Schwarz Wentzer über Geulen: Die affirmative Endlichkeit der Kunst

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Thomas Schwarz Wentzer

Die affirmative Endlichkeit der Kunst

  • Eva Geulen: Das Ende der Kunst. Lesarten eines Gerüchts nach Hegel (stw 1577) Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2002. 200 S. Kart. Euro (D) 10,00
    ISBN 3-518-29177-7.


Totgesagte leben länger. Anders als die Untoten, die – schon gestorben – immer wiederkommen und nicht aufhören, den Sterblichen das Leben schwer zu machen, und anders als die Todgeweihten, deren Leben sich im bevorstehenden Ende schicksalshaft erfüllt, zeichnen sich jene zum Wohle aller Beteiligten durch eine überraschende und anhaltende Überlebensfähigkeit aus. Obwohl man ihnen das baldige Ableben oftmals prophezeite, halten sie trotzig am Leben fest und schöpfen eben im Kampf gegen die Endzeitdiagnosen ihrer Umgebung die Quelle ihrer Vitalität.

Totgesagt war auch die Kunst; und auch für sie scheint zu gelten, daß sie sich nicht um die Meinungen der Experten scherte. Zu letzteren gehört bekanntlich Hegel, der Philosoph, dessen These vom Ende der Kunst man nach allgemeinem Urteil als den Ursprung der vorweggenommenen philosophischen Nekrologe auf die Kunst betrachtet. Verächter der Philosophie, insbesondere der Hegelschen, glaubten darin immer die Borniertheit eines Denkens zu erkennen, das sich im Gestus des >Umso schlimmer für die Tatsachen> immunisiere gegen die empirische Wirklichkeit. Man meint, Hegels These sei bereits durch das bloße Faktum der Kunstproduktion widerlegt, und deutet die Autonomie der Kunst in der sogenannten ästhetischen Moderne nach Hegel gerade als ein Zeichen für das Ende spekulativer Philosophie. Nicht mit der Kunst, sondern mit der These von ihrem Ende sei es folglich zu Ende, noch bevor es so richtig angefangen habe.

Der ästhetische Diskurs der Moderne

Wer genauer hinschaut, wird freilich schnell erkennen, daß die Dinge so einfach nicht liegen. Hegels These beinhaltet eine Dialektik, der sich nicht entziehen kann, wer der in ihr verhandelten Sache, nicht zuletzt dem Verhältnis von Kunst und Philosophie, auf Augenhöhe begegnen will. Sie transportiert eine Einsicht, die man nur um den Preis vorsätzlicher Naivität als überholt oder gar überwunden ansehen kann. Sie ist in mehr als einem Sinne vorbildlich im Blick auf die Bedingungen der Möglichkeit der Etablierung eines Diskurses, der die ästhetischen, metaphysischen und geschichtsphilosophischen Dimensionen der Moderne umfaßt. Ihre Sache ist also, um es vorsichtig auszudrücken, komplex.

Eva Geulen ist dieser Sache nachgegangen. Das Ende der Kunst entfaltet nachhegelsche Lesarten jener These, die genau genommen eigentlich den Status eines Gerüchts hat. Denn Hegel hat nie explizit von einer >These< und auch nicht vom Ende der Kunst gesprochen, sondern von ihr als einem Vergangenen. Die genaue Autorschaft der so scharfen Formulierung verliert sich folglich gerüchtehalber im Dunklen. Trotzdem ist als >These< überliefert, was in der Folge nach Hegel heftig unter dem genannten Topos diskutiert wurde. Geulen nimmt diese These zum Einsatzpunkt ihrer Studie. Sie präsentiert die Ausgangslage bei Hegel, um anschließend bei Nietzsche, Benjamin, Adorno und Heidegger die entscheidenden Stationen der Zuspitzung des verhandelten Problems zu erkennen.

Hölderlin, wem sonst, bleibt es überlassen, einen nach-metaphysischen Akzent zu setzen, der die These rettet, indem er sie als Gerücht durchschaut und so geschichtlich bewahrt. Denn etwas als Gerücht erkennen bedeutet, die Interpretationsbedürftigkeit des mitgeteilten Gehaltes herauszustellen. Dies ist Geulens Pointe aus Hölderlins Stimme des Volkes (Zweite Fassung), die gemäß dem Topos vox populi – vox dei gehört, und das heißt, interpretiert werden muß. Aus Gründen, die also mit dem spezifischen Gegenstand des infragestehenden Gehalts zu tun haben, sind damit die Bedingungen der Möglichkeit eines solchen Interpretationsgeschehens selbst thematisiert.

Und so liest sich Geulens Essay als die Geburt der Hermeneutik aus dem Geiste der Kunst, als Sammlung von Variationen, die sich allesamt am von Hegel angestimmten Leitthema des Endes der Kunst abarbeiten, jeweils auf unterschiedliche Weise dabei aber zugleich die Möglichkeiten geschichtlichen Selbstverständnisses der Moderne im Bick auf das Verhältnis von Kunst und Philosophie thematisieren und ausloten. Ende offen.

Die Hegelsche Herausforderung

Schon das Leitthema selbst ist freilich so zugänglich nicht.1 Hegel hatte in seinen Vorlesungen über die Ästhetik die Konsequenz gezogen aus der sich abzeichnenden Autonomisierung der Kunst, wie sie seit der Querelle des anciens et des modernes auch theoretisch bereits lebhaft diskutiert wurde.2 Hegel erkannte, daß die eigentliche Frage nicht auf das Besondere der modernen Kunst im Unterschied zur klassisch-antiken zielt, sondern der Kunst in der Moderne gilt.

Wer die Vorbildhaftigkeit der Antike verwirft mit dem Hinweis auf die Eigenständigkeit der Neuen, die sich ihre Maßstäbe nicht von anderen Epochen, und schon gar nicht von deren religiösen, politischen oder metaphysischen Institutionen erborgen darf, formuliert ineins damit das Grundproblem der Moderne, nämlich das Problem nach der Legitimierung verbindlicher Normen und Werte allein aus eigener Kraft. Hegel konnte hier an Kants Kritik der Urteilskraft anknüpfen, die bereits der ästhetischen Reflexion eine systematische Schlüsselrolle zugewiesen hatte. Denn eben das Bemühen, Besonderes unter ein nicht verfügbares Allgemeines zu subsumieren und sich dabei lediglich an den subjektiven Bedingungen dieser Subsumtion selbst zu orientieren, verstand Kant als das eigenste Geschäft der ästhetischen Urteilskraft. In der Reflexion auf sie, und nicht auf dem Felde der praktischen Vernunft und ihrer universalistisch begründbaren Werte der Moralität und der Würde des Individuums, spitzt sich also das Problem der Moderne erst zu. Die metaphysische Unterbestimmtheit der Ästhetik prädestiniert sie als die eigentliche Disziplin für den Diskurs der Moderne, insofern in ihr die Annahme eines fundamentum inconcussum oder eines letzten telos von vorn herein nicht zu haben ist.

Wo apriorische Prinzipienforschung sich verbietet, empfiehlt sich auch für die Philosophie historische Reflexion, zumal wenn diese die Möglichkeiten ihrer eigenen Bedingungen begrifflich zu explizieren vermag. Das geschieht nun in Hegels Ästhetik, die den angedeuteten Zusammenhängen eine geschichtsphilosophische Pointe gibt. Die Grundlegung der philosophischen Ästhetik geht historisch gesehen zeitgleich einher mit dem, auf das sich das Gerücht vom Ende der Kunst bezieht. Kunst ist nicht mehr das Medium, in dem die Menschen sich selbst und die Grundlagen ihres Weltverhältnisses ursprünglich, bündig und abschließend erfahren können. Die unmittelbare anschauliche Vergegenwärtigung des Subjekts und seiner Stellung in der Welt, d.h. die ursprüngliche Darstellung dieses Verhältnisses und seiner Bedingungen kann in der Moderne nicht mehr durch die Kunst geleistet werden. Und in der Form, wie dies für die griechische Antike und die ihr korrespondierende klassische Kunstform möglich war, schon gar nicht. Denn die Einheit unmittelbarer Selbst- und Welterfahrung, das Ideal des absoluten Geistes im Modus der Anschauung, für das im Hegelschen System die Kunst steht, ist nur noch begrifflich, d.h. diskursiv zu begründen. Sie ist darüber hinaus auch nur noch ästhetisch, also im Modus einer Theorie des Schönen, die bei Hegel als Formengeschichte entwickelt wird, rekonstruierbar.

Was Kunst ist, ist für uns also nur noch retrospektiv, aus der Distanz der begrifflichen Rekonstruktion, und nicht mehr aus eigener Anschauung, einholbar. Deshalb spricht Hegel vom Vergangenheitscharakter der Kunst, die durch den Gedanken und die Reflexion überflügelt wurde.3 Deshalb entsteht die Ästhetik, wo die Kunst endet. Sie ist zwar immer noch eine Weise der autonomen Selbstverständigung, in Hegels Terminologie gesprochen, eine Weise des absoluten Geistes. Aber sie kann diese Selbstverständigung selbst nicht mehr ursprünglich leisten. Sie ist zu einem sekundären und partikularen Artikulationsmedium geworden, das auf die Vermittlungsleistungen anderer Diskurse angewiesen ist, und sei es auf den Diskurs ihrer eigenen Historisierung. Entgegen den Hoffnungen, die etwa Schelling der Kunst seiner und der kommenden Zeit noch entgegenbrachte, entgegen allen romantischen Träumen von einem philosophischen Roman oder einem Gesamtkunstwerk, setzt Hegel konsequent auf die Verwissenschaftlichung und die Verrechtlichung der Lebenswelt (die im enzyklopädischen System und im Rechtsstaat den Ausdruck einer umgreifenden Einheit gefunden haben).

Die sogenannte Autonomie der Kunst ist für Hegel nichts anderes als das Zeichen ihrer Bedeutungslosigkeit, insofern andere Institutionen für die erforderlichen Vermittlungsleistungen sorgen, die den Menschen verbindliches Selbst- und Weltverständnis darbieten.

Der Diskurs finaler Dialektik

Geulens Studie sieht nun in Hegels These nicht so sehr eine Aussage über einen – historisch oder sonstwie – identifizierbaren Sachverhalt. Dieser ist ja nicht mehr als ein Gerücht. Sie thematisiert die in in ihr verhandelte Sache aber auch nicht hegel-intern, also etwa im Rahmen einer kritischen Rekonstruktion ihres systematischen Stellenwerts, in welchem man nur allzu oft die Hegemonie der idealistischen Philosophie zu erkennen meinte. Sie sieht in Hegels These die Etablierung eines Diskurses im Sinne Foucaults (S. 26), in welchem Hegel einen Interpretationsraum errichtet und zugleich alle möglichen Positionen und Gegenthesen vorzeichnet. Es geht also nicht um die Kunst und deren vermeintliches Ende, das man bekräftigen, widerlegen, herauszögern oder herbeireden will. Es geht vielmehr um die Frage der Ästhetik im Zeichen des Endes der Kunst, eines Endes, das Hegel unterbestimmt ließ, das er gleichwohl zur Substanz seines Kunstbegriffs machte.

Jenseits des Endes der Kunst gibt es für Hegel keinen Ort der Kunst. Was mit Kunst zu tun hat, ist vom Ende der Kunst her begriffen und gezeichnet. Nicht in der >These< vom Ende der Kunst, sondern in der Diskursivierung dieses Motivs, der gleichzeitigen Erschließung und Begrenzung seiner Interpretationsmöglichkeiten, besteht das aktuelle Erbe der Hegelschen Ästhetik, mit deren Ansprüchen sich bis jetzt noch jede Kunstreflexion, von Nietzsche und Heidegger bis zu Adorno und Derrida, auseinandergesetzt hat. (S. 27)

In dieser Lesart erscheint Hegel als der Begründer des ästhetischen Diskurses der Moderne, den Eva Geulen in fünf Kapiteln exemplarisch nachzeichnet (S. 29).

Entscheidender Kunstgriff ist dabei die These von der Selbstbezüglichkeit des verhandelten Diskurses. Die List der ästhetischen Vernunft besteht nämlich darin, daß die beteiligten Protagonisten in ihrem Bezug auf die von Hegel her vorgegebene Tradition den Diskurs der Moderne fortschreiben und sie als solche, also vor dem Hintergrund der These vom Ende der Kunst her, verstehen. "Über dem Ende der Kunst werden diese Autoren zu Theoretikern der Moderne als Tradition."(S. 30) Und damit ist die spannende Haupthese des Buches erreicht: Hegel, Nietzsche, Benjamin, Adorno und Heidegger konstituieren und reflektieren jene Traditionsbildung, die zu ihrem Ausgangspunkt unter den fragilen Bedingungen der Moderne auf nichts anderes verweisen kann als auf die Leerstelle eines nichtvorhandenen Referenten, auf das Gerücht vom Ende der Kunst und der sich mit ihr einstellenden doppelten Dialektik von Anfang und Ende sowie Autonomie und Heteronomie.

Fünf Modi der Bewahrung

In ihren nicht zuletzt an Paul de Man und ähnlich orientierten dekonstruktivistischen Lektüren geschulten Rekonstruktionen präsentiert Geulen nach Maßgabe ihrer Protagonisten fünf Modi der geschichtlichen Bewahrung der Kunst. Stichwortartig benannt und in der Reihenfolge ihres Auftretens sind dies >Museum<, >Übersetzung<, >Allegorie<, >Parodie< und >Anfang<.

Bei Hegel geht es demnach um das Konzept des "Museums" (S. 58), das Geulen bereits dort ausmacht, wo man landläufig das Ideal totaler Einheit von Form und Inhalt, Darstellung und dargestellter Bedeutung ansetzt, nämlich bei der klassischen Kunst, die sich nur durch den Rückbezug auf ihre als solche identifizierbare (und nicht etwa vollständig >aufgehobene<) Vorform, der "symbolischen" Kunst, konstituieren kann. Schon bei Hegel ist das Ideal der Kunst damit nur historisch und auch nur heteronom bestimmbar.

Bei Nietzsche, dem im Diskurs zum Ende der Kunst naturgemäß eine Schlüsselrolle zukommen muß, ist es das Konzept der "Übersetzung und Transfiguration" (S. 81), das Geulen ausgerechnet in der Artistenmetaphysik der Geburt der Tragödie identifiziert. Das dreifache Ableben der Tragödie, betrieben nicht zuletzt durch die modernen Helden Sokrates und Euripides, spiegelt als Tragödie der Tragödie die ursprüngliche Abkünftigkeit der Tragödie selbst, die immer schon Interpretation, und nie Interpretament war (S. 83). Das Ende der Kunst bzw. der Tod der Tragödie ist hier sowohl unter- wie überbestimmt; seine Inszenierung bei Nietzsche eben deshalb Fortsetzung des Diskurses der Kunst im Zeichen ihres Endes.

Nicht umsonst besetzt Benjamin die Mittelposition. Man darf Geulens subtile Interpretation des Ursprung des deutschen Trauerspiels und des Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit als das Kraftzentrum, sozusagen als den Ursprung ihrer Studie im Benjaminschen Sinne ansehen. Die allegorische Struktur der Moderne erweist sich sowohl in der Trauerspielabhandlung als auch im Kunstwerkaufsatz; dort in der Spannung von Symbol und Allegorie, hier in der zwischen Kult- und Ausstellungswert des Kunstwerkes. Wurde in Hegels Interpretation der klassischen Kunst das Museum zum Ursprung modernen Selbstverständnisses, so erfüllt bei Benjamin der Film diese Funktion (S. 110). Wie bereits bei Nietzsche, so gelingt auch bei Benjamin der Nachweis der gleichsam dramatischen Gestalt der jeweiligen Texte, die ihren Gehalt, bei Benjamin das Allegorische, selbst inszenieren und zur Darstellung bringen.

Für Adorno bleibt das "Nachspiel", genauer gesagt, die "Parodie" (S. 140). Adornos Beitrag zum dargestellten Diskurs wird dabei nicht anhand der Ästhetischen Theorie entfaltet. Geulen präsentiert stattdessen anhand der Dialektik der Aufklärung, des Beckett-Essays "Versuch, das Endspiel zu verstehen" sowie des Aufsatzes "Zum Gedächtnis Eichendorffs" drei verschiedene Varianten des Endspiels, die sich in ihrer widersprüchlichen Tendenz als Parodien entlarven lassen. Auch dieser Nachgesang gibt sich freilich als ein Modus der Bewahrung der Kunst und ineins der geschichtlichen Positionierung der Bewahrenden.

Heidegger attestiert Geulen, die Grundlagen dieses Diskurses ("das autodestruktive Gesetz der Ästhetik selbst" (S. 151)) am eindrücklichsten durchschaut zu haben, und zwar "ausgerechnet der Heidegger von 1936", insofern er die "Moderne entbirgt, indem er zeigt, daß bisher keine Modernekonzeption den eigenen Bewahrungscharakter anzuerkennen fähig war – noch auch dessen ungeahnte Möglichkeiten." (S. 160) Heideggers späteres Denken treibt immer wieder auf die Dialektik des anderen Anfangs zu, der kein verortbares Ereignis bezeichnet, sondern ein ort- und zeitloses quasi-hermeneutisches Geschehen. In Heideggers Schlüsseltext vom Ursprung des Kunstwerks wird dies sichtbar am Verhältnis von Stiftung und Bewahrung und der paralysierenden wechselseitigen Priorität beider vor einander. Es ist dies die am Ende der Kunst durchbuchstabierte, geschichtsphilosophisch implementierte Variante des hermeneutischen Zirkels, insofern der andere Anfang sowohl Ende (des ersten Anfangs bzw. des metaphysischen Zeitalters), Gründung (der Kunst bzw. der Dichtung; Heidegger dachte bekanntlich vor allem an Hölderlin) sowie Bewahrung (Rezeption), und das alles zugleich und in einem, umfaßt.

Der Name Heideggers steht hier noch einmal für die Offenheit der Moderne, deren vielstimmige Artikulation Geulen im Diskurs vom Ende der Kunst eindrucksvoll nachzeichnet.

Animationen der Endlichkeit

Geulens Studie verdient Beachtung. Endlich ist es gelungen, die oftmals geahnte Verwandtschaft von Nietzsches Geburt der Tragödie, Benjamins Ursprung des deutschen Trauerspiels und Heideggers Ursprung des Kunstwerks durch den Bezug auf Hegels These in einen angemessenen Zusammenhang zu rücken.4 Geulens pointierte Hegel-lektüre sammelt die innovativsten Deutungen der letzten Jahre zum Thema (vor allem von Werner Hammacher und Jean-Luc Nancy); originell und glänzend in der Durchführung sind ihre Deutungen von Nietzsche und vor allem von Benjamin. Weniger geglückt, weil nur ungenügend ausgeführt, ist die eingangs angekündigte Frage nach der Politisierung des Endes der Kunst (S. 28). Auch in Bezug auf Heidegger weiß man da inzwischen mehr.

Mit Geulens Ende der Kunst verstehen wir besser, was es heißt, unser Wissen von uns selbst ästhetisch organisieren zu müssen. Der ästhetische Diskurs der Moderne kann den Topos seines Ursprungs nicht vermeiden, obgleich oder gerade weil dieser keinen Ort und keine Zeit kennt, sondern in den Strudel der Dialektik des Anfangs gerät. Jenen Strudel, den Benjamin als die Rhythmik des Ursprungs ausmachte. In der Inszenierung Geulens ergeben sich so Fixpunkte,5 die Orientierung bieten. Es sind philosophische Spielarten ästhetischer Hermeneutik.


Dr. Thomas Schwarz Wentzer, Lektor
Institut for Filosofi
Aarhus Universitet, Dänemark

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Ins Netz gestellt am 04.09.2003
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Anmerkungen

1 Vgl. die philosophisch immer noch maßgeblichen Deutungen von Hans-Georg Gadamer (Ende der Kunst? Von Hegels Lehre vom Vergangenheitscharakter der Kunst bis zur Anti-Kunst von heute. In: Ende der Kunst – Zukunft der Kunst. München: Deutscher Kunstverlag 1985) und Dieter Henrich (Kunst und Kunstphilosophie der Gegenwart. Überlegungen mit Rücksicht auf Hegel. In: Wolfgang Iser (Hg.): Immanente Ästhetik. Ästhetische Reflexion (Poetik und Hermeneutik 2) München: Fink 1966).    zurück

2 Vgl. Hans-Robert Jauß: Literaturgeschichte als Provokation (es 418) Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1976.    zurück

3 Hegel: Vorlesungen über die Ästhetik 1. In: Werke, Bd. 13, hg. von Karl-Markus Michel u. Eva Moldenhauer, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1970, S. 24.    zurück

4 Vgl. hierzu auch Thomas Schwarz Wentzer: Bewahrung der Geschichte. Die hermeneutische Philosophie Walter Benjamins (Monographien zur philosophischen Forschung 277) Bodenheim: Philo 1998.    zurück

5 Passend dazu wiederum Dieter Henrich: Fixpunkte. Abhandlungen und Essays zur Theorie der Kunst (stw 1610) Frankfurt a M.: Suhrkamp 2003; vgl. insbesondere "Zerfall und Zukunft. Hegels Theoreme über das Ende der Kunst", S. 65-125.    zurück