- Katrin Bedenig Stein: Nur ein "Ohrenmensch"? Thomas
Manns Verhältnis zu den bildenden Künsten (Europäische
Hochschulschriften Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur 1803) Bern u.a.:
Lang 2001. 351 S. EUR (D) 50,60.
ISBN 3-906767-23-X.
Thomas Mann und die Bildenden Künste
"[D]er beste Kenner seines
Werks" sei Thomas Mann selbst gewesen, 1
hat Marcel Reich-Ranicki einmal geschrieben. Damit hat er weniger jene
Probleme erhellt, die alle Selbstzeugnisse von Künstlern und
Künstlerinnen aufwerfen, als einen Forschungskonsens formuliert, der
erst in jüngster Zeit ins Wanken zu kommen scheint und der sich heute
noch auf jene Autorität beruft, die maßgeblich an seiner Stiftung
beteiligt war: die des Autors Thomas Mann. So kommt es,
daß die an "Interart"- oder intermedialen Aspekten
interessierte Forschung bis heute, auch darin Thomas Mann treu, in den Spuren
ihres Patriarchen geht, 2 in jenen Claims
schürft, die er abgesteckt und freigegeben hat, und kaum die
möglichen Forschungsfelder betreten mochte, in denen
erklärtermaßen nur taubes Gestein zu finden sei, das nicht nach
Rheingold oder sonstwie nach Wagner klingt.
Es verwundert also nicht, daß heute
etwa ein Dutzend Monographien zur Funktion der Musik in den Texten Thomas
Manns vorliegt, der sich selbst mit so viel Nachdruck als
">Ohrenmensch[en]<" 3 bezeichnet und
in poetologischen Selbstkommentaren immer wieder auf Vergleiche aus dem
Bereich der Musik zurückgreift. Zur Funktion der
bildenden oder visuellen Künste hingegen gibt es wenig, die Forschung
scheint sich hier im Einverständnis mit Thomas Mann gefühlt und,
von höchster Stelle legitimiert, in Verzicht geübt zu haben:
Schließlich wollte sich Thomas Mann – wieder einmal ganz in der
stilisierten Nachfolge Wagners und Nietzsches – ausdrücklich nicht als
"Augenmensch[en]" 4 verstanden
wissen. "[Z]ur Malerei" zum Beispiel habe er
"überhaupt wenig Verhältnis", schreibt er. 5 Es bedarf also einer gewissen Skepsis
gegenüber solchen Autorverfügungen und Forschungstraditionen, es
bedarf des Mutes, sich über Thomas Manns eigene Überzeugung
hinwegzusetzen, um seine Texte einer Revision zu unterziehen und sie
auf etwas zu befragen, was ihr Autor nicht sah oder sehen wollte. Daß
eine solche Befragung überaus vielversprechend ist, daran allerdings
kann schon nach der Lektüre des Zauberbergs überhaupt kein
Zweifel bestehen.
Zielsetzung und Ergebnis der vorliegenden Arbeit
Insofern kommt Katrin Bedenig Steins Dissertation gerade zur
rechten Zeit. Sie widmet sich, so der Untertitel, Thomas Manns
Verhältnis zu den bildenden Künsten auf der Textgrundlage der
Tagebücher, Essays und Briefe (S. 38). Die Verfasserin
"möchte" den "Widersprüchen nachgehen" (S. 31), die sich aus Thomas Manns erklärtem Willen,
"nichts sehen" zu wollen 6
einerseits und andererseits aus dem Umstand ergeben, daß er "ein
gerade den visuellen Bereich außerordentlich differenziert behandelndes
Werk geschaffen" habe (S. 23), das sogar von "visuelle[r]
Begeisterung" (S. 25) zeuge. Zu diesem Zweck sollen "Thomas Manns
Selbsturteile zur Diskussion" gestellt werden (S. 31). Gruppiert werden
sie um die Künstler Ludwig von Hofmann, Michelangelo und Dürer –
die beiden letzteren sind Gegenstand eines kürzeren Essays Thomas Manns
–, Frans Masereel, Max Liebermann und Max Oppenheimer. Eine leitende
heuristische Vermutung oder These findet sich nicht. Neben einer allgemeinen
"Differenzierung des Gesamtbilds" (S. 41) und "gewisse[r]
Pauschalurteile" (S. 72) über Thomas Mann ist es das Ziel der
Arbeit herauszufinden, ob "Thomas Mann nun wirklich – wie er selbst und
zahlreiche Beiträge der Forschung immer wieder betonen – ein reiner
>Ohrenmensch<" (S. 31) war oder nicht.
Nach mehr als dreihundert Seiten kommt die Verfasserin dann
zum Schluß, daß Thomas Mann "eine hervorragende
Beobachtungsgabe" habe und "kleinste Feinheiten [...] sensibel
registriert" habe (S. 318), im Falle von Max Oppenheimers Bild
Symphonie sogar "eine originelle und eigenständige
Interpretation ins Spiel" bringe (S. 321). Fazit: Thomas Manns
Qualitäten als "Augenmensch" sind zu
offenkundig, und auch die wenigen Texte zur bildenden Kunst belegen kein
völliges Unverständnis. Es ist wohl eher anzunehmen, dass das durch
Thomas Mann selbst und durch viele seiner Kritiker gefällte Urteil dem
Autor nicht ganz gerecht wird. (S. 326)
Dementierte Geschäftsgrundlage: Strategie und Methode
der Arbeit
Man darf wohl vermuten, daß diese Bewertung
apologetisch gemeint ist. Bei Lichte betrachtet
schlägt aber gerade dieses Urteil selbst nicht nur ins "nicht ganz
[G]erecht[e]", sondern in sein groteskes Gegenteil um: 7 Thomas Mann zu attestieren, er sei ein guter Beobachter,
sensibel, originell und nicht völlig unverständig in den Dingen,
über die er schreibt, ist ungefähr so, wie wenn man von Proust
sagte, er sei einfühlsam und beherrsche die französische Grammatik
oder von Joyce, er sei ein ganz Pfiffiger.
Daß die vorliegende Arbeit ihre Ergebnisse als
Komplimente formuliert, kann nicht über die gravierenden, vor allem
strategischen und methodischen Mängel hinwegtäuschen, an denen die
Arbeit krankt. Nicht nur, daß ihr Ergebnis von
vornherein klar ist, weil es auf der Hand liegt 8
(Thomas Mann war nicht blind und konnte nicht nur Musik ausgezeichnet
beschreiben). Die Verfasserin scheint darüber hinaus ihrer zweifellos
richtigen Prämisse, daß es etwas Bemerkenswertes zu sagen gibt zu
Thomas Mann und den bildenden Künsten, selbst nicht recht zu trauen –
etwa wenn sie schreibt:
So viele Bezugspunkte sich auch von anderen
Bereichen zu seinem Werk finden lassen, eine tiefe Beziehung zwischen dem
Autor und der Malerei, Bildhauerei oder Architektur scheint nicht bestanden
zu haben. (S. 7)
Diese Aussage wird nie mit Verve dementiert; noch im
Schlusswort heißt es, Thomas Manns "Berührungspunkte
mit bildender Kunst" erschienen aufgrund der
"übergroß[en]" Wirkung seiner "literarische[n] und
musikalische[n] Könnerschaft" "fast lächerlich
klein" (S. 326).
So wirkt es
ironischerweise nur konsequent, daß im Titel der Arbeit der Begriff
"Ohrenmensch" steht und nur in der kleineren Type des Untertitels
die "bildenden Künste" vorkommen, daß die Arbeit in
Motto und Schlußsatz gerahmt wird von Thomas Manns berühmter
Formulierung, in der er das "Bedeutende" als das
"Beziehungsreiche" definiert, 9
dessen exemplarische Verwirklichung er vorzugsweise im Werk Richard Wagners
gesehen hat 10 , daß der erste Satz der
Arbeit ihr ohnehin nur im Untertitel präsentiertes Thema gleich mit
einem Fragezeichen versieht ("Thomas Mann und die bildende Kunst?",
S. 7) und daß auf The Phenomena of Sound in the
Writings of Thomas Mann 11 verwiesen
wird, bevor überhaupt der erste thematisch einschlägige
Literaturverweis kommt, der ausgerechnet ein Zeitungsartikel über
Thomas Manns (Un-) Verhältnis zur bildenden Kunst (S. 13) ist.
So dementiert die vorliegende Arbeit von Anfang an ihre
eigene Geschäftsgrundlage – und das ganz ohne Not. Das, so muß man
vermuten, hängt wohl zusammen mit dem zugrundegelegten Textkorpus und
seiner Behandlung. Hier kommen die methodischen Probleme ins Spiel, die sich
ergeben können, wenn man sich wie die Verfasserin entscheidet, auf
jegliche Theorie- oder Methodendiskussion zu verzichten.
Die Verfasserin schreibt:
Als Ausgangspunkt und hauptsächliche
Materialgrundlage werden [...] in erster Linie die Tagebücher und Essays
ins Zentrum gerückt, da sich sowohl in den persönlichen
Aufzeichnungen als auch in den öffentlichen Reden und Aufsätzen
vermutlich die authentischsten Meinungsäußerungen des Autors
finden lassen. Auch das Briefwerk wird aus diesem Grund besonders
berücksichtigt, wobei in diesem Falle die Aussagen teilweise vorsichtig
behandelt werden müssen, da der Autor bekanntlich häufig aus
Höflichkeit dem Briefpartner gegenüber positivere Bemerkungen
machte als beispielsweise in den Tagebüchern. Das erzählerische
Werk wird in dieser Untersuchung immer da einbezogen, wo ein Vergleich
aufschlussreich erscheint und zur Frage nach dem Stellenwert bildender Kunst
Anhaltspunkte liefern kann.
(S. 38f.)
Intention und Spekulation
Dazu ist dreierlei zu bemerken. Zum ersten konzentrieren sich
die Literaturwissenschaften seit einigen Jahren mit guten Gründen
darauf, Konzepte wie Authentizität und die Mechanismen ihrer Herstellung
zu durchleuchten, anstatt sie einfach zu reproduzieren, etwa als Argument
für die Zusammensetzung eines zu behandelnden Textkorpus. Welche Äußerungen Thomas Manns in dem Sinne die
"authentischsten" sind, als sie seinen Intentionen am nächsten
kommen, muß nicht einmal er selbst gewußt haben (das wiederum war
ihm klar als Kenner Freuds) – wir jedenfalls werden es nie erfahren, auch,
oder besser: gerade nicht im hermeneutischen Verfahren der
Parallelstellenmethode, zu deren Problematik Peter Szondi schon 1973 klare
Worte gefunden hat. 12
Nach wie vor gilt in der theoretisch informierten Literaturwissenschaft das
Wort Paul de Mans, daß "die einzige irreduzible >Intention<
eines Textes die seiner Konstituierung ist". 13
Der Verfasserin ist also zuzustimmen, daß jede Aussage
darüber, was Thomas Mann tatsächlich gedacht haben könnte,
bloß Vermutung ist. Insofern ist ihre Entscheidung schlüssig,
dieses durchgängig spekulative Vorgehen – allerdings Genre-untypisch –
sprachlich durch den Modus des "Möglicherweise war" (S. 97),
"[V]ermutlich [...] hätte" (S. 116) oder
"[W]ahrscheinlich ist" (S. 120) zu markieren.
Kaum eine Seite, auf der sich diese Formulierungen nicht finden, immer
wieder auch in krasser Häufung 14 .
Selbstzeugnisse und Wörtlichnehmen
Zum zweiten kommt, wer mit Autorselbstzeugnissen umgeht, in
der Literaturwissenschaft nicht um die Frage herum, welcher Status ihnen
als Text zugesprochen werden muß. Das gilt nicht nur in ihrer
Relation zueinander, etwa im Fall widersprüchlicher Aussagen, in dem man
sich entscheiden muß, ob man der einen glauben möchte und der
anderen nicht – oder aber diese Entscheidung gerade nicht trifft. Vor allem
jedoch stellt sich die Frage nach dem Status eines Selbstkommentars in seinem
Verhältnis zum sogenannten dichterischen Werk, von dem es ja
landläufig heißt, es sei immer klüger als seine Autoren und
Autorinnen – schon weil es Deutungen zulasse, auf die letztere nicht gekommen
wären. Die Frage ist also: Unterscheiden sich Selbstzeugnisse
überhaupt grundlegend von der Dichtung, oder zählt man sie nicht
besser dazu und eröffnet ihnen einen vergleichbaren interpretatorischen
Spielraum, eine ähnliche ästhetische Uneinholbarkeit?
Vieles spricht dafür, diese letzte Frage zu bejahen und
Dichtung und Selbstzeugnisse im gegenseitigen Kommentar produktiv werden zu
lassen; schließlich ist auch die Tagebuchforschung diesen Weg gegangen.
15
Die Verfasserin der vorliegenden Arbeit hingegen entscheidet
sich – ohne die umrissene Frage zu explizieren – im Ergebnis anders.
Während die "Darstellung des figurativen Kunstbereichs in Romanen
und Erzählungen" "natürlich nicht unmittelbar mit der
Auffassung des Autors gleichzusetzen [...]" (S. 39) sei, versteht die
Verfasserin seine Selbstkommentare grundsätzlich (d.h. unter
Berücksichtigung des zitierten Höflichkeitsvorbehalts bei Briefen)
als "ungebrochene[n]", "wahren" (S. 94) und wörtlich
zu nehmenden Ausdruck. Daß Selbstzeugnisse kokett-ironisch oder – ob
gewollt oder nicht, und das gilt auch, vielleicht gerade für die
Tagebücher – schlicht falsch sein können, bezieht die Verfasserin
nicht mit ein, und die daraus resultierende mangelnde Distanz, ihr
konsequentes Wörtlichnehmen muten immer wieder komisch an – vor allem,
wenn dieses Wörtlichnehmen einhergeht mit einer zum interpretatorischen
Ergebnis stilisierten Paraphrase der gerade zitierten Passage:
In Bezug auf den DEFA-Film Affaire Blum
notiert Thomas Mann: "nur langsame Gewöhnung freilich an Visagen
und Idiome. Dann aussergewöhnlicher Eindruck" [...], woraus
geschlossen werden kann, dass er sich u.a. auch optisch erst zurechtfinden
musste, dann aber ungewöhnlich beeindruckt wurde. [...] "Londoner
Krönungsfilm [...] langsamer Pomp, keine Grossaufnahmen, die Gesich[t]er
unklar." Thomas Mann vermisst in diesem Film also die Grossaufnahmen und
die exakte Wiedergabe der Gesichter [...]. (S. 175)
Zugriff auf Forschung und erzählerisches Werk
Zum dritten fehlt in der vorliegenden Arbeit weitgehend die
angekündigte Einbeziehung des erzählerischen Werkes. Hier liegen
substantielle Schwächen. Völlig unverständlich ist, um nur ein
Beispiel zu nennen, daß die stupend spannende und komplexe
Zauberberg-Episode um das Portrait Clawdia Chauchats mit keinem Wort
erwähnt wird – was wäre denn einschlägiger als dieses Kapitel,
das auch noch Humaniora heißt? Überhaupt der Zauberberg
: Wo sonst wird so offensichtlich und ausführlich und über die
gesamte Länge des Textes das Thema Abbild und Abbilden verhandelt? Viel
mehr Raum als die gerade mal erwähnte Kino-Erfahrung Hans Castorps (S.
184) nehmen im Zauberberg Darstellung und Diskussion der
Röntgen-Photographie ein, durch die eine Fülle von Diskursen rund
um die bildenden Künste eingespielt werden.
Es fragt sich, warum
die Verfasserin, die ja den Begriff bildende Kunst so weit dehnt, daß
er noch den Film umfaßt, 16 den
Photographiekomplex ignoriert – und das, obwohl sich hier an die jüngste
Forschung hätte anknüpfen lassen. 17
Der Eindruck ist wohl nicht ganz von der Hand zu weisen, daß die
Arbeit nicht in voller Breite auf vorhandener Forschung und theoretischer
Fundierung zu ihrem Thema aufbaut. Nur zwei Beispiele. Zu einer besonders
spannenden aktuellen kulturwissenschaftlichen Diskussion, zu dem für
bildende Künste und Literatur gleichermaßen wichtigen Thema
"Blick und Sehen in der Neuzeit", wird nur ein einziger Titel
genannt (S. 35); grundlegende einschlägige Arbeiten
wie etwa die Michel Foucaults und Jonathan Crarys 18 werden nicht einmal erwähnt. Auch
vermißt man in den Ausführungen zu Film 19 und Kino theoretische Standardreferenzen der letzten drei
Jahrzehnte, und dabei geht es doch gerade um die "ausgeprägte Lust
am Schauen" (S. 167), dessen Konzeptualisierung und
Deutung ohne den epochemachenden, ja geradezu diskursbegründenden
Artikel von Laura Mulvey Visual Pleasure and Narrative Cinema 20 nicht auskommen.
Nun mag man schlicht einwenden, das Interesse der
vorliegenden Arbeit sei eben kein theoretisches, sondern ein biographisches –
schließlich gehe es ja um das "private Sehverhalten des
Autors" (S. 35). Dann aber dürfte die Arbeit nicht hinter den Stand
zurückfallen, auf den zuletzt Hermann Kurzke die Thomas-Mann-Biographik
gebracht hat. Schließlich findet sich bei Kurzke
das Argument, wie man eigentlich überhaupt noch Neues und Interessantes
zur Biographie Thomas Manns sagen kann: nämlich indem man seine
"Dichtungen" als bisher "am wenigsten beachtet[e]"
"wichtigste neue Quelle" 21
fruchtbar macht. Doch gerade auf diesen Kunstgriff verzichtet die Verfasserin
weitgehend. Vor allem aber demonstriert Kurzke vorbildlich, wie man mit
Vorsicht und Genauigkeit jenen schmalen und gefährlichen Grat zwischen
legitimer, wohl auch notwendiger Spekulation einerseits und
psychologisierender oder sonst willkürlicher Unterstellung andererseits
auslotet und beschreitet.
Fazit
Es ist das Verdienst von Katrin Bedenig Stein, ein so
wichtiges und vielversprechendes Thema wie Thomas Mann und die bildenden
Künste aufgegriffen zu haben. Die strikte Opposition zwischen Augen- und
Ohrenmensch, die das Grundgerüst der Arbeit bildet, ist jedoch
unglücklich, weil sie nicht haltbar und nicht produktiv ist. Denn schon
auf sprachlich-metaphorischer Ebene durchdringen sich Auditives und
Visuelles: Zwar betrachtet sich auch Adrian Leverkühn
"entschieden" als "Ohrenmenschen" – doch es ist (wie die
Verfasserin selbst auf S. 8 zitiert) die
"Imagination" 22 Adrian
Leverkühns, die Thomas Mann erklärtermaßen inniger geliebt
habe als seine anderen Charaktere. Und ist nicht gerade, aber nicht nur in
bezug auf Thomas Manns Verhältnis zu Wagner Nietzsches Metapher der
"doppelten Optik" so prominent geworden, daß sie es sogar zu
einem Eintrag ins Sachregister des Thomas-Mann-Handbuchs gebracht hat? – Mit
der vorliegenden Arbeit ist also das letzte Wort zu Thomas Mann und den
bildenden Künsten noch nicht gesprochen, doch einen interessanten Zugang
zu diesem Thema bietet sie in ihrem äußerst sorgfältig
zusammengestellten Materialreichtum auf jeden Fall.
Stefan Börnchen
Universität zu Köln
Institut für deutsche Sprache und Literatur
Albertus-Magnus-Platz
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Ins Netz gestellt am 06.11.2002
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Anmerkungen
1 Marcel Reich-Ranicki: O sink hernieder,
Nacht der Liebe. Der junge Thomas Mann, der Eros und die Musik. In: Thomas
Mann Jahrbuch 7 (1994), S. 187–198, hier S. 187. zurück
2 Thomas Mann: [On Myself]. In: Ders.,
Gesammelte Werke in dreizehn Bänden, 2. Aufl., Frankfurt / M. 1974 [von
der folgenden Endnote an zitiert als: GW, Bd., S.], Bd. XIII, S. 127–169,
hier S. 165, auch angeführt von Katrin Bedenig Stein: Nur ein
"Ohrenmensch"? Thomas Manns Verhältnis zu den bildenden
Künsten, S. 10. Dieses Buch wird im folgenden im Fließtext ohne
Titelnennung mit der Seitenangabe in Klammern zitiert. zurück
3 Thomas Mann: [Maler und Dichter]. In: GW
XI, 740, hier S. 740. zurück
4 Brief an Emil Preetorius vom 12. Dez. 1947.
In: Thomas Mann, Briefe 1937–1947, hg. von Erika Mann, Frankfurt / M. 1963,
S. 574. zurück
5 Thomas Mann: [Maler und Dichter]. In: GW
XI, 740, S. hier 740. zurück
6 "Auch für mich ist die Welt des
Auges nicht eigentlich meine Welt, und im Grunde will ich nichts sehen
[...]." Thomas Mann am 5.12.1954 an Karl Kerényi. Zitiert nach
Bedenig Stein, S. 11. zurück
7 Vgl. etwa S. 197, wo die Verfasserin Thomas
Mann "genaueste Beobachtung" einer Hermes-Statue und "sehr
genaue Betrachtung" von Thomas Manns neu erworbener Luther-Büste
bescheinigt, weil er sie als "konzentrierten, jugendlichen Manneskopf,
der bei elektrischem Licht fast Bronce-Reflexe zeigt" (Tagebuch,
19.11.1918), beschreibt. "Exaktes Schauen" wird Thomas Mann auf S.
148 attestiert, weil er einen Hut sieht, obwohl er "am linken Rand des
Bildes halb angeschnitten" ist. zurück
8 So wird zum Beispiel schon in der Mitte der
Arbeit (S. 168) lapidar vorweggenommen, was am Schluß als zentrales
Fazit erscheint: "Es ist bekannt, dass Thomas Mann eine
ausserordentliche Beobachtungsgabe[...] besass, die es ihm ermöglichte,
Personen und ihre Umgebung mit geradezu fotografischer Genauigkeit zu Papier
zu bringen." Und auf S. 23 wird Katia Mann aus ihren
Ungeschriebenen Memoiren zitiert, Thomas Mann sei "ein
absoluter Augenmensch" gewesen. zurück
9 Thomas Mann: Lebensabriß. In: GW XI,
98–144, hier S. 123 f. zurück
10 Vgl. z.B. die Rede von
"Bedeutungsreiz [...] und Beziehungszauber" in Richard Wagner und
der Ring des Nibelungen. In: GW IX, 502–527, hier S. 520. zurück
11 Ella M. Martine: The Phenomena of
Sound in the Writings of Thomas Mann, Diss. Stanford 1935.
zurück
12 Peter Szondi: Über philologische
Erkenntnis. In: Methodenfragen der deutschen Literaturwissenschaft, hg. von
Reinhold Grimm und Jost Hermand, Darmstadt 1973, S. 232–254, vor allem S.
248–252. zurück
13 Paul de Man: Lesen (Proust). In:
Ders.: Allegorien des Lesens, Frankfurt / M. 1988, S. 91–117,
hier S. 98. zurück
14 Vgl. z.B. S. 78–80. zurück
15 Vgl. Bernd Hamacher: Bleistiftschnitzel
und letzte Geheimnisse: Thomas Manns Tagebücher. In: Schriften der
Erich-Mühsam-Gesellschaft 22 (2003) [in Vorbereitung]. zurück
16 Allerdings nicht konsequent: Auf S. 188
stellt sie den Film der bildenden Kunst gegenüber. zurück
17 Vgl. z.B. Sara Danius: The Senses
of Modernism. Technology, Perception and Modern Aesthetics, Uppsala
1998, die etwa ein Drittel ihrer Arbeit dem Zauberberg
widmet. zurück
18 Michel Foucault: Die Ordnung der
Dinge, Frankfurt / M. 1971; Jonathan Crary: Techniques of the
Observer. On Vision and Modernity in the Nineteenth Century, Cambridge,
Massachusetts und London 1990. zurück
19 Die Folge sind Gemeinplätze wie der,
daß der Film "nun aber eindeutig ein Medium sei, das visuell wirkt
– Musik und Text treten in der Bilderflut in den Hintergrund" (S. 167).
Eines der zentralen Anliegen der Filmwissenschaft der letzten Jahre ist es
gewesen, dieser alten Meinung entgegenzuwirken und den Film als komplexes und
hybrides Medium zu beschreiben. zurück
20 In: Screen 16 / 3 (1975), S. 6–18.
zurück
21 Hermann Kurzke: Thomas Mann. Das
Leben als Kunstwerk. Eine Biographie, München 1999,
Klappentext. zurück
22 Thomas Mann: [Das mir nächste meiner
Bücher]. In: GW XI, 686–687, hier S. 686. zurück
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