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Ars memorandi

ein neues Blockbuch-Faksimile

  • Mino Gabriele: L’arte della memoria per figure con il fac-simile dell’ Ars memorandi notabilis per figuras evangelistarum (1470). Mit einem Nachwort von U. Rozzo. Trento: La Finestra 2006. 180 S. zahlr. Abb. Broschiert. EUR (D) 29,50.
    ISBN: 88-88097-50-3.
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Vorbemerkung

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Die Ars memorandi notabilis per figuras evangelistarum – kurz Ars memorandi – gehört in der bebilderten mnemotechnischen Literatur des Spätmittelalters zu den Bilderfolgen theologischen Inhalts, die neben den Werken Canticum canticorum, Salve regina, Decalogus u.a.m. ab etwa 1470 als Blockbuch verbreitet wurden (drei Ausgaben). Diese Ars diente dazu, den Inhalt der Evangelien zu memorieren. Zu diesem Zweck wurde jeweils eine Textseite mit rubrikenartigen Merksätzen (tituli bzw. capitula, hierzu siehe S. 26 der Einführung zum Faksimile), die sich auf die einzelnen Evangelienkapitel beziehen, einer Bildseite mit dem zu voller Größe aufgerichteten Evangelistensymbol gegenübergestellt, dem in numerierter Abfolge in der Regel sechs einzelne Gedächtnisbilder zugeordnet sind. 1 Ab dem Beginn des 16. Jahrhunderts erschienen unter den Titeln Memorabiles evangelistarum figurae und Rationarum evangelistarum mehrere Druckausgaben dieses Werkes. 2

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Bisher sind mit großem zeitlichem Abstand zwei gedruckte Faksimile-Ausgaben der Blockbuch-Ars memorandi erschienen 3 :

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• 1883: Ars memorandi notabilis per figuras evangelistarum, bei A. Pilinski et fils in Paris, nach einem unkolorierten Blockbuch (3. Ausgabe) aus der Bibliothèque nationale de France, mit einem Vorwort von G. Pawlowski. Monuments de la xylographie, Bd. 3.

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• 2004: Farbmikrofiche-Edition, zusammen mit weiteren Blockbüchern (Biblia pauperum, Speculum humanae salvationis, Canticum canticorum u.a.m) der Universitätsbibliothek München, bei H. Lengenfelder, München; nach den beiden kolorierten Ars memorandi-Blockbüchern der Universitätsbibliothek München (Cim. 47a, 2. Ausgabe; Cim. 47, 3. Ausgabe), mit einer Einführung von W. Müller. Monumenta xylographica et typographica, Bd. 5.

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Obwohl keine Faksimilierung im eigentlichen Sinne, sollen der Vollständigkeit halber dennoch die Umzeichnungen erwähnt werden, die C. McKinney nach dem Blockbuch-Exemplar in New York, Pierpont Morgan Library, 272 anfertigte. Unter dem Titel »Anonymus, A method for Recollecting the Gospels« wurden sie in vollständiger Abfolge in The Medieval Craft of Memory 4 veröffentlicht. Sie sind mit Titeln und Numerierungen in moderner Drucktype versehen und mit den von J. W. Halporn, der auch weiterführende Erläuterungen und Literaturhinweise liefert, ins Englische übersetzten Merksätzen zusammengestellt.

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Darüber hinaus wurde 1981 an der Harvard University die Faksimilierung der 1502 von Georg Simlers (Georgius Relmisius) herausgegebenen und bei Thomas Anshelm in Pforzheim erschienenen typographischen Ausgabe der Ars memorandi unternommen. 5

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Nachdem also bislang die zweite und vor allem die dritte Ausgabe der Ars memorandi faksimiliert worden ist, meinte 2006 der Kunsthistoriker Mino Gabriele, Professor für Ikonographie und Ikonologie an der Università degli Studi di Udine, eine Faksimile-Ausgabe (1:1) einer ersten Ausgabe vorzulegen, und zwar nach einem unkolorierten Blockbuch-Exemplar, das im Museo Civico von Pavia (Sezione Stanza Malaspina, n. 4780–4913) aufbewahrt wird. 6 Allerdings entspricht das Exemplar in Pavia der dritten Ausgabe nach Schreiber. 7

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Diese neue Faksimile-Ausgabe wird durch eine gut 50-seitige Einführung eingeleitet und durch die Transkription (mit italienischer Übersetzung) der Textteile der Ars memorandi, durch einen Katalog der Einzelbilder sowie ein Nachwort (von U. Rozzo) über die Geschichte der Blockbücher ergänzt und abgerundet.

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Mino Gabriele ist bislang insbesondere im romanischen Sprachraum durch Veröffentlichungen zu Kunst und Kultur des Mittelalters und der Renaissance bekannt geworden, wobei er immer wieder auf klassische und mittelalterliche Text‑ und Bildquellen rekurrierte und auch alchemistisch-esoterische Grundlagen zur Entschlüsselung von Kunstwerken heranzog. Als sein bisheriges Chef-d’œuvre darf die gemeinsam mit M. Ariani unternommene zweibändige Edition der Hypnerotomachia Poliphili gelten. 8

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Einführung:
Inhaltsübersicht

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Im ersten Kapitel (»Stupire per ricordare«: durch den Erinnerungsprozeß in Erstaunen versetzen, S. 7–16) widmet sich Gabriele den mnemotechnischen Wurzeln der Ars memorandi, d.h. dem auf der antiken Gedächtniskunst basierenden System von fixen Gedächtnisorten (loci) und variablen Gedächtnisbildern (imagines). Die Orte bilden ein rationales Rastersystem, dem die Bilder zugeordnet werden, die der kreativen Freiheit der Imagination entspringen. Besondere Aufmerksamkeit lässt er dabei den imagines agentes zuteil werden. Dieser in den schriftlichen Quellen der antiken Gedächtniskunst definierte Typus von ungewöhnlichen Gedächtnisbildern, die Handlungselemente beinhalten können, berücksichtigt psychologische Aspekte des Erinnerungsprozesses. 9 Besonders schöne bzw. besonders häßliche imagines, die eventuell noch interagieren, beeindrucken in nachhaltigem Maße und prägen sich mithin gut ein. Gabriele sieht in den besonders häßlichen, »monströsen« Gedächtnisbildern Vorläufer der Ars memorandi-Figuren und beleuchtet vor allem den Teilbereich der mnemotechnischen Tradition, in dem solche Gedächtnisbilder einer loci-Abfolge unterworfen werden. Er zeigt einschlägige Typologien von Megasthenes bis Gaius Julius Solinus auf, die fremde und bizarre Völker, Tiere und Pflanzen beschrieben, welche dann Einzug in die mittelalterliche Buchmalerei und Skulptur hielten (S. 15). Der Autor ist sich sehr wohl bewusst, dass diese exotische Tradition nicht eins zu eins mit mnemotechnischen Bildern verglichen werden kann, ist jedoch der Ansicht, dass historische Monstrositäten aus Reisebeschreibungen und Bestiarien frei adaptiert in der mnemotechnischen Ikonographie erscheinen können, um im Sinne der imagines agentes die Aufmerksamkeit des Rezipienten zu erregen.

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Die ikonographische Filiation der Ars memorandi bzw. ihrer Gedächtnisfiguren wird im dritten Kapitel der Einführung behandelt.

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Im zweiten Kapitel (»Un ordo memoriae cristologico«: eine christologische Gedächtnisordnung, S. 17–34) stellt Gabriele zuerst das Blockbuch-Exemplar aus Pavia vor, auf dem das vorgelegte Faksimile basiert: Es handelt sich um einen Sammelband, in dem Biblia pauperum, Apokalypse und Canticum canticorum gemeinsam mit der Ars memorandi ein Kompendium von Prediger-Hilfsmitteln bilden. Auch der spezifische Aufbau der Ars memorandi wird erläutert (S. 22; vgl. hierzu Anm. 1 der vorliegenden Rezension) und dabei der konsequente Wechsel der Text‑ und Bildseiten dieses insgesamt 30 Seiten umfassenden Werkes hervorgehoben, um darauf aufbauend wichtige Sachverhalte zu den Gedächtnisbildern, zum Text-Bild-Bezug und zu den Gedächtnisorten anzusprechen:

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a) Gedächtnisbilder
Gabriele betont, daß die Kombinationen von Evangelistensymbolen und Einzelbildern mit ihrer ungewöhnlichen Ikonographie – die Symbole sind von den Bildern umgeben, besetzt und präsentieren diese auch – die Benutzer sicherlich verblüfften und somit die Funktion von imagines agentes erfüllten (S. 24). Der Autor geht dabei so weit, die Ausdruckskraft der Einzelbilder mit der von ägyptischen Hieroglyphen zu vergleichen. Insgesamt wurden in der Ars memorandi ca. 70 Einzelbilder verwendet, einige davon mehrfach. Gabriele spricht von einer lexikalischen Typologie des 15. Jahrhunderts, die er allerdings nur mit zwei Beispielen belegt (S. 25; Fig. 4: Arma Christi, Fig. 5: Frontispiz des Äsop). Hier hätte sich ein Verweis auf die visuelle Konkordanz der Synoptiker angeboten, d.h. auf die mnemotechnische Verbildlichung und Aufbereitung von textparallelen Stellen der Evangelien. 10

[16] 

b) Text-Bild-Bezug
Gabriele stellt zu Recht heraus, daß bei den geöffneten Doppelseiten der Ars memorandi, die links die rubrikenartigen Merksätze und rechts das Evangelistensymbol zeigen, im Gegensatz zum üblichen mittelalterlichen Layout das Bild die Vorherrschaft über den Text einnimmt (S. 26 f.). Das Evangelistensymbol mit den Gedächtnisbildern wird zum eigentlichen »mnemotechnischen Text«.

[17] 

c) Gedächtnisorte (S. 30–33, Fig. 7–9)
Abweichend von der Fünf‑ bzw. Zehnzahl, die von der klassischen und mittelalterlichen Mnemotechnik für die Anwendung der loci propagiert wird, folgen die Gedächtnisorte, auf denen die Einzelbilder in der Ars memorandi positioniert sind, in der Regel einem Sechserschema in kreuzförmiger Anordnung: von oben nach unten vier loci auf der Längsachse des stehenden Evangelistensymbols, je ein Gedächtnisort links und rechts. Gabriele bringt dieses Schema mit der Sechszahl der Schöpfungstage in Verbindung und verweist auf die mystische Mnemotechnik des Hugo de Sancto Victore (De tribus maximis circumstantiis): Der Benutzer, der mit Hilfe der Ars memorandi die Evangelien memorierte, konnte also gleichzeitig über die Schöpfung und ihre Erlösung durch den Kreuzestod Christi meditieren. 11

[18] 

Im dritten Kapitel (»Un corpo di luoghi«: ein Körper mit Gedächtnisorten, S. 38–55) skizziert Gabriele eine Ikonographie der Gedächtnisfiguren, d.h. von antropomorphen Körpern, die als Träger von Gedächtnisorten dienend zu didaktisch-meditativen Hilfsmitteln werden. Als Urbild führt er das Giftmordexempel an, das in Ad Herennium als Beispiel für eine Imago agens konstruiert wird und bereits Elemente einer Gedächtnisfigur mit imagines beinhaltet (S. 39). 12 Die eigentliche, chronologisch aufgebaute ikonographische Untersuchung, die hier nur kurz vorgestellt werden kann, beginnt mit zwei spätantiken Personifikationen, der Philologie aus De nuptiis Philologiae et Mercurii des Martianus Capella und der Philosophie aus De consolatione des Boetius (S. 41). Die Philologie bzw. deren symbolische Einkleidung wurde allerdings im Gegensatz zur Philosophie, die die Stufenleiter der Sieben freien Künste präsentiert, nur wenig verbildlicht. Das von Gabriele vorgesehene dritte Beispiel fehlt bzw. die Numerierung der Exempel ist fehlerhaft; es folgt unmittelbar das vierte Beispiel, die Visualisierung des Cherubs mit den sechs Flügeln nach dem Alanus ab Insulis zugeschriebenen Text De sex alis cherubim (S. 42–44, Fig. 16 f.). Weiterhin stellt der Autor den Klassifikationsbaum des Porphyrius vor bzw. einen antropomorphen Spezialfall dieses Schemas, bei dem sich der Baum in eine vielarmige und ‑köpfige, von Schlangen flankierte und daher im Sinne Gabrieles durchaus »monströse« Figur verwandelt hat (S. 44–47). 13 Es schließt sich eine mit Merktäfelchen und Schriftbändern ausgestattete Mosesfigur an, mit deren Hilfe man u.a. die zehn ägyptischen Plagen memorieren konnte (S. 47 f.). 14 Außerdem verweist Gabriele auf eine illustrierte Handschrift des Fulgentius metaforalis von Johannes Ridewall (S. 48 f.). 15 Aus diesem Werk, in dem die antiken Götter in christlichem Sinne umgedeutet werden, stellt der Autor nur das Bild der Juno vor, da nur bei ihr – vielleicht weil sie als Memoria christiana interpretiert wird – das Schema »Gedächtnisfigur mit Einzelbildern« funktioniert. Bei den Illustrationen zu den anderen Göttern beherrschen in der Regel Figurengruppierungen oder registerartige Anordnungen den Bildaufbau. 16 Relativ ausführlich (S. 51–56, insbesondere die Argumentation S. 56; Abb. 21–29) widmet sich Gabriele dem Tierkreiszeichenmann, einem Typus des Aderlaßmannes im 15. Jahrhundert. 17 Die Regionen und Organe des menschlichen Körpers wurden den zwölf Tierkreiszeichen und deren Einfluss zugewiesen. Diese Beziehung zwischen dem astronomischen Makrokosmos und dem anatomischen Mikrokosmos sah man bereits in der Antike. Der Autor gesteht selbst ein, dass der daraus resultierende Figurentypus, bei dem die Tierkreiszeichen auf dem menschlichen Körper verteilt werden, eher eine medizinische als eine mnemotechnische Darstellung ist. Er stellt aber dennoch den Homo signorum als Vorbild von Gedächtnisfiguren in der Art der Ars memorandi heraus, da er geschichtlich allen besprochenen mnemotechnischen Figuren vorausgehe und so als ikonographisches Exempel dazu beigetragen haben könnte, eine mnemo-ikonographische Tradition zu begründen, in die auch die Arsmemorandi einzureihen sei.

[19] 

Diese von Gabriele vorsichtig formulierte These verliert rasch an Überzeugungskraft, wenn man das Folgebeispiel, das er leider nur stichpunktartig anführt, näher betrachtet: den Gedächtnisfiguren-Zyklus in der Handschrift Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 5393, ff. 329r–339r (S. 56, Fig. 30 f.). 18 Die Datierung dieses Zyklus wurde jüngst von Sarah Khan in ihrer monographischen Untersuchung (s. Anm. 16) vom Ende des 15. Jahrhunderts (bzw. von der zweiten Jahrhunderthälfte) in die Zeit um 1450 korrigiert. Khan bringt sowohl die Ars memorandi als auch den Wiener Codex 5393 mit der Melker Reform in Verbindung, die mnemotechnische Hilfsmittel insbesondere im klerikalen Unterrichtswesen propagierte, und nimmt für beide Werke eine gemeinsame, letztendlich unbekannte Quelle an. 19 Auch für die mnemotechnischen Bilderbibeln des 15. Jahrhunderts konnte keine direkte Bildquelle festgemacht, dafür jedoch ein von der Druckgraphik dominiertes Vorlagenumfeld abgesteckt werden – insbesondere religiöse bzw. typologische Werke (z.B. Blockbuchausgaben der Apokalypse, Biblia pauperum, Speculum humanae salvationis u.a.m.) und natürlich mnemotechnische Stoffumsetzungen wie beispielsweise die Ars memorandi. 20 Der funktionale Ursprung der Merkbilder der Ars memorandi dürfte also in diesem reformbedingten Einsatz der visuellen Gedächtniskunst liegen, der konkreten didaktischen und predigtorientierten Bedürfnissen des (monastischen) Klerus des 15. Jahrhunderts entsprang. Ikonographisch sind sie in der Bildwelt der vom Klerus benutzten religiösen Werke verwurzelt.

[20] 

Nachwort:
Geschichte des Blockbuchs

[21] 

Das Nachwort (S. 125–134) aus der Feder von Ugo Rozzo, Professor für Buch‑ und Druckgeschichte an der Università degli Studi di Udine, ist eine kurze Geschichte des Blockbuchs, in der u.a. die wichtigsten Blockbuchtypen (Biblia pauperum, Apokalypse, Canticum canticorum, Ars moriendi, Ars memorandi, Speculum humanae salvationis) vorgestellt werden. Rezipienten dieser Werke waren vorrangig Kleriker, die sie für Predigtvorbereitungen oder zu Andachtszwecken nutzen. Die einzelnen Werke wurden relativ oft zu kleinen Sammelbänden zusammengefasst, die devotional-didaktische Kompendien bildeten, wie das auch bei der faksimilierten Ars memorandi aus Pavia der Fall ist. Blockbücher wurden hauptsächlich in Deutschland, den Niederlanden und in Burgund hergestellt, doch gibt es auch einige Beispiele mit (möglicherweise) italienischem Ursprung (Passio veneziana, Mirabilia Romae sowie eines der letzten Blockbücher überhaupt, die Opera nova contemplativa von 1530), die der Autor relativ ausführlich behandelt.

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Fazit

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Man kann die vorgelegte Faksimile-Ausgabe der Ars memorandi nur begrüßen, da sie dieses wichtige mnemotechnische Werk ergänzt durch die Transkription der Textanteile (S. 65–73), durch einen ausführlich kommentierten Katalog der Einzelbilder (S. 85–122) und durch ein informatives Nachwort (S. 125–134, mit 2 Abb.) in übersichtlich aufbereiteter Weise darbietet. Der Einführungsteil (S. 7–61) ist mit über 30 (Vergleichs‑)Abbildungen sehr großzügig bebildert. Die broschierte Ausgabe und der günstige Preis lassen diese Neuerscheinung zu einem praktischen und erschwinglichen Arbeitsbuch werden.

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Die Einführung ist leicht begreiflich geschrieben, setzt aber mit dem spätmittelalterlichen Tierkreiszeichenmann einen anzuzweifelnden ikonographischen Schwerpunkt. Überzeugender ist dagegen die Charakterisierung der Ars memorandi-Figuren als »monströse« Gedächtnisfiguren.

[25] 

In der Einleitung (S. 17, Anm. 25) wird zwar auf ausführliche mnemotechnische Literaturverzeichnisse verwiesen, doch so mancher Leser wird es dennoch bedauern, dass Gabriele keine separate Bibliographie angefügt hat. Auch ein Abbildungs‑ und ein Abkürzungsverzeichnis wären wünschenswert gewesen.

 
 

Anmerkungen

Die Evangelien sind hier nicht kanonisch, sondern chronologisch bzw. zeugenhierarchisch angeordnet (siehe Gabriele, S. 22): Johannes (21 Kapitel, mnemotechnisch umgesetzt auf je drei Text‑ und Bildseiten; der Evangelist Johannes wird durch den Adler symbolisiert), Matthäus (28 Kapitel: je fünf Text‑ und Bildseiten, Engel), Markus (16 Kapitel: je drei Text‑ und Bildseiten, Löwe) und Lukas (24 Kapitel: je vier Text‑ und Bildseiten, Stier).   zurück
Zu den Blockbuch- und Druckausgaben der Ars memorandi: W. L. Schreiber: Manuel de l’amateur de la gravure sur bois et sur métal. Bd. 4. Leipzig 1902, S. 134–145. – F. X. Thoma: Die Beziehungen des Petrus von Rosenheim zu den Xylographa der Ars memorandi und zu den Frühdrucken des Rationarum Evangelistarum: Eine bibliographische Studie zur Mnemonikliteratur. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen 46 (1929), S. 533–546. – L. Volkmann: Ars Memorativa. In: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien, N. F. III (1929), S. 119–124, Abb. 109–112. – Lexikon des gesamten Buchwesens, 2. Auflage, Bd. 1 (1986), S. 144 f. (H. Rosenfeld). – M. Rossi: Gedächtnis und Andacht: Über die Mnemotechnik biblischer Texte im 15. Jahrhundert. In: Aleida Assmann / Dietrich Harth (Hg.): Mnemosyne: Formen und Funktionen der kulturellen Erinnerung. Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuchverlag 1991, S. 177–186, Abb. 1 f. – Blockbücher des Mittelalters: Bilderfolgen als Lektüre. Katalog zur Ausstellung des Gutenberg-Museums (Juni–Sept. 1991). Mainz 1991, S. 44 (Abb.), 174–176 (mit Abb.), 356 f., 360, 363, 369–371, 374 f., 377, 379, 381, 384, 389–392, 399 (Verzeichnis von 30 Exemplaren der Blockbuch-Ars memorandi aus ca. 20 Bibliotheken). – J. M. Massing: From Manuscript to Engravings: Late Medieval Mnemonic Bibles. In: Jörg Jochen Berns / Wolfgang Neuber (Hg.): Ars memorativa: Zur kulturgeschichtlichen Bedeutung der Gedächtniskunst 1400–1750. (Frühe Neuzeit 15) Tübingen: Niemeyer 1993, S. 101–115, hier 104 f., Abb. 23 f. – S. Rischpler: Biblia Sacra figuris expressa: Mnemotechnische Bilderbibeln des 15. Jahrhunderts. Wiesbaden: Reichert Verlag 2001, insbes. S. 41, 128–159; Abb. 103–114. – Vgl. auch die bibliographischen Angaben bei Gabriele, S. 17, Anm. 25.   zurück
Als vollständiges Digitalisat ist die kolorierte Blockbuch-Ars memorandi (3. Ausgabe) in Washington D.C., Library of Congress, Rare Book and Special Collections Division, The Lessing J. Rosenwald Collection, no. 21 unter der URL http://rarebookroom.org/Control/schart/index.html zugänglich.   zurück
C. McKinney: Anonymus. A method for Recollecting the Gospels. In: Mary Carruthers / Jan M. Ziolkowski (Hg.): The Medieval Craft of Memory. Philadelphia: University of Pennsylvania Press 2002, S. 255–293.   zurück
Ars memorandi: A Facsimile of the Text and Woodcuts printed by Thomas Anshelm at Pforzheim in 1502. Cambridge (Mass.): Houghton Library, Harvard University Department of Printing and Graphic Arts 1981.   zurück
T. M. Guarnaschelli / E. Valenziani: Indice generale degli incunaboli delle biblioteche d’Italia. Bd. 1. Rom 1943, S. 115, Nr. 879.   zurück
Gabriele, S. 17: »terzo stato della prima edizione« (vgl. Schreiber, wie Anm. 2, S. 135); Charakterisierung der dritten Ausgabe ebd., S. 137 f.   zurück
Mailand: Adelphi Edizioni 2006; 1. Bd.: Faksimilie-Edition der Erstausgabe Venedig, Aldus Manutius, 1499; 2. Bd.: Übertragung des Textes in modernes Italienisch, Kommentare und Apparat; hier ist Gabriele insbesondere für die Beschreibung und Interpretation der Illustrationen verantwortlich.   zurück
Hierzu insbesondere die aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. stammende Quelle Ad Caium Herennium de arte rhetorica libri IV, Buch III, S. 35–37.   zurück
10 
Für die mnemotechnischen Bilderbibeln wurde eine entsprechende Untersuchung unter ausführlicher Einbeziehung der imagines der Ars memorandi durchgeführt: Rischpler, wie Anm. 2, S. 128–159.   zurück
11 
Diese Verknüpfung von Gedächtnis und Andacht in der Ars memorandi betont auch Rossi, wie Anm. 2, S. 187 (hier mit Verweis auf das Lignum vitae des hl. Bonaventura).   zurück
12 
Ad Caium Herennium de arte rhetorica libri IV, Buch III, 33: In einem Giftmordfall hat man sich in die Rolle des Verteidigers vor Gericht zu versetzen. Den Ermordeten muss man sich im Bett liegend vorstellen. Der Angeklagte steht in räumlichem Bezug zu seinem Opfer. In seiner Rechten hält er einen Becher als Symbol des Giftmordes, in seiner Linken die Schreibtafeln mit dem Testament des Opfers als Gedächtnisbild für das Tatmotiv (Erbschaft) und an seinem Ringfinger hängen Widderhoden (testiculi arietini), die durch Klangassoziation daran erinnern sollen, dass es für den Mord Zeugen (testes) gibt.   zurück
13 
Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Strozzi 87, f. 1r (Fig. 18; 13. Jahrhundert).   zurück
14 
Einblattholzschnitt, London, British Museum; schwäb. 1465 / 80 (Fig. 19).   zurück
15 
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Cod. pal. lat. 1066, f. 223v (Fig. 20; Mitte 15. Jahrhundert).   zurück
16 
Das Schema »Gedächtnisfigur mit Einzelbildern« greift in etwa noch bei den Gottheiten Neptun (f. 222v) und Jupiter (f. 224v); vgl. H. Liebeschütz: Fulgentius Metaforalis. Ein Beitrag zur Geschichte der antiken Mythologie im Mittelalter. Leipzig 1926, Abb. 3 (Neptun) und Abb. 1 (Jupiter).   zurück
17 
Basis ist ein Liber cosmographiae von Johannes de Foxton aus dem Jahre 1408 (heute in Cambridge, Trinity College, ms. 943), in dem insgesamt zwölf Personifikationen dargestellt sind: die vier Temperamente, sieben moralisierte antike Planetengottheiten und ein Tierkreiszeichenmann (von Gabriele als »melotesia« im Sinne der zodiakalen Melothesie bezeichnet). Zum Tierkreiszeichenmann als Typus des Aderlaßmannes vgl. beispielsweise: R. Herrlinger: Geschichte der medizinischen Abbildung. München: Moos 1967, S. 30–33, mit Abbildungen.   zurück
18 
Ausführlich zu diesem Traktat: Volkmann, wie Anm. 2, S. 123–131, Abb. 113–124. – S. Rischpler: Die Ordnung der Gedächtnisfiguren: der bebilderte Mnemotechnik-Traktat im Cod. 5393 der Österreichischen Nationalbibliothek. In: Codices manuscripti 48 / 49 (2004), S. 73–87, mit Abbildungen. – S. Khan: Diversa diversis. Mittelalterliche Standespredigten und ihre Visualisierung. Köln: Böhlau 2007.   zurück
19 
Khan, wie Anm. 16, S. 75–79.   zurück
20 
Vgl. Rischpler, wie Anm. 2, insbes. S. 63–65 bzw. 39–41.   zurück