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Skandinavistische Landnahmen

  • Eiken Friedrichsen: Landnahmen. Texte skandinavischer Kolonialreisender vom 17. bis ins 20. Jahrhundert,. (Beiträge zur Skandinavistik 19) Frankfurt a.M.: Peter Lang 2010. 353 S. 4 Abb. Gebunden. EUR (D) 56,80.
    ISBN: 978-3-631-60482-3.
  • Marion Lerner: Landnahme-Mythos, kulturelles Gedächtnis und nationale Identität. Isländische Reisevereine im frühen 20. Jahrhundert. (Nordeuropäische Studien 22) Berlin: Berliner Wissenschafts-Verlag BWV 2010. 390 S. Kartoniert. EUR (D) 49,00.
    ISBN: 978-3-8305-1722-1.
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Zwei skandinavistische Dissertationen, im Jahre 2009 in Kiel beziehungsweise Berlin eingereicht und verteidigt und im darauffolgenden Jahr in Buchform erschienen, tragen den Begriff der Landnahme im Titel. Wenngleich sie sehr unterschiedliche Ausrichtungen haben – Eiken Friedrichsen legt eine literatur- und Marion Lerner eine kulturwissenschaftliche Arbeit vor – lässt der gemeinsame Titelbegriff ähnliche Erkenntnisinteressen vermuten.

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Der Terminus wurde dem Altisländischen landnám nachgebildet und bezeichnet die Inanspruchnahme und Kultivierung unerschlossener und unbesiedelter Gebiete. In der landnámabok und den Isländersagas wird dieser Neubeginn erzählerisch als kultureller Gründungsakt reflektiert und als gewaltlose Eroberung, nicht aber als ein Kolonialisierungsverlauf, dargestellt. Im Deutschen wird er heute in einem breiten Spektrum von (oft politischen, aber auch übertragenen) Bedeutungen angewandt, wobei häufig auf die Theoretisierung durch Carl Schmitt Bezug genommen wird. Schmitt gab der Idee eine fundamentale Bedeutung als Anfangskonzeption, wenn er die Landnahme als völkerrechtlich konstituierenden Akt der ›Teilung‹ ansah. In seinem Nachkriegswerk Der Nomos der Erde stellt er die These auf, Landnahmen, Städtegründungen und Kolonialisierungen seien »rechtsgründende[…] Ur-Akte[…]«, 1 womit das gesamte Völkerrecht aus der Landnahme als »Ur-Maß« abgeleitet und – als eine Konsequenz – koloniale Annexion gerechtfertigt werden kann. Der Raum bekommt die Funktion zugesprochen, politisches Handeln zu legitimieren, die Landnahme geht also der Gesetzgebung voraus, muss und kann daher nicht rechtlich begründet werden; sie ist selbst Ur-Grund. Das Begründungspathos von Schmitts Raumtheorie ist von Kritikern als Spiritualisierung der deutschen Großraum-Ideologie verstanden worden, 2 doch gerade in dieser bedenklichen Radikalität liegt eine Aussagekraft: Schmitts Ansatz zeigt nämlich die dem Wort innewohnende politische Brisanz, denn die Landnahme des einen impliziert Landwegnahme für andere. Insofern stellt die Konzeption einen wichtigen Ansatzpunkt der aktuellen post colonial studies dar, der zudem berücksichtigt, dass erst durch die narrative Konzeption eine nachträgliche Beglaubigung des Neubeginns erzielt wird: »Landnahme ist immer auch eine historiographische Erinnerung an die Landnahme.« 3 Und eben diese narrativen Rekonstruktionen machen die der Landnahme inhärenten Ambivalenzen und Paradoxien nachvollziehbar.

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Weder von Carl Schmitt noch von den sehr kontrovers und kritisch geführten Auseinandersetzungen mit seinen Theorien ist in den beiden Dissertationen die Rede – was aber keinesfalls bedeutet, dass sie naiv oder theorielos wären. Im Gegenteil, sie gehen methoden- und problembewusst vor und zeichnen sich nicht nur durch genaue Studien ihres jeweiligen Materials, sondern auch durch einen weiten, zum Teil interdisziplinären, Horizont aus. Daher mag es etwas überraschen, dass die grundlegenden und kritischen Debatten um den Begriff der Landnahme nicht reflektiert werden. Die Verfasserinnen benutzen den Titelbegriff in jeweils eingeschränkter und eine spezifische Fragestellung eröffnende Weise. Eiken Friedrichsen macht schon durch die Anführungszeichen, mit denen sie ihren Titelbegriff umgibt, deutlich, dass sie das Konzept vorrangig metaphorisch versteht. Marion Lerner, die die identitätsstiftende Funktion isländischer Reisevereine im frühen 20. Jahrhundert untersucht, geht es hingegen um einen engen und direkten Bezug auf die Landnahme des alten Island, die den Begriff hervorgebracht hat.

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I. Landnahme als Identitätskonstruktion

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Lerner eröffnet ihre Arbeit, nach einem Überblick über die Sozialgeschichte Islands zu Beginn der Moderne, mit einem Kapitel über die Errichtung eines Denkmals in Reykjavík, das im Jahre 1924 für den ersten Siedler des Landes, Ingólfur Arnarson, errichtet wurde. Es stellt ein sinnfälliges Zeichen für die identitätsstiftende Funktion der Landnahmeerzählung für das moderne Island dar und indiziert gleichzeitig den Problemhorizont von Lerners eigenem Vorhaben, das eben diesen Gründungsmythos kritisch auf das ihm inhärente anachronistische Nationen- und Freiheitsverständnis sowie das implizierte Männlichkeitsideal betrachtet. Den Einleitungsteil ihrer Studie zusammenfassend stellt sie fest:

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Betrachtet man den Landnehmer-Mythos in Island zu Beginn des 20. Jh. in Hinsicht auf seine Funktion, so ist leicht ersichtlich, dass er fundierend wirkt. Er sollte ein nationales Selbstbild stützen [...] und den Menschen dabei das Gefühl vermitteln, dass sie ein uraltes Erbe antraten und das Vermächtnis ihres Stammvaters fortführten. Im Zuge dieser Arbeit wird noch zu untersuchen sein, inwiefern die Gründer und Mitglieder der drei verschiedenen Reisevereine sich auf diesen Mythos bezogen und inwiefern sie seine Bedeutung verschoben und erweiterten. (S. 67)
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Damit sind eine klare Fragestellung und ein Problemhorizont benannt: Bei der Untersuchung der drei Reisevereine geht es unter anderem um Fragen nach nationaler und kollektiver Identitätskonstruktion, kulturellem Gedächtnis und Traditionsbildung, um »imagined communities«, Geschlechterzuschreibungen und um mediale Vergegenwärtigung von Räumen. Die entsprechenden einschlägigen theoretischen Ansätze – von Jan und Aleida Assmann, Benedict Andersson, Eric Hobsbawm, Bernhard Giesen, Karl Schlögel, Martin Warnke und anderen – werden jeweils ausführlich präsentiert. Dabei geht die Autorin gründlich und wohl informiert vor und bezieht zum Beispiel auch aktuelle literaturwissenschaftliche, tourismuspsychologische oder kulturtheoretische Ansätze ein. Kritisch anmerken ließe sich lediglich, dass diese impulsgebenden Theorieabschnitte zuweilen etwas überbordend werden – wie der lange Abschnitt über das Erhabene – und dass sie eher referierend vorangestellt als analysierend einbezogen werden. Dennoch bringt das aus den Theorien abgeleitetet Instrumentarium das der Untersuchung zugrunde liegende Textkorpus zum Sprechen und vermag aus zunächst marginal erscheinenden Jahrbüchern und Protokollen dreier Reisevereine interessante und weitreichende Schlussfolgerungen zu ziehen.

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Die isländischen Quellen werden jeweils in Fußnoten im Original zitiert, während im Haupttext eigene deutsche Übersetzungen verzeichnet werden. Diese Übertragungen zeichnen sich durch große Nähe zum Original, nicht aber in jedem Fall durch Eleganz aus, was im vorliegenden Fall doch eine durchaus sinnvolle Entscheidung war. Die Autorin hat auf den Einbezug von photographischem Material, dessen Aussagefähigkeit sie selbst für beachtlich hält, aus methodologischen Gründen leider verzichtet (S. 17). Das ist bedauerlich, weil die wenigen Stellen, wo Visualisierungen (am Beispiel der Symbole und Embleme der Reisevereine) Behandlung finden, durchaus interessante Ergebnisse zeitigen und auch belegen, dass Marion Lerner durchaus in der Lage ist, visuelle Zeugnisse kompetent zu deuten.

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Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen drei ungefähr gleichzeitige Reiseorganisationen mit sehr unterschiedlicher Ausrichtung: zunächst der Touristikverein Islands (Ferđafélag Íslands), dann der Bergsteigerverein Fjallamenn und schließlich der isländische Wandervogel (Bandalag íslenskra farfugla). Der Touristikverein Islands wurde im Jahr 1927 gegründet. Er war zum einen ein pragmatisches Unternehmen, das Isländern das Reisen im eigenen Land erleichtern wollte, indem man sich für die Verbesserung von Wegen, die Errichtung von Berghütten und Panoramaplatten sowie die Erstellung von Reiseführern einsetzte. Vorrangig aber war das patriotische Ziel, Heimatliebe und das nationale Selbstbewusstsein zu fördern. Der Verein richtete seine Interessen also dezidiert nach innen, wollte die Isländer zur Entdeckung des eigenen Landes auffordern und knüpfte mit seinen Ausflügen und Reisen, seinen Jahrbüchern, Landesbeschreibungen, Landkarten und Vorträgen über naturwissenschaftliche Themen an aufklärerische Traditionen an. Fjallamenn hingegen war ein 1939 gegründeter Bergsteigerverein, der sportlichen Ehrgeiz mit dem Streben nach dem Unbekannten, der unentdeckten Landschaft, verband. Zur Darlegung seiner Ziele bezieht sich Marion Lerner auf die Tradition des Alpinismus einerseits und auf Reiseberichte, die den horror vacui aufrufen, andererseits. Sie erkennt allerdings auch in diesem auf sportliche Leistungen ausgerichteten Reiseverein durchaus eine volkspädagogische Absicht. Der Bandalag íslenskra farfugla wurde etwas später, 1939, gegründet, und zwar mit Hilfe einer groß angelegten und erfolgreichen Medienkampagne. Wenngleich die meist jungen Vertreter dieses Vereins ihren Namen von den deutschen Wandervögeln übernahmen, glichen ihre Ziele eher der pragmatisch ausgerichteten Jugendherbergsbewegung. An dieser Stelle wäre ein Exkurs zu der bereits vor der Jahrhundertwende entstandenen einflussreichen Bewegung in Deutschland erhellend gewesen, ihr »institutionskritischer Gestus« (S. 272), aber auch ihre ideologische Problematik, erschließen sich nur implizit. Deutlich wird aber, dass der isländische Verein keine politischen Ziele hatte, sondern eine unbeschwerte Jugendbewegung mit einem romantisierenden Bild der Natur darstellte.

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Die Aufarbeitung dieser Quellen mag nur ein auf Island begrenztes Interesse haben, beeindruckend ist es jedoch, wie Marion Lerner diesem Material grundlegende Erkenntnisse über nation building, Gründungsmythen, Erinnerungsorte und imaginierte Gemeinschaften abgewinnt. So ist diese Studie nicht nur ein Beitrag zur Kulturgeschichte Islands im 20. Jahrhundert, sondern enthält eine Vielzahl an Beobachtungen über die kulturelle und kommunikative Relevanz von Landkarten und Denkmälern, von Steinwachen und Landschaftsmalerei, von Kunsthandwerk und Reiseliteratur. Vorgelegt wird eine exemplarische Studie, die auch für eine interdisziplinär arbeitende Kulturwissenschaft exemplarisch ist!

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II. Landnahme als sprachliche Aneignung

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Während Marion Lerner aus zeitlich, örtlich und inhaltlich begrenztem Material weitreichende Beobachtungen ableitet, basiert Eiken Friedrichsens Untersuchung auf einer breiten Literaturbasis, die einer engeren literaturwissenschaftlichen Perspektive unterworfen wird. Ihr Gegenstand sind Berichte von Reisen in die skandinavischen Kolonien zwischen dem 17. und dem 20. Jahrhundert. Ermittelt hat sie 60 dieser Texte, die in einer kommentierten Bibliographie im Anhang verzeichnet sind und eine Grundlage für weitere Untersuchungen bieten können (vgl. S. 329–350). Wenngleich keine Vollständigkeit angestrebt wurde, stellt schon diese Ermittlung von wenig bekanntem Material eine wertvolle Forschungsleistung dar. Genauer analysiert werden 10 Reiseberichte, deren Auswahl alle überseeischen Kolonien (Nya Sverige, Dänisch-Guinea, Dänisch-Westindien, die Nikobaren und Tranquebar) sowie einen zeitlichen Querschnitt über die gesamte Kolonialzeit abdeckt (vgl. S. 24). Vorausgesetzt wird, dass die Autoren das geschilderte Land aus eigener Anschauung kannten und dass es sich um Literatur von Reisenden handelt, die in Ausübung einer Funktion (etwa als Kolonialbeamte) in die Kolonien fuhren. Der früheste Text ist aus dem Jahr 1661, der jüngste, zugleich der einzige von einer Frau verfasste, wurde 1940 publiziert; auch sprachlich wird mit einem isländischen, mit dänischen, schwedischen und auf Deutsch geschriebenen Dokumenten ein weites Feld bearbeitet. Diese Breite hat zwangsläufig zur Folge, dass die jeweilige historische und regionale Kontextualisierung keine tragende Rolle spielt. Im Zentrum steht vielmehr die Analyse der Texte, die zwar bestimmten, oft wiederholten Fragestellungen folgt, aber dennoch nicht schematisch, sondern der Textspezifik angepasst umgesetzt wird.

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Der in Anführungszeichen gesetzte Begriff der Landnahme wird als »sprachlich-geistige Aneignung« (S. 15) verstanden. Da es Sekundärliteratur zu den untersuchten Reiseberichten kaum gibt, positioniert sich die Verfasserin in ihren einleitenden Überlegungen zur Forschung vorsichtig-distanziert zu den post colonial studies und wählt sprachliche Verfahrensweisen wie die konventionelle Gegenüberstellung von ›Berichten‹ und ›Erzählen‹, Authentifizierungsstrategien und Wahrnehmungskategorien wie die Verwunderung als ihre bevorzugten Analyseinstrumente. Sie fasst ihre methodologischen Vorüberlegungen zusammen:

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Wie aus den vorangehenden Ausführungen hervorgeht, orientiert sich die folgende Analyse in der Frage nach dem Wie der Versprachlichung des fremden Raums nicht an einem einzelnen theoretischen Modell. [...] Damit ermöglicht es die Berücksichtigung verschiedener Ansätze, sich dem Facettenreichtum des Ausgangsmaterials zu nähern ...(S. 36)
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Insofern lassen sich die zehn Einzelanalysen auch nur schwer zusammenfassend darstellen. Der älteste der Texte, Jón Ólafssons Æfisaga (1661), erweist sich als ein »Versuch einer umfassenden [kulturellen] Schilderung des fremden Raums« (S. 54), in dem der Gegensatz von christlichem und fremdem indischen Glauben einen festen Bewertungsgrundsatz und das entscheidende Argument für die eigene Überlegenheit liefert. Johan Risinghs Tagebuch über die Kolonisierung von Nya Sverige (1653–55) tritt als Rechenschaftsbericht hervor, in dem weniger das fremde Land als vielmehr sein eigenes Tun als Gouverneur im Mittelpunkt steht. Sein Mitreisender Per Lindström verfasste hingegen einen Bericht, der dem Grundsatz von prodesse et delectare verpflichtet ist, anekdotisch sowie komisch erzählt, Fremdes durch Vergleiche mit Eigenem vorstellbar macht und ein anschauliches Panorama des Erlebten entfaltet. Der Vergleich dieser beiden gleichzeitigen und an denselben Ort führenden Berichte zeigt eindrücklich, dass »die sprachliche ›Landnahme‹, die sie leisten, eben nicht primär von dem dargestellten Raum oder den behandelten Ereignissen bestimmt ist. Entscheidend für inhaltliche und formale Ausgestaltung ist vielmehr die Rolle, aus der heraus sie geschrieben wurden, und somit auch die Funktion, die ihnen zugedacht war.« (S. 105)

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Dieses Ergebnis gilt natürlich für alle der untersuchten Texte; deshalb ist es bedauerlich, dass eben dieser Funktion und diesem Schreibkontext sowie vor allem ihren politischen Begründungszusammenhängen nicht etwas mehr Raum gegeben wurde – wenngleich mir bewusst ist, dass eine solche Kritik letztlich ein anderes Buch als das vorliegende fordert. Das Interesse der Verfasserin finden hingegen die sprachlichen Verfahren, die zum Beispiel Johan Lorentz Carstensens Almindelig Beskrivelse (über Dänisch-Westindien; um 1740) durch Abgrenzung und Aneignung eine eurozentrische Perspektive einnehmen lassen. Paul Erdmann Iserts Reise nach Guinea (1788) stellt hingegen einen durchaus kritischen Beitrag zur damals aktuellen Sklaverei-Debatte dar, dennoch erweist die Textlektüre, dass sich der Autor in einer Position der Überlegenheit präsentiert, für die ihn der Blick des Naturforschers qualifiziert. Der jüngste der untersuchten Texte, Sophie Helweg-Larsens Sollyse minder fra tropeegne, der var danske (1940), lässt schon im Titel die idyllisierende Tendenz erkennen, die die Kolonialzeit als verlorenes Paradies hervortreten lässt; die Analyse konzentriert sich auf die literarischen Mittel, die diese Verherrlichung der Vergangenheit (die Autorin lebte von 1888–1916 in Dänisch-Westindien) hervorbringen.

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Wenngleich, so vor allem im Kapitel Edward Carstensens Indberetninger fra Guinea (1842–1850), gelegentlich Vergleiche des untersuchten Textmaterials untereinander gezogen werden, tritt doch eine historisierende Perspektive – Literaturgeschichte wie auch politische Geschichte betreffend – gegenüber der literarischen Einzelanalyse deutlich in den Hintergrund. Im Gegenteil: Als ein Ergebnis wird festgehalten, dass »die sprachlichen Mittel, die zur Aneignung des fremden Raums herangezogen werden, [in den] untersuchten Darstellungen eine erstaunliche Konstanz auf[weisen]« (S. 309). Ziel und Ergebnis stellen demnach Vergleichbarkeit und Gemeinsamkeiten der sprachlichen und narrativen Strategien der Fremdheitsbewältigung dar. Gemessen an ihrem eigenen Vorhaben ist daher auch diese Dissertation sehr gelungen, wenngleich sie weniger Verallgemeinerungspotential bietet als die kulturwissenschaftliche Untersuchung Lerners. Ihr Verdienst ist zum einen, weitgehend unbekanntes Material ermittelt zu haben sowie zum anderen mit Hilfe eines soliden literaturwissenschaftlichen Instrumentariums gezeigt zu haben, welche Aspekte diesen kaum behandelten Texten abzugewinnen sind.

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Auch wenn sich vermutete Vergleichbarkeit, zu der die Ähnlichkeit der Titel zunächst einlud, nicht bestätigt hat, stellen diese beiden Landnahme-Untersuchungen zwei solide, methodisch stringente sowie material- und ergebnisreiche Untersuchungen dar, die zur Lektüre und als Grundlage weiterer Forschung empfohlen werden können.

 
 

Anmerkungen

Carl Schmitt: Der Nomos der Erde im Völkerrecht des Jus Publicum Europaeum [1950]. Berlin 41997, S. 16.   zurück
Vgl. Werner Köster: Die Rede über den ›Raum‹: zur semantischen Karriere eines deutschen Konzepts. Heidelberg 2002, S. 211. Das Nachkriegswerk Der Nomos der Erde sieht Köster als konsequente Fortsetzung von Schmitts Verteidigung der nationalsozialistischen Expansionspolitik, nur herrsche jetzt ein elegischer Ton, sei die »Schrift von Hoffnungslosigkeit grundiert« (ebd., S. 229).   zurück
Richard Corradini: »Landnahme«. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde, 2. völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Aufl., Bd. 17, Berlin 2001, S. 602–611.   zurück