Hamacher über Besslich: Thomas Manns Spengler-Rezeption

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Bernd Hamacher

Faszination und Abwehr:
Thomas Manns Spengler-Rezeption

  • Barbara Beßlich: Faszination des Verfalls. Thomas Mann und Oswald Spengler. Berlin: Akademie Verlag 2002. 171 S. Geb. EUR (D) 39,80.
    ISBN 3-05-003773-3.


Bekannte Fakten? – Neue Erkenntnisse!

Es gibt Themen und Probleme der Literatur- und Kulturgeschichte, über die man glaubte Bescheid zu wissen, weil man sie für gut erforscht hielt. Was sollte es über Thomas Mann und Oswald Spengler schon Neues zu berichten geben? Die Fakten schienen längst bekannt: Über Manns gespannte Lektüre des Untergangs des Abendlandes, seine Faszination und seine Verblüffung angesichts der frappierenden Parallelen zu seinem nach dem Ersten Weltkrieg wiederaufgenommenen Zauberberg, seine zunächst zögernde und dann entschiedene politisch motivierte Distanzierung von dem >konservativen Revolutionär< war man gut unterrichtet – durch Manns Tagebücher, durch seine Spengler-Kommentare in Briefen und Essays.

Und dann erscheint ein Buch, das einem die Augen öffnet und zeigt, wie wenig man eigentlich wußte. Das Gefühl der Beschämung, seiner Vorurteile überführt zu werden, weicht rasch der Beglückung über eine Fülle neuer Einsichten und Erkenntnisse. Auch wenn der Vergleich unfair ist: Schon ein kontrastierender Blick von Barbara Beßlichs Parallellektüre von Oswald Spenglers Untergang des Abendlandes und Thomas Manns Zauberberg (S. 53–109) auf Michael Neumanns punktuelle Erwähnungen Spenglers in seinem aktuellen Zauberberg-Kommentar 1 zeigt, wie wenig systematisch sich die Thomas-Mann-Forschung bislang des Themas angenommen hat.

Wechselseitige Mißverständnisse:
Thomas Mann und die >konservative Revolution<

Doch Beßlichs Studie greift weit über diese Parallellektüre hinaus: Die beiden ersten Kapitel wollen einen "kleine[n] kulturgeschichtliche[n] Beitrag zu dem Versuch, Thomas Manns Stellung zur Konservativen Revolution zu bestimmen"
(S. 15), leisten, während das Schlußkapitel nach dem zentralen Zauberberg-Teil den Doktor Faustus ins Visier nimmt. Wie soll dieses ambitionierte Programm auf solch vergleichsweise schmalem Raum auch nur annähernd verwirklicht werden? Die anfängliche Skepsis macht rasch der Faszination Platz – wenngleich nicht der titelgebenden Faszination des Verfalls, sondern vielmehr der Faszination des Gelingens.

Von Anfang an ist klar, daß die kulturgeschichtlich bestens ausgewiesene Autorin nach ihrer zu Recht viel beachteten Dissertation 2 wie nur wenige andere prädestiniert dafür ist, die Beziehung Thomas Manns zur sogenannten >Konservativen Revolution< an einem prägnanten Fallbeispiel ebenso exemplarisch wie grundsätzlich zu untersuchen. Sie erinnert daran, daß die Zeitgenossen sich uneinig darüber waren, wie Spengler den Untergang des Abendlandes bewertete. Ernst Bloch war einer der wenigen, der sich von den zivilisationskritischen Topoi nicht täuschen ließ und Spengler als Optimisten beschrieb, 3 der "in der Zivilisation [...] die politische Chance für einen imperialistischen Neuaufstieg Deutschlands" sah (S. 8). Vor diesem Hintergrund kann Beßlich mit vorbildlicher Klarheit konstatieren, daß die "wechselseitigen Sympathien zwischen Thomas Mann und der konservativen Revolution [...] auf einem Mißverständnis" beruhten, da Mann "die >revolutionären<, modernisierungsfreundlichen Elemente der konservativen Revolution" unterschätzte und diese umgekehrt sich Thomas Mann zu ihrem "Nestor" erkor, "ohne seine Orientierung am 19. Jahrhundert und seine Technikskepsis zu übernehmen"
(S. 12 f.). "Das gemeinsame Feindbild" – die Demokratie – "täuscht Mann eine Zeit lang darüber hinweg, daß seine und Spenglers politische Ziele sich entgegenstehen" (S. 26).

Spengler
in Lektüre und Gesprächen Manns

So legt die Autorin eine sichere Basis für die Rekonstruktion von Thomas Manns Spengler-Lektüre im ersten Teil ihrer Studie. Dabei folgt sie dem in der Thomas-Mann-Forschung bereits vielfach bewährten Verfahren einer Analyse der Lektürenotizen und der Anstreichungen in Manns Handexemplaren – eine Untersuchung, die in bezug auf Spengler überraschenderweise noch ausstand. So wurde bislang etwa übersehen, daß Thomas Mann Spenglers mit neueren Nationalismus-Forschungen durchaus kompatible Auffassung der Begriffe >Volk< und >Nation< als diskursive Konstrukte statt als ontische Größen "dick markiert":

Völker sind nach Spengler nicht Subjekte der Geschichte, sondern ihre Produkte, nicht historische Initiatoren, sondern kulturelle Ergebnisse historischer Prozesse. >Volk< ist bei ihm keine [...] reale Entität, sondern ein ideelles Konzept. [...] Weder ein ius soli noch ein ius sanguinis zirkelt die Volkszugehörigkeit für Spengler ab. Ähnliches gilt für den Begriff der >Rasse<. (S. 24)

Im folgenden geht Barbara Beßlich über die übliche quellenkritische Verfahrensweise hinaus, indem sie nicht nur Thomas Manns Lektüre, sondern sogar seine Diskussion Spenglers rekonstruieren möchte. Zentrale Bedeutung für die "entscheidende Wende" seiner Spengler-Rezeption mißt sie dabei einem Gespräch mit dem Münchner dialektischen Theologen und Pfarrer Georg Merz anläßlich der Taufe von Michael Mann im Februar 1920 bei (S. 31).

Zwar könnte man in diesem und anderen Versuchen, von den spärlichen erhaltenen schriftlichen Spuren auf die Quintessenz mündlichen Austauschs schließen zu wollen, eine methodische Überdehnung des Analyseverfahrens erblicken. Gleichwohl lohnt sich der riskierte spekulative Einsatz, denn der Gewinn besteht in einer prägnanten Ausleuchtung des intellektuellen Umfelds Thomas Manns und seines im Gegensatz zu seiner Lektüre immer noch viel zu wenig beachteten persönlichen Austauschs.

Der Untergang des Abendlandes und Der Zauberberg:
intertextuelle Analyse

Die Befunde der Parallellektüre der beiden >intellektualen Romane< Der Untergang des Abendlandes und Der Zauberberg sind dagegen zwar in ihrer Summe nicht wirklich neu und überraschend, doch ist es allemal verdienstvoll und erhellend, die zahlreichen intertextuellen Bezüge erstmals in ihrer Gesamtheit darzustellen. Dabei verfällt Beßlich nicht in den Fehler mancher ähnlich angelegter Arbeiten, die fokussierten Beziehungen zu isolieren oder gar zu verabsolutieren und damit das hochkomplexe intertextuelle Netz der Texte Thomas Manns zu zerschneiden. Vielmehr weist sie an zentralen Stellen immer wieder auf den Quellensynkretismus Manns und die "Mehrfachcodierungen" (S. 81) der Texte hin.

Als diagnostische Sonde dient ihr Manfred Pfisters Instrumentarium zur intertextuellen Analyse, 4 das in seiner quantifizierenden Skalierung schon immer etwas buchhalterisch wirkte, was unweigerlich auch auf seine Operationalisierung in der vorliegenden Studie abfärbt. Gleichwohl ist das Bemühen der Verfasserin deutlich, gegenüber alternativen Intertextualitätskonzepten auf methodisch sicherem Grund zu bleiben.

Allenthalben begegnen erhellende Einzelbeobachtungen: Wenn bei Spengler das "zivilisatorische Endstadium einer Kultur [...] das Janusgesicht von technischer Entzauberung einerseits und verzaubernder Rückkehr aus der Geschichte in den Mythos andererseits" trägt, so wird dieser Befund überzeugend auf die Gleichzeitigkeit von "mythologische[r] Gebärde" und "Verwaltungsakt" im "bürokratisierte[n] Venusberg" des Hofrat Behrens bezogen (S. 59 f.). Neben solchen Detailanalysen legt Beßlich auch die großen Linien von Manns Spengler-Rezeption frei, indem sie zeigt, ab welchem Punkt des Romans Parallelen nicht mehr zufällig sind, sondern sich einer bewußten Rezeption des Spenglerschen Prätextes verdanken, wobei Mann diese Referenz "für den zeitgenössischen Leser dechiffrierbar" markiert habe (S. 71). Besonderes Augenmerk gilt dem Aufstieg Rußlands als Kultur der Zukunft. Im Hinblick auf den Schluß des Romans bleibe dabei offen,

ob ohne dieses äußere Zutun, [sic] das – um mit Spengler zu reden – faustisch-abendländische formbewußte Prinzip oder das russisch formauflösende Prinzip den Sieg davongetragen hätte. Damit setzt der "Zauberberg" einen anderen Akzent als der "Untergang des Abendlandes", und zwar nicht unabhängig von ihm, sondern in direkter Auseinandersetzung mit ihm. Er antwortet ihm "dialogisch" und stellt seine weltgeschichtliche Diagnose in Frage. (S. 80)

Die Verbindung von Clawdia Chauchat mit Mynheer Peeperkorn sei dabei "in Spenglerscher Diktion eine Verknüpfung der Formlosigkeit mit der traditionslosen Gewalt aufstrebender Cäsaren, die labile Formlosigkeit benötigen, um ihre Herrschaft errichten zu können" (S. 80).

Hinter diesen Versuch, Peeperkorn als Spenglerschen Cäsaren zu lesen, wird man auch dann ein Fragezeichen setzen dürfen, wenn die Verfasserin selbst in ihm lediglich eine Karikatur und eine "ironische Verfremdung des Spenglerschen Typus" sieht (S. 85). Der Asien-Kolonialist Peeperkorn ist ja keineswegs eine traditionslose Figur im Sinne Spenglers, worauf Paul Michael Lützeler hingewiesen hat: An seinem Totenbett werde womöglich gar der javanische Kammerdiener "zum neuen Herrscher, der unterworfene Kolonisierte zum Souverän. [...] Sicher ist so viel, daß der Kolonialherr im fernen Asien der europäischen Krankheit, der Todesverfallenheit seiner Kultur nicht entkommen ist." 5 Diese >postkolonialistische< Perspektive entgeht Beßlich.

Ein eigenes Kapitel erhält Leo Naphta als Spenglerscher "Untergangster des Abendlandes", wobei die Untersuchung die Komplexe "fatalistische Apokalyptik", "jesuitischer Sozialismus" und "preußischer Katholizismus spanischer Herkunft" in den Blick nimmt (S. 89–109). Hier werde "Thomas Manns eigene essayistische Auseinandersetzung mit Spengler kommunikativ erschließbar" (S. 94), da Settembrini die kritische Argumentation des Autors vortrage. An der Figur Naphtas werde dagegen Manns Interesse an der "semantische[n] Entkoppelung des Sozialismus von Freiheit und Gleichheit" deutlich (S. 102). Die semantische Traditionslinie Spanien-Preußen teile Naphta mit Spengler.

Zum Schluß ihrer Parallellektüre versucht Barbara Beßlich in ihrem Fazit die Spengler-Übernahmen Manns noch einmal nach Affirmation und Kritik zu sortieren. Daß die Quellenkritik "der Ergänzung durch eine intertextuelle Analyse" bedarf (S. 108), verdient selbstverständlich festgehalten zu werden, auch wenn es sich inzwischen von selbst verstehen sollte und einerseits die Quellenkritik kaum noch in unverantwortlicher Naivität betrieben wird und andererseits die Intention des Autors nicht die alleinige Analyseinstanz sein kann. Das in der Einleitung avisierte diskursanalytische Verfahren, das die intertextuelle Analyse ergänzen solle (S. 17), könnte man sich gelegentlich noch etwas stärker akzentuiert wünschen.

"Schlußbetrachtung" oder heimlicher Hauptteil:
Spengler im Doktor Faustus

In der "Schlußbetrachtung" findet sich keineswegs eine erneute Bündelung der Befunde, sondern eine entschiedene Erweiterung der Perspektive von den frühen zwanziger Jahren auf Manns Spätwerk. Insofern ist die Kapitelüberschrift zumindest ein Understatement, wenn nicht geradezu irreführend. Erst angesichts des Nationalsozialismus habe Mann "das spezifisch Neue an Spenglers Weltanschauung jenseits seines Eklektizismus" erkannt: "Dieses Paradox einer atavistischen Neuheit jenseits des Fortschritts, die Mann für Spengler konstatiert, wird konstitutiv für die Figur des Dr. Chaim Breisacher im Doktor Faustus"
(S. 114). Selbst Breisachers Judentum rekurriert überraschenderweise nicht nur auf Oskar Goldberg, sondern auch auf Spengler, der von dem Historiker Erich Marcks schon 1919 als "Judengesicht" bezeichnet wurde (S. 30, Anm. 79) – Marcks wiederum "verwickelte Mann Ende Januar 1920 bei einem Spaziergang in ein Gespräch über Spengler" (S. 30).

So lädt Beßlichs Studie auf Schritt und Tritt dazu ein, neue Spuren zu entdecken. Zu diesen neuen Spuren zählt auch die wichtige Rolle, die Adorno bei Manns erneuter Beschäftigung mit Spengler in den vierziger Jahren beigemessen wird. Adorno bemühte sich, "Spenglers Untergangsthese mit seiner Vorstellung von einer Dialektik der Aufklärung in Einklang zu bringen" (S. 121), indem er sich selbst als Analytiker, Spengler hingegen als >Agenten< des Untergangs darstellte, eine Sichtweise, die in die Gespräche des Kridwiß-Kreises in Doktor Faustus einfließt (vgl. S. 135).

Selbst Thomas Manns spezifische Rezeption des Faust-Mythos wird in zwei zentralen Punkten auf Spengler bezogen: Zum einen in der "Verknüpfung mit nationaler Überheblichkeit einerseits und mit einer kulturgeschichtlichen Untergangstheorie andererseits" (S. 124), zum anderen in der "Verbindung des Faustischen mit der Musik" (S. 125). Auch in Zeitbloms Rekapitulation der Situation um 1919 angesichts der Charakterisierung des Kridwiß-Kreises verberge sich eine "Reverenz an Spengler" (S. 133). Daß ausgerechnet der klassische Philologe bei seiner epochalen Deutung die Antike gegenüber dem Mittelalter "außen vor" läßt (ebd.), ist in der Tat auffällig, doch bedarf es stets der richtigen Einstellung der analytischen Optik, um solche Auffälligkeiten überhaupt bemerken zu können. Insofern darf man gerade hinsichtlich des Doktor Faustus von einer entscheidenden Erweiterung der Deutungsperspektive durch Beßlichs Untersuchung sprechen. Mit ihrer Lektüre des Leverkühnschen Oratoriums "Apokalypsis cum figuris" als musikalischen "Untergang des Abendlandes" setzt sie dabei einen fulminanten Schlußakkord, der die Figur des Protagonisten wieder stärker ins Zwielicht rückt, als dies in der Forschung der letzten Jahre üblich war: "Leverkühn wie Spengler erweisen sich nicht als melancholische Betrauerer, sondern als aggressive Betreiber des Untergangs des Abendlandes" (S. 142).

Mit diesem Aufweis der Spengler-Bezüge in Doktor Faustus liegt nun in der Tat weit mehr als eine bloße "Schlußbetrachtung" vor. Man könnte sogar umgekehrt in diesem Schlußteil das eigentliche Herzstück und den gewichtigsten Forschungsbeitrag des Buches erblicken. Der Nachweis Spenglerscher Züge nicht nur bei Breisacher, sondern auch bei Leverkühn läßt sich durch die erzählerische Behandlung ihres völlig ungeklärten Verhältnisses zueinander erhärten. Im Hinblick auf das gemeinsame Vorbild Spengler ist es nämlich kein Zufall mehr, daß der Erzähler Zeitblom gerade bei Breisachers Reden vergeblich nach Leverkühns Augen sucht, der ihm diesmal "nicht seinen Blick" gewährt. 6 Dank Barbara Beßlich weiß man nun endlich, warum – und argwöhnt, einmal auf die Spur gesetzt, einen Hintersinn auch in der Namengebung jenes Kunstmalers Baptist Spengler, der das venerische Schicksal mit Adrian Leverkühn teilt:

Mein Lieber, man hat immer eine Menge Genossen! [...] den sauberen, gescheiten Spengler hats früh erwischt. Übrigens sei ruhig und spare dir die Eifersucht auf den. Es ist ein langweiliger, banaler Fall, bei dem nicht das geringste herauskommt. [...] Ein bißchen heller, am Geistigen beteiligter mag er geworden sein [...]. Aber weiter ist es auch nichts mit Spengler. [...] Ein angebrannter und matter, halb interessanter Weltmann, sonst nichts. 7

Kaum vorstellbar, daß Thomas Mann bei dieser Passage im Teufelsgespräch nicht die augenzwinkernde Verständigung mit seinen Leserinnen und Lesern gesucht haben sollte – eine Privatspaß als humoristische Abrechnung mit jenem anderen Spengler, unter dessen produktive Rezeption er im Doktor Faustus den Schlußstrich zog.

Fazit:
kein "banaler Fall"

Solchen Spekulationen gegenüber wahrt Barbara Beßlich nun freilich die vornehme Zurückhaltung der profunden Historikerin. Man wird dies kaum bedauern wollen, weist sie doch überzeugend nach, daß bei Manns produktiver Rezeption Oswald Spenglers – anders als bei seinem fiktiven Verwandten Baptist – doch eine ganze Menge herausgekommen war. Kein "banaler Fall" also.

Zudem gelingt ihr, woran allzu viele scheitern: vorbildliche begriffliche Klarheit und terminologische Präzision mit stilistischer Eleganz zu verbinden. Einzelne Flüchtigkeiten und Ungenauigkeiten, wie etwa kleinere Fehllesungen in Thomas-Mann-Zitaten, fallen dagegen kaum ins Gewicht. Gleiches gilt für Einwände, die sich nur gelegentlich stellen. So wird im Abschnitt über "Settembrinis Musik" die Schopenhauersche Philosophie mißverständlich dargestellt. Der "Verlust von Raum und Zeit" in der Hingabe an die Musik bedeutet keineswegs "eine an Schopenhauer orientierte Einbuße der Welt als Wille" (S. 72). Die Musik ist bei Schopenhauer im Gegenteil Ausdruck des Triumphes des Willens über die scheinhafte Welt als Vorstellung.

Barbara Beßlichs Buch bietet, nimmt man alles in allem, noch bedeutend mehr, als sie in der ambitionierten Einleitung verspricht, nämlich nicht nur über das eigentliche Thema hinaus eine konzise Standortbestimmung Thomas Manns im Umkreis der >konservativen Revolution<; vielmehr ist Manns Verhältnis zu Spengler in Beßlichs Darstellung ein griffiges Beispiel für die generellen Prämissen, die für ihn gegeben sein müssen, damit ein solches Rezeptionsverhältnis produktiv werden kann: Faszination und Abwehr müssen eine Verbindung eingehen, die in der essayistischen Auseinandersetzung zwar geschieden werden mag, in der literarischen Verarbeitung jedoch zu einer untrennbaren Mischung verschmilzt.


Dr. Bernd Hamacher
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Anmerkungen

1 Thomas Mann: Große kommentierte Frankfurter Ausgabe. Werke - Briefe - Tagebücher. Hg. von Heinrich Detering, Eckhard Heftrich, Hermann Kurzke, Terence J. Reed, Thomas Sprecher, Hans R. Vaget, Ruprecht Wimmer in Zusammenarbeit mit dem Thomas-Mann-Archiv der ETH Zürich. Bd. 5.2: Der Zauberberg. Roman. Kommentar von Michael Neumann. Frankfurt / M.: S. Fischer 2002.   zurück

2 Barbara Beßlich: Wege in den >Kulturkrieg<. Zivilisationskritik in Deutschland 1890–1914. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2000.   zurück

3 Ernst Bloch: Spengler als Optimist. In: Der Neue Merkur 5 (1921–1922), S. 290–292.   zurück

4 Manfred Pfister: Konzepte der Intertextualität. In: Ulrich Broich / Manfred Pfister (Hg.): Intertextualität. Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien (Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft 35) Tübingen: Niemeyer 1985, S. 1–30.   zurück

5 Paul Michael Lützeler: Schlafwandler am Zauberberg. Die Europa-Diskussion in Hermann Brochs und Thomas Manns Zeitromanen. In: Thomas Mann Jahrbuch 14 (2001), S. 49–62, hier S. 56.   zurück

6 Thomas Mann: Gesammelte Werke in dreizehn Bänden. Bd. VI: Doktor Faustus. Frankfurt / M.: S. Fischer 1974, S. 373.   zurück

7 Ebd., S. 309 f.   zurück