Keiderling über Hellinga / Trapp: The Cambridge History of the Book in Britain

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Thomas Keiderling

Die Etablierung des gedruckten
Buches in Großbritannien

  • Lotte Hellinga / J. B. Trapp (Hg.): The Cambridge History of the Book in Britain. Vol. III. 1400 — 1557. Cambridge: Cambridge University Press 1999. XXIV, 743 S., zahl. Abb. Geb. £ 76,50.
    ISBN 0-521-57346-7.


Seit mehreren Jahrzehnten gibt es in Europa große Anstrengungen zur Aufarbeitung der nationalen Buch-, Buchdruck- und Buchhandelsgeschichte. Im Zeitraum von 1982 bis 1986 erschien in Frankreich eine vierbändige Histoire de l'édition française (1982—1986), herausgegeben von Roger Chartier und Henri-Jean Martin; die Sozialgeschichte des französischen Buches und Buchmarktes umfasst den Untersuchungszeitraum vom 15. bis zum 20. Jahrhundert. 1983 beschloss die Historische Kommission des Börsenvereins, die zwischen 1886 und 1913 publizierte Geschichte des Deutschen Buchhandels von Friedrich Kapp und Johann Goldfriedrich zur bis zur Gegenwart fortzuführen. Im vorigen Jahr wurde der erste Teilband zum Kaiserreich vorgelegt. 1

Auch in Großbritannien begann im gleichen Zeitraum die Planung für eine History of the Book in Britain, insgesamt auf sieben Bände angelegt. Die Gesamtschau der britischen Buchgeschichte beginnt im frühen Mittelalter und führt in die Gegenwart. Bislang erschien lediglich der hier zu besprechende Band drei, herausgegeben von Lotte Hellinga und J.B. Trapp.

Grundaufbau und methodischer Ansatz

Die Zäsursetzung des Bandes ergibt sich aus dem Tod von Geoffrey Chaucer, "Vater der englischen Poesie", im Jahre 1400, sowie der 1557 erfolgten Gründung der Stationers' Company. Während dieser Zeit erfuhr der britische Buchmarkt einen tiefgreifenden Wandel. Der althergebrachte Manuskripthandel wurde sukzessive durch einen organisierten Handel mit gedruckten Büchern ersetzt. Dieser Transformationsprozess und seine Auswirkung auf die Gesellschaft stehen im Zentrum der Publikation.

Der voluminöse Sammelband gliedert sich in drei große Abschnitte. Zunächst werden die Techniken der Buchherstellung und des Buchhandels, sodann die Sammlertätigkeit und der Besitz sowie schließlich das Lesen und der Gebrauch von Büchern thematisiert. Insgesamt dominiert der Ansatz, Buchgeschichte als Mediengeschichte zu behandeln.

Ein zentrales Anliegen der insgesamt 27 Autoren ist die Vermittlung von Grundlagen- und Faktenwissen. So werden allgemeine Entwicklungslinien und Trends aufgezeigt und häufig durch Fallstudien belegt bzw. untermauert. Vielleicht hätte man wesentliche Grundannahmen besser durch Hervorhebungen im Text oder Zusammenfassungen am Ende eines jeden Beitrags für den Leser kenntlich machen können.

Ein Vorzug des Bandes ist die Rückbindung der Buchgeschichte an die "Akteursebene". Wir erfahren die Namen wichtiger Schriftsteller, Buchproduzenten, Buchhändler, aber auch diejenigen einiger Buchnutzer. Der sozialgeschichtliche Ansatz offenbart, welchen Einfluss einzelne Protagonisten auf die Ausformung spezifischer Handelsbräuche, den Lesergeschmack sowie die Verbreitung und Nutzung von Büchern in Großbritannien ausübten. Dabei können die Autoren auf zahlreiches Quellenmaterial sowie fundierte Forschungsarbeiten zurückgreifen: allein die enggedruckte Liste verwendeter Sekundärliteratur umfasst 65 Seiten. Die Beiträge sind durch ein sorgfältig erstelltes Gesamtregister hervorragend erschlossen. Im Anhang befinden sich ferner diverse Abbildungen von Bucheinbänden und Buchillustrationen.

Techniken und Handel

Der erste Abschnitt des Buches verdeutlicht die Leistungen der Buchherstellung und des Buchhandels als Vermittler zwischen dem noch nicht professionellen Autor auf der einen Seite bzw. dem Buchbesitzer und Buchleser auf der anderen Seite.

J.J.G. Alexander untersucht zu Beginn die frühe Handschriftenmalerei, die vor allem durch ausländische Künstler bewerkstelligt wurde. Oftmals exportierten niederländische, französische und deutsche Illustratoren ihre Arbeiten auf die Insel. Es gibt jedoch auch vereinzelt Belege dafür, dass sich Ausländer direkt in Großbritannien niederließen. Prominente Beispiele hierfür sind Herman Scheerre (vermutlich aus Köln) und Gerard Horenbout (aus Gent). Für Großbritannien bedeutsam waren zu diesem Zeitpunkt die exportorientierten Werkstätten in Florenz, Brügge und Gent.

Die Frühformen des britischen Buchdrucks thematisiert Lotte Hellinga vorrangig an der Persönlichkeit des Buchdruckers und Verlegers William Caxton (1422—1491). Caxton hielt sich 1471 und 1472 in Köln auf, wo er vermutlich in der Werkstatt des Schriftgießers und Druckers Johann Veldener aus Utrecht die Buchdruckerkunst erlernte. In Westminster eröffnete er um 1475 / 1476 eine erste Druckerei in Großbritannien, in der er zunächst Ablassbriefe, dann aber schon kleinere Werke in englischer Sprache drucken ließ. Durch seine Pioniertat, englische Bücher zu drucken, beeinflusste Caxton maßgeblich die nationale Buchgestaltung und verbesserte die Technik des Buchdrucks. Hellinga kommt zu dem Ergebnis, dass die britische Gesellschaft durch die Verbreitung des englischen Buches — im Unterschied zum kontinentalen lateinischen Buchmarkt — bereits zu diesem frühen Zeitpunkt eine starke nationale Identität entwickelte. 2

Nach einem Abschnitt zur Verfeinerung der Buchbinder-Techniken in Großbritannien von M.M. Foot beschäftigen sich gleich vier Aufsätze mit dem Buchhandel: C. Paul Christianson schreibt über den Aufstieg des Londoner Buchhandels, Paul Needham über die Bedeutung von Zolllisten als Quellen der Buchhandelsgeschichtsschreibung, John N. King über den Buchhandel während der Herrschaft von Edward VI und Mary I (1547—1558) und Margaret Lane Ford über den Import gedruckter Bücher nach England und Schottland.

Die genannten Darstellungen belegen auf der Grundlage umfangreicher Quellenstudien die früh einsetzende Fokussierung des britischen Buchhandels auf London und, damit verbunden, die Etablierung eines ausgeklügelten Handelsnetzes in Großbritannien, das die Hauptstadt mit den einzelnen regionalen Zentren verband.

Nach einer ersten Konjunkturphase des britischen Buchhandels kam es im Zeitraum von 1547 bis 1557 während der scharfen Protestantenverfolgung unter Maria der Katholischen, auch "die Blutige" oder "Bloody Mary" genannt, zu einem deutlichen Rückgang der nationalen Buchproduktion. Von der Zensur betroffen waren vor allem protestantische Aufklärungsschriften, die noch zu Beginn der Repression fast 20 Prozent der Titelproduktion ausmachten.

Buchimporte nach Großbritannien folgten schließlich zeitgenössischen Entwicklungen der Spezialisierung, Standardisierung und Spekulation. Einer Studie zufolge setzten sich zwischen 1465 und 1500 Buchimporte auf dem britischen Markt folgendermaßen zusammen: Italien war mit 40 Prozent Marktanteil dominant, dann folgten die deutschsprachigen Länder mit 31 Prozent, Frankreich mit 16 und die Niederlande mit 11 Prozent. Für Großbritannien wichtige ausländische Buchproduktionszentren waren Venedig (19 Prozent), Paris (16 Prozent), Basel (12 Prozent), Köln (8 Prozent), Lyon (7 Prozent), Straßburg (5 Prozent) und Nürnberg (4 Prozent). Leipzig, für die 1490er Jahre erstaunlicherweise bereits als das drittwichtigste Zentrum der europäischen Buchproduktion ausgewiesen [?], exportierte so gut wie Nichts nach Großbritannien. 3

Büchersammlungen und Bücherbesitz

Das zweite Kapitel thematisiert mit fünf Abhandlungen den Erwerb des gedruckten Mediums mit deutlichem Schwerpunkt auf dem Bibliothekswesen. Margarate Lane Ford widmet sich dem privatem Buchbesitz, David N. Bell den Klosterbibliotheken, Jenny Stratford den frühen Sammlungen der Königlichen Bibliothek bis 1461, Janet Backhouse den königlichen Sammlungen von Edward IV und Henry VII und James P. Carley der Privatbibliothek von Henry VIII.

Ein bislang für diese frühe Periode noch wenig erforschtes Feld ist der private Buchbesitz. Die Ausführungen von Margarate Ford stützen sich auf einen Sample von über 4.300 geduckten Exemplaren, die für die Zeit vor 1557 durch Quellen Erwähnung finden. Teilweise sind sogar Kauf- oder Einbandpreise durch handschriftliche Aufzeichnungen überliefert. Bücher in Privatbesitz waren oftmals von hohem Gebrauchswert. Es handelte sich um Exemplare, die für die Berufsausübung unabdingbar waren. Hervorzuheben sind wissenschaftliche Bücher für Universitätsmitarbeiter und Studenten. Aber auch weitere Berufsgruppen, so Händler und Handwerker, legten sich fachspezifische Literatur zu.

Die Klöster mit ihren professionellen Schreiberwerkstätten, die bislang das Monopol der Schriftenvervielfältigung besaßen, gerieten durch die "Gutenbergschen" Druckereien in eine neue Konkurrenzsituation. Erhaltene Inventarlisten aus dem Untersuchungszeitraum verdeutlichen, dass Klosterbibliotheken oft ältere Bücher in lateinischer Schrift sammelten. Arbeiten jüngeren Datums bzw. von britischen Autoren waren nur selten in ihren Beständen enthalten.

Der Einfluss der Universitäten reichte dabei bis in die Klöster. In der Regel absolvierten die Geistlichen ihre Ausbildung an den Universitäten und kamen so mit zeitgenössischen Schriften zur Theologie und Philosophie in Berührung. Ihre im Verlauf des Studiums angeschafften Bücher spendeten sie später oftmals den Klöstern. Ein quellenkritisches Problem bei der Untersuchung erhaltener Spendenlisten ist freilich, dass diese mehr über den Lesegeschmack der Geber aussagen als über die wirklichen Lesewünsche bzw. Lesegewohnheiten an den Klöstern. Verallgemeinerungen sind nur bedingt möglich.

Schließlich werden am Ende des zweiten Kapitels die königlichen Bibliotheken näher vorgestellt. Einige Bücher haben den Weg über französische Sammlungen nach Großbritannien gefunden. Wiederum sind es einzelne überlieferte Rechnungen oder Titelnennungen, die Einblicke in die Zusammensetzung der königlichen Sammlungen gewähren. Am Ende seiner Regentschaft (1327) besaß König Edward II beispielsweise 340 Bücher. 67 Exemplare davon waren liturgische Bücher, ferner befand sich eine Bibel und zahlreiche Romane 4 in 51 ungebundenen Bogen und 59 gebundenen Exemplaren darunter. Zum Vergleich: Nach Erfindung des Buchdrucks nahm die Bedeutung des Buches und der Bibliotheken am englischen Königshaus rasch zu. So besaß Henry VIII (1491—1547), König von England, mehr als 50 Paläste, in denen sich jeweils Büchersammlungen befanden. Das erhaltene Inventar einer einzigen Königlichen Bibliothek von Westminster listet für 1542 immerhin 910 Bücher auf, von denen schätzungsweise die Hälfte bereits gedruckt waren.

Buchnutzung

Das dritte und zugleich umfangreichste Kapitel ist mit "Lesen und Gebrauch von Büchern" überschrieben. Drei Unterkapitel teilen die insgesamt 15 Beiträge in folgende Rubriken:

  1. Bücher für Gelehrte (J. B.Trapp zu humanistischen Büchern, Elisabeth Leedham-Green zu Universitätsbibliotheken und Universitätsbuchhändlern, Kristian Jensen und E.J. Ashworth zu Textbüchern für Universitäten);

  2. Bücher für Berufsstände (R. H. Helmholz, Alain Wijffels und J.H. Baker zu juristischen Büchern, Peter M. Jones zu medizinischen und naturwissenschaftlichen Büchern);

  3. Der nichtprofessionelle Leser (Nicholas Orme zu Schulen und Schulbüchern, George R. Keiser zu praktischen Büchern für Gentlemen, Mary C. Erler zu religiöser Literatur, Carol M. Meale und Julia Boffey zu gehobenen Frauenliteratur, John Milson zu Musikalien, Julia Boffey und A.S.G. Edwards zu literarischen Texten und Pamela Neville-Sington zu politischen und religiösen Presseerzeugnissen).

In diesem Abschnitt werden sowohl inhaltliche Aspekte einzelner Buchgattungen als auch die Rahmenbedingungen ihrer Aufnahme und Rezeption behandelt. Da Großbritannien während des Untersuchungszeitraums zu einem bedeutenden Teil von Importen aus Italien, Frankreich oder den deutschsprachigen Ländern abhängig war, gelangte mit den Büchern auch kontinentales Gedankengut rasch auf die Insel. Deutlich wird dies am Beispiel der humanistischen Bücher. Unter "(H)umanista" — die Bezeichnung wurde im 15. Jahrhundert vor allem durch die italienischen Universitäten geprägt — verstand man Sprach- und Rhetoriklehrbücher, Lyrik und Geschichte ebenso wie ethische Schriften der klassischen Antike. Die typische Beschäftigung eines Humanisten bestand darin, lateinische und griechische Texte zu bearbeiten bzw. auszulegen. Ebenso wurden von diesen Gelehrten zahlreiche Übersetzungen vom Griechischen ins Lateinische vorgenommen.

Der Beitrag zur Nutzung humanistischer Bücher unterstreicht die Bedeutung der Universitäten Oxford und Cambridge als erste Zentren der humanistischen Buch- und Lesekultur. Mit der vermehrten Nachfrage nach gedruckten Büchern an den Universitätsstandorten ließen sich dort zu einem relativ frühen Zeitpunkt auch Buchhandelsbetriebe nieder.

Obwohl die Universitäten schon eher als die Klöster damit begannen, moderne, zeitgenössische Buchausgaben zu sammeln, waren die Anfänge der Universitätsbibliotheken — meist College-Bibliotheken — sehr bescheiden. Bis zum letzten Viertel des 14. Jahrhunderts wuchsen diese Bibliotheken nur allmählich an. Die meisten Bücher wurden noch nicht durch systematischen Ankauf, sondern durch Hinterlassenschaften der Gelehrten akquiriert.

Hinderlich erwiesen sich die beengten Räumlichkeiten. Bis in das frühe 17. Jahrhundert lagen die Bücher aufgestapelt auf Tischen. Ein Tisch von vielleicht 5 oder 6 Fuß Länge konnte maximal 40 Bücher tragen. Somit ist es kein Wunder, dass selbst die größeren Bibliotheken dazu tendierten, nicht mehr als 500 Bände zu sammeln. 5 Für mehr reichte oft der Platz nicht. Hinzu kam, dass sich Bücher nur allmählich als Lehrmittel an den Universitäten durchsetzen. Noch um 1400 war das Buch an den Universitäten Englands wenig in Gebrauch. Der Student sollte in erster Linie (zu)hören, mündlich wiederholen und diskutierten. Die "Bücherlosigkeit" der frühen Universitäten kam auch dadurch zum Ausdruck, dass es in den Unterrichtsräumen keine Tische, sondern lediglich Bänke gab.

Hinsichtlich der freien Berufsstände fallen die große Anzahl der juristischen und medizinischen Schriften ins Auge. Im ausgehenden Mittelalter wurde die Medizin von vielen Philosophen als ein ambivalentes Fach wahrgenommen. Einerseits handelte es sich um eine "wahre Wissenschaft" von der Anatomie des Menschen, andererseits gab es eher praktische Anleitungen, wie man Behandlungen bzw. chirurgische Eingriffe vornehmen sollte. Vor 1375 waren die meisten in Großbritannien genutzten medizinischen Bücher Studienausgaben für die Universität. Das sollte sich jedoch bald ändern. Nach 1400 fand diese Art der Fachliteratur auch im außeruniversitären Bereich breite Anwendung. Indem neu entstehende Arztberufe verstärkt Medizinbücher nachfragten, änderte sich deren Charakter und Verbreitungsgrad. Diese Entwicklung könnte man nach Peter Murray Jones auch als eine "Informationsrevolution" bezeichnen.

Schließlich wird der nichtprofessionelle Leser und seine Lektüre in verschiedenen Lebenslagen vorgestellt. Die aufgezeigte Palette ist breit gefächert, angefangen von Schulbüchern über Ratgeberbücher (Anleitungen zur Herstellung von Angelausrüstungen, Kochbücher, Bücher zur Haushaltsführung) bis hin zu Frauenliteratur und Musikdrucken. Im Abschlussartikel zu politischen und religiösen Presseerzeugnissen werden Ambitionen von Staat und Kirche thematisiert, mit Hilfe des neuen gedruckten Mediums Überzeugungsarbeit in eigener Sache zu leisten. Zahlreiche Beispiele belegen, dass die ersten politischen Presseerzeugnisse in Großbritannien zumeist Herrschaft legitimierten, Monarchen glorifizierten, Politik rechtfertigten und Recht verkündeten. Glücklicherweise hat die britische Pressearbeit im Verlauf der nachfolgenden Jahrhunderte eine deutliche Wandlung erfahren.

Verbliebene Fragen

Gestalterisch wirkt der insgesamt über 600 Seiten lange Haupttext ermüdend auf den Leser. Es handelt sich im klassischen Sinne um eine sogenannte Bleiwüste. Zu selten werden Absätze gemacht (auf 15 Seiten finden sich gar keine). Nur wenige Abbildungen und Tabellen werden an den Textstellen gebracht, wo sie inhaltlich auch besprochen werden. Das separate bzw. blockweise Zusammenbinden von Bildern verringert zwar die Buchherstellungskosten, ist jedoch leserunfreundlich und sollte in diesem Sinne ein Auslaufmodell sein. Ferner reproduzieren die im Anhang befindlichen Ablichtungen ausschließlich Bücher und Einbände. Lässt sich für die frühe Buchgeschichte Großbritanniens wirklich nicht mehr und vor allem anderes Material beibringen?

Wie sieht es beispielsweise mit aussagekräftigen firmengeschichtlichen Unterlagen aus? Zahlreiche Arbeiten zur Buchhandels- und Buchdruckgeschichte belegen den hohen Informationswert von originalen Abrechnungen, Kaufverträgen, Kalkulationen und Briefwechseln, die als Faksimile oder in Transkription den Arbeiten beigefügt werden. Abbildungen von ersten Druckereien, mögen sie für den frühen Untersuchungszeitraum auch rar sein, erlauben Einblicke in die Größe, Arbeitsweise und Spezialisierung der Unternehmen.

Gibt es Darstellungen von technischen Geräten zur Buchherstellung, zur Buchlagerung oder zum Buchtransport? Wie sahen die eigentlichen Buchgewölbe aus? Wie wurden Leser bzw. Bibliotheken des neuen gedruckten Mediums dargestellt? Auch hier gilt es, sich noch stärker auf die Suche nach entsprechenden Reproduktionen zu begeben.

Kann man schließlich die Ausbreitung und Arbeitsweise des Buchdrucks, Buchhandels und Bibliothekswesens durch entsprechende Landkarten und Grafiken veranschaulichen? Wirtschaftsgeografische Publikationen 6 haben sich seit Längerem darauf spezialisiert, Sachverhalte wie Standortwahl, Distributionswege, Handelsreichweiten und Vernetzungsgrade von Unternehmungen (im vorliegenden Fall nicht nur Druckereien und Buchhandlungen, sondern auch Bibliotheken) durch Modelle bzw. mit Hilfe von Landkarten darzustellen. Dadurch hat dieses Fach eine hohe Anschaulichkeit erreicht, die man mit Gewinn auf die Buchgeschichte übertragen könnte.

Hinsichtlich der genannten Desiderata gibt es für die geplanten Nachfolgebände noch Handlungsbedarf und der Rezensent möchte nochmals auf die eingangs bereits erwähnten nationalen Buch(handels)geschichten der Länder Frankreich und Deutschland verweisen, die durch ein ansprechendes Layout und durch eine großzügige Illustration das Orientieren erleichtern und zum Lesen anregen.


Dr. Thomas Keiderling
Universität Leipzig
SFB 417
Brühl 34-50
D-04109 Leipzig

Ins Netz gestellt am 12.02.2002
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Anmerkungen

1 Georg Jäger (Hg.): Geschichte des Deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Das Kaiserreich 1870—1918, Frankfurt am Main 2001.   zurück

2 "The character of book production in the British Isles had a strong national identity, long before the kingdoms became united. This was due to language, since there was a much higher percentage of vernacular texts, or texts with a specific English use — for example books of the common law — than was the average in other language areas." (S.68).   zurück

3 In der Tabelle auf Seite 189 wird kein einziger Titel angegeben, im Text hingegen heißt es: Leipzig "sold very few books to England". Insgesamt werfen die wenigen im Sammelband veröffentlichten Statistiken Fragen auf. Besonders trifft dies für die drei Tabellen auf den Seiten 176 bis 178 zu. Hier verwirren die in Klammern angegebenen Prozentangaben, die sich auf unterschiedliche Sachverhalte beziehen.   zurück

4 Zur Erklärung des Begriffes Roman (romances): "meaning both romances in the modern sense and chronicles or other vernacular works" (S.257).    zurück

5 Das Trinity College der Universität Cambridge besaß um 1600 nicht mehr als 250 Bände (S.326).   zurück

6 Als Einstieg empfohlen: Dicken, Peter und Peter E. Lloyd: Standort und Raum — Theoretische Perspektive in der Wirtschaftsgeografie. Stuttgart: Ulmer 1999; Reichart, Thomas: Bausteine der Wirtschaftsgeografie. Bern: Paul Haupt 1999.   zurück