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Der ungewöhnliche Jandl

Zum „Internationalen Lyriktag“ untersuchte man in Jjubljana Jandls Werk in all seiner Breite

  • Johann Georg Lughofer (Hg.): Ernst Jandl. Interpretationen - Kommentare - Didaktisierungen. (Ljurik - Internationale Lyriktage der Germanistik Ljubljana 1) Wien: Praesens 2011. 168 S. Broschiert. EUR (D) 24,30.
    ISBN: 978-3-7069-0649-4.
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2010 war ein Ernst Jandl-Jahr. Manchen ist es möglicherweise entgangen. Man gedachte seines zehnten Todestages und in jenem Jahr wäre der Dichter 85 Jahre alt geworden. Eine unter den lobenswerten Hervorbringungen im Jandl-Jahr ist der von Johann Georg Lughofer herausgegebene Tagungsband, der die Reihe »Ljurik« der »Internationalen Lyriktage der Germanistik Ljubljana« eröffnet. Die Annäherungen der (Nachwuchs-)Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden in ihrer Heterogenität dem Facettenreichtum von Jandls Werk gerecht. So werden bereits begangene Methoden der Analyse aufgegriffen und weiter ausdifferenziert (z.B. Jandl und Musik, Experimentelle Lyrik im Deutsch als Fremdsprache-Unterricht sowie linguistische Fragestellungen) oder aber gänzlich neue und unbeschrittene Pfade aufgenommen (etwa kulturwissenschaftliche, die Verbindung zur so genannten VolXmusik oder Jandls Reiselyrik). Dank der Interdisziplinarität richtet sich der Tagungsband daher nicht ausschließlich an Adressaten, die sich für neue Ergebnisse der Jandl-Forschung interessieren, sondern auch an Literaturwissenschaftler anderer Themenbereiche, an Linguisten, Didaktiker und Kulturwissenschaftler.

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Ernst Jandls heruntergekommene Sprache
und die Sprachkritik

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Michael Hammerschmid, der in der Jandl-Forschung durch einen gemeinsam mit Helmut Neundlinger verfassten Sammelband von Artikeln zur so genannten »heruntergekommenen sprache« Jandls bekannt ist 1 , steuert gleich zwei Beiträge bei. Zunächst bringt er uns »Ernst Jandls Dichtung im Porträt« näher. Mit ›partizipativer Poetik‹ findet er dabei ein Schlagwort, durch welches Jandls Lyrik treffend charakterisiert ist, da sie einen produktiven Leseakt einfordert und jedem Leser je eigene Lesarten zugesteht, ohne sich im Hermetismus zu verlieren. In seiner anregenden Emphase stellt Hammerschmid die Relevanz von Jandls Schaffen für die österreichische Dichtung des 20. Jahrhunderts in seiner Wirkungsmacht neben das Werk H. C. Artmanns und »auf einem anderen Register« (S. 14) das von Paul Celan und bezeichnet Jandl schließlich als »Joyce der Poesie« (S. 15). Anschließend widmet sich Hammerschmid den »Reflexionen zu einem vitalen Paradox im Werk Ernst Jandls« und beleuchtet darin das Thema des Sprachverlustes, womit er Überlegungen seiner erwähnten einschlägigen Veröffentlichung weiterknüpft. Überzeugend sind die ausführlichen Einzelanalysen der Traktatgedichte von einen sprachen und von leuchten, bei denen es ihm keineswegs darum geht, zu vereinfachen und »allein einen Schriftsinn gelten zu lassen« (S. 67). Hammerschmid zeichnet den strukturellen Aufbau der Gedichte genau nach und konkretisiert damit die syntaktische Offenheit der unflektierten ›heruntergekommenen Sprache‹. Weiterhin aufschlussreich ist die Beantwortung grundlegender Fragen wie »Wer spricht hier?«, »Wer ist der Adressat?« sowie die Reflexion über die semantische Aufladung der im Gedicht von leuchten getroffenen Wortwahl.

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Auch Imelda Rohrbacher liefert in ihrer »Kleinen Einführung in Ernst Jandls Zufallsmethodik« unter Verwendung eines erfrischend unakademischen Sprachduktus weiterführende Einzelanalysen, beispielsweise des Gedichtes leben eines q-hirten. Bei ihrer Parallelsetzung Jandls zu anderen Autoren der österreichischen Literaturgeschichte wird ebenso der Aspekt der Sprachkritik als zentral eingestuft. Wie schon bei Karl Kraus sei auch bei Jandl nicht von einer Sprachbeherrschung, sondern einer Beherrschtheit durch Sprache auszugehen.

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Innovative Beiträge zur Jandl-Forschung

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Mit dem Beitrag zu »Ernst Jandls frühen Reisegedichten zwischen literarischer Tradition und Nachkriegserfahrung« konzentriert sich Kristian Donko auf einen relevanten Bereich, der bei Untersuchungen zu Jandls Werk bislang nicht im Fokus stand. Von Jandl abstrahierend belegt er das generelle »Scheitern humanistischer Projekte« (S. 45) in der Moderne. Nietzsche, Max Weber und Freud werden als heterogene Vorläufer genannt, die den Kontrollverlust des Subjektes formulierten. Bei Jandl werden diese Erschütterungen vor dem Hintergrund der Kriegserfahrungen weiter potenziert: »Unbestimmtheit und Unentschiedenheit« (S. 49) werden zu bestimmenden Kategorien, die die viel bemühte »Reise zu sich selbst« (S. 43) unterminieren. Um den ästhetischen Bruch zur humanistischen Maxime des Schönen, Wahren und Guten exemplarisch zu belegen, analysiert Donko ausführlich das Gedicht wege der ameise und zeigt daran interessante Möglichkeiten der Lesart auf. Auch wenn es Donko mit Sicherheit nicht entgangen sein wird, hätte zumindest ein kurzer Hinweis auf Ringelnatz’ berühmtes Gedicht Die Ameisen erfolgen können, da unverkennbar Parallelen vorhanden sind. Der Analyse von wege der ameise folgt die des Gedichtes märchenspur, das ebenso die Reise als zentrales Motiv aufweist. Dieser gelungene Gedichtvergleich veranschaulicht nicht allein Jandls hinreichend belegte Variationsbreite der Form sondern auch die des Inhaltes. Nicht nur unter formalen Gesichtspunkten strebt Jandl nach Perfektion, auch ideengeschichtlich und motivisch gibt es Entwicklungsstränge, die in ihrer Komplexität Jandls Deutungsoffenheit und die Offenheit der Standpunkte belegen. 2

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Ebenso innovativ und – so legt es der Titel des Beitrages nahe – fast gewagt ist Milka Cars Ansatz, Ernst Jandl »(Einmal) Kulturwissenschaftlich« zu untersuchen. Angesichts der Komplexität des theoretischen Unterbaus ist bedauerlich, dass der Artikel mit gerade einmal acht Textseiten nur einen geringen Umfang einnimmt. So ist die erzielte »Annäherung scheinbar getrennter Bereiche« (S. 87) anfangs vielversprechend, doch verliert sich diese dann in der allzu gerafften Explikation der verschiedenen Theorieansätze. Car gelangt unter anderem zu der tatsächlich wichtigen, nicht aber wirklich neuen These, Jandl betreibe zwar auch, nicht aber ausschließlich Sprachkritik und stelle damit darüber hinaus die »kulturellen Machtdiskurse« (S. 90) zur Diskussion. Doch es bleibt die Frage, ob man für solche Aussagen zahlreiche Autoritäten bemühen muss wie Barthes, Foucault, Lyotard oder in diesem Fall Bhabba.

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Anregend und neu ist Lughofers Beleuchtung eines Zusammenhanges zwischen Jandls Gedichtsammlung stanzen (1992) und der österreichischen »Volxmusik«, genauer, dem Einfluss des »Volksmusik-Crossover-Duos« (S. 97) Attwenger. Da die Einflussrichtung von Seiten der Literaturwissenschaft umgekehrt wurde und Attwenger »in die Tradition der Konkreten Poesie gestellt« (ebd.) wurde, ist Lughofers Korrektur dringend notwendig. Jandls neugieriges Verlangen nach Jazz ist bekannt und mehrfach untersucht worden. Jandls Interesse beschränkte sich nicht auf Klassikergrößen der Jazzgeschichte wie Duke Ellington und Ella Fitzgerald. Auch für zeitgenössische Entwicklungen des Freejazz und für gelegentlich schon in der Nähe der Popkultur stehenden Sprechgesang sowie für schwer zugängliche Kompositionen, die zunächst nur aus Störgeräuschen zu bestehen scheinen, konnte sich Jandl begeistern. Ebenso wie dem Jazz muss daher auch der Volxmusik und insbesondere dem Duo Attwenger außerliterarischer Einfluss auf Jandls Schaffen konzediert werden. Daher plädiert Lughofer für »ein Wegrücken von literaturwissenschaftlichen Annäherungen« wohingegen ein »kulturwissenschaftlicher Zugang« (S. 101) erhellend sei. Doch geht es dem Autor nicht darum, die Originalität Jandls anzuzweifeln, sondern eher darum, »Jandls Offenheit« (S. 111) zu betonen. Im Falle der progressiven Volxmusik ist es Jandls Offenheit gegenüber einem Genre, das Eigenschaften der traditionellen Volksmusik konterkariert und in neue Kontexte einflechtet, darüber hinaus mit Elementen des HipHop und Punk mischt und in den Texten Landsleute und politische Missstände kritisiert. Lughofer plädiert dafür, über eine allein werkimmanente Analyse dieses Gedichtbandes hinauszugehen, da dies vor allem bei Jandls Stanzen zu Missverständnissen führen müsse. Konsequent belegt Lughofer eine ganz konkrete Parallelsetzung intertextueller Einflussrichtung von Attwenger auf Jandl und belegt dies an der Gstanzl most von Attwenger. Gerade bei diesem Beispiel wird klar, dass Jandl Grundideen aufgreift, um sie dann in einem völlig tabuisierten Kontext (z.B. Pädophilie aus der Sicht der Täter) weiterzuführen.

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Literatur im Deutschunterricht als Fremdsprache

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Es gibt die mannigfaltigsten Ziele, Gründe und Motivationen, Deutsch als Fremdsprache zu lernen. Kaum eine dieser Motivationen spricht dagegen, Literatur im Unterricht zu thematisieren. Neva Šlibars These, Jandl lasse sich in allen Niveau- und Altersstufen zur Vermittlung des Deutschen als Fremdsprache (DaF) einsetzen, ist daher unbedingt zuzustimmen. Konkrete Poesie sowie Jandl, dessen Œuvre sich nicht gänzlich wohl aber zu Teilen dieser Schreibform zuordnen lässt und einzig in dieser Form Eingang in Lehrwerke findet, sind im DaF-Unterricht gerne behandelte Klassiker. Doch erstens ist laut Šlibar zu beklagen, dass sich das Textkorpus der in Lehrwerken vorkommenden Gedichte Jandls auf wenige Gedichte beschränkt. Zweitens belegt die an der Universität Ljubljana lehrende Professorin nach Durchsicht von »über zwei Dutzend aktuelle[n] DaF-Lehrwerke[n]« der Niveaustufen A1 bis C1, dass der Befund für das Vorkommen von Literatur »verheerend« (S. 151) sei und kaum ein Drittel der Lehrwerke bloß vereinzelt literarische Texte enthalte. Während zu erstem Punkt aus didaktischer Sicht die Vorteile eines erweiternden Textkorpus nicht ganz einleuchten, ist der Nachteil zu letzterem Aspekt offensichtlich. Es lässt sich wohl schneller beantworten, was Literatur im Unterricht nicht leisten kann als das, was sie kann. Denn neben dem weiten Feld so genannter Landeskunde lässt sich auch Phonetik, Lexik und Grammatik vermitteln und somit auch Inhalte, die angesichts des Zuwachses an Kursen zur Sprachzertifikation eine immer größer werdende Rolle spielen. Šlibar ist daher darauf bedacht, dass die Lektüre von Gedichten Jandls und Lyrik überhaupt »nicht zu sekundenlangen Aha-Effekten gerinnen« (S. 142).

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Unter Rückgriff auf Rüdiger Krechels Untersuchung zum Einsatz von Konkreter Poesie im DaF-Unterricht sieht die Beiträgerin zusammenfassend vier positive Hauptfunktionen von Konkreter Poesie: Abbau der Schwellenangst vor der Fremdsprache, Aktivität, Kreativität und Lustgewinn, Förderung diskursiver Kompetenzen (z.B. sprachlicher, narrativer, kommunikativer) und Förderung sprachkritischer, sozialer und interkultureller Sichten. Darüber hinaus gibt es bei Jandl eine »literarische Mehrfachkodierung«, da seine Texte neben der akustischen auch die visuelle Wahrnehmung ansprechen.

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Generell gibt es bei Šlibars Appell zu mehr Einbindung von Literatur im Unterricht doch zwei Bedenken: Erstens ist zu überlegen, ob nicht viele Vorteile verloren gehen, wenn man Literatur im Fremdsprachenunterricht thematisiert, aber nicht in der Zielsprache bespricht. Zweitens sollte man sich eingestehen, dass Literatur im Fremdsprachenunterricht sowie andere Themen oftmals zu Lernzwecken instrumentalisiert werden, dies aber keinen »Missbrauch literarischer Texte« (S. 147) bedeutet. Michael Dobstadt hat hierzu einen Vorschlag zur »Neuprofilierung des Arbeitsbereichs Literatur im Fach Deutsch als Fremdsprache« gemacht, demzufolge Literatur zwingend »eine für Sprach- und Kulturzwecke funktionalisierte Literatur« sei, gleichzeitig aber stets die »Reflexion auf ihre Literarizität« 3 Ausgangs- und Bezugspunkt bleibe. Bei einem solchermaßen vorgehenden Umgang mit Jandls Texten würde man dessen Gedichte durch eine Überführung in grammatikalisch korrektes Deutsch nicht »zerstören«, wie Šlibar befürchtet, sondern gerade die Literarizität betonen und gleichzeitig mit einem möglichen Lernziel verbinden.

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Linguistische Analysen zu Jandl

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Ebenso wie sich Jandl für Entwicklungen der Sprachwissenschaft interessiert hat, laden seine Gedichte stets zu linguistischen Analysen ein. Durch zwei Beiträge ist auch dieses Feld vertreten. Stojan Bračič untersucht »Wortbildungsprodukte als Kohäsionsmittel« und geht dabei der durchaus berechtigten Frage nach, ob Jandls Gedichten – orientiert an den sieben Textualitätskriterien von de Beaugrande und Dressler 4 – Textualität zuzusprechen sei. Diese Frage wird vom Autor positiv beantwortet. Damit steht auch die Frage im Raum, ob Literarizität bzw. Poetizität Textualität überhaupt voraussetzt. Anders formuliert: Kann ein Gebilde, das kein Text ist, auch ein Gedicht sein? Bračič vertritt die Ansicht, dass Gedichte deshalb Texte sind, weil die Rezipienten bei der Lektüre Sinn herstellen und damit Kohäsion gegeben ist. Belegt wird dies an vier detaillierten Einzelanalysen. Allerdings ließe sich einwenden, dass beispielsweise Kohärenz und Akzeptabilität auch bei den von Bračič angegebenen Jandl-Gedichten nicht gegeben sind. Die Leistung des Beiträgers liegt darin, unter Beweis zu stellen, inwieweit linguistische Analysen erweiterte Lesarten zutage fördern. Vor allem durch die für experimentelle Poesie typische Aktivierung des Lesers wird Kohäsion – auf die sich Bračič zuungunsten der übrigen Textualitätskriterien konzentriert – hergestellt.

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Tanja Škerlavaj setzt sich mit der »Mehrdeutigkeit in Jandls Gedichten – aus linguistischer Sicht« auseinander. Allerdings scheint hier der Brückenschlag zwischen Sprachwissenschaft und Literaturwissenschaft – einer »Ehe, in der sich beide auseinandergelebt haben«, wie Ralf Schnell und Wolfgang Klein in der 150. Jubiläumsausgabe der Siegener Zeitschrift Literaturwissenschaft und Linguistik monieren – nicht so gelungen wie bei Bračič. Schade ist, dass Schlussfolgerungen an jenen Stellen, wo es spannend wird »jedoch lieber der Literaturwissenschaft« (S. 135) oder aber »schon wieder jedem einzelnen Leser« (S. 137) überlassen werden. Die Ansätze, die Škerlavaj gibt, sind nicht uninteressant, doch enden leider oftmals in wenig weiterführenden Erkenntnissen. Es dürfte keine Neuigkeit sein, dass Mehrdeutigkeit ein Charakteristikum literarischer Texte ist, »der Leser aufmerksamer« wird, »sich mit dem Text auseinander« setzt und dies als »das Ziel eines literarischen Textes« (S. 131) angepriesen wird.

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Fazit: Zur Breite von Jandls Werk

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Wie für Tagungsbände üblich, ist die Relevanz der Beiträge nicht einheitlich. Bei der Stilistik erfreut gelegentlich ein etwas persönlicherer Stil, der im akademischen Sprachgebrauch der deutschsprachigen Länder offenbar weitgehend inkriminiert zu sein scheint. Allerdings wirkt die an einigen Stellen zu häufige Verwendung von Abtönungspartikeln wenn nicht unwissenschaftlich, so doch unentschieden. Auch, ob man einen metasprachlichen Visualisierungsprozess als »ästhetisch angehaucht« (S. 120) bezeichnen mag, ist Geschmacksfrage. Erfreulicherweise werden alle Facetten von Jandls Werk untersucht. Mit Virants Beitrag finden auch die Theater-Stücke ihre berechtigte Geltung. Wenngleich Jandls Dramentexte nicht im aristotelischen Sinne als »Zusammensetzung der Geschehnisse« aufzufassen sind, so liegt doch – und darin Szondi folgend – eine Verschiebung vom Zwischenmenschlichen zum Innenmenschlichen statt. Virant schlägt zur Kennzeichnung des experimentellen Theaters den produktiven Begriff »poetisches Drama« vor.

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Insgesamt findet man im Band alle großen Forschungsdisziplinen wieder: Deutsch als Fremdsprache, Theaterwissenschaft, Literaturdidaktik und –wissenschaft sowie Linguistik. Mit Markus Köhles lyrischer Kontrafaktur »Jandl reloaded« kommt glücklicherweise auch das hinzu, was Germanistik überhaupt erst ermöglicht: ein (um Jandl schweifender) literarischer Primärtext. Mit dieser Breite der Forschungsansätze – von einigen Ausnahmen abgesehen meist auch in der Tiefe der Ansätze – wurde man auf der Tagung in Ljubljana der Breite von Jandls Werk gerecht. Die erbrachte Forschungsleistung ist auch insofern wünschenswert, als dass Lyrik an Universitäten nach wie vor zu wenig Raum gegeben wird. 5 Eine übersichtliche Zeittafel zu Leben und Werk des Autors, die man bislang in Sammelbeiträgen zu Jandl vermisste, beschließt den Band.

 
 

Anmerkungen

Michael Hammerschmid / Helmut Neundlinger: »von einen sprachen«. Poetologische Untersuchungen zum Werk Ernst Jandls. Innsbruck u.a. StudienVerlag 2008.   zurück
Jandl selbst sagt über das offene Kunstwerk in einer ihm eigenen, nur scheinbaren Eindeutigkeit: »Niemals hat ein Werk derartiges [eine Interpretation gleichsam einer Übersetzung] verlangt, und man muß sich beeilen zu sagen, daß ein Werk überhaupt nichts verlangt, wenngleich es, wahrgenommen, etwas tut, nämlich an dem, der es wahrnimmt, etwas an ihm und in ihm tut, und wieder muß man sich beeilen zu sagen, daß es überhaupt nichts tut, sondern daß an ihm und in ihm, der es wahrnimmt, sich etwas tut, wenn es ein Werk ist, wobei man sich beeilen muß hinzuzufügen, wenn es überhaupt ein Wahrnehmender ist, in und an dem sich etwas tun kann.« Ernst Jandl: Autor in Gesellschaft. Aufsätze und Reden. Hg. von K. Siblewski. München 1999, S. 84.   zurück
Michael Dobstadt: »Literarizität« als Basiskategorie für die Arbeit mit Literatur in DaF-Kontexten. Zugleich ein Vorschlag zur Neuprofilierung des Arbeitsbereichs Literatur im Fach Deutsch als Fremdsprache. In: Deutsch als Fremdsprache. Zeitschrift zur Theorie und Praxis des Deutschunterrichts für Ausländer. 46 (2009), S. 21–30, hier S. 23.   zurück
Die beiden Autoren bezeichnen bekanntermaßen »Kohäsion und Kohärenz, Intentionalität und Akzeptabilität, Informativität, Situationalität und Intertextualität« als charakteristisch für Texte. Robert-Alain de Beaugrande/ Wolfgang Ulrich Dressler: Einführung in die Textlinguistik. Tübingen 1981, S. 3.   zurück
Porombka resümiert: »[F]inster sieht es an den germanistischen Seminaren der Universitäten aus, wo die Gegenwart oft gar nicht erst stattfindet.« Wiebke Porombka: Gedichte unter erschwerten Bedingen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. Juni 2011, S. 25–27, hier S. 25. Vgl. auch http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/2.1719/land-der-dichter-gedichte-unter-erschwerten-bedingungen-1654361.html Stand: 19.12.2011.   zurück