Saul über Japp: Unsichtbares Theater

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Nicholas Saul

Unsichtbares Theater

  • Uwe Japp, Stefan Scherer, Claudia Stockinger (Hg.): Das romantische Drama. Produktive Synthese zwischen Tradition und Innovation. (Untersuchungen zur deutschen Literaturgeschichte, Band 103) Tübingen: Niemeyer 2000. XII + 287 S. Kart. € 57,26.
    ISBN 3-484-32103-2.


Brachland oder weites Feld?

"Unsichtbares Theater" — so lautet Goethes bekanntes Verdikt über die theatralischen Bestrebungen des peripheren Romantikers Heinrich von Kleist. 1 Welche Konsequenzen dieses Urteil für das weitere Schicksal von Kleists Dramen auf der Bühne hatte, weiß man zur Genüge. Daß ein ähnliches Schicksal das dramatische Schaffen der romantischen Dichter stricto sensu ereilte, zählt wohl zu den verbreitetsten loci communes der Romantikforschung: Auch Zacharias Werner traf der vernichtende Blitzstrahl des Weimarer Dichtergottes — sein Drama sei abstrus und mystisch, 2 sprich: ebenso ungeeignet für die Bühne wie das von Kleist.

Ein paar Jahre später fiel Clemens Brentanos "Valeria oder Vaterlist", eine Bühnenfassung des "Ponce de Leon", welche seiner Anstellung als Theaterdichter an der Burg den Weg ebnen sollte, ebenfalls dem Hohn des Theaterpublikums zum Opfer. Das war wohl der passende Abschluß jener langen Reihe von ambitionierten Versuchen deutscher Romantiker, die Bühne zu erobern, welche mit den dilettantischen Machwerken der Brüder Schlegel ("Alarcos" und "Ion") ihren Anfang nahm. Seitdem ... ja, wer hat seitdem auf der kommerziellen Bühne jemals ein vollblütiges romantisches Drama erlebt? Das Drama der Romantik kurzum: ein Aggregat ebenso eklatanter wie verdienter Mißerfolge? Ein zu recht abgeschlossenes Kapitel der Literatur- wie Theatergeschichte?

Dieses drastische Urteil zu überprüfen, es womöglich zu revidieren, ist der Ehrgeiz des vorliegenden Bandes, welcher die Vorträge eines im September 1999 veranstalteten Karlsruher Kongresses enthält. Nach Auskunft der Herausgeber geht das Projekt von der nicht zu bezweifelnden Beobachtung aus, "daß die dramatische Produktion romantischer Autoren bislang noch nicht systematisch gewürdigt worden ist" (Vorwort, S. VII). Freilich erreicht die sich daraus ergebende Sammlung von dreizehn Beiträgen das hochgesteckte Ziel einer systematischen Würdigung nicht. Wie dem auch sei (und wir kommen darauf zurück), finden wir hier, im raschen Überblick aufgezählt, Arbeiten, welche drei Hauptgebiete des Gegenstandes abzudecken versuchen:

  1. die allgemeine Theorie des >romantischen Dramas< (Gerhard Schulz)

  2. theoretische Einzelaspekte, welche das >romantische Drama< mitkonstituieren sollen (Michele Cometa, Jürgen Brummack, Volker Nölle und Ralf Simon)

  3. hermeneutisch orientierte Studien zu einzelnen Autoren bzw. Werken von Hardenberg-Novalis bis Eichendorff (Johannes Endres, Ludwig Stockinger, John Fetzer, Detlef Kremer, Uwe Japp, Stefan Scherer, Claudia Stockinger, Hans Joachim Kreutzer).

>Überschreitungen< allerorten

Sehr ergiebig, wenn wir die Beiträge in umgekehrter Reihenfolge betrachten dürfen, sind die Einzelinterpretationen. Um nur die Höhepunkte hervorzuheben: Johannes Endres wirft ein völlig neues Licht auf Hardenberg-Novalis' Verständnis des Dramas und "Die Lehrlinge zu Sais". Fleißig sammelt er Hardenbergs zerstreute Aufzeichnungen zum Thema; dabei kann er die Spreu vom Weizen trennen. Vieles von dem, was Hardenberg zum Drama zu sagen hat, geht über eine prägnante Zusammenfassung frühromantischer Gemeinplätze nicht hinaus. Bei weitem interessanter ist Hardenbergs Verständnis des Dramatischen schlechthin als eine Grundkategorie seiner ansonsten narrativ orientierten Poetik, welche sich die wirkungsästhetische Verwandlung des Bewußtseins seiner Leser zum Zweck setzt.

Rousseaus und Herders Vorarbeiten aufnehmend, stellt Hardenberg folglich die pygmaliontische Verwandlung des toten Kunstwerks als ästhetisches Ziel auf — und die Menschwerdung der Isis in der synästhetisch konnotierten Textlektüre ist seine romantische Version des Mythos. Freilich überschreitet Hardenberg hier die Grenze zwischen Drama und Narration gleichsam mit Siebenmeilenstiefeln, so daß man sich getrost fragen darf, was diese Theorie des Dramatischen noch mit herkömmlichen Definitionen der Bühnengattung zu tun hat.

Überhaupt, wenig verwunderlich nach solchen Ausführungen, ist Grenzüberschreitung in Sachen Gattung, Thema, Medium u.a.m. die Leitidee der Einzelinterpretationen. Ludwig Stockinger, das apologetische Grundanliegen des Bandes verfolgend, will Tiecks "Genoveva" grenzverletzend als Lesedrama rechtfertigen. Im Rahmen der frühromantischen >neuen Mythologie< gesehen ist sie ein poetisches Plädoyer für kulturelle und religiöse Erneuerung in philisterhafter Zeit. Dabei gestaltet und reflektiert der narrative Rahmen des Textes (Bonifatius' Rede gleichzeitig als spielinterne und -externe Figur) die fehlende Präsenz der ästhetischen Religion als Bühnenliturgie im öffentlichen Raum im Zeitalter der zurückgezogenen, privaten Lektüre, so daß der religiöse Aufruf nur in der Ersatz- und Zwitterform des Lesedramas erscheinen kann und soll.

Noch >transgressiver< ist Claudia Stockingers Beitrag. Sie zeigt faszinierende Diskrepanzen auf zwischen Schillers klassischer Theorie dramatischer Geschlossenheit und seiner offen-experimentellen Praxis der semantischen Zerstreuung im Text. Die offen-ambivalenten Texte wie "Die Jungfrau von Orleans" (wie ist die legendenhaft gezeichnete Figur zu deuten?) und "Die Braut von Messina" (wie gültig sind die illusionsstörenden Kommentare des Chors?) fordern eine reflexiv-hermeneutische Leistung vom Leser. Damit subvertieren Schillers vermeintlich klassischen Texte dessen eigene theoretische Orthodoxie, und Stockinger rückt sein dramatisches œuvre deutlich in die Nähe der modernistischen romantischen Dramaturgie. (Dabei berücksichtigt sie freilich nicht die Tatsache, daß sich Goethe und Schiller keineswegs nur als rückwärts gewandte Klassiker, sondern auch, gleichzeitig, als progressive Dichter der Moderne verstanden.)

Ebenso transliminal deutet Detlef Kremer Arnims gewaltiges Doppeldrama "Halle und Jerusalem", und zwar gleich auf mehreren Ebenen. Erstens schreibt Arnim (und zwar nicht nur hier) grundsätzlich intertextuell, setzt seine Texte bewußt mosaikartig aus Textfetzen zusammen, welche ihre fremde Provenienz und den hybriden Status des Arnimschen Produktes geradezu herausposaunen. Zweitens überschreitet dieser Text bewußt die Gattungsgrenze des Dramas in Richtung absolute Poesie bzw. Gesamtkunstwerk. Drittens gestaltet das alles eine psychosemiotische Konfiguration: Arnims Versuch, die historische Übersetzung weiblich-oraler Rede in tote männliche Schrift rückgängig zu machen (das wasserspendende Denkmal der Mutter in der Wüste symbolisiert, wie der mütterlich Mund die männliche Schrift speist).

Die anderen, ebenso verdienstvollen Beiträge, die hier nicht so ausführlich gewürdigt werden können, setzen die oben erwähnte grenzgängerische Tendenz fort:

Uwe Japp erkennt ähnlich Kremer in Arnims "Päpstin Johanna" einen fundamental transgressiven Gestaltungswillen, welcher sich von der Wahl des Androgyniemotivs bis hin zu den episierenden Tendenzen des Universaldramas erstreckt. Stefan Scherer findet in Eichendorffs "Ezelin von Romano" überall Spuren der Ambivalenz. John Fetzer setzt sich mit den Formen und Funktionen des allgegenwärtigen Schwellenmotivs in Brentanos "Die Gründung Prags" gründlich auseinander. Schließlich liefert Hans Joachim Kreutzer Bemerkungen zu Kleists Erneuerung des deutschen Lustspiels im "Amphitryon" (Hervorhebung der Frauenrolle, Versifikation der Rede, Entdeckung des tragischen Potentials im antiken Stoff), welche Kleists doppelbödiges Verhältnis zum >romantischen Drama< näher bestimmen lassen (und freilich die Rolle Lessings mit seiner "Minna" entschieden unterbewerten).

Theoretische Reflexionen auf das >romantische Drama<

Etwas anspruchvoller im Bereich der Theorie sind die vier Aufsätze von Jürgen Brummack, Volker Nölle, Ralf Simon und Michele Cometa. Alle wollen (tiefen)strukturelle Konstituenten des >romantischen Dramas< aufdecken. Alle haben bezeichnenderweise mit der Komödie zu tun. Für Brummack sind die Verwandlungen in der Gestaltung der Narrenrolle nach Gottsched gleichsam die Signatur der romantischen Komödie. Er untersucht bei Tieck ("Hanswurst als Emigrant", "Ritter Blaubart", "Prinz Zerbino") und Eichendorff ("Krieg den Philistern"), inwieweit der aufgewertete Narr der Romantik lediglich politische Mißstände kritisiert oder gar als Handelnder auf der Bühne die romantische Kunst — und deren (Un)Fähigkeit, die Welt zu verändern — selbst repräsentiert.

Ehrgeiziger noch Volker Nölle: Für ihn liefert das überaus häufige Aus-der-Rolle-Fallen romantischer Bühnenfiguren nicht weniger als ein Textgenerierungsmodell aller romantischen Komödie. Selbstrepräsentation der Kunst allein genügt nicht als Merkmal. Die traditionelle mise en abyme, das ironisierende Spiel-im-Spiel gibt es ja spätestens seit Shakespeare. Das gesuchte Merkmal romantisch selbstverfremdender Rede liefern vielmehr jene Stellen, wo (wie z.B. in Tiecks "Verkehrter Welt") der Schauspieler gleichzeitig-undifferenzierbar als Schauspieler und als dargestellte Figur (hier: Apoll) spricht. Gerade das Irreduzible dieses schizoiden Redens steht für die radikale Grenzverletzung des ästhetischen Diskurses in der Romantik. Beispiele für die Wirksamkeit dieser Tradition findet Nölle in Kellers "Das verlorene Lachen" (die Wandtapete), "Der zerbrochne Krug" (die Verwechslung der Ebenen in Marthas Beschreibung des Krugs) und Pirandellos "Heinrich der Vierte".

Ralf Simon dagegen sieht eher die parekbatische, illusionsstörende und -wiederherstellende Rede als Grundfigur aller romantischen und dramatischen Rede im Geist der idealistischen Reflexionsphilosophie. Die Romantiker (in der Person Friedrich Schlegels) haben nämlich in der Parekbase ein narratives Grundverfahren entwickelt, welches es ihnen in ästhetischer Weise ermöglicht, das Paradox der >Undarstellbarkeit des Absoluten< in der philosophischen Reflexion zu umgehen: Das einmal Dargestellte mit sich selbst zu konfrontieren, es auf diese Weise außer Kraft zu setzen und damit eine neue semantische Welt zu etablieren (usw.).

Was bei Schlegel ursprünglich aus einer Analyse der dramatischen Technik hervorging, wurde zum Grundverfahren der >progressiven Universalpoesie< und damit auch der romantischen Komödie. Brentano ("Ponce de Leon") und Eichendorff ("Die Freier") liefern die Beispiele, allerdings bleibt bei beiden die Romantik hinter ihrem Anspruch zurück. Durch Selbstkonfrontation in der Maskerade kommt der melancholische Ponce zwar zu einer neuen Selbsterkenntnis. Dabei aber verläßt er den gesunden Boden der Komödie und entgleitet in einen gattungs- bzw. wirklichkeitsfremden lyrischen Bereich. Gegenbeispiel ist Nestroy ("Einen Jux will er sich machen"), wo die Selbstkonfrontation im nur-gespielten Abenteuer doch nicht lyrisch entschärft wird. Es fragt sich schon, inwieweit die Thesen Nölles und Simons gleiche Strukturen mit anderen Namen versehen (mehrere Namen sind einer Idee vorteilhaft, meinte schon Novalis).

Spielte schon bei Simon Friedrich Schlegel seine traditionelle Rolle als graue Eminenz der romantischen Theorie, so wird er von Michele Cometa vollends als Urheber aller romantischen Dramentheorie >geoutet<. Cometa erinnert uns zu Recht daran, daß Schlegel sich immer wieder mit der Grundlegung des Dramas (und nicht nur der Komödie) beschäftigt hat und daß Ergebnisse dieser Untersuchungen — wie seine Identifikation der Parekbase als modernes Moment der Formgebung bei Aristophanes — ohne weiteres in die Theorie des romantischen Romans übernommen worden sind. Es bleibt unausgesprochen, aber die Implikation (bei Cometa wie bei Simon, in anderer Form bei Endres oder L. Stockinger) ist klar: Vermischung, insbesondere Gattungsvermischung, ist die Dominante romantischer Poetik, und der romantische Roman ist mithin nichts als eine Spielart des >romantischen Dramas<. Oder umgekehrt: Das >romantische (Lese)Drama< ist lediglich eine spätere Variation des romantischen Romans.

Noch einmal: >romantisches Drama< — was ist das?

Damit kommen wir gleichzeitig, und zwar nicht per Zufall, zur Frage der Substanz des Bandes und zum Aufsatz von Gerhard Schulz: "Romantisches Drama. Befragung eines Begriffes". In diesem souveränen Überblick, der sich im Gegensatz zu fast allen anderen Beiträgen keineswegs auf die deutsche Romantik beschränkt, liefert Schulz weniger eine Einführung zur Problematik als eine tiefschürfende historisch-kritische Reflexion auf begriffliche Schwierigkeiten. (Der Aufsatz hätte deswegen ebensogut am Schluß des Bandes stehen können.) Was das Drama ist, daß das Drama irgendwie das Sichtbare, die öffentliche Zurschaustellung einer Handlung in figuraler Rede (M. Pfister) beinhaltet, darin sind sich Goethe, Tieck (den Schulz hier zitiert) und alle anderen Beiträger einig. Was aber >Romantik< bzw. >romantisches Drama< sein könnten, darüber existiert kein Konsens.

Als streng umrissener wissenschaftlicher Begriff ist zumal >Romantik< längst porös geworden. Jenseits der Grenzen deutschsprachiger Länder (sowie unter der schrumpfenden Clique professioneller Auslandsgermanisten) gelten Goethe und Schiller ohnehin als tragende Pfeiler der europäischen Romantik, da gilt die Opposition Klassik-Romantik nicht mehr (vgl. Claudia Stockingers Aufsatz in diesem Band sowie den 2. Band von Nicholas Boyles Goethe-Biographie). >Romantik<, so Schulz, ist eher vielfältig und plural, läßt sich besser pragmatisch als >deutsche Romantik< definieren, und zwar faute de mieux anhand des Begriffsclusters >Mittelalter<, >Christlichkeit<, >Ironie / Humor<, >Unendlichkeit<, >Moderne< mehr oder weniger präzise umreißen.

Mit der Nennung der Moderne entfällt, um zum >romantischen Drama< zu kommen, auch endlich die Bühnentauglichkeit, jener Erbfluch der Romantikforschung, als Wertungskriterium dieser Texte. Alle wertvolle neue Kunst ist innovativ, hält Schulz fest, das ist ja die Bedingung der Möglichkeit moderner Kunst. Daß also ein neues Drama auf der alten Bühne aufführbar sein soll, ist an sich selbst kein gültiges Qualitätsmerkmal und kein gutes Argument gegen das >romantische Drama<. Auf diese Weise ist das >romantische Drama< (ebenso wie "Faust") als Lesedrama gut zu rechtfertigen. Damit liefert Schulz ein solides Fundament für alle weitere Erforschung des Dramas der deutschen Romantik.

Ein weiteres, historisches Argument liefert er auch: Die Moderne ist ja bekanntlich das Zeitalter der bürgerlichen Lesewut, des privat gelesenen Romans, so daß der Erfolg des Romans eine leicht zu beobachtende generelle Episierung des Dramas nach sich zieht. Das >romantische Drama< ist auch deswegen ein nützlicher Terminus: Er markiert den Übergang der europäischen Kultur aus der Antike (Drama) in die Moderne (Roman); die deutschen Romantiker machen diese Wende durch die Mischgattung des Lesedramas explizit. Aus alledem geht aber noch nicht hervor, daß das >romantische Drama< als literarisches Werk in unserem Urteil aufzuwerten ist. Dies erwiesen zu haben, ist das Verdienst der Einzelinterpretationen im Band.

Fazit: Roman — Drama — >enactment<

Die Lektüre eines jeden wertvollen Buches vollzieht sich trotzdem (oder vielleicht eben deswegen) niemals ohne Rest-Irritationen. Davon seien an dieser Stelle zwei erwähnt. So hoch der Forschungsertrag dieses Bandes ist, noch ist nicht hinreichend erklärt worden, was eigentlich dramatisch ist am >romantischen Drama<. Daß die platte Anschaulichkeit auf der Bühne als Wertungskriterium eines experimentellen Lesedramas (vorläufig wenigstens) wegfallen kann und soll, das überzeugt. Aber was ist denn Drama, was, wenn man an Hardenbergs Drama-Verständnis denkt, ist >dramatisch< an der nur sprachlich (oder sprachlich-musikalisch) realisierten Handlung?

Vielleicht liefert die häufig implizierte oder angemerkte Nähe des >romantischen Dramas< zum romantischen Roman (oder überhaupt zum romantischen Diskurs, zum romantischen Text) einen Hinweis. Denn der romantische Roman ist in Wahrheit ebenso wenig Roman im eigentlichen Sinne wie das >romantische Drama< ein Drama im eigentlichen Sinne. Mit Lothar Pikulik zu reden, 3 >inszeniert< der romantische Text überhaupt — gleichgültig, ob >Roman< oder >Drama< — eine Kommunikation, versetzt den kommunikativen Akt in Handlung (nicht zuletzt durch Parekbase). Oder mit Gail Newman (privates Gespräch im Rahmen der jüngsten Novalis-Tagung) zu reden, ist jeder romantische Text, wie man nur im Englischen sagen kann, "enactment". Oder eben: unsichtbares Theater. Bleibt das Reich der Körpersprache im romantischen Diskurs zu erforschen.

Die andere Irritation wurde natürlich durch Desiderata verursacht. An mehreren Stellen (Schulz, Endres) wird Musik, wird Oper erwähnt. Wo bleibt E.T.A. Hoffmann in diesem Band? Fast noch schlimmer: Zacharias Werner, der in Wahrheit sowohl privat (in Coppet) als auch in der Öffentlichkeit (in Berlin) ein sehr erfolgreicher romantischer Dramatiker war, wird nicht behandelt. Das ist eine peinliche Unterlassungssünde für ein Projekt wie dieses. Fast eben so enttäuschend: Günderrodes Absenz.

Nichtsdestotrotz: Dieser Band stellt einen wichtigen Fortschritt dar. Das Neuland soll weiter kultiviert werden.


Prof. Dr. Nicholas Saul
The University of Liverpool
School of Modern Languages / German Section
Modern Languages Building
GB-Liverpool L69 7ZR
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Ins Netz gestellt am 15.01.2002
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Anmerkungen

1 Goethe an Adam Müller, Karlsbad, 28. August 1807.   zurück

2 Vgl. Goethe in den "Tag- und Jahresheften" (WA I, 36, S. 392); Werner dazu an Tina Gräfin Brühl, 27. Januar 1808.   zurück

3 Lothar Pikulik: Romantisierung als Inszenierung. Magisches Welttheater bei Novalis und Botho Strauß. In: Herbert Uerlings (Hg.): "Blüthenstaub". Rezeption und Wirkung des Werkes von Novalis. (Schriften der Internationalen Novalis-Gesellschaft; 3).Tübingen: Niemeyer 2000, S. 389—410, bes. S. 404f. [Vgl. die Rezension von Ulrich Stadler in IASLonline: http://iasl.uni-muenchen.de/rezensio/liste/stadler.html ].   zurück