag Enzyklopädie 11. Aufl. 1974, S. 1302. (Begriff Widerspiegelungstheorie). – Claus Träger (Hg.): Wörterbuch der Literaturwissenschaft. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut 1986, S. 573. – Manfred Berger u. a. (Hg.): Kulturpolitisches Wörterbuch. Berlin: Aufbau Verlag 2. Aufl. 1970, S. 767.   zurück
15 
Vgl. u.a. Armin Mitter / Stefan Wolle (Hg.): Ich liebe euch doch alle! Befehle und Lageberichte des MfS Januar-November 1989. Berlin: BasisDruck Verlagsgesellschaft 2. Aufl. 1990, S. 40 f., 214 f., 231 ff., 242 ff. – Jürgen Fuchs: ›...und wann kommt der Hammer?‹ Psychologie, Opposition und Staatssicherheit. Berlin: BasisDruck Verlagsgesellschaft 1990. – Reiner Kunze: Deckname ›Lyrik‹. Eine Dokumentation. Frankfurt / M.: Fischer Taschenbuch Verlag 1990. – Erich Loest: Der Zorn des Schafes. Aus meinem Tagewerk. Künzelsau, Leipzig: Linden-Verlag 1990. – Joachim Gauck: Die Stasi-Akten. Das unheimliche Erbe der DDR. Reinbek: Rowohlt 1991. – Peter Böthig / Klaus Michael (Hg.): MachtSpiele. Literatur und Staatssicherheit im Fokus Prenzlauer Berg. Leipzig: Reclam Verlag 1993. – Joachim Walther: Sicherungsbereich Literatur. Schriftsteller und Staatssicherheit in der Deutschen Demokratischen Republik. Berlin: Ch. Links Verlag 1996. – Zur stalinistischen Praxis des Ministeriums für Staatssicherheit in den fünfziger Jahren vgl. Walter Janka: Spuren eines Lebens. Berlin: Rowohlt 1991, S. 274 ff.   zurück
16 
Vgl. Günter Agde (Hg.): Kahlschlag. Das 11. Plenum des ZK der SED 1965. Studien und Dokumente. Berlin: Aufbau Taschenbuch 1991.   zurück
17 
Holger Brohm: Die Koordinaten im Kopf. Gutachterwesen und Literaturkritik in der DDR in den 1960 Jahren. Fallbeispiel Lyrik. Berlin: Lukas Verlag 2001, S. 18.   zurück
18 
Vgl. u. a. Manfred Jäger: Kultur und Politik in der DDR 1945–1990. Köln: Verlag Wissenschaft und Politik 1994. – Ern[e]st Wichner / Herbert Wiesner (Hg.): Zensur in der DDR. Geschichte, Praxis und ›Ästhetik‹ der Behinderung von Literatur. Berlin: Literaturhaus 1991. – Ernest Wichner / Herbert Wiesner: ›Literaturentwicklungsprozesse‹. Die Zensur in der DDR. Frankfurt / M.: Suhrkamp 1993.   zurück
19 
Vgl. Holger Brohm (Anm. 17), S. 242.   zurück
20 
Holger Brohm (Anm. 17), S. 236.   zurück
21 
Reinhard Aulich (Anm. 11), S. 184.   zurück
22 
Frank Schirrmacher: ›Dem Druck des härteren strengeren Lebens standhalten‹. Auch eine Studie über den autoritären Charakter: Christa Wolfs Aufsätze, Reden und ihre jüngste Erzählung ›Was bleibt‹. In: Thomas Anz (Anm. 1), S. 84.   zurück
23 
Lew Kopelew: Für Christa Wolf. Ein Brief an die ›Zeit‹, die ›FAZ‹ und die ›Welt‹. In: Thomas Anz (Anm. 1), S. 120.   zurück
24 
Lucian Hölscher: Öffentlichkeit. In: Otto Brunner / Werner Conze / Reinhart Koselleck (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Bd. IV. Stuttgart: Klett-Cotta 1978, S. 463. – Vgl. in diesem Zusammenhang auch Georg Klaus / Manfred Buhr (Anm. 14), S. 424 f. – Georg Klaus: Spezielle Erkenntnistheorie. Prinzipien der wissenschaftlichen Theoriebildung. Berlin: VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften 1966, S. 111 ff. – Wladimir Iljitsch Lenin: Konspekt zu Hegels ›Wissenschaft der Logik‹. In: W. I. L.: Werke. Hg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Bd. XXXVIII. Berlin: Dietz Verlag 1964, S. 153, 171. Hier heißt es noch restriktiver: »Die Notwendigkeit verschwindet nicht, indem sie zur Freiheit wird«. Sowie im wörtlichen Rekurs auf Georg Wilhelm Friedrich Hegel: »So ist es z.B. der bloße Verstandesbegriff der Freiheit, wenn dieselbe als der abstrakte Gegensatz der Notwendigkeit betrachtet wird, wohingegen der wahre und vernünftige Begriff der Freiheit die Notwendigkeit als aufgehoben in sich enthält«.   zurück
25 
Friedrich Engels: Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft. ›Anti-Dühring‹. In: Karl Marx / F. E.: Werke. Hg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Bd. XX. Berlin: Dietz Verlag 1972, S. 264.   zurück