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Leseland Drittes Reich

  • Christian Adam: Lesen unter Hitler. Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich. Berlin: Galiani 2010. 304 S. Hardcover. EUR (D) 19,95.
    ISBN: 978-3-86971-027-3.
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»Die Vergangenheit«, so William Faulkner 1956 in seinem Requiem für eine Nonne, »ist niemals tot. Sie ist nicht einmal vergangen.« Auch mehr als 60 Jahre nach dem Ende der NS-Diktatur werden immer noch und immer wieder Geschichten aus der Lebenswirklichkeit der Jahre 1933 bis 1945 entdeckt oder neu erzählt. Das hängt zunächst damit zusammen, dass noch längst nicht alle Quellen ausgewertet oder – wie im Fall des C. Bertelsmann Verlags und des Auswärtigen Amts – erst spät für eine uneingeschränkte Auswertung zur Verfügung gestellt wurden. 1 Sowohl an der 2002 erschienenen Studie zu Bertelsmann als auch an der 2010 veröffentlichten Untersuchung zum Auswärtigen Amt werden allerdings auch exemplarisch Kontinuitäten nach 1945 deutlich, die in der Bundesrepublik Deutschland bis in die 1960/1970er Jahre nachweisbar sind und eine kritische Aufarbeitung der Vergangenheit von handelnden Personen, öffentlichen Institutionen und privatwirtschaftlichen Unternehmen im nationalsozialistischen Deutschland verhindert haben. Andererseits ist durch die 1968 einsetzende Neuakzentuierung der historischen Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur, bei der nun lange verdrängte Themen wie der genaue Ablauf und die Akteure des Holocaust oder die politische, wissenschaftliche und kulturelle Emigration mit den vielfältigen Leistungen der Emigranten im Widerstand gegen Hitler in den Vordergrund rückten, vergessen worden, was das Leben der Deutschen im Alltag der Jahre 1933 bis 1945 bestimmte und was sie davon in die Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mitnahmen. Politische Einstellungen, Werte, Mentalitäten, Vorlieben oder das Freizeitverhalten halten sich nicht an Epochengrenzen, sondern wachsen und verändern sich über Jahrzehnte hinweg.

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I. Leseverhalten in der NS-Diktatur: Quellenmaterial

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In diesen Kontext passt die Studie von Christian Adam zum Leseverhalten der Deutschen in den Jahren 1933 bis 1945 unter Einbeziehung von Kontinuitäten aus der Zeit der Weimarer Republik und der beiden deutschen Staaten nach 1949. Dem Autor ist in seiner Einschätzung zuzustimmen, dass wir inzwischen wesentlich besser über die Literatur informiert sind, die unter der NS-Diktatur verboten war, als über das, was die Deutschen in jenen Jahren gelesen haben (S. 10). Adam ist sich bewusst, dass er mit seiner Studie nicht nur Neuland, sondern auch unsicheres Terrain betritt. Denn zum einen sind die Quellen, aus denen sich Rückschlüsse auf das individuelle Leseverhalten ziehen lassen, dünn gesät; zum anderen wissen wir alle, dass die Verkaufszahlen von Büchern nicht unbedingt gleichzusetzen sind mit der tatsächlichen Lektüre eines gekauften Buches und dem, was die Lektüreerfahrung in den Köpfen der Leser auslöst. Nichtsdestoweniger ist es eines der großen Verdienste von Adam, eine »virtuelle Bestsellerliste« mit immerhin 350 Buchtiteln zusammengestellt zu haben, deren Auflage in den Jahren 1933 bis 1945 über 100.000 Exemplaren lag. Dabei bezieht er im Gegensatz zu vielen anderen Historikern nicht allein die Belletristik, sondern vor allem auch die Sachbücher ein.

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Besonders spannend ist, wie Adam die Problematik der Quellen löst. Mangels einer eigenen Statistik aus der NS-Zeit hat er für seine Titelliste zu den 350 Bestsellern das Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums für die Jahre 1911 bis 1965 (150 Bände), die angegebenen Auflagenhöhen im Impressum der Bücher, die Werbeanzeigen der Verlage im »Börsenblatt für den deutschen Buchhandel« sowie Verzeichnisse von Antiquariaten ausgewertet. Des Weiteren bezieht er neben Donald Ray Richards Pionierarbeit von 1968 The German Bestseller in the 20th Century. A complete Bibliography and Analysis 1915–1940 und der Untersuchung von Tobias Schneider zu den Roman-Bestsellern im Dritten Reich (Zusammenfassung der Ergebnisse seiner Magisterarbeit in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 52/2004, S. 77–97) zeitgenössische Publikationen ein: etwa die Auswertungen des Ausleihverhaltens in den Städtischen Bücherhallen zu Leipzig, die deren Direktor Walter Hofmann von 1926 bis 1937 über sein angeschlossenes Institut für Leser- und Schrifttumskunde vornehmen ließ, oder Fachzeitschriften wie die Bücherkunde des Amtes Rosenberg (1934–1944), das im Auftrag des Reichserziehungsministeriums herausgegebene Organ für die Volksbüchereien Die Bücherei (1934–1944) und das von der Schrifttumsabteilung des Propagandaministeriums betreute Großdeutsche Leihbüchereiblatt (1939–1944). Eine dritte wichtige Quellengruppe sind die Tagebücher (vor allem diejenigen Victor Klemperers), Erinnerungen (etwa von Joachim C. Fest und Marcel Reich-Ranicki) 2 sowie persönliche Befragungen von Buchhändlerinnen und Buchhändlern, die Adam als Zeitzeugen ausfindig machen konnte und mit denen er erstmals Gespräche über ihre Ausbildung und Berufspraxis im Dritten Reich führte.

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II. Der NS-Buchmarkt

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Wer sich mit dem Buchmarkt in den Jahren 1933 bis 1945 beschäftigt, muss die besonderen Rahmenbedingungen kennen, die die NS-Diktatur den Autoren, Verlagen und Buchhandlungen aufzwang. Adam referiert daher zu Beginn die Ergebnisse der Forschung zum Koordinatensystem aus staatlichen und parteiamtlichen Bürokratien, die nach den Bücherverbrennungen und anderen Willkürmaßnahmen in der Anfangsphase der nationalsozialistischen »Revolution« ab 1933/34 mit gesetzlichen Vorgaben, Zensurentscheidungen, formalen und informellen Kontrollen die während der Weimarer Republik garantierte Freiheit der Veröffentlichung beseitigten (S. 15–44). 3 Wesentlich ist dabei neben der »Polykratie« der zahlreichen Behörden mit ihren divergierenden Interessen die Herausarbeitung der im Laufe der Jahre sich verändernden Strukturen im deutschen Verlagswesen: die Ausschaltung der jüdischen und der politisch missliebigen Verlage; die schleichende Monopolbildung durch den Zentralverlag der NSDAP und das Verlagsimperium der Deutschen Arbeitsfront; die Verbote für Literatur aus den sogenannten Feindstaaten im Zweiten Weltkrieg; die zunehmende Verknappung der Ware Buch für Privatpersonen mit Beginn der verschärften Papierkontingentierung im Jahre 1941; die parallel stattfindende Etablierung der Wehrmacht als Auftraggeber, Verleger und Distributor von Büchern für die Soldaten mit der Konsequenz der Entstehung einer immensen Schattenwirtschaft. Auch wenn die Zensur stets lückenhaft blieb und der Buchmarkt selbst im Dritten Reich stärker durch den Profit als durch die Ideologie bestimmt wurde, wie Adam feststellt (S. 27), waren die politischen Eingriffe der NS-Machthaber doch so stark, dass sie das historisch gewachsene System des deutschen Buchhandels korrumpierten, pervertierten und nachhaltig zerstörten. Daran änderten auch die wenigen parteiunabhängigen bürgerlichen Verlage nichts, die weiterhin auf literarische Qualität setzten: der S. Fischer Verlag / Peter Suhrkamp Verlag, der Insel Verlag mit Anton Kippenberg, der Verlag Ernst Rowohlt (bis 1939) oder der 1934 neu gegründete Verlag H. Goverts. 4 Mit Ausnahme des Henry Goverts und Eugen Claassen zu verdankenden Überraschungserfolgs von Margaret Mitchells Südstaaten-Epos »Vom Winde verweht«, von dem seit dem Erscheinen im Jahre 1937 bis zum Verbot im Dezember 1941 16 Auflagen mit 276.900 Exemplaren verkauft wurden, konnte keiner dieser Verlage einen Bestsellertitel platzieren. Umgekehrt förderte die nationalsozialistische Literaturpolitik zunehmend genau das, wogegen sie ursprünglich angetreten war: Verlagskonzentration, Großauflagen, Massenbuchmarkt und darüber auch die »Bestseller« nach britischem und amerikanischem Vorbild, obwohl es sie dem Begriff nach eigentlich überhaupt nicht geben durfte.

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III. Leseverhalten im Dritten Reich

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Bevor Adam das Leseverhalten der »gewöhnlichen« Deutschen näher analysiert, geht er unter der ironisierenden Überschrift »Hitlers und Goebbels’ Bettlektüre« auf den bevorzugten »Lesestoff der Nazi-Prominenz« ein (S. 65–84). An Hitler und Göring zeigt er die Inszenierung von Büchern und einer privaten Bibliothek als bürgerliche Bildungsfassade und als Propaganda zur Steigerung der Popularität auf. Dagegen lassen sich bei Heinrich Himmler Alfred Rosenberg und Joseph Goebbels intensive Leseerfahrungen nachweisen. So notierte der Reichsführer-SS für die Jahre 1919 bis 1934 die Lektüre von insgesamt 346 Büchern, darunter nicht nur Klassiker wie Dostojewski, Alexandre Dumas, Ibsen, Gogol und sogar Oscar Wilde, sondern auch Hermann Hesse, Bernhard Kellermann, Jack London und Thomas Mann. Wobei sich gerade am Beispiel Himmlers belegen lässt, dass die Lektüre guter Literatur keineswegs den Absturz in die Barbarei zu verhindern vermag. Rosenberg war vor allem in der politischen, historischen, philosophischen und naturwissenschaftlich-biologischen Sachbuchliteratur des 19. Jahrhunderts bewandert, beschäftigte sich aber auch mit den Schriften Freuds. In seinen »Tagebüchern« aus den Jahren 1923 bis 1945 hielt Goebbels neben seinen »Heldentaten« auch seine Lektüre minutiös fest: u.a. Thomas Carlyle, Wilhelm Busch, Fallada, Hamsun, Hasenclever, Ibsen, Georg Kaiser, Thomas Mann, Gustav Meyrink, Strindberg, Tolstoi.

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Die 350 von Adam ermittelten Bestseller der Jahre 1933 bis 1945 mit einer Auflage von mehr als 100.000 Exemplaren hat er zehn Buchtypen zugeordnet –»willkürlich und subjektiv« (S. 85), aber in den Analysen und in der Aussagekraft dann doch sehr schlüssig. Am Anfang stehen »Populäre Sachbücher« (»Auf dem Boden der Tatsachen«, S. 87–113), die in jenen Jahren große Erfolge erzielen konnten und die »vielleicht ›modernste‹ Literaturform« (S. 86) des damaligen Buchmarkts repräsentierten. An den Bestsellern Anilin von Karl Aloys Schenzinger (1886–1962), Vistra. Das weiße Gold Deutschlands von Hans Dominik (1872–1945), Erfinder brechen die Blockade von Anton Zischka (1904–1997) und Robert Koch sowie Germanin. Geschichte einer deutschen Großtat von Hellmuth Unger (1891–1953) lässt sich zum einen das Interesse der Öffentlichkeit an verständlichen Darstellungen zum aktuellen Stand der Wissenschaft ablesen. Wobei dieses Interesse nach 1945 ungebrochen anhielt, sodass die genannten Autoren ihre Bestseller in der Bundesrepublik weiterverkaufen konnten, wenn auch in zum Teil erheblich veränderten Neubearbeitungen. Zum anderen wurden die enormen Fortschritte der Wissenschaft seit dem 19. Jahrhundert als Erfolge für das nationalsozialistische Deutschland verbucht. Auch die Biografie von Eugen Diesel über seinen Vater Rudolf (1858–1913) und die Autobiografie der Fliegerin Elly Beinhorn (1907–2007) über ihr Leben mit dem 1935 tödlich verunglückten Rennfahrer Bernd Rosemeyer wirkten als Propaganda für das NS-Regime. Die anfängliche Popularität Hermann Görings und seiner 1931 verstorbenen ersten Ehefrau Carin dokumentieren die enormen Verkaufserfolge biografischer Auftragsarbeiten: Carin Göring, 1933 veröffentlicht, erreichte insgesamt 720.000 verkaufte Exemplare, Hermann Göring. Werk und Mensch, 1937 im Eher Verlag erschienen, 810.000 Exemplare. Unter der Überschrift »Von Kneipp-Kur bis FKK« macht Adam auf die großen Erfolge der Lebensratgeber im Dritten Reich aufmerksam, durch die Essenzen der NS-Ideologie ungefiltert verbreitet werden konnten. Am Beispiel des Wunschkonzert für die Wehrmacht wird deutlich, dass der NS-Staat auch eine Mediendiktatur war: Geschickt wurden die ausgesprochen populären und über den Rundfunk ins gesamte Reichsgebiet verbreiteten Musik- und Kabarett-Aufführungen prominenter deutscher Künstler 1940 mit einem Buch und noch im gleichen Jahr mit einem unterhaltsamen Spielfilm verbunden. Das Ziel eines solchen »Medienverbunds« war Ablenkung vom Kriegsalltag, nicht die Aufklärung der Bevölkerung.

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Bereits 1940 hat Sebastian Haffner in seinem im britischen Exil veröffentlichten Buch Germany: Jekyll & Hyde die im NS-Staat besonders ausgeprägte Korruption herausgestellt. 5 In seinem Kapitel »Die Farbe des Geldes« (S. 115–134) kann Adam diese Bewertung auch anhand der Propaganda-Schriften der NS-Führer belegen. So verfügte Hitler über kein eigenes Privatkonto, sondern ließ seine privaten Geschäfte über ein Konto beim Eher Verlag abwickeln. Auf dieses vom Buchhalter des Verlags betreute Konto flossen alle Honorare aus dem Verkauf des 1925 veröffentlichten Buchs Mein Kampf. Dessen Verkaufszahlen stiegen dank massiver staatlicher Propaganda und aktiver Verkaufsförderung zwischen 1933 und 1945 von 250.000 Exemplaren auf 12,45 Millionen Exemplare. 40 % dieser Auflagenzuwächse erfolgten in den letzten drei Jahren des Zweiten Weltkriegs – also zu einer Zeit, als die Zivilbevölkerung kaum noch Bücher kaufen konnte und die meisten Bücher als subventionierte Wehrmachtsausgaben nur noch über den Frontbuchhandel vertrieben wurden. So standen beim Untergang des NS-Staats nicht weniger als 15 Millionen RM auf Hitlers Konto. Nicht in dieser Dimension, aber dennoch beachtlich verdienten NS-Funktionäre wie Alfred Rosenberg, Philipp Bouhler und Goebbels von den 1933 errungenen Propagandamöglichkeiten für ihre eigenen Bücher. Waren vom Mythus des 20. Jahrhunderts bis 1933 gerade einmal 73.000 Exemplare verkauft, erreichte das Grundlagenwerk zur NS-Ideologie 1942 die Millionengrenze. Rosenbergs Jahreseinkommen stieg dadurch von 19.000 RM im Jahre 1932 auf 100.000 RM in 1935. Die 1934 etablierte Parteiamtliche Prüfungskommission zum Schutze des NS-Schrifttums war nicht allein für die Kontrolle und Herausgabe sämtlicher Veröffentlichungen zum Nationalsozialismus zuständig, sondern seit 1938 auch für das Schul- und Unterrichtsschrifttum. So war es nur praktisch, dass der Vorsitzende der Kommission, Philipp Bouhler, 1938 unter dem Titel Kampf um Deutschland ein Lesebuch für die deutsche Jugend herausgab. Die kurzgefasste Geschichte der NSDAP wurde bis 1945 in mehr als 1,75 Millionen Exemplaren verkauft. Die rege publizistische Tätigkeit von Goebbels diente keineswegs nur der Propaganda für den NS-Staat, sondern auch zur Finanzierung des aufwändigen privaten Lebensstils und des Kaufs seines repräsentativen Anwesens auf Schwanenwerder in Berlin. Neben den Spitzenfunktionären war der Zentralverlag der NSDAP der Hauptnutznießer der quasi auf dem Verordnungsweg erzielten Bestseller. Der parteieigene Verlag hatte sich von einem Nischendasein in der Weimarer Republik zu einem der umsatzstärksten Wirtschaftsunternehmen im nationalsozialistischen Deutschland entwickelt.

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Die Konjunktur der »Wehrbelletristik« setzte 1929 ein und auch im Dritten Reich blieben die Bücher über den Ersten Weltkrieg erfolgreich und dominant. Unter der Überschrift »Im Westen was Neues« zeichnet Adam die national-konservativen und nationalsozialistischen Gegenbilder zu Erich Maria Remarques aufklärender Kritik an der Grausamkeit des Kriegs nach (S. 135–157). Ob Paul Coelestin Ettighoffer (1896–1975) mit Verdun, das große Gericht (400.000 verkaufte Exemplare), Werner Beumbelburg (1899–1963) mit Sperrfeuer um Deutschland (363.000 verkaufte Exemplare) und Gruppe Bosemüller (164.000 verkaufte Exemplare) oder Hans Zöberlein (1895–1964) mit Glaube an Deutschland (740.000 verkaufte Exemplare) und Befehl des Gewissens (500.000 verkaufte Exemplare) – die Verklärung des deutschen Kampfes im Ersten Weltkrieg lag nicht nur im ideologischen Interesse des NS-Staates, sondern stimmte offenbar mit der Einschätzung eines Großteils der deutschen Bevölkerung überein. An diese Heldengeschichten konnten die Darstellungen zum Zweiten Weltkrieg nahtlos anknüpfen: Mein Weg nach Scapa Flow des U-Boot-Kommandanten Günther Prien (1908–1941) mit 900.000 verkauften Exemplaren und Fritz Otto Buschs (1890–1971) Narvik. Vom Heldenkampf deutscher Zerstörer mit mehr als 600.000 verkauften Exemplaren. Von den enormen Gewinnen dieser Bestseller profitierten neben den Autoren der Zentralverlag der NSDAP, der Bertelsmann Verlag und der Gerhard Stalling Verlag in Oldenburg.

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IV. Erfolg durch Humor und Unterhaltung

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Der erfolgreichste Autor im Dritten Reich schrieb allerdings weder Propaganda- noch kriegsverherrlichende Bücher, sondern widmete sich dem Genre »Humor und Komik« (S. 159–174). Heinrich Spoerl (1887–1955) erreichte mit Die Feuerzangenbowle (1933), Der Maulkorb (1936), Wenn wir alle Engel wären (1936), Man kann ruhig darüber sprechen. Heitere Geschichten und Plaudereien (1937) und Der Gasmann (1940) ein Millionenpublikum – befördert durch die Verfilmungen von immerhin drei der genannten Titel. Der Bertelsmann Verlag erzielte auch mit diesem Genre Gewinne – mit Produktionen aus dem eigenen Hause. Denn Johannes Banzhaf (1907–1968), Herausgeber der Anthologien Lustiges Volk (1937, mehr als 800.000 verkaufte Exemplare) und Lachendes Leben (1940, mehr als 900.000 Exemplare), war Lektor und Herstellungsleiter des Verlags. »Vom KZ-Insassen zum Erfolgsautor« betitelt Adam die bemerkenswerte Karriere von Ehm Welk (1884–1966) im Dritten Reich. Der Autor war 1933 aufgrund eines in »Die Grüne Post«, einer Sonntagszeitung aus dem Ullstein Verlag, veröffentlichten Offenen Briefs, in dem er Kritik an der Pressezensur und am Propagandaminister geäußert hatte, im KZ Oranienburg-Sachsenhausen interniert worden. Mit seinem heiteren Roman Die Heiden von Kummerow, 1937 im inzwischen »arisierten« Ullstein Verlag veröffentlicht, erzielte er einen Bestseller (730.000 verkaufte Exemplare). 1943 folgte der Roman Die Gerechten von Kummerow, für den Welk 1944 den 1. Preis des vom Propagandaministerium initiierten Wettbewerbs für gutes Unterhaltungsschrifttum gewann. Letztlich zählte für Goebbels weniger die politische Vergangenheit eines Schriftstellers als die Möglichkeit, seine Talente für den NS-Staat nutzen zu können. Und für den Propagandaminister war Unterhaltung »staatspolitisch wichtig, wenn nicht sogar kriegsentscheidend«. 6

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Die großen Erfolge der unterhaltenden Literatur belegt eine Vielzahl weiterer Titel, die Adam »Von A(rzt) bis Z(ukunft)« abhandelt (S. 175–196). Unter diesen Bestsellern mit immerhin 200.000 bis 460.000 verkauften Exemplaren finden sich der heute völlig unbekannte Arztroman Angela Koldewey von Bettina Ewerbeck (1910–1994), die 1936 veröffentlichte Novelle Die Unbekannte von Reinhold Conrad Muschler (1882–1957) oder Dinah Nelkens (1900–1989) Liebesroman Ich an Dich von 1936. Trotz aller politischen Anfeindungen blieb Hans Fallada (1893–1947) auch im Dritten Reich ein vielgelesener Autor, dessen Gesellschaftsromane selbst Goebbels faszinierten. Wesentlich erfolgreicher waren allerdings die Familienromane William von Simpsons (1881–1945) Die Barrings und Der Enkel mit jeweils mehr als 300.000 verkauften Exemplaren und Fritz Müller-Partenkirchen (1875–1942) mit seinen Kaufmanns- und Lehrlingsromanen Kramer & Friedemann (mehr als 400.000 verkaufte Exemplare) und Die Firma (mehr als 130.000 verkaufte Exemplare). Der Krimi zählt auch im nationalsozialistischen Deutschland zu den beliebtesten Genres: mehr als 3000 Titel lassen sich nachweisen, wobei allein in den Jahren 1937/38 385 bzw. 447 Neuerscheinungen nachgewiesen werden können. Da mit Edgar Wallace und Agatha Christie zwei britische Autoren zu den absoluten Bestsellern zählten, versuchte das Propagandaministerium Autoren wie Georg von der Vring (1889–1968) besonders zu fördern, die den »seriösen deutschen« Kriminalroman etablieren sollten. Bei von der Vring mit Erfolg: sein Roman Die Spur im Hafen wurde in 350.000 Exemplaren verkauft. Unter den Autoren von Zukunftsromanen, von denen im NS-Staat einige hundert Titel erschienen, ragt Hans Dominik heraus. Da jedoch die beste aller möglichen Zukünfte bereits im Dritten Reich verwirklicht war, entsprach der nationalsozialistische Zukunftsroman weniger dem amerikanischen Science fiction als dem in Deutschland etablierten Technik- und Rohstoffroman.

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An der »Wa(h)re[n] Volksliteratur« (S. 197–222) kann Adam den Gegensatz von nationalsozialistischer Ideologie und der Lebenswirklichkeit in den Jahren 1933 bis 1935 aufzeigen. Nicht allein Karl May, Hedwig Courths-Mahler und Ludwig Ganghofer blieben im Dritten Reich Bestseller. Vor allem inhaltlich dürftige und preiswerte Heftromane fanden weiterhin massenhaften Absatz. Das Propagandaministerium versuchte sich die Konjunktur der »Schmöker« zunutze zu machen, indem sie eigene Reihen in Auftrag gab, in denen dann das Leben im NS-Staat verherrlicht wurde. Auch bei der Kinder- und Jugendliteratur lässt sich der ideologische Missbrauch nachweisen. Allerdings ist die Einordnung dieses Bereichs unter die »Volksliteratur« problematisch. Adam hätte den in Millionenauflagen verbreiteten Kinder-, Jugend- und Schullesebüchern, für die die NSDAP mit dem NS-Lehrerbund und der Reichsjugendführung besondere Kontroll- und Steuerungsapparate unterhielt, besser ein eigenes Kapitel gewidmet.

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V. Übersetzungen

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Der Anteil an Übersetzungen von Literatur aus dem Ausland lag in den Jahren 1933 bis 1945 zwischen 4 und 12 %, wobei der Höhepunkt in den Jahren 1937/38 mit jeweils rund 500 Neuerscheinungen erreicht wurde. Den Hauptanteil machten Bücher aus Großbritannien und den USA aus, gefolgt von Büchern aus Frankreich, Norwegen, Dänemark und Schweden. Die erfolgreichsten Autoren der »Fremden Erzählkunst« (S. 223–248) waren der Schweizer John Knittel (1891–1970), insbesondere mit seinem bis heute bekannten Roman Via Mala von 1934, der Engländer Warwick Deeping (1877–1950) mit Hauptmann Sorell und sein Sohn, die Amerikaner Hervey Allen (1889–1949) mit seinem zweibändigen Epos Antonio Adverso und Margaret Mitchell (1900–1949), der Flame Felix Timmermans (1886–1947), der schwedische Arzt und Schriftsteller Axel Munthe (1857–1949) mit seinem Buch von San Michele, der Schotte A.J. Cronin (1896–1981) mit seinem Arztroman Die Zitadelle, die norwegischen Autoren Trygve Gulbranssen (1894–1962) und Knut Hamsun (1859–1952) sowie der Franzose Antoine de Saint-Exupéry (1900–1944) – der einzige Schriftsteller, dessen Bücher ungehindert im nationalsozialistischen Deutschland erscheinen konnten, obwohl er im Widerstand aktiv war. Die Deutschlandberichte der Sopade wollten im November 1937 in der Beliebtheit der ausländischen Literatur eine Sehnsucht von Teilen des deutschen Volkes nach den Freiheiten der westlichen und nordischen Demokratien erkennen. Der Sicherheitsdienst der SS wertete 1938 in seinen »Lageberichten« für die NS-Führung die Flut der Übersetzungen auf dem deutschen Buchmarkt als »Flucht« bürgerlicher Leserschichten aus der politischen Realität und der Verleger vor der politischen Verantwortung im NS-Staat. Der Zweite Weltkrieg bot den Machthabern die Gelegenheit, die Literatur der »Feindstaaten« nun sukzessive vollständig zu verbieten. Allerdings konstatiert Adam, dass sich unter den 200 bestverkauften Büchern im nationalsozialistischen Deutschland lediglich 10 Titel ausländischer Autoren befanden, sodass deren Literatur insgesamt »eher ein Nischenphänomen« (S. 230) blieb.

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VI. Klassiker und NS-Literatur

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Wenig glücklich ist das Sammelsurium von Bestsellerautoren, die Adam unter der Überschrift »Im Schatten der Klassiker. Die gehobene Literatur« (S. 249–270) zusammenfasst. Hier finden sich tatsächliche Klassiker wie Lichtenberg und Goethe neben modernen Klassikern der damaligen Zeit wie Rilke, Hans Carossa (Das Jahr der schönen Täuschungen, 1941), Ina Seidel (Das Wunschkind, 1930), Hermann Hesse und Werner Bergengruen (Der Großtyrann und das Gericht, 1935), aber auch Walter Flex (1887–1917) mit seinem Wanderer zwischen beiden Welten (1916) und der SS-Barde Hanns Johst (1890–1978) mit dem Schauspiel Schlageter (1933). Eugen Roths lyrische Bestseller Ein Mensch, Die Frau in der Weltgeschichte, Der Wunderdoktor und Ein Mensch lädt Kameraden ein, mit ihm ein Stündchen froh zu sein zählen zu der weit über das NS-Regime hinaus erfolgreichen Unterhaltungsliteratur, die Adam an anderer Stelle abhandelt.

In seinem Kapitel »Blut ohne Boden« (S. 271–292) weist der Autor nach, dass das eigentliche Herzstück der nationalsozialistischen Literatur die geringsten Erfolge beim Lesepublikum verzeichnen konnte. Von den rund 2000 Autoren, die in den Literaturgeschichten der NS-Zeit genannt werden, finden sich nur 46 Namen in allen gemeinsam, von denen wiederum nur 20 Bestseller schrieben. Zu ihnen zählt Kuni Tremel-Eggert (1889–1957) mit Barb. Roman der deutschen Frau, der es auf insgesamt 750.000 verkaufte Exemplare brachte. Annähernd erfolgreich war nur noch Gustav Schröer (1876–1949), von dessen bei Bertelsmann verlegtem Roman Heimat wider Heimat rund 600.000 Exemplare verkauft wurden. Von Hans Grimms (1875–1959) Longseller Volk ohne Raum, 1926 veröffentlicht und mit einer Gesamtauflage von 1 Million Exemplaren, wurden in den Jahren 1933 bis 1945 340.000 Exemplare verkauft. Neben Johst, der als Präsident der Reichsschrifttumskammer die Verbreitung seiner Bücher sozusagen auf dem Amtsweg fördern konnte, profitierten auch sein Vorgänger Hans Friedrich Blunck (1888–1961), Will Vesper (1882–1962), der fanatische Herausgeber der Neuen Literatur, sowie Josefa Berens-Totenohl (1891–1969) von der staatlichen Schrifttumspropaganda.

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Das zehnte Kapitel (S. 293–307), dessen Überschrift »Feldgrau schafft Dividende« einer 1932 erschienenen Autobiografie von Ettighoffer zu seinen Kriegserfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg entlehnt ist, geht auf die Besonderheiten des deutschen Buchmarkts während des Zweiten Weltkriegs ein. Er war einerseits gekennzeichnet durch »ein gigantisches Missverhältnis von Angebot und Nachfrage« (S. 296); andererseits erzielte rund ein Dutzend Großverlage binnen weniger Jahre exorbitant hohe Umsatzzahlen und Gewinne. Diese lange Zeit im Verborgenen liegende Seite der NS-Herrschaft haben zuerst Hans-Eugen und Edelgard Bühler, Klaus Kirbach, Olaf Simons und die Historische Kommission zur Aufarbeitung der Geschichte des Bertelsmann Verlags in den Jahren 1933 bis 1945 offengelegt. 7 Das von ihnen ermittelte Paradoxon bringt Adam auf den Punkt, wenn er feststellt, dass während des Zweiten Weltkriegs »weiter privatwirtschaftliche Interessen und am wirtschaftlichen Erfolg interessierte Akteure den Buchmarkt [bestimmten], während gleichzeitig aber bestimmte Marktmechanismen völlig außer Kraft gesetzt waren« (S. 294). Die Bestseller der Jahre 1939/40 bis 1944/45 verdankten ihre Existenz im Wesentlichen nur zwei Tatsachen: erstens trat die Bevölkerung die Flucht in den »Sachwert Buch« an, weil es ansonsten nichts mehr unrationiert zu kaufen gab, und zweitens konnten sowohl die Verlage als auch die Wehrmacht riesige Auflagen produzieren, bei denen der Absatz sämtlicher Auflagen über den Sortiments- ebenso wie über den Frontbuchhandel von vorneherein garantiert war. Dabei repräsentierten die Bestseller der Kriegszeit das gleiche Spektrum an populärer Literatur wie zur Friedenszeit. Vielleicht mit einer Ausnahme, auf die Adam etwas ausführlicher eingeht: Ernst Jüngers Novelle »Auf den Marmorklippen«, 1939 in der Hanseatischen Verlagsanstalt erschienen, ein Buch, das sich trotz der immanenten Kritik am NS-Herrschaftssystem mit 80.000 Exemplaren verkaufen ließ.

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VII. Ergebnisse

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In seiner Bilanz »Die Spur der Bestseller« (S. 309–322) weist Adam auf die relativ kleine Anzahl von Autoren hin, die sich von den 1930er Jahren bis heute im literarischen Kanon gehalten haben: Fallada, Ernst Jünger, Eugen Roth, die Adam mit Recht zu den »Randfiguren« (S. 309) des nationalsozialistischen Literaturbetriebs rechnet, darüber hinaus Klassiker wie Goethe, Schiller, Rilke, Hamsun, Hesse, aber auch Saint-Exupéry, Knittel und Mitchell. Autoren wie Dwinger, Ettighoffer, Schenzinger, Unger oder Zischka, die dem NS-Regime näher standen oder Carossa, Bergengruen und Ina Seidel, die eine »innere« Distanz wahrten, wurden zwar auch in den 1950er und 1960er publiziert, sind inzwischen aber weitgehend in Vergessenheit geraten. Was bleibt also von den »Bestsellern« jener längst vergangenen Zeit? Es ist vor allem die Erkenntnis, dass das Dritte Reich auch ein Experimentierfeld für neue Produktions-, Vertriebs- und Marketingstrukturen war. Die bis heute ungebrochene Konjunktur der Taschenbücher wurde während des Zweiten Weltkriegs mit den handlichen und leichten Wehrmachts- und Feldpostausgaben vorbereitet. Das populäre Sachbuch, am Ende der Weimarer Republik entdeckt, blieb auch unter der NS-Diktatur ein dominantes Genre und hat bis heute nichts von seiner Anziehungskraft eingebüßt. Die Verbindung von Buch und Kinofilm, große Werbekampagnen für Bücher in Presse, Rundfunk und Fernsehen oder die Inszenierung der Buchmessen wurden in der nationalsozialistischen Mediendiktatur entwickelt und wirken bis in die Gegenwart verkaufsfördernd. Doch die Erfolge solcher modernen Marketingstrategien dürfen nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass der enorme Aufwand, der literaturpolitisch im Dritten Reich betrieben wurde, letztlich nicht die vom Regime gesetzten Ziele erreichte. Die linientreue NS-Literatur konnte sich trotz der Beseitigung der »unerwünschten« politischen und jüdischen Konkurrenz nach 1933 nicht durchsetzen – weder im In- noch im Ausland. Die durch die politischen Eingriffe verursachte latente Verunsicherung der Autoren begünstigte zum einen ein Mittelmaß an Literatur, die mit der »Schere im Kopf« geschrieben wurde; zum anderen wichen zahlreiche Schriftsteller in die Unterhaltung aus, weil sie damit politisch unangreifbar wurden und den Bedarf breiter Bevölkerungsschichten zu befriedigen vermochten: nicht nur Feldgrau, sondern auch Humor verschaffte Dividende – für Autoren ebenso wie für Verlage. Intelligente Propaganda- und Machtstrategen wie Goebbels gaben sich damit zufrieden. Denn auch das vermeintlich unpolitische Unterhaltungsschrifttum und die »Fluchtlektüre« weiter Kreise der Bevölkerung wirkten letztlich systemstabilisierend – insbesondere während des Zweiten Weltkriegs, als das Versagen der nationalsozialistischen Machthaber immer offenkundiger und die zerstreuende Ablenkung immer wichtiger wurde.

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Christian Adam ist mit seiner Studie ein neuer und wesentlicher Zugang zum Verständnis der Lebenswirklichkeit in Deutschland in den Jahren 1933 bis 1945 gelungen. Gegenüber diesem großen Mehrwert wiegen einige Sachfehler und stilistische Mängel des Buches wenig: »Machtergreifung« und »Gleichschaltung« etwa sind Begriffe, die Victor Klemperer zu Recht der Lingua Tertii Imperii zugeordnet hat und die deshalb nie ohne Anführungszeichen benutzt werden sollten; Felix Timmermans hat nur ein -n- und war Flame, nicht Holländer (S. 231); in der Amelangschen Buchhandlung, an deren Schicksal unter der NS-Diktatur der der Buchhändler Hans Benecke 1995 erinnert hat, und nicht in der Nicolaischen Buchhandlung waren noch 1939 alle wichtigen englischsprachigen Autoren erhältlich (S. 233); die Lippoldsberger Dichtertage wurden bereits ab 1938 eingestellt, nachdem Goebbels Hans Grimm in einem persönlichen Gespräch am 2. Dezember 1937 im Propagandaministerium das Schicksal von Ernst Wiechert angedroht hatte, 8 und nicht erst 1939 (S. 283); die verstümmelte Ausgabe der Goebbels-Tagebücher von Ralf Georg Reuth in fünf Bänden sollte nicht als Quelle herangezogen werden, sondern immer nur die vom Institut für Zeitgeschichte herausgegebene Edition. 9 Dank Adam sehen wir nun allerdings die Lesegewohnheiten und Genrevorlieben der Menschen jener Zeit schärfer als zuvor, erkennen auch die Kontinuitätslinien von der Weimarer Republik über die NS-Diktatur bis zur Bundesrepublik Deutschland klarer. Die Bilanz bleibt in jeglicher Hinsicht ernüchternd: den nationalsozialistischen Machthabern gelang es nicht, die von ihnen präferierte und propagandistisch geförderte Literatur massenwirksam durchzusetzen, und die Bevölkerung gab sich überwiegend mit einer vermeintlich unpolitischen Unterhaltung zufrieden, um sich nicht mit den Schattenseiten der Diktatur auseinandersetzen zu müssen. Am Ende stand ein in der Zeitgeschichte beispielloser Ruin einer Nation – politisch, militärisch, wirtschaftlich, kulturell und moralisch. Die Bücher und ihre Leser waren daran alles andere als unschuldig.

 
 

Anmerkungen

Bertelsmann im Dritten Reich. Von Saul Friedländer, Norbert Frei, Trutz Rendtorff, Reinhard Wittmann unter Mitarbeit von Hans-Eugen Bühler u.a.; Bertelsmann 1921–1951. Gesamtverzeichnis, 2 Bde., München: Bertelsmann 2002; Eckart Conze / Norbert Frei / Peter Hayes / Moshe Zimmermann: Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik. Unter Mitarbeit von Annette Weinke und Andrea Wiegeshoff. München: Blessing 2010.   zurück
Joachim C. Fest: Ich nicht. Erinnerungen an Kindheit und Jugend. Hamburg: Rowohlt 2006; Marcel Reich-Ranicki: Mein Leben. München: DVA 1999.   zurück
Vgl. dazu Jan-Pieter Barbian: Literaturpolitik im NS-Staat. Von der »Gleichschaltung« bis zum Ruin. Frankfurt/M.: Fischer 2010.   zurück
S. dazu vor allem Anne M. Wallrath-Janssen: Der Verlag H. Goverts im Dritten Reich. München: De Gruyter Saur 2007.   zurück
Sebastian Haffner: Germany: Jekyll & Hyde. 1939 – Deutschland von innen betrachtet. Aus dem Englischen von Kurt Baudisch. Berlin: Knaur 1996.   zurück
So am 8.2.1942, Goebbels-Tagebücher, Teil II, Bd. 3, S. 274. Vgl. auch die Eintragungen vom 26.2.1942, ebd., S. 376, und vom 27.2.1942, ebd., S. 382–383.   zurück
Dazu im einzelnen Barbian, Literaturpolitik im NS-Staat, S. 186–192, S. 363–383 und S. 407–433.   zurück
Vgl. Barbian, Literaturpolitik im NS-Staat, S. 215.   zurück
Kritisch dazu Bernd Sösemann: Alles nur Goebbels-Propaganda? Untersuchungen zur revidierten Ausgabe der sogenannten Goebbels-Tagebücher des Münchner Instituts für Zeitgeschichte, in: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 10 (2008), S. 52–76   zurück