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Die Aufklärungssatire Gottlieb Wilhelm Rabeners - eine Strukturanalyse mit Modellcharakter

  • Nadja Reinhard: Moral und Ironie bei Gottlieb Wilhelm Rabener. Paratext und Palimpsest in den Satyrischen Schriften. Göttingen: Wallstein 2013. 349 S. Gebunden. EUR (D) 29,90.
    ISBN: 978-3-8353-1169-5.
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Einleitung

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Die literarische Satire bietet ihrem Leser das Vergnügen einer scheinbar exklusiven intellektuellen Erfahrung. Ihr Reiz liegt darin, dass sich der Rezipient als Eingeweihter fühlen darf. Durch die Entschlüsselung einer indirekten Kommunikation hat er an tieferen Erkenntnissen teil, die sich zunächst im Text verbergen. Dabei gehört es zur Wirkungsstrategie einer Satire, dass der Leser nie genau wissen kann, wie weit sie sich erstreckt. In die Freude des Lesers, dem sich eine plötzliche Ironie enthüllt, mischt sich somit häufig ein Zweifel darüber, ob er alle Hinweise richtig gedeutet hat. Auf diese Weise befördert gerade auch das (provozierte) Missverständnis die Dynamik der satirischen Kommunikation. Doch selbst wenn alle Mitglieder einer Gruppe die Satire adäquat erfassen können, verliert sie dadurch im einzelnen Lektüreerlebnis nichts vom Anschein ihrer Exklusivität. Man könnte dies als das Paradoxon der satirischen Kommunikation bezeichnen.

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Die populären Schriftsteller der Aufklärung entwickeln eine besondere Vorliebe für den Modus der Satire. Sie nutzen dessen spezifische Spannung zwischen Inklusivität und Exklusivität, um die bürgerliche Wertegemeinschaft zu stärken oder (und dies ist nicht notwendig ein Widerspruch) um ihre ganz persönliche Spottlust zu befriedigen. Wer eine Aufklärungssatire verstehen will, benötigt in der Regel eine profunde humanistische Bildung. Die erforderliche Textkompetenz grenzt die weniger gebildeten städtischen und ländlichen Bevölkerungsgruppen aus und gibt dem Satiriker zugleich ein Instrument an die Hand, mit dessen Hilfe er die Zensur in die Irre führen kann. Zwar ist Satire in der Aufklärung sehr beliebt, doch sieht sich der Satiriker zugleich öffentlichen Anfeindungen und obrigkeitlichen Repressalien ausgesetzt.

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Mitte des 18. Jahrhunderts zieht der Leipziger Steuerbeamte und Satiriker Gottlieb Wilhelm Rabener mit seiner Sammlung satyrischer Schriften (4 Teile, 1751–55) ein erstes Fazit der Aufklärungssatire, die vor allem in den Moralischen Wochenschriften ihren Anfang genommen hat. Zugleich arbeitet er satirische Darstellungsverfahren heraus, die für das späte 18. Jahrhundert musterbildend werden. Nadja Reinhard hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Leistung Rabeners zu rekonstruieren und seine Satiren im Kanon progressiver Texte des 18. Jahrhunderts aufzuwerten. Mehr als 50 Jahre nach dem Erscheinen der letzten Monographie zu Rabener von Armin Biergann entwickelt Reinhard in ihrer Dissertation von 2011 ein Verfahren zur Analyse von Rabeners satirischer Kommunikation, das die vielschichtige Struktur seiner Texte offenlegt. 1

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Ausgehend von der strukturalistischen Literaturtheorie Gérard Genettes weist Reinhard nach, dass Rabener sich mit seiner Satiretheorie entschieden von seinem Lehrer Johann Christoph Gottsched und dessen Regelpoetik abgrenze. Stattdessen formuliere Rabener in den Vorworten seiner Satyrischen Schriften eine an Horaz und dessen Ars poetica orientierte explizite Satiretheorie und unterzeichne diese auch auktorial mit seinem Namen. Darüber hinaus entwickelten seine Texte jedoch noch eine wesentlich komplexere implizite Satiretheorie, die Rabener durchweg von fiktiven Autoren vorbringen lasse. Reinhard macht diese implizite Satiretheorie sichtbar, indem sie das transtextuelle Beziehungsgefüge von Rabeners Satiren nachvollzieht. Zu diesem Zweck verwendet sie das in der Intertextualitätsforschung etablierte Begriffsinventar Genettes.

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Reinhard formuliert die These, dass Rabener seine implizite Satiretheorie zum einen über ein ironisch gebrochenes Spiel von Haupt- und Paratexten realisiere. 2 Zum anderen gestalte er seine Satiren als Hypertexte auf der Basis eines zugrunde liegenden Hypotextes. Dementsprechend bezeichnet Reinhard diese letztere Strategie der Satire auch als ›Palimpsest‹, also als Aufscheinen eines grundlegenden Textes unter einem neuen Text, der von diesem abgeleitet wurde und nur unter Bezug auf seinen Ursprungstext verstanden werden kann. 3 Das komplexe, selbstbezügliche Spiel von Haupttexten, Paratexten und Palimpsest-Strukturen verleihe Rabeners Satyrischen Schriften eine ästhetische Eigenwertigkeit, die seine Satiren aus einer rein moraldidaktischen Funktionalität befreie. Dementsprechend ist es Reinhards Anliegen, zu zeigen, »dass Rabeners satirische Schriften über ihre Rahmungen das Paradigma der Moderne, einer selbstreflexiven Literatur als heautonome Autopoiesis im Sinne der Autonomieästhetik bereits in den 40er und 50er Jahren des 18. Jahrhunderts erfüllen« (S. 50).

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Aufbau der Studie

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Reinhard verfährt in drei Schritten: Nach einer kurzen Einführung, die Rabener innerhalb seines Leipziger literarischen Netzwerkes vorstellt (Kapitel 1.2.), erläutert sie zuerst seine explizite Satirekonzeption im Kontext der antiken und der zeitgenössischen Satiretheorien (Kapitel 2 und 3). Im Zentrum steht dabei die Satiretheorie des Horaz, die von Gottsched rationalistisch rezipiert und auf die erzieherische Funktion der Satire als Darstellung eines moralischen Lehrsatzes durch beißenden Spott reduziert worden sei. Demgegenüber berücksichtige die neuere englische Satiretheorie im Anschluss an Jonathan Swift, Alexander Pope und Shaftesbury die Tatsache, dass Horaz in seinen Satiren das Ideal eines ›vir bonus‹ entwerfe und zu diesem Zweck auch gesellschaftliche und politische Zeitkritik mithilfe der Ironie in seine Texte integriere. Rabener stelle sich nachweislich in diese englische Satiretradition.

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Besonders der Vorbericht vom Missbrauche der Satyre mache Rabeners explizite Satirekonzeption deutlich. In Abgrenzung zum persönlich angreifenden Pasquill entwerfe Rabener eine Satire, die auf die moralische Besserung des Einzelnen abziele und dabei auf die Mündigkeit des Lesers und dessen Urteilsvermögen setze (vgl. S. 90). Bereits hier verwende Rabener jedoch die Trope der Ironie und bewirke auf diese Weise eine scherzhafte Relativierung seiner eigenen Aussagen, die das abschließende Urteil dem Leser überantworte. Damit geht schon Rabeners explizite Satiretheorie nach Reinhard weit über Gottsched hinaus (vgl. v.a. Kapitel 3.5.).

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Im Anschluss an diese erste Verortung weist Reinhard Rabeners implizite Satirekonzeption nach (Kapitel 4). Sie zeigt, dass Rabeners Ironieverständnis deutliche Parallelen zum Gebrauch der Ironie bei Shaftesbury aufweist. Der subversive Charakter dieser Ironie diene auch Rabener dazu, »in Zeiten von Zensur und Verfolgung soziale und politische Missstände zu kritisieren und seine Leser zu selbstreflexiver Autonomie anzuleiten« (S. 112). Mithilfe der paratextuellen Elemente (wie beispielsweise der Titel, Mottos oder Fußnoten) sowie über das Wechselspiel zweier Texte in einer Palimpsest-Struktur erzeuge Rabener komplexe ironische Brechungen der Textaussagen, wobei »Negativierung und hyperbolische Übersteigerung« die häufigste Wirkungsstrategie bildeten (vgl. S. 157). Rabeners Palimpseste – wie zum Beispiel seine Abhandlung über Sprichwörter, der Miguel de Cervantesʼ Don Quijote als Hypotext zugrunde liege – dienten dazu, moralische Aussagen (etwa eine Stellungnahme gegen den Krieg) treffen zu können, ohne diese im Hypertext eindeutig formulieren zu müssen (vgl. S. 171).

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Abschließend demonstriert Reinhard Rabeners satirische Schreibweise anhand einer detaillierten Textanalyse der Satiren De epistolis gratulatoriis (= Von der Vortrefflichkeit der Glückwunschschreiben nach dem neusten Geschmacke) sowie der Antrittsrede von der wahren Beschaffenheit eines vernünftigen Bürgers (Kapitel 5). Diese Textanalysen sind besonders hervorzuheben, da Reinhard hier die Praktikabilität ihrer Strukturanalyse für die vollständige Darstellung einer literarischen Satire erweisen muss.

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Im Mittelpunkt steht die sehr umfangreiche Analyse der Antrittsrede, deren ironische Rahmung durch Paratexte Reinhard in drei Lektüreschritten herausarbeitet: Sie beginnt mit einer einfachen, ›oberflächlichen‹ Inhaltsangabe des Haupttextes als Rede, durch die der fiktive Autor Martinus Scriblerus seinen Eintritt in die sogenannte ›Wünschende Gesellschaft‹ (einen ad absurdum geführten Ableger des vernunftbasierten englischen ›Scriblerus Club‹) begehe. Die Rede präsentiere 52 – auf den ersten Blick – völlig zusammenhangslose Thesen. Durch diese Demonstration von Pseudointellektualität erweise sich Scribler als würdig, der wünschenden Gesellschaft beizutreten, die eine solche Rede ohne Zusammenhang erwarte (vgl. S. 202–210).

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Im zweiten Schritt untersucht Reinhard den Zusammenhang zwischen dem Haupttext der Rede, ihren zahlreich angefügten Belegzitaten und dem literarischen Kontext, aus dem diese Zitate stammen. Dabei erweist sich, dass die Zitate – im Gegensatz zur Rede selbst – einen sinnvollen Zusammenhang konstituieren, aus dem Reinhard im dritten Schritt die implizite moralisch-satirische Poetologie Rabeners entwickelt.

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Ziel der Satire sei eine Erziehung des Lesers zum ›vir bonus‹, also zu einem vernünftigen Bürger, der individuelle Tugend und soziale Verpflichtung miteinander verbinde (vgl. S. 304). Die Kritik an den Herrschenden müsse in der Satire verborgen werden. Besonders gelte es, das Laster unter dem Deckmantel der Tugend zu enthüllen. Dazu gehöre auch, dass ein Autor (und genauer: ein Satiriker) seine private Schreibmotivation und die Folgen seines Tuns kritisch reflektiere (vgl. S. 308).

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Die dreischrittige Anlage der Textanalyse leuchtet ein, erweist sich bei der Präsentation der Ergebnisse jedoch als nicht unproblematisch. Da Reinhard den ambitionierten Anspruch umsetzt, alle 52 Thesen der Antrittsrede im Zusammenhang mit den Zitaten nacheinander zu erläutern und auf diese Weise einen idealen Lektürevorgang zu simulieren, umfasst die Analyse beinahe 100 Seiten (Kapitel 5.2.3.2.). Durch die Aufreihung der teils sehr verschachtelten Quellennachweise entsteht ein Text, dessen rotem Argumentationsfaden der Leser nur schwer folgen kann. Die dazu erforderliche Kraftanstrengung entspricht zwar der Komplexität des textuellen Verweissystems, das sich aus den Werken der antiken Autoren Vergil, Horaz, Ovid und Juvenal speist. Jedoch wäre eine klarere Strukturierung der Argumentation im Sinne einer eindeutigen Leserlenkung (ggf. durch eine Einfügung von Zwischenauswertungen) wünschenswert gewesen.

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Reinhard arbeitet heraus, dass Rabener häufig solche Textstellen als Belegzitate verwendet, deren ursprünglicher Kontext diejenige Aussage negiert oder stark modifiziert, als deren Beleg das Zitat gerade angeführt wird. Die oberflächlich behauptete, simple Moralisierung wird dabei vor allem dadurch ironisch gebrochen, dass Rabener häufig aus antiken Werken zitiert, in denen der Protagonist sich in einer psychologisch schwierigen, moralisch nicht eindeutig entscheidbaren Situation befindet. Rabener weicht damit erkennbar von der deutschen Satiretheorie der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ab, die von einer grundsätzlichen Entscheidbarkeit moralischer Probleme ausgeht.

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Wie Reinhard in der anschließenden Gesamtdeutung der Antrittsrede ausführt (Kapitel 5.2.4.), stehe die poetologische Grundlegung der Satire im Zentrum des paratextuellen Spiels der Rede. Allerdings finden sich die meisten der hier von Reinhard angeführten Elemente zur Gestaltung der Satire und zum Selbstverständnis des Satirikers bereits in Rabeners expliziter Satiretheorie wieder. Diese Überschneidung lässt die Grenzziehung zwischen expliziter und impliziter Satiretheorie verschwimmen.

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Der Unterschied zwischen Rabeners expliziter und impliziter Satiretheorie besteht nicht in der Präsentation wesentlich verschiedener Verhaltensideale, sondern in der Bereicherung und Radikalisierung des Ideals eines ›vir bonus‹ durch den ironischen Darstellungsmodus.

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Zusammenfassend bewertet Reinhard Rabeners Satiren daher auch als »Praxis einer ironischen Ethik« (Kapitel 6), die moralische Inhalte ästhetisch überforme und auf diese Weise literarische Modernität erlange. Gemäß Shaftesburys Konzept des ›test of ridicule‹ unterziehe Rabener sich selbst im Modus seiner satirischen Schreibweise einer ironischen Prüfung und verlange diese Prüfung auch seinen Lesern ab.

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Die Strukturanalyse als Verfahren der literaturwissenschaftlichen Satireforschung

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Reinhards strukturalistisches Vorgehen entspricht dem aktuellen literaturwissenschaftlichen Ansatz, die Analyse der satirischen Schreibweise zu systematisieren und die Funktion der Satire im 18. Jahrhundert poetologisch und kultursoziologisch aufzuarbeiten. 4 Daher sollte Reinhards Rekonstruktion der Textstruktur bei Rabener als fruchtbarer Beitrag und detailliertes Fallbeispiel zu einer solchen Systematisierung angesehen werden.

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Anschlussmöglichkeiten weist Reinhards Analyse insbesondere zu der von Jörg Schönert publizierten »Theorie der (literarischen) Satire« von 2011 auf, die – ebenfalls mit einem strukturalistischen Ansatz – ein Modell zur präzisen Beschreibung der satirischen ›Schreibweise‹ (in Abgrenzung zur Theorie literarischer ›Textsorten‹) vorstellt. 5

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Schönert geht von »strukturellen Konstanten in der Intentionalität satirischer Schreibweise« aus. 6 Sein Ziel ist es, die Umsetzung der satirischen Schreibweise in eine Textstruktur funktionsanalytisch zu untersuchen. Mit Jürgen Brummack versteht Schönert die satirische Schreibweise zunächst grundlegend als »ästhetisch sozialisierte Aggression«. 7 Er präsentiert ein Strukturmodell zur Beschreibung satirischer Texte, das – wie auch Reinhards Studie – zwischen der Oberfläche und der Tiefenstruktur eines Textes unterscheidet. Insgesamt gliedert Schönert sein Beschreibungsmodell in drei Ebenen: die »Ebene der Tiefenstruktur«, die »Strategieebene« und die »Repräsentanz-Ebene«. 8

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Die Wahl der satirischen Schreibweise auf der Ebene der Tiefenstruktur eines Textes sei durch die Intention seines Verfassers gekennzeichnet, aggressiv gegen eine bestimmte Norm vorzugehen und dieser Norm eine Alternative gegenüberzustellen. Die Aggression, die sich gegen einen Aspekt der Wirklichkeit richte, werde deutlich als »Abbildungsverfahren der transparenten Entstellung«. 9 Die Entscheidung, auf welche Weise die Wirklichkeit zu entstellen sei, um im Leser die gewünschte Zustimmung hervorzurufen und das Verständnis der Satire zu gewährleisten, werde auf der Strategieebene getroffen. 10 Während die Eigenschaften der satirischen Schreibweise auf der Ebene der Tiefenstruktur ahistorisch gültig seien, präsentiere die Strategieebene das konkrete Zusammenspiel dieser ahistorischen Eigenschaften mit den historischen Bedingungen der Textgenese:

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In die Strategie-Ebene gehen die Bedingungen der konkreten Kommunikationssituationen ein, d.h. die Annahmen des Autors bezüglich seiner Erfahrungswelt, bezüglich des intendierten Rezipientenkreises und der Durchsetzbarkeit seines Kommunikationsziels. Die konstanten Merkmale, die sich auf dieser Ebene festlegen lassen, sind noch stärker als die Merkmale der Tiefenstruktur von der funktionalen Zielsetzung der satirischen Schreibart bestimmt. 11
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Fakultativ und daher nicht notwendig mit den konstitutiven Elementen der satirischen Schreibart verbunden sei schließlich die individuelle literarische Gestaltung der Satire auf der Repräsentanz-Ebene. Diese stehe jedoch in engem Zusammenhang mit der gewählten Textstrategie und konkretisiere sich zum Beispiel als Wahl der angemessenen Textsorte oder eines bestimmten Stils. 12

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Verbindet man Schönerts Beschreibungsmodell und Reinhards Strukturanalyse miteinander, so wird deutlich, dass Rabeners Satiren mit ihrer Ausdifferenzierung in eine explizite und eine implizite Satiretheorie in der Mitte des 18. Jahrhunderts eine komplexe literarische Strategie verfolgen, in der sich die Zeitumstände spiegeln. Besonders die Ironie dient Rabener gleichzeitig dazu, die tatsächliche Intention seiner Texte zu verschleiern und ein ausreichendes Maß an Hinweisen zu liefern, das es dem anvisierten Publikum gestattet, die Satire zu entschlüsseln. Rabeners Ausgestaltung eines Systems von Rahmungen auf der Repräsentanz-Ebene ist eine direkte Folge dieser Strategie und begründet zugleich seine unverwechselbare literarische Leistung. Reinhard liefert also mit ihrer Studie auch einen wichtigen Beitrag zur Untersuchung des Zusammenhangs von satirischer Strategie und ästhetischer Gestaltung in der literaturhistorischen Erforschung der satirischen Schreibweise.

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Fazit

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Nadja Reinhards Studie bietet erstmals eine fundierte Analyse der Aufklärungssatire Gottlieb Wilhelm Rabeners auf der Basis eines strukturalistischen Ansatzes. Rabeners Differenzierung zwischen einer expliziten und einer impliziten Satiretheorie wird anschaulich in den Kontext der deutschen und englischen Aufklärungssatire eingebettet.

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Trotz einiger Kritikpunkte hinsichtlich der Lesefreundlichkeit der Textanalyse und der Frage, ob die Abgrenzung zwischen den beiden Satiretheorien hätte trennschärfer gezogen werden können, wird Rabeners Leistung für die Entwicklung der literarischen Satire im 18. Jahrhunderts deutlich herausgestellt.

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Da Reinhard sich methodisch an der Strukturanalyse Gérard Genettes orientiert, ergeben sich zahlreiche Anknüpfungspunkte zur Theorie und Praxis der allgemeinen Satireforschung.

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Der überkommenen Behauptung, die Satire der Aufklärung sei »sehr zahm«, 13 kann Reinhard mit ihrer Studie erfolgreich entgegentreten.

 
 

Anmerkungen

Vgl. Armin Biergann: Gottlieb Wilhelm Rabeners Satiren. Univ.-Diss. (unveröffentlicht) Köln 1961.   zurück
Vgl. Gérard Genette: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Mit einem Vorwort von Harald Weinrich. Aus dem Französischen von Dieter Hornig. Frankfurt a.M.: Campus 1989.   zurück
Vgl. Gérard Genette: Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe. Aus dem Französischen von Wolfram Bayer und Dieter Hornig. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1993.   zurück
Vgl. z.B. Harald Kämmerer: Nur um Himmels willen keine Satyren… Deutsche Satire und Satiretheorie des 18. Jahrhunderts im Kontext von Anglophilie, Swift-Rezeption und ästhetischer Theorie. (Probleme der Dichtung 27) Heidelberg: Winter 1999; Christoph Deupmann: ›Furor satiricus‹. Verhandlungen über literarische Aggression im 17. und 18. Jahrhundert. (Studien zur deutschen Literatur 166) Tübingen: Niemeyer 2002.   zurück
Vgl. Jörg Schönert: Theorie der (literarischen) Satire: ein funktionales Modell zur Beschreibung von Textstruktur und kommunikativer Wirkung. In: Textpraxis 2 (2011), 1, S. 1–42. URL: http://www.uni-muenster.de/textpraxis/joerg-schoenert-theorie-der-literarischen-satire (02.09.2013).   zurück
Ebd., S. 6.   zurück
Vgl. Jürgen Brummack: Zu Begriff und Theorie der Satire. In: DVjS 45 (1971), S. 275–377, hier S. 282; vgl. Jörg Schönert (Anm. 5), S. 20.   zurück
Vgl. ebd., S. 16 (Schaubild).   zurück
Vgl. ebd., S. 32.   zurück
10 
Vgl. ebd., S. 17–18.   zurück
11 
Ebd., S. 17.   zurück
12 
Vgl. ebd., S. 18–19.   zurück
13 
Vgl. Günter Theodor Wellmanns: Studien zur deutschen Satire im Zeitalter der Aufklärung. Theorie – Stoffe – Form und Stil. Univ.-Diss. (unveröffentlicht) Bonn 1969, S. 163.   zurück