Der Kelch und die Schlange oder:
Wie die Kulturwissenschaft ihr Gift hergibt
- Friedrich A. Kittler: Eine Kulturgeschichte der
Kulturwissenschaft. München: Fink, 2., verbesserte Aufl. 2001. 260 S.
Kart. DM 38,-.
ISBN 3-7705-3418-2.
- John Storey (Hg.): What is Cultural Studies. A Reader.
London: Arnold 1996. New York: Oxford University Press Inc. 1996. 387 S. Kart.
DM 45,81.
ISBN 0-340-65240-3
- Johannes Anderegg / Edith Anna Kunz (Hg.):
Kulturwissenschaften. Positionen und Perspektiven. Bielefeld: Aisthesis 1999.
207 S. Kart. DM 39,80.
ISBN 3-89528-224-3
Die Zahl der kulturwissenschaftlichen Publikationen
nähert sich der Grenze der Unüberschaubarkeit. Neben der Rezeption
der Cultural Studies, insbesondere ihrer amerikanischen Ausprägung in
der Kulturanthropologie und im New Historicism, wird dabei zunehmend auch auf
deutschsprachige Traditionslinien der Kulturwissenschaft von Herders
Kulturgeschichtsschreibung und Burckhards Kulturgeschichte über die
Soziologie Webers und Simmels bis hin zur Philosophie Cassirers und Warburgs
Bezug genommen.
Auf eine deutschsprachige, aber gänzlich andere
Tradition — mit italienischen und französischen Einschlüssen
—
setzt auch Friedrich A. Kittlers Kulturgeschichte der Kulturwissenschaft
. Vehement verteidigt er das abendländische Wissen gegen die "
Readers's Digests" der Cultural Studies (S.249), deren
Dilettantismus zwar "den ganzen Raum zwischen Alltagspraktiken und
technischen Geheimnissen, zwischen Gender Studies und
Wissenschaftsgeschichte" durchmißt, jedoch "ohne daß
sich dabei irgendein Kanon an unersetzlichen Texten" abzeichne (S.12).
Diesen Kanon heiliger Texte (S.17) — vorwiegend
philosophischer Provenienz — will Kittler vermitteln. Daß vor allem Hegel ihn bei seiner im Sommersemester
1998 an der Humboldt-Universität gehaltenen Vorlesung inspirierte —
vornehmlich zur Klage über den parzellierten Hörsaal 6 (S.92)
—,
wurde bereits vielfach betont 1. Unbeachtet
blieb dagegen die besondere Ikonographie Kittlers, die seine Anforderungen an
die LeserInnen signalisiert: Auf dem dunkelgrauen Einband seines Buches ist
ein goldener Kelch zu sehen, aus dem eine Schlange züngelt. Ein
Bildnachweis findet sich nicht — nur Eingeweihte haben Zugang zum
Tempel!
1. Der Kelch und die Schlange
Der Kelch mit der Schlange ist Bestandteil der Ikonographie
des Evangelisten Johannes — nach der "Legenda aurea" der
Lieblingsjünger Jesu, der beim letzten Abendmahl an dessen Brust ruhte
(Joh. 13, 23) und daraus später die Inspiration zur Abfassung des
Evangeliums bezog. Daß Johannes die Erkenntnis der
tiefsten Geheimnisse Gottes gegeben ist 2,
erweist sich u.a. bei der Christianisierung der Heiden in Ephesus. Hier wird
Johannes vor den Hohepriester Aristodemos geladen, der ihm einen Kelch mit
vergiftetem Wein reicht: wenn Johannes daran nicht sterbe, wolle er glauben,
daß sein Gott der wahre Gott sei. Johannes schlägt das Kreuz über dem Kelch und trinkt
unbeschadet 3. In der Ikonographie dieser
Szene entweicht unter seinem Segen dabei eine Schlange aus dem Kelch 4.
Wo also Kittler das Kreuz schlägt — so ließe
sich
die Ikonographie deuten —, gibt die Kulturwissenschaft ihr Gift her! Wie
seine >Frohe Botschaft< für die Kulturwissenschaft genauer
aussieht,
wird im folgenden zu zeigen sein.
2. Gliederung und Problemstellung
Kittler gliedert seine Vorlesung in drei Teile:
Kulturwissenschaft als Philosophie (Vico, Herder, Volney, Hegel), Empirische
Kulturwissenschaft (Burckhardt, Bachofen, Hehn) und Nietzsche und die Folgen
(Freud, Heidegger) (S.13). Der nicht ausgeführte vierte Teil sollte sich
der Kulturwissenschaft nach 1945, d.h. den Strukturalisten,
Medienwissenschaftlern und "Kulturnaturwissenschaftlern" widmen und
so den Rahmen der Geschichte der Kulturwissenschaft, die mit der Trennung von
Natur und Kultur beginnt und mit der >Wiedervereinigung< von Kultur und
Natur
endet, schließen (S.14).
Kittlers Grundfrage, "was Kulturwissenschaft" sei
"und ob es sie als eigenständiges Fach überhaupt" brauche
(S.15), zielt auf eine Kulturgeschichte, in der das Spiel der Differenzen und
Interdependenzen der Kultur zu den Bereichen von Natur, Technik und
Gesellschaft durchmessen werden soll (S.17). Damit ist
sein Kulturbegriff weitaus stärker eingeschränkt als der von den
Cultural Studies favorisierte semiotische Kulturbegriff, der Kultur als
"de[n] von Menschen erzeugte[n] Gesamtkomplex von kollektiven
Sinnkonstruktionen, Denkformen, Empfindungsweisen, Werten und Bedeutungen
definiert, der sich in Symbolsystemen materialisiert" 5.
In der gegenwärtigen Diskussion um
die Kulturwissenschaft als transdisziplinäres Einzelfach und die
Kulturwissenschaften als Modernisierung der Geisteswissenschaften 6 positioniert Kittler "unsere Berliner
Kulturwissenschaft" zwar gegen die Institutionalisierung der empirischen
Kulturwissenschaften an deutschen Unis (S.120). Wie seine Kulturwissenschaft
sich dabei aber von den Geisteswissenschaften unterscheidet, bleibt offen.
3. "Kulturwissenschaft als Philosophie"
3.1 Vicos Scienza nuova als
Gründungsurkunde der Kulturwissenschaft
Mit der Trennung von Natur und Kultur begründet Vicos
Scienza nuova (1725) die Kulturwissenschaft als Reflexionswissenschaft
gegen Descartes' Naturwissenschaft (S.23f.). Noch in formaler Analogie zu
Descartes' "cogito ergo sum" behauptet Vicos erstes Prinzip,
daß die Menschen nur die von ihnen geschaffene historische Welt
erkennen können und stellt dem cartesischen empirischen Subjekt den
Kollektivsingular der Menschheit gegenüber: "alle Menschen sind
vielmehr gleichzeitig Helden und Dichter ihrer eigenen Kulturgeschichte"
(S.30f.). Für Kittler ergibt sich daraus als bleibendes Problem der
Kulturwissenschaft nicht nur "die Liquidierung aller Unterschiede
zwischen Schaffen und Erkennen, Praxis und Theorie" (S.25). In ihrer
"Feindschaft gegen die exakten Wissenschaften" unterliegt die
Kulturwissenschaft vielmehr dem Zwang, die von der Naturwissenschaft
vorgegebenen Themen aufzunehmen, um sie mit entgegengesetzten Antworten zu
versehen (S.27f.).
Vicos Kulturgeschichte beginnt erst mit dem Sündenfall
und der Sintflut als Katastrophe, in der "die adamitische Ursprache oder
Naturerkenntnis" verloren geht (S.32). Aus der Reaktion des Menschen auf
diese Naturkatastrophen entstehen Sprache und Kultur. Dabei stehen die
Götter als Metaphern für Vorgänge, deren Naturgesetzlichkeiten
nicht erkennbar sind, während die Metaphern die Poesie als Ursprung der
Sprache markieren (S.34f.). Religion, Ehe und Bestattung fungieren als
Institutionen einer historischen Welt (S.38), in der die Geschichte der
Völker sich jeweils als Abfolge von göttlicher, heroischer und
menschlicher Herrschaft vollzieht — ein Modell, das Zukunftsprognosen
ermöglicht (S.40f.).
3.2 Herder — Von der Kulturanthropologie zur
Kulturgeschichte
Herders Schrift Über den Ursprung der Sprache
(1772), die die menschliche Seele zur Schöpferin der Sprache
erklärt, also schon Adam und Eva im Paradies ihre eigene Sprache
zugesteht, liest Kittler als Begründung der kulturwissenschaftlichen
Anthropologie (S.45f.). Allerdings fällt die Abgrenzung der
Menschensprache von der Tiersprache — das Schaf blökt und der Mensch
erkennt es als das Blökende (S.49) — für ihn unter die
Kategorie
"Schwachsinn" (S.46). Und Herders Stil, "den Ursprung der
Sprache selber in Kindersprache" anzuschreiben, nutzt Kittler zu einem
Seitenhieb auf Clifford Geertz: "Seit 1770, also nicht erst seit einem
leicht überschätzten amerikanischen Professor von heute, kennt die
Kulturwissenschaft dichte Beschreibungen." (S.50)
Die Verbindung von Sprachphilosophie und Anthropologie —
der
Mensch ist als Mängelwesen stumm geboren, aber zur Sprache fähig
(S.57) — führt schließlich direkt in Herders Kulturgeschichte.
Denn wie das Kind die Sprache und damit Denkart und Gefühle von den
Eltern lernt, lernen auch Völker von anderen Völkern (S.59, 62).
Aus dem von Herder formulierten und später von Hegel
vollendeten Umschlag der Kulturgeschichte in Philosophie ergibt sich für
Kittler schließlich Deutschlands folgenreichster Beitrag zur
Kulturwissenschaft. Denn Herders Auch eine Philosophie der Geschichte zur
Bildung der Menschheit" (1774) endet "im Selbstbildnis des
Geschichtsphilosophen, in der eschatologischen Verheißung eines
>Standpunkts<, der es erlaubt, >das Ganze unsres Geschlechts zu
übersehen<" und damit zur Bildung der Menschheit beizutragen
(S.65).
Kittlers Diagnose der Vergöttlichung des Philosophen
verkehrt Herders Intention allerdings in ihr glattes Gegenteil. Denn den
eigenen Standpunkt zu berücksichtigen bedeutet, Erkenntnisse als
geschichtsgebunden und individuell anzuerkennen, und wird zur entscheidenden
methodischen Neuerung des Historismus als grundlegender Historisierung aller
Geschichtsbetrachtung. Dagegen deutet Kittler die Feststellung Herders,
daß alle Völker unmittelbar zu Gott seien (S.63), nicht als
Relativierung, sondern als Prämierung nationaler Unterschiede (S.72),
die direkt in die antinapoleonischen Kriege gemündet sei (S.66). Herders Historismus, der kritisch auf das Fortschritts- und
Perfektibilitätsdenken der Aufklärung reagiert und den historischen
Eigenwert anderer Kulturen gegen den normativen Standpunkt des
aufgeklärten Bewußtseins zu verteidigen sucht, wäre also
schon immer Treitschkes Nationalismus gewesen 7
.
3.3 Die französische Kontrastfigur — Volney
Gegen Herders Modell setzt Kittler Volneys Les ruines
(1791) als exemplarisch für ein aufklärerisches Konzept, das
die Unterschiede zwischen Völkern und Nationen als Hemmnisse für
Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit begreife und sich selbst als
Theoriepraxis verstehe, die durch politische Tat oder Rat zur Revolution
beiträgt (S.72). Daß dabei besonders Volneys Mediengeschichte, die
auf die Durchsetzung von Nationalsprachen für ganze Territorialstaaten
und auf die Buchdruckerei als technisches Medium zur dauerhaften
Wissensspeicherung setzt, Kittlers Interesse findet, verwundert nicht
(S.78f.). Vor allem aber markiert der Roman mit der Betonung, daß schon
1784 konzipiert wurde, was 1790 eintraf, die entscheidende Denkfigur der
folgenden Kulturphilosophie: "Alle Kulturphilosophen [...] haben ihre
Wissenschaft wie Romane oder Dichtungen angelegt, nur um am Ende wie Volney
verkünden zu können, daß ihre Dichtungen sämtlich
Wahrheit geworden sind." (S.87)
3.4 Hegel oder Die Parzellierung eines
philosophischen Heiligtums
Wenngleich Hegels Leben nach Kittler wenig aufregend war,
gewinnt es — als Kulturgeschichte betrachtet — doch an Spannung.
Denn die
Kulturphilosophie wird durch die Verbeamtung von Lehrern und Professoren zum
Staatsdienst (S.93) und nötigt Hegel damit zum Verrat an den Forderungen
des "Ältesten Systemprogramms des deutschen Idealismus" nach
Abschaffung des Staates und Errichtung einer Neuen Mythologie (S.102f.):
"Zumal bei Professor Hegel tritt an die Stelle der finalen Poesie eine
finale Prosa und an die Stelle der staatssprengenden Mythologie eine
staatstragende, nämlich zur Wissenschaft selber gewordene
Philosophie." (S.104)
Als zentrale Leistung dieser Philosophie bestimmt Kittler den
Versuch, die Trennung von Natur- und Kulturwissenschaft aufzuheben, indem
Natur und Kultur "in ein einheitliches Kategoriensystem eingebracht
werden" (S.95). Bei Hegel, der das Subjekt als Fürsichsein und die
Substanz als Ansichsein definiert, können Natur und Kultur als
Ansichsein begrifflich zusammenfallen (S.97). Neu ist auch Hegels
Beschäftigung mit den Beziehungen zwischen den Subjekten: "Vicos
Ehen waren immer schon geschlossen, Herders Eltern-Kind-Beziehungen immer
schon geboren; erst Hegel stellt die Frage, wie solche Einrichtungen als
Vermittlung zwischen Männern und Frauen, Eltern und Kindern
überhaupt zustande kommen können." (S.98)
Hegels Vorlesungen zur Philosophie der Geschichte
(1832), die mit der Gründung der wahren Religion durch Luther und des
wahren Staates durch Friedrich den Großen enden (S.116f., 131), deutet
Kittler als philosophischen Nachweis, "daß die Weltgeschichte
erstens mit Gottes Vorsehung eins ist und zweitens mit systematischer
Notwendigkeit im preußischen Staat als ihrer Krönung endet"
(S.104). Daß es bei Hegels Primat der Haupt- und Staatsaktionen nicht
bleibt, konstatiert Kittler mit Bedauern (S.117f.). Denn der aus Hegels
ironischen Nebensätzen zum Alltag hervorgegangenen
"Bücherflut" von "Wälzern" zur Kulturgeschichte
des Alltags (S.119f.) vermochte er offenbar nicht standzuhalten. Einzig aus
Gründen der Chronologie wendet Kittler sich daher der empirischen
Kulturwissenschaft zu — nicht ohne seinen "Mangel an Lektüre,
Kenntnis und Interesse" der geringen Bedeutung des Gegenstandes
zuzuschreiben (S.120).
4. "Empirische Kulturwissenschaft"
4.1 Der kulturhistorische Roman
Die nachhegelianische Differenzierung der philosophischen
Fakultät in "lauter verfeindete Einzelwissenschaften"
produziert Kulturgeschichte als "Vereinigungsphantasie aller
kulturbefaßten Einzelwissenschaften" einerseits und
kulturhistorische Romane andererseits (S.122f.). Den Mehrwert solcher Romane
von Dahn, Freytag oder Riehl sieht Kittler vor allem darin, daß mit der
Archivierung "einer guten alten Zeit" der deutsche Idealismus als
Machtmaschine entlarvt wurde, die als Modernisierungsschub auch über
Vergangenheiten hinwegging und sie "also praktisch verschwinden und
theoretisch undenkbar" machte (S.129f.).
Dennoch bleibt die empirische Kulturwissenschaft nach
Kittlers Auffassung von dieser Machtmaschine abhängig, da sie einzig auf
der Resteverwertung idealistischer Abfälle gründet. Alles, was
Hegel an Zufällen und Kontingenzen nicht hermeneutisch verdauen konnte,
bildet den Dreck, "den die empirische Kulturwissenschaft nach seinem Tod
zwar nicht mehr dialektisch verstehen, aber doch positivistisch ausgraben und
abspeichern konnte. Erst seitdem gibt es ein Wissen vom Fremden, das
heißt vom Unverdaulichen" (S.132).
4.2 Burckhardt, Bachofen, Hehn
Als extremes Beispiel einer Kulturwissenschaft, deren Wissen
keinen Staat mehr zu tragen braucht, betrachtet Kittler die
"Exklusionsbeziehung zwischen Kriegsgeschichte und
Kulturgeschichte" (S.135) bei Jacob Burckhardt (Weltgeschichtliche
Betrachtungen, 1868-71). Dessen Kulturgeschichte taucht ins Alltägliche
ab, weil ihr die philosophischen Kategorien abhanden kommen: "Am Anfang
stand kein Anfang oder Prinzip mehr, am Ende kein Zweck oder Ziel der
Geschichte." (S.136) An die Stelle der chronologischen
Geschichtsphilosophie tritt nun "die Einzeluntersuchung eines synchronen
Kulturzustandes in seiner Typizität und Konstanz" (S.137).
An Bachofens Mutterrecht (1861) interessiert Kittler
weniger das Geschichtsmodell von der hetärischen Barbarei über die
matrilineare Familie zum Patriarchat als vielmehr der Übergang von der
wildwuchernden Vegetation zum Ackerbau und die kultische Funktion des Weins
im Kampf des Dionysischen mit dem Apollinischen (S.139 ff.). Die Frage nach
der Bedeutung der Nutzpflanzen, d.h. nach der Verbindung von
Kulturwissenschaft und Naturgeschichte, löst Viktor Hehns
Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem Übergang aus Asien nach
Griechenland und Italien sowie in das übrige Europa (1870). Indem
Hehn aufzeigt, daß Goethes zeitloses Paradies Italien erst durch
importierte Pflanzen grün wurde, historisiert er auch die Natur, hebt
den Unterschied zwischen Natur und Kultur auf und widerruft damit erstmals
seit Vico die Trennung zwischen Natur- und Kulturwissenschaft (S.147).
Mit diesem Befund könnte Kittlers Vorlesung zu Ende
sein, wenn nicht — wie Kittler betont — aus der friedfertigen
Beschreibung
langfristiger kultureller Wandlungen die kriegerische Philosophie Nietzsches
notwendig entsprungen wäre (S.153).
5. "Nietzsche und die Folgen"
5.1 Nietzsches >große Kulturpolitik<
Nietzsches Antwort auf die Frage, "ob es unhistorische
Wahrheiten überhaupt gibt" (S.158), lautet nach Kittler: Weil der
Mensch >das nicht festgestellte Tier< ist, kann auch nicht festgestellt
werden, was Grundbestimmungen oder die höchsten Werte überhaupt
sind. Mit dieser Historisierung der höchsten Werte wird Nietzsche
für Kittler zum Wegbereiter der französischen Kulturgeschichte des
20. Jahrhunderts: Denn weil es das Gute, Wahre, Schöne nicht gibt, gibt
es nun auch Geschichten dessen, was zuvor noch definierbar war: eine
Geschichte der Liebe, des Schmerzes etc. (S.159).
Gegen den drohenden Relativismus der Grundbestimmungen
(S.160) setzt Nietzsche den Einen, "der das Interpretieren als Form des
Willens zur Macht erkannt hat", und formuliert als Ziel seiner
Kulturpolitik, "am Umschaffen der Überzeugungen zu
arbeiten" (S.161). Eine entsprechende Strategie zu diesem Zweck macht
Kittler in der Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik aus.
Indem Nietzsche hier — unter Berufung auf Heckers Darstellung der
Volkskrankheiten des Mittelalters — das Modell der Ansteckung auf sein
Konzept des Dionysischen überträgt (S.171), kann er "aus dem
Dionysischen als beschriebenem kulturhistorischem Phänomen ein
Dionysisches als kulturpolitische Schreibstrategie gewinnen", also mit
der Geburt der Tragödie den Leser anstecken (S.172).
Im Kampf des Dionysischen mit dem Apollinischen unterliegt
Nietzsche als Wahnsinniger und siegt — zumindest in Kittlers Geschichte
— die
Psychoanalyse. Sie überführt den dionysischen
Rausch in den apollinischen Traum (S.177) 8.
5.2 Von Nietzsches Rausch zu Freuds Traum
Als Königsweg zum Unbewußten aller Patienten nimmt
der Traum in der Psychoanalyse eine privilegierte Stellung ein (S.180). Da
der Traum dem Schläfer die Erfüllung seiner Wünsche
vorspiegelt, verhindert er damit ihre praktisch-alltägliche
Erfüllung. Er betrügt den Schläfer um seine Wünsche,
führt sie ihm aber zugleich vor: "Diese Kompromißbildung ist
es, die Freuds Psychoanalyse zugleich als Verrat und als
Veralltäglichung Nietzsches ausweist." (S.183) Denn die
Psychoanalyse unterdrückt nicht nur den dionysischen Rausch, ihr geht es
vielmehr darum, "die stillgestellte Motorik allnächtlicher
Träume auch und gerade im Wachzustand zu simulieren" (S.184). Und
so werde — wie Kittler hervorhebt — der gefesselte Dionysos zum
Schwätzer, der alles ausplaudere, was er gegen Ehe, Familie und Kultur
im allgemeinen habe. In die "prohibitive Klammer des Traums"
gestellt, verwandelt sich Nietzsches Rausch in wissenschaftlichen Inhalt
(S.184) und deduziert Kittler die Traumdeutung damit aus der Geburt
der Tragödie (S.187).
5.3 Freud und Frazer — Psychoanalyse und
Ethnologie
Wie Nietzsche greift auch Freud auf die griechische
Tragödie zurück, der Ödipuskomplex als Interpretament der
Traumerzählung bringt ihm aber ein methodisches Problem ein (S.188). Um
diesen "unüberprüfbaren griechischen Spezialfall" eines
literarisch-fiktiven Mythos einzuholen, greift Freud auf eine ethnologisch
nachweisbare Praxis zurück (S.197). Seine Annahme der Urhorde als Natur,
die die Kultur durch den Vatermord erst hervorbringt (S.190), ist Ergebnis
der Rezeption von Frazers Schriften Totemismus und Exogamie und
The Golden Bough. Wenngleich Kittler behauptet, erste gar nicht
und letzte nur in einer Kurzfassung zu kennen, deklariert er beide als
Unsinn (S.191, 197), kommt aber zu dem Ergebnis, daß Frazer jedes
Ritual Alteuropas aus den Riten oder Mythen der Kolonialvölker ableite.
Daß damit Totems und Tabus zum Interpretament der Traumerzählung
(S.194) werden, hilft Freud aus dem Dilemma des Ödipuskomplexes:
"Denn Freuds Primitive tun bei Tage, was moderne Neurotiker lediglich
bei Nacht träumen." (S.198)
Ausgehend von Freuds Feststellung, daß die Brüder
den Urvater möglicherweise erst umzubringen wagten, als sie eine neue
Waffe besaßen (S.203), bahnt Kittler sich seinen Weg von Freud zu
Heidegger über die Technikphilosophie.
5.4 Kapps Organprojektionen und Freuds Prothesengott
In seinen Grundlinien einer Philosophie der Technik
(1877) geht Kapp davon aus, daß jedes Werkzeug eine Organprojektion
ist. Aus Werkzeugen entstehen aber auch andere Werkzeuge und damit
zusammengesetzte Projektionen, die der Mensch allerdings nicht mehr
durchschauen kann — ein Phänomen, das Kapp mit dem Begriff des
Unbewußten bezeichnet (S.208f). Bei Kapp wie bei Freud steht das
Unbewußte nach Kittler also "grundsätzlich für noch
unbegriffene Maschinenparks" (S.209). Im Fall Freuds zeigt sich dies
zunächst in dem Bemühen, die Seele als psychischen Apparat zu
beschreiben (S.210). Später werden in Das Unbehagen in der Kultur
auch Wissenschaft und Technik als Wunscherfüllungen betrachtet, mit
denen der Mensch zum Prothesengott aufsteigt, der mit seinen Hilfsorganen
allerdings noch einige Schwierigkeiten hat (S.212f.). Die Beseitigung dieser
Prothesentheorie schreibt Kittler Heidegger zu (S.214).
5.5 "Heidegger, sage ich daher, wurde geboren,
arbeitete und starb." (S.217)
Heideggers phänomenologische Kulturtheorie in Sein
und Zeit (1927) deutet Kittler als Vollendung von Nietzsches großer
Kulturpolitik in dem "unüberbietbaren Schritt, das Sein als jene
letzte Bestimmung, die auch noch über Wahrsein und Falschsein,
Daßsein und Wassein bestimmt, zu historisieren" (S.222f.). Das
Ergebnis ist Heideggers Fundamentalontologie, die Kittler als elementare
Kulturwissenschaft begreift, denn: "Sie handelt nicht von Geschichte,
sondern nur von Geschichtlichkeit, nicht von Familie, Ehe und Begräbnis,
sondern nur von Gebürtigsein und Sterblichsein." Die
Fundamentalontologie liefert der Kulturwissenschaft damit nur die
Möglichkeitsbedingungen, folge aber — so Kittler — dem
heimlichen Zweck,
allen anderen Wissenschaften das eigene Gedankengebäude anzubefehlen:
"Nicht umsonst träumte Heidegger davon, noch den Führer zu
führen." (S.225)
Heideggers Versuch, "tollkühner noch als Hegel die
Grundbegriffe der Natur aus den Grundbegriffen der Kultur herzuleiten"
(S.227), stellt daher in Kittlers Geschichte der Kulturwissenschaft den
Höhepunkt dar — auch wenn dieser Versuch fehlschlägt! Zwar
widerlege Sein und Zeit mit dem Beweis, daß schon "die
schlichteste Praxis über eine eigene Auslegung von Sein, also über
eine eigene Ontologie verfügt", Descartes (S.230). Da Heidegger
jedoch den Menschen "ins Anonymat namens oder unnames Dasein"
verabschiede (S.232), scheitere er letztlich an der cartesischen res extensa
(S.234): "Nach Eliminierung aller Handwerker, Techniker und Ingenieure
aus der Seinsgeschichte hat >das Dasein< ziemliche Schwierigkeiten,
seine
eigenen Erfindungen überhaupt noch zu machen." (S.235) Die
sogenannte Kehre Heideggers ist aus Kittlers Perspektive daher nur
konsequent, wenn sie den "Vorrang des Objekts" über das Dasein
statuiert (S.237).
6. Wie die Kulturwissenschaft ihr Gift hergibt —
Ein Fazit
Aus dem Kelch seiner Kulturwissenschaft treibt Kittler also
die Schlange der Cultural Studies aus, indem er ihre Ahnen —
Kulturanthropologie, Kulturgeschichte und Empirische Kulturwissenschaft —
gleichsam alttestamentarisch bis ins letzte Glied verfolgt. Daß
Kittlers Evangelium sich damit erst der Polemik und den Invektiven verdankt,
ist vor allem deshalb bedauerlich, weil es mit der Botschaft verknüpft
wird, die nicht zu Kittlers Kanon gehörigen Texte seien der Lektüre
auch gar nicht wert. Eine bemerkenswerte Aussage für jemanden, der sich
immerhin auch die Vermittlung basaler Textkenntnis und philologischer
Kompetenz (S.12) zum Ziel seiner Vorlesung gesetzt hat.
7. Cultural Studies in England, Amerika und
Australien
Zentrale Texte der von
Kittler — um eine seiner Lieblingswendungen aufzugreifen — gar
nicht erst
ignorierten Cultural Studies (CS) finden sich in dem bereits 1996
erschienenen Reader von John Storey 9.
Für einige inzwischen auch in deutschsprachigen Textsammlungen
erschienene und zum Teil gekürzte Übersetzungen bietet sich damit
eine Möglichkeit des Abgleichs 10.
Der fast 400 Seiten starke Band versammelt 22 in
chronologischer Folge abgedruckte Versuche, CS zu definieren (Preface), die
bis auf zwei Ausnahmen alle im Zeitraum zwischen 1985 und 1993 publiziert
wurden. Auf die Schlüsseltexte der CS von Richard Hoggart (1957),
Raymond Williams (1958) und Edward P. Thompson (1961/63) wurde damit ebenso
verzichtet wie auf Texte aus der ersten Phase nach Gründung des Centre
for Contemporary Cultural Studies (CCCS) durch Hoggart (1964-1968). Die CS
etablierten sich in diesem Zeitraum, ausgehend von Williams' Demokratisierung
des Kulturbegriffs und vom Paradigma >class<, als politisches und
pädagogisches Projekt eines marxistisch ausgerichteten Cultural
Materialism.
Die nachfolgende theoretische und inhaltliche Erweiterung der
CS insbesondere durch die Rezeption von Strukturalismus, Marxismus und
Frankfurter Schule, die Stuart Halls Zeit als Direktor (1968-1979)
prägte, fängt sein Beitrag Cultural studies: two
paradigms (1980) ein. Ihm steht als weiterer
Selbstverständigungstext der britischen CS der Essay What is
cultural studies anyway? (1986/87) seines Nachfolgers Richard Johnson
(1980-1988) zur Seite.
Gegenstand des Readers ist jedoch die Entwicklung der CS ab
Mitte der 80er Jahre, die durch die Ablösung der Cultural Studies vom
CCCS und die Internationalisierung der CS, die sich vor allem über ihre
Institutionalisierung in Australien und den USA vollzieht, bestimmt wird. In
Storeys Band sind daher erstmals britische (8), amerikanische (9) und
australische (5) Beiträge vereinigt. Auf theoretischer wie inhaltlicher
Ebene wird die erneute Erweiterung der CS sichtbar durch die Rezeption der
amerikanischen Theoriedebatten um Poststrukturalismus, Postmodernismus und
Postkolonialismus einerseits und die Untersuchungen zu Alltags-, Jugend-,
Populärkultur und Medien sowie >gender< und >race< als neuen
Paradigmen
andererseits.
Neben den erwähnten Texten von Hall und Johnson
gewähren vor allem die am Beginn des Readers stehenden Texte von Colin
Sparks, Michael Green und Raymond Williams Einblick in die britischen CS. Der
Entwicklung der amerikanischen CS sind die Beiträge von Lawrence
Grossberg, Alan O'Connor, Cary Nelson und Joel Pfister, den australischen CS
die Texte von Tony Bennett, Graeme Turner und John Frow / Meaghan Morris
gewidmet. Problematisiert werden dabei die insbesondere mit der
Institutionalisierung in den USA verbundenen Gefahren einer Überformung
der CS durch poststrukturalistische und postmoderne Theorien.
Ein ähnlich kritischer Tenor bestimmt auch die dem
Paradigma >gender< zuzuordnenden drei Beiträge der amerikanischen
Autorinnen Elizabeth Long und Ellen Rooney sowie der britischen Autorinnen
Sarah Franklin, Celia Lury und Jackie Stacey, die eine Marginalisierung der
britischen feministischen CS bzw. eine politische Neutralisierung des
Feminismus befürchten. Etwas unterrepräsentiert ist dagegen der
Bereich >race<, in dem sich neben Stuart Halls zweitem Beitrag zum
Reader nur
Manthia Diawaras Auseinandersetzung mit den African-American studies findet.
Für den Bereich der Populärkultur- und
Medienanalyse liegt mit John Fiskes British cultural studies and
television ein zentraler Text eines der umstrittensten Vertreter der CS
vor, mit dem sich die Beiträge von Meaghan Morris, Duncan Webster und
Ien Ang kritisch auseinandersetzen. Angs Versuch, ausgehend von David Morleys
"ethnographic audience studies" die Auswirkungen der Globalisierung
auf die Bildung kultureller Identitäten zu ermitteln, stellt dabei den
avanciertesten Versuch zur Neuformulierung zentraler Fragen der
Medienforschung dar.
8. Kulturwissenschaften im Kontext der >Zwei
Kulturen<
Der von Johannes Anderegg und Edith Anna Kunz herausgegebene
Sammelband Kulturwissenschaften. Positionen und Perspektiven geht auf
ein internationales Kolloquium an der Kulturwissenschaftlichen Abteilung der
Universität St. Gallen zurück und ist — selten genug —
bestimmt
durch die Homogenität seiner Beiträge. Im präzisen Rekurs auf
zentrale Grundbegriffe und Fragestellungen wird in fünf Sektionen
über Kulturwissenschaft aus Sicht der Ethnologie (1), das
Verhältnis von Kultur und Wissenschaft (2), nationale
Wissenschaftskulturen (3) und die Beziehung zwischen Text
und Bild (4) sowie zwischen Text und Theorie (5)
diskutiert.
Dabei setzen sich alle Autoren mit dem Legitimationszwang der
Geisteswissenschaften (Einleitung, S.9) und der aus der Aktualisierung ihrer
Fragestellungen und Gegenstände hervorgegangenen Transformation zu
Kulturwissenschaften auseinander (Einleitung, S.10, 15; Tomás Gil, S.76). Der
Kulturwissenschaft als trans-disziplinärem Fach ist dagegen nur ein
Beitrag gewidmet (Christiaan L. Hart Nibbrig, S.102f.), ebenso wie der
Mediengeschichte (Horst Wenzel).
Ausgangspunkt aller Beiträge ist der aus der Ethnologie
(Wolfgang Marschall, S.21f.) und der Kulturanthropolgie hervorgegangene
semiotische Kulturbegriff, der Kultur mit Clifford Geertz als Text liest,
d.h. als Komplex "aller symbolischen Handlungen, Szenarien, Riten,
Gegenstände, Leit-Begriffe, Diskurse" (Hart Nibbrig, S.96).
Kulturwissenschaften in diesem Sinne sind Reflexionswissenschaften, "in
denen es um Handeln und Sprechen von Menschen sowie um deren
Selbstverständnisse und Selbstdeutungen" in den unterschiedlichen
Medien und Kontexten geht (Gil, S.75, 77).
Den Schwerpunkt des Bandes bildet mit fünf
Beiträgen die Auseinandersetzung mit C. P. Snows >zwei Kulturen<,
die
zunächst die Unterscheidung von Erklären und Verstehen, von
nomothetischer und idiographischer Erkenntnis wieder aufbietet (Helmut
Holzhey, S.35 ff.; Johannes Anderegg, S.86 ff.), um sich dann den besonderen
Leistungen der Kulturwissenschaften zuzuwenden. Am Schnittpunkt von
Vergangenheit und Gegenwart fungieren die Kulturwissenschaften als
>kulturelles Gedächtnis< und sollen, ausgehend vom historischen
Wandel
und der Vielfalt kultureller Phänomene, die kulturellen
Überlieferungen auch für die Gegenwart furchtbar machen (Anderegg,
S.91f.; Holzhey, S.45f.).
Wie die Literatur sich beispielsweise das Wissen der
>sciences physiques< aneignet und zugleich kritisiert, indem sie die
kollektive Vorstellungswelt durch die Erfindung neuer Diskurse, Bilder und
Welten beeinflußt, zeigt Michel Pierssens am Beispiel von Hugo, Balzac
und Flaubert (S.64 ff., 69). Im gegenwärtigen Streit von Natur- und
Geisteswissenschaften plädiert dagegen Holzhey für eine gemeinsame
Fortsetzung der Aufklärung zur Entwicklung einer
>vernünftigen<
Lebensform — wobei Aufklärung im Hinblick auf die neueste
biologische
Forschung vor allem als ethische Kontrolle der Wissenschaften verstanden
werden soll (S.47f.).
Als zentrale Aufgabe wie als Problem für die
Kulturwissenschaften erweist sich schließlich die Forderung nach
Erforschung der Alterität und Förderung der Interkulturalität
(Einleitung, S.17), die sich mit dem Problem der Interdisziplinarität
verschränkt. Daß an eine komparatistische Arbeit bislang noch kaum
zu denken ist, zeigt sich u.a. daran, daß die französisch- und
italienischsprachigen Beiträge im Unterschied zu den englischsprachigen
für den Druck übersetzt werden mußten. Am Beispiel der
Entwicklungen in Frankreich und Italien machen Vincent Kaufmann (S.116) und
Renato Martinoni (S.130) zudem die weitgehende Abschottung der nationalen
Kulturwissenschaften voneinander sichtbar. Der Weg in eine
multikulturalistische Zukunft sei daher nur über "das
Bewußtmachen der nationalistischen Parameter unserer Wissenschaft"
möglich (Kaufmann, S.117).
Der letzte Teil des Bandes mit drei Beiträgen von
ProfessorInnen für Englische Sprache und Literatur setzt sich
äußerst kritisch mit der gegenwärtigen Praxis der Cultural
Studies auseinander, die durch ihre Fixierung auf >gender<,
>race< und
>class< und ihre Beschränkung auf die Jugend- und Alltagskultur
(Valentine Cunningham, S.201f.) zur Bedrohung und Entwertung der Literary
Studies geführt habe (Cunningham, S.193; Alan Robinson, S.173). Neben
der Klage über die Kanon- und Theorielosigkeit (Cunningham, S.201) steht
dabei auch die Kritik an Poststrukturalismus und Dekonstruktivismus
(Robinson, S.173f.) als einer "humourless and self-righteous world of
academic theory" (S.176). Während Paul H. Fry (S.158f.) und Alan
Robinson (S.191) die besondere Qualität der Literatur kritisch gegen die
Cultural Studies setzen, bietet dagegen für Valentine Cunningham immer
noch die Literatur die beste Einführung in die Praktiken der
Signifikation als "a key marker and agent in the making of cultures
[...]; a main historical register of thougth, ideology, belief, feeling; an
unsurpassed source of knowlegde of self and other; a unique humanizing
project" (S.203).
Als einziger Nachteil dieser Aufsatzsammlung erweist sich
damit die medientechnisch nicht gerade avancierte Distribution: bei Aisthesis
publizierte Bücher müssen direkt beim Verlag bestellt werden, was
bis zu zwei Wochen dauern kann!
Dr.
Petra Kuhnau
Freie Universität Berlin
Institiut für Deutsche und Niederländische Philologie
Habelschwerdter Allee 45
D-14195 Berlin
Homepage
Ins Netz gestellt am 25.09.2001
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Anmerkungen
1 Siehe u.a. Arno Srzessek:
Sehnsucht nach Hörsaal 6. Kittlers lässige "Kulturgeschichte der
Kulturwissenschaft". In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 4 vom 5./6./7. Jan.
2001, S. VI. Thomas Wirtz: Die Kulturwelt als Wille zur Vorstellung. In: FAZ,
Nr. 48 vom 28. Feb. 2001, S. 55 sowie Nicolas Pethes: Austreibung der Kultur
aus der Kulturwissenschaft. In: IASLonline, eingestellt am 24.7.2001.http://iasl.uni-muenchen.de/rezensio/liste/pethes.html
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2 Zu den Eigenschaften des Johannes siehe
Richard Benz: Die Legenda aurea des Jacobus de Voragine. Aus dem Lateinischen
übersetzt. Heidelberg: Lambert und Schneider o.J. [1926], S.66.
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3 Ebd., S.69f. zurück
4 Gregor Martin Lechner: Johannes der
Evangelist. In: Wolfgang Braunfels (Hg.): Lexikon der christlichen
Ikonographie. Bd. 7. Rom, Freiburg u.a.: Herder 1974, S.119f. zurück
5 Ansgar Nünning: Kulturwissenschaft.
In: ders.: (Hg.): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Stuttgart:
Metzler 1998, S.299-302, hier S.301. zurück
6 Zur Forderung nach Modernisierung der
Geisteswissenschaften siehe die Denkschrift von Wolfgang Frühwald u.a.:
Geisteswissenschaften heute (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft; 973) Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1991. zurück
7 Friedrich Jaeger / Jörn Rüsen:
Geschichte des Historismus. Eine Einführung. München: C.H. Beck
1992, S.25f. zurück
8 Kittler sieht den dionysischen Rausch
durch reine Motorik ohne sensorisch eindeutige Daten, den apollinischen Traum
dagegen durch reine Sensorik bei stillgestellter Motorik gekennzeichnet
(S.169). zurück
9 Storey ist gegenwärtig Professor of
Cultural Studies und Direktor des Centre for Research in Media & Cultural
Studies an der University of Sunderland (UK). zurück
10 Roger Bromley / Udo Göttlich /
Carsten
Winter (Hg.): Cultural Studies. Grundlagentexte zur Einführung.
Lüneburg: zu Klampen 1999. Jan Engelmann (Hg.): Die kleinen
Unterschiede. Der Cultural-Studies-Reader. Frankfurt a.M., New York: Campus
1999. Siehe zu diesen Publikationen die Rezension von Eike Wenzel:
Wohnzimmer-Kriege. Cultural-Studies, Anti-Methode, Mode und Kanon. In: IASL
online, eingestellt am 14.7.2001.http://iasl.uni-muenchen.de/rezensio/liste/wenzel.htm zurück
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