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  • Yvonne Wübben: Gespenster und Gelehrte. Die ästhetische Lehrprosa G. F. Meiers (1718-1777). (Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung 34) Tübingen: Max Niemeyer 2007. 360 S. Kartoniert. EUR (D) 96,00.
    ISBN: 978-3-484-81034-1.
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Medien des Wissens

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Dass der Geist Alexander Gottlieb Baumgartens seinen Schüler Georg Friedrich Meier wohl lebenslang verfolgt haben muss – er spukt sowohl in den Anfangsgründen aller schönen Wissenschaften (1754–1759) als auch in der Psychologie (1757) –, wendet Yvonne Wübben gewissermaßen in eine Pointe: Sie stellt Meiers Gedancken von Gespenstern, die 1747 im Halleschen Verlag Hemmerde auf gut vierzig Seiten erschienen sind, ins Zentrum ihrer wissenschaftsgeschichtlichen Studie zur mittleren Aufklärung und damit gleichzeitig ins Zentrum des Meierschen Werks. Doch stehen mit Meiers Gespenstern in der kunstvoll inszenierten Form des Traktats für Wübben weder das ›Andere der Vernunft‹ noch die Nacht- oder Schattenseite der Aufklärung zur Diskussion, sondern »Wissensgegenstände«, »an denen sich die Selbstreflexivität der damaligen Wissenskultur entfalten« kann (S. 2). Dementsprechend klar formuliert ist der Anspruch der Arbeit, die

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nach den genuinen historischen Schaltstellen fragen [wird], nach den Traditionslinien, Textformationen und Verstehenshorizonten, in welchen die Gespensterdiskussion anzusiedeln ist. Wie kann die Ökonomie dieses Wissens beschrieben werden und welche Funktion nimmt der Gespensterdiskurs in der Geschichte des Wissens ein? Führt er ein an sich heterogenes Wissensfeld zusammen, ist er ein Marktplatz des Wissens oder vielmehr ein Reibungsfeld, an dem verschiedene Positionen generiert wurden? (S. 3)
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Auf der Grundlage eines pointierten Forschungsüberblicks (vgl. S. 3–11) wählt Wübben den dritten Ort – das ›Reibungsfeld‹ – aus, auf dem sie die Ökonomie des Wissens beschreiben möchte, indem sie Meiers Traktat einer »kontextbezogenen Lektüre« unterzieht: »Physik, Psychologie, Optik, Medizin und Theologie«, außerdem Ethik und Ästhetik markieren die Positionen auf dem akademischen Wissensfeld, auf dem sich darüber hinaus auch die Wege von Theorie und Praxis kreuzen:

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Die Gespensterdiskussion scheint darüber hinaus ein geeigneter Ort, um das jeweils bemühte Fachwissen zu vermitteln. In dieser Funktion partizipiert der Text, wie zu zeigen ist, an einem Popularisierungs- oder Distributionsprozess, der im 18. Jahrhundert einsetzt und mit einer weitreichenden Transformation von Wissensbeständen einhergeht. (S. 11)
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Tatsächlich schöpft Wübben damit die Möglichkeiten der Diskursanalyse nicht nur aus, sondern überbietet sie: Gespenster sind nämlich weder an und für sich Gegenstände noch die eigentlichen Gegenstände von Wübbens Arbeit. ›Gespenst‹ fungiert vielmehr als Prisma, in dem sich das Wissen der Aufklärung einerseits bündelt, andererseits aber auch bricht. Das einfallende Licht und das durch das Prisma ›Gespenst‹ gebrochene Wissensspektrum zeichnen sich freilich durch jene spezifische, der Beschaffenheit des Mediums geschuldete Differenz aus, um die es Wübben in ihrer »mikrologische[n] […] Rekonstruktion« geht. Ihre Gespenster geistern daher auch nicht (nur) an verdächtigen Orten umher, sondern sind vor allem eben dies: Medien des Wissens im »Zeit-Raum-Segment um 1750« (S. 31). Als solche dienen sie nicht zuletzt einem gelehrten Prozess der Selbstaufklärung und -verständigung:

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Meiers Traktat stellte vielmehr den exemplarischen Fall einer intermediären Wissensvermittlung dar. Die Diffusion naturphilosophischer Fragestellungen in den Bereich der ›Third Culture‹ geht mit der Ausbildung von Kompetenz- und Komplementärrollen einher, die hier auf die Gelehrtenkultur beschränkt bleibt, für die moderne Wissenskultur jedoch wegweisend wird. (S. 305)
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Fünf Meinungen

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Wenn Wübben durchweg auf die Evidenz ihrer räumlichen Metaphorik vertraut, dann ist es ihr ein Leichtes von den Positionen auf dem ›Reibungsfeld‹ zu den Gemeinplätzen – den so genannten ›Meinungen‹ – überzuleiten, die diese Positionen am Übergang von früher zu mittlerer Aufklärung konstituieren. In der Sondierung des Feldes nutzt Wübben die Vorteile ihres topischen Modells gekonnt aus, wenn sie anhand von Johann Georg Walchs Eintrag »Gespenster« im Philosophischen Lexikon aus dem Jahre 1736 – paradigmatisch – fünf allgemeine ›Meinungen‹ der philosophischen Leitdisziplin positioniert, um daran anschließend – syntagmatisch – die Auswirkungen eines besonderen Ereignisses zu verfolgen, das sich in der Nacht zum 21. Dezember 1746 zugetragen hat; und das nicht, weil das Ereignis an und für sich von Interesse wäre, sondern weil es zu den institutionengeschichtlichen Dimensionen des Wissens-Mediums ›Gespenst‹ führt (Wübben verfolgt diese Dimensionen bis in die Ausdifferenzierung des universitären Curriculums). Dergestalt installiert sie im ersten Teil ihrer Arbeit den im besten Sinn interdisziplinären Hintergrund, auf den die Akzentverschiebungen in Meiers Gespenster-Traktat Schlaglichter werfen sollen.

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Fünf ›Meinungen‹ präsentiert Walch, die er auf der Grundlage seiner »normativ-referentiellen«, der Lutherischen Orthodoxie verpflichteten »Wissensweise« ablehnt, weil er das Wissen über Gespenster an der Elle der Heiligen Schrift misst (S. 22): Die platonische Auffassung, Gespenster seien verstorbene menschliche Seelen, die unter anderem auf Paracelsus, Böhme oder Fludd zurückgehende Auffassung, Gespenster seien Astralgeister (corpora spirituales), die von Seneca, Plinius und später Cardanus stammende Auffassung, Gespenster seien Ausdünstungen verwesender Körper, die weitverbreitete, im Aberglauben wurzelnde Auffassung, Gespenster seien nicht-menschliche Wesen –»Lemuren, Manen, Genii, Wassergeister, Berg-Kobolde, Vampire und andere nicht menschliche Totengeister« (S. 27) –, und schließlich die Auffassung, Gespenster seien böse, dämonische Geister. Ex negativo führt diese Reihe auf das ›Reibungsfeld‹, zu dem Wübben gelangen will. Bestellt wird es durch »erstens eine anti-platonische Schwärmerkritik, zweitens eine Abwehr hermetischer Theoriemodelle sowie drittens eine kaum zu übersehende anhaltende Dämonisierungstendenz« (S. 28).

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Kurz nach der Braunschweiger Gespenster-Affäre erscheint eine aus vier unabhängigen Einzelteilen bestehende Textsammlung von 1747, mit deren Analyse Wübben nun die Probe aufs Exempel ihrer ›mikrologischen Rekonstruktionen‹ macht, indem sie einerseits die wissenshistorisch relevanten Transformationsprozesse, die sie in der Sammlung ausmacht, gegenüber Walch herausarbeitet, und indem sie andererseits ihr rhetorisches und narratologisches Instrumentarium vorführt. Denn weder Johann Gottfried Höfers Augenzeugenbericht noch das anonyme Gutachten noch der möglicherweise fingierte Brief von Johann Ludwig Oeder noch der anonyme Briefkommentar werden zu anderen als zu den Bedingungen und Möglichkeiten dessen gewichtet, was sie sind: Narrative. Als solche stellen sie Medien des Wissens dar – vor allem des naturwissenschaftlichen Wissens, das eben nicht mehr in der theologischen Dogmatik, sondern in der empirischen Experimentalkultur verankert ist. Die Analyse mündet daher sowohl in die wissenschaftsgeschichtliche These, dass der Gespensterdiskurs um 1750 durch den Erfahrungsbegriff reguliert und in das Koordinatenkreuz der um diesen Begriff gruppierten Wissenschaften eingetragen werden kann, als auch in eine medientheoretische These:

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Die Sammlung markiert damit den Übergang von belehrenden Literaturgattungen – als Aufklärung ›über‹ etwas – zur Literatur als Medium der Erkenntnis bzw. Selbsterkenntnis, die sich im Rahmen von wechselnden Bezugssystemen und Deutungskontexten konstituiert. (S. 40)
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In Göttingen erfährt nun Meier schon bald nach dem Erscheinen dieser »Unparteiischen Beurtheilung« von der Gespenster-Affäre, der auf die Braunschweiger nun auch eine gelehrte Hallenser Gespensterkontroverse folgt. Und damit erreicht Wübben das eigentliche Zentrum ihrer Arbeit: Sie setzt den Gespenster-Traktat

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zur Formation der Halleschen Ästhetik in Beziehung […]. Die in Halle entwickelte Disziplin hat, so die These, unter anderem auch die Entstehung einer neuen philosophisch-literarischen Gattung befördert, die sich durch eine spezifische Form der Wissensvermittlung auszeichnete. (S. 73 f.)
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Dieses medientheoretische Argument geht Hand in Hand mit dem wissenschaftsgeschichtlichen, dass es nämlich in der Kontroverse der Sache nach um den »Geltungsverlust der Philosophie als Einheits- und Grundlagenwissenschaft« geht. Formal, inhaltlich und institutionengeschichtlich bestimmt, ist der Gespenster-Diskurs Medium einer

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Transformation des Wissenssystems […], die mit der disziplinären Ausdifferenzierung des universitären Fächergefüges einhergeht. Wie sich zeigen lässt, vollzieht sich in der Gespensterdiskussion der mittleren Aufklärung ein Bruch mit der vormodernen Gelehrtentradition. (S. 74)
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Vier Meinungen

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Als Medien des Wissens machen Gespenster nicht nur die Probe aufs Exempel der Ästhetik, deren Diskursivitätsbegründung in Halle mit derjenigen der modernen Anthropologie eng verbunden ist, sondern als ›phaenomena‹ sind Gespenster gleichzeitig auch der konsequenteste Gegenstand des ästhetischen Denkens und Darstellens, das Baumgarten und Meier erfunden haben. Denn was in Erscheinung tritt, aber dem Verstand nicht fassbar ist, das kann auch nicht auf einen Begriff gebracht, stattdessen aber in der Mannigfaltigkeit der Weltbezüge symbolisch dargestellt werden. Meiers Traktat ist also keine wissenschaftliche Abhandlung im engeren Sinn, sondern ein »Wissensgenerator« (S. 85), dessen dichtes »Argumentationsgeflecht[] […] die Wissensformation ›Ästhetik‹«abbildet (S. 304) – ein gespenstisches Medium, wenn man denn so will.

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Bei ihrer ›lectio difficilior‹ des Traktats vertraut Wübben daher wie gehabt einerseits auf die klassifikatorischen Methoden der Wissenschaftsgeschichte, andererseits auf die deskriptiven der Literaturwissenschaft, so dass sie im Folgenden die vier ›Meinungen‹, denen Meiers Traktat in den einzelnen Abschnitten folgt, topisch präsentieren kann: Sie stellt die psychologische, die philosophische, die physiologische (optische) sowie die naturtheoretische, physikalische und kosmologische ›Meinung‹ vor. Auf diese ›Meinungen‹ greift Meier zu, um sie zu kommentieren, revidieren, korrigieren und neu zu profilieren. Wübben schafft es im Folgenden, Kommentar, Revision, Korrektur und Profil sowohl diachron als auch synchron dergestalt zu kontextualisieren, dass sich Meier dabei vom Angler in den (dicken) Fisch im dicht geknüpften Netz der mittleren Aufklärung verwandelt.

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»Die erste von Meier referierte Erklärung führt Gespenster auf einen Irrtum der unteren Erkenntnisvermögen zurück« (S. 95): Einfacher und präziser kann nicht eingeleitet werden, worum es am ersten ›Ort‹ geht, an dem Gespenster als Medien des Wissens in Erscheinung treten: um den Topos der ›cognitio sensitiva‹. Im Zentrum des Kapitels steht die Überprüfung der anthropologischen und ästhetischen Phantasie-Konzepte, wie sie im Zusammenhang der Schwärmerkritik einerseits und der ›New Science‹ andererseits im Gespensterdiskurs eine wichtige Rolle spielen. Wübben zeigt, dass Meiers Irrtumspsychologie komplexer ist, weil sie eine Reihe der ästhetischen Erkenntnisvermögen, vor allem dasjenige des Vorstellungsvermögens (perspicacia) integriert. Dabei basiert Wübbens feingliedrige Argumentation auf einem Materialreichtum, den ich hier auch nicht einmal ansatzweise würdigen kann, wobei sie ihre medientheoretische Pointe nicht aus den Augen verliert:

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Aus der strukturellen Entsprechung zwischen dem nicht-distinkten Repräsentationsmodus (der sinnlichen Empfindung) und einem philosophischen Verfahren der Hypothesenbildung leitet sich eine neue Form des Philosophierens ab. Sie weist Überschneidungen zur Popularphilosophie auf, unterscheidet sich von letzterer jedoch durch ihre erfahrungstheoretische Konzeption. (S. 160)
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»Im zweiten Abschnitt befasst sich Meier mit der Meinung, ›Gespenster‹ seien ein Phantasma und ließen sich auf eine vorübergehende Verwechslung von Einbildungen und Empfindungen zurückführen« (S. 161). Diese ›Meinung‹ bildet den Topos der (neu-)platonischen Imaginationslehre, wie ihn nicht zuletzt Wielands Agathon – der Roman, den Wübben einem exemplarischen close-reading unterzieht – und Schillers Romanfragment Der Geisterseher durch einen eigenen Schwärmertypus verbreiten. Der Geisterseher leidet weniger an der Verwirrung seiner Sinne als vielmehr an einer phantastischen Disposition. Der Sache nach geht es an diesem ›Ort‹, an dem Gespenster als Medien des Wissens – theologischen, erkenntniskritischen, psychologischen und naturmystischen – erscheinen, um nichts Geringeres als um die aufgeklärte Kritik des Platonismus sowie die Zurückweisung universaler Wahrheitskonzepte wie der ›philosophia perennis‹ in ihre historischen Geltungsbereiche. Mit dem Was steht aber auch an diesem ›Ort‹ nach wie vor das Wie zur Diskussion: »Meiers Traktat kann als Knotenpunkt begriffen werden, der diese Wissensbestände rezeptionssteuernd vermittelt« (S. 222).

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»Im dritten Abschnitt führt Meier Gespenster auf eine ›wirkliche‹ Empfindung zurück, der allerdings kein extramentaler Gegenstand entspricht« (S. 225), weil es sich um eine Art von Sehstörung handelt – ›jemand sieht Gespenster‹, obwohl es keine gibt bzw. andere sie nicht sehen. Diese ›Meinung‹ führt an einen psycho-physiologischen Topos (schwerpunktmäßig der Optik). Meier behandelt sowohl physiologische als auch psychologische Vorgänge sowie deren Zusammenspiel. Im Gegensatz zum sensus communis glaubt er freilich nicht daran, dass psychologische Phänomene neurophysiologisch erklärt werden können, weil er Körper und Seele als parallele Systeme versteht. »Zu den influxionistischen Thesen einiger Mediziner geht er jedenfalls ebenso auf Distanz wie zu Adam Bernds Seelenmechanik« (S. 254).

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Erst im vierten Abschnitt treffen wir auf Gespenster als »›Wesen‹«, so dass an diesem ›Ort‹ die populärsten ›Meinungen‹ über Gespenster versammelt sind: »Gespensterspuk« heißt der Topos, der sich mit den Theorien der Metempsychoselehre (Seelenwanderung) beschäftigt. Gemeint ist:

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Erstens die Möglichkeit, dass sich Seelen Verstorbener in irdische Körper (re)inkarnierten, zweitens, dass sie sich einen neuen Körper bildeten, oder drittens, dass sie mit Teilen des alten Körpers auch nach dem Tod der Erde verhaftet blieben. (S. 255)
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Und wie gehabt bewegt sich Wübben mit ihren Gespenstern noch einmal sicher auf einem Terrain, auf dem von der akademischen Dissertationenliteratur bis zum Monadenstreit von 1745 – hier treffen wir auch wieder auf die Braunschweiger Kombattanten –, von Pythagoras bis Baumgarten nichts und niemand fehlt, das oder der das Denken in der mittleren Aufklärung bewegt hat. Jede Position, ja fast ist man geneigt zu sagen: jede Mine auf diesem Terrain wird gewissenhaft sondiert – und zwar nicht nur im Hinblick auf Meiers Produktion, sondern auch auf die zeitgenössische Rezeption des Traktats. Wenn es noch eines letzten Beweises für die Behauptung bedarf, dass es Wübben in Gespenster und Gelehrte weder um Gespenster noch um Gelehrte, sondern um die Mediologie des Wissens geht, die der Gegenstand ›Gespenst‹ generiert, dann findet sich dieser Beweis im Resümee des Kapitels:

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Ideengeschichtlich hat der hier unternommene Einordnungsversuch keine grundlegend neuen Erkenntnisse bezüglich der Metempsychoselehre der mittleren Aufklärung vermittelt. Betrachtet man sie ausschließlich nach ihrem Gehalt, ist Meiers Position keineswegs originell zu nennen. Dennoch ermöglichte die mikroskopische Rekonstruktion der Halleschen Diskussion Einblicke in die Diskursstrategien, den Wissenshaushalt und die Kommunikationsgepflogenheiten der mittleren Aufklärung. Dabei rückten textuelle Verfahren in den Blick, die den Übergang von einer gelehrten zu einer popularphilosophischen Diskussion markieren. Im Vordergrund stand hier die Frage, wie sich Meiers ebenso anspielungsreicher wie assoziativer Text zu den Grundmustern etablierter Deutungs- und Traditionslinien verhält. (S. 301)
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(M)eine Meinung

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Wübben verbindet in ihrer Arbeit zwei Tugenden miteinander: den gelehrten Weitblick der Wissenschaftshistorikerin mit der professionalisierten ›Erbsenzählerei‹ der Literaturwissenschaftlerin, die beharrlich das tut, was die Literaturwissenschaft im Ensemble der rezenten Kulturwissenschaften auszeichnet – nämlich einfach nur lesen: genau lesen, langsam lesen, gründlich lesen, ohne sich zu großen Modellentwürfen hinreißen zu lassen, die in der Distanz vom zu lesenden Text möglich werden und wohlfeil sind. Diese Methode macht es der Leserin weder leicht, noch muss sie es ihr leicht machen. Denn eine in ihren Details äußerst beeindruckende Summe des Wissens entfaltet Wübben gerade aufgrund ihrer beharrlichen Befragung des Gespenster-Traktats. Wenn sie dabei das Wissensspektrum beschreibt, das in der Brechung des aufklärenden Lichts durch das ›Gespenst‹ entsteht, dann verändert sich unser Blick auf den Schwellenraum um 1750 zwar nicht völlig, aber in vielen überraschenden, erstaunlichen, unerwarteten Details. Kurzum: Wir verfolgen hier keinen literatur- oder kulturwissenschaftlichen Mainstream, sondern lesen eine deutlich ausgeprägte, eigene Handschrift.