IASLonline

Die meisten mittelalterlichen Psalterhandschriften der Bodleian Library Oxford in einem Katalog vereint

  • Elizabeth Solopova: Latin Liturgical Psalters in the Bodleian Library. A Select Catalogue. Oxford: Turpin Distribution Ltd Bodleian Library 2013. 776 S. 112 farb. Abb. Gebunden. GBP 150,00.
    ISBN: 978-1-85124-297-9.
[1] 

Zielsetzung

[2] 

Mit Elizabeth Solopovas soeben erschienenem Katalog Latin Liturgical Psalters in the Bodleian Library liegt erstmals ein umfangreicher Bibliothekskatalog vor, der ausschließlich den in der Bodleian Library in Oxford verwahrten lateinischen Handschriften des 9. bis 16. Jahrhunderts gewidmet ist, soweit sie – trotz vielfältiger Textgestalt und variabler Textzusätze – als Psalterien im engeren Sinne zu verstehen sind und sich damit sowohl von Bibelhandschriften, die am Ende des Alten Testaments als einen Textbestandteil den Psalter berücksichtigen können, 1 als auch von Brevieren oder Stundenbüchern absetzen, in deren Textbestand ebenfalls Psalmen aufgenommen sind. Der Untertitel des Werks A Select Catalogue weist darüber hinaus darauf hin, dass mit den insgesamt 111 verzeichneten Psalterien keinesfalls der Gesamtbestand aller Psalterien in lateinischer Sprache erfasst sein kann, die in der Bibliotheca Bodleiana aufbewahrt werden. Ebenso wenig ist der Untertitel trotz der Beigabe eines ebenfalls 111 Farbabbildungen umfassenden Bildteils dahingehend zu verstehen, dass im Katalog sämtliche oder zumindest alle in irgendeiner Weise illuminierten oder künstlerisch ausgestatteten lateinischen Psalterien verzeichnet werden, die zum Psalterbestand der Bibliothek gehören, werden doch gerade einige der bedeutendsten Handschriften des Oxforder Bestandes ausgeschlossen –

[3] 
manuscripts which were not available for consultation at the time of work on the catalogue (MS. Laud Lat. 85, MS. Canon. Liturg. 272) and those described in detail in recent or forthcoming catalogues and other publications. The most notable exclusions are psalters from the Lyell and Buchanan collections, and the Ormesby Psalter (MS. Douce 366). (S. x)
[4] 

Somit bleibt der Benutzer des Katalogs weitgehend im Unklaren darüber, was sonst noch an lateinischen Psalterhandschriften der Bodleiana in den Katalog hätte aufgenommen werden können, ja vielleicht hätte aufgenommen werden müssen, 2 um mithilfe dieses Sonderkatalogs eine vollgültige Vorstellung vom reichen Bestand an Psalterhandschriften zu ermöglichen.

[5] 

Die Einleitung

[6] 

Dem Katalog ist zunächst eine recht knappe Einleitung vorangestellt (S. x-xviii), die eingangs den Begriff liturgical psalter als ein »service book containing psalms and other liturgical and devotional texts« definiert. »In its simplest form the medieval liturgical psalter included 150 psalms, preceded by a calendar and followed by the canticles for daily offices, the litany of saints and collects« (S. x). Ausschlaggebend für die Binnengestaltung der Psalterien ist deren Textanordnung, die als psalterium non feriatum den Text der 150 Psalmen 3 in ihrer biblischen Abfolge darbieten kann oder die Psalmen als psalterium feriatum in der Reihenfolge organisiert, wie sie in verschiedenen Gottesdiensten rezitiert werden. Dabei ist zwischen weltlichem und monastischem Gebrauch zu unterscheiden, wie die Autorin anhand aussagekräftiger Beispiele hervorhebt. Weitere Unterscheidungsmerkmale ergeben sich aus Textzusätzen wie Antiphonen, Versikeln, Responsorien und anderen, teilweise durch Noten und Rubriken ergänzten Textbeigaben. Eine nicht unwesentliche Rolle spielen zudem jene Psalterien, die zur privaten Gebetsübung hochgestellter weltlicher Besitzer (lay patrons) dienten und dementsprechend häufig kostbar mit Bildschmuck, Initialzierseiten und Randdekor ausgestattet wurden. Ein weiteres, eher formales Unterscheidungskriterium liefert das Format, wobei recht schematisch zwischen portable psalters und choir psalters unterschieden wird. Erstere seien ca. 20 cm groß oder kleiner, während die wohl auf einem Lesepult zu benutzenden Chorpsalterien eine Höhe von mehr als 30 cm aufwiesen. 4 Unter Bezug auf verschiedene im Katalog beschriebene Psalterien geht Solopova im Folgenden auf die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Veränderungen und Anpassungen ein, die die einzelnen Handschriften auszeichnen und unter anderem wertvolle Hinweise auf den Gebrauch und die Besitzgeschichte der einzelnen Stücke liefern können. Abschließend wird – etwas summarisch – auf die verschiedenen Ausstattungsmöglichkeiten der Handschriften verwiesen, die im Wesentlichen vier Teilbereiche betreffen: die Kalenderillustration, seitengroße und kleinere Bildminiaturen sowie gegebenenfalls umfangreichere Bildzyklen, die thematische Ausgestaltung der historisierten Initialen und schließlich die Randillustrationen und Zierbordüren, die insbesondere seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts die Gestaltungsweise der Psalter bestimmen.

[7] 

Umfang, Herkunft und Zeitstellung der katalogisierten Psalterien

[8] 

Im Unterschied zu manchen vergleichbaren Handschriftenkatalogen verzichtet die Autorin in ihrer Einführung auf jede statistische Angabe, aus der die Anzahl, der Entstehungsraum und die zeitliche Einordnung der katalogisierten Psalterien zu entnehmen wären. Die Anordnung der Katalogisate erfolgt nach den wesentlichen Entstehungsgebieten Großbritannien, Frankreich, Niederlande, Deutschland, Österreich, Italien und Spanien. Die Binnendifferenzierung innerhalb der geographischen Entstehungsräume folgt chronologisch nach der mutmaßlichen Entstehungszeit der Codices. Naturgemäß ist in Abteilung I. Britain (S. 3–263) mit 43 Stücken des 10. bis 15. Jahrhunderts der Hauptbestandteil der Psalterhandschriften erfasst; II. France (S. 264–320) verzeichnet zehn Psalter, darunter als eines der beiden ältesten Psalterien den wohl im Umkreis von Reims um die Mitte des 9. Jahrhunderts entstandenen Purpurpsalter MS. Douce 59. III. Netherlands (S. 321–400) enthält 14 Psalterien des 13. bis 15. Jahrhunderts. In der folgenden Abteilung IV. Germany (S. 401–437) werden insgesamt sieben Psalter besprochen, darunter das wohl 832–842 in Fulda entstandene Psalterium triplex, MS. Laud Lat. 35, sowie die beiden in der Forschung als weitgehend identische »Schwesterhandschriften« viel beachteten Tegernseer Psalterien mit dem Bischof Bruno von Würzburg zugeschriebenen Kommentar, MS. Rawl. G. 163 und MS. Laud Lat. 96. Während V. Austria (S. 438–442) lediglich mit einer einzigen Handschrift, Bd. III der ›Ranshofen Bible‹, MS. Canon. Bibl. Lat. 76, vertreten ist, liegt in VI. Italy (S. 443–628) ein weiterer Schwerpunkt auf 35 italienischen Psaltern, die hauptsächlich (21 Stücke) ins 15. Jahrhundert datiert werden können; vier Stücke sind erst im 16. Jahrhundert entstanden. Den Abschluss bildet mit nur einer einzigen Handschrift die Abteilung VII. Spain (S. 629–633).

[9] 

Es liegt in der Natur der Sache, dass bei einem derartig disparaten Handschriftenbestand ein allgemeiner Überblick über die Entwicklung des Psalters als liturgisches Buch nicht zu leisten ist, weniger noch eine einigermaßen sinnvolle kunsthistorische Einordnung der bildlichen Ausstattung der besprochenen Handschriften in die Geschichte der gesamteuropäischen Buchmalerei. Dennoch hätte es nicht schaden können, als Vorgriff auf die nüchtern-neutrale codicologische Erfassung der einzelnen Psalterien zumindest kurz auf die bedeutendsten illuminierten Handschriften des Bestandes aufmerksam zu machen. Der unter diesem Aspekt den Oxforder Bestand sichtende Benutzer wird sich am ehesten über den Weg der den Katalogisaten beigegebenen Literaturangaben einen hinreichenden Überblick über den (höchst unterschiedlichen) künstlerischen Rang der einzelnen Stücke verschaffen können.

[10] 

Die Anlage des Katalogs

[11] 

Die Konzeption des in erster Linie als Textkatalog zu verstehenden Bandes wird in »The form of entries« (S. xix-xxi) erläutert. Dabei werden die besprochenen Handschriften ohne jede Zählung in sieben Abteilungen nach Entstehungsland und innerhalb des jeweiligen Landes chronologisch geordnet. Auf die derzeit gültige Bibliothekssignatur folgt ein Verweis auf die entsprechende Nummer im Summary Catalogue (SC), 5 eine nähere Spezifizierung des Psalters als Portable Psalter, Choir Psalter, Monastic oder Secular Psalter, Glossed Psalter oder ähnliches, eine Bezeichnung der Sprache der Textzusätze, Datum und Entstehungsort. Ganz besondere Aufmerksamkeit wird im folgenden Abschnitt allen einzelnen Textbestandteilen des jeweiligen Psalters gewidmet und auf ihre Position innerhalb des Codex verwiesen. Nähere Hinweise zur Ausstattung der jeweiligen Handschrift mit Bild- und Schmuckelementen schließen sich an, wobei allerdings kaum auf stilistische Besonderheiten hingewiesen wird. Diese können vom Benutzer des Katalogs allenfalls aus der Betrachtung der zugehörigen Abbildung abgeleitet werden. Den nächsten Hauptabschnitt bildet die Physical description, die akribisch alles Nennenswerte zu Material, Maßen, Umfang, Lagenschema, zur Organisation der einzelnen Textseiten mitteilt, bevor eine knappe Charakteristik des Schriftstils und der Rubrizierung folgen. Im Hinblick auf die Identifizierung des jeweiligen Psalters in historischen Katalogen folgt sodann nach der Bezeichnung Sec. Fol. 6 der Textbeginn des zweiten Blattes (secundo folio), wobei allerdings die zumeist vorgebundenen Kalendare ausgenommen sind. Soweit möglich wird auch der heutige Einband mit seinen wesentlichen Schmuckelementen und gegebenenfalls mit vorhandenen Titelinschriften beschrieben. 7 Besondere Aufmerksamkeit gilt schließlich der Provenienz und Besitzgeschichte der einzelnen Stücke. Den Abschluss jedes Eintrags bildet eine bei manchem Psalter sehr umfangreiche Auswahlbibliographie, die für eine nähere Beschäftigung mit der Handschrift außerordentlich nützlich ist.

[12] 

Die Beschreibungen der einzelnen Handschriften

[13] 

Mit besonderer Akribie wendet sich Solopova der Beschreibung jedes einzelnen Psalters zu, sodass einzelne Katalogisate bis zu 13 Textseiten einnehmen können. Dabei gilt die Aufmerksamkeit der Autorin vor allem den Ausführungen zu den einzelnen Textbestandteilen und ihrer genauen Position innerhalb des Bandes. Bei den häufig voranstehenden Kalendarien wird auf deren mutmaßliche liturgische Bestimmung, auf auffällige Festeintragungen oder Nachträge sowie auf daraus ableitbare Datierungsmerkmale hingewiesen. Daneben werden nicht nur die Teilungspunkte und Untergliederungen des Psalters durch spezielle Hervorhebungen, etwa Initialen oder Rubrizierung, gekennzeichnet, sondern auch auf die Besonderheiten der Punktierung verwiesen. Hilfreich kann daneben die in Handschriftenkatalogen nicht zwingend übliche Trennung der Cantica in weekly, daily canticles oder canticles for the year (z. B. S. 306–307) sein. Gleiches Augenmerk gilt Hymnen, Gebeten und allen anderen Textzusätzen, deren Fundstellen, soweit möglich und nötig, sorgfältig nachgewiesen werden. 8 Nicht immer kann hingegen die Aufzählung lokal oder regional beziehungsweise in einzelnen Orden verehrter Heiliger in der Litanei für eine schlüssige Beurteilung ausreichen.

[14] 

Nur in seltenen Fällen ermöglichen die Exemplarbeschreibungen unmittelbare Vergleiche einzelner Oxforder Handschriften miteinander, wie dies bei den beiden in Tegernsee geschriebenen und mit jeweils drei großen Initialzierseiten zu den Psalmen 1, 51 und 101 ausgestatteten »Zwillingshandschriften« des Psalters mit Kommentar des Bischofs Bruno von Würzburg möglich ist. Obschon Solopova beide Psalterkommentare etwas unbestimmt 11th century, second half (für MS. Rawl. G. 163) beziehungsweise 11th century, end (für MS. Laud Lat. 96) datiert, wird die unmittelbare Nähe beider Codices schon durch ihre über weite Passagen nahezu textidentische Beschreibung evident.

[15] 

Die bei allen Katalogisaten anschließenden Ausführungen zur künstlerischen Ausstattung (decoration), die in aller Regel eine komplette Auflistung der jeweils dargestellten Bildthemen geben, aber selten auf stilistische oder maltechnische Besonderheiten eingehen, unterscheiden einzelne an der Dekoration beteiligte Maler und verweisen gegebenenfalls auf vergleichbare Ausstattungselemente in verwandten Handschriften. 9 Der Vergleich der entsprechenden Ausführungen zu den beiden genannten Psalmenkommentaren zeigt dabei, dass die Autorin selbst bei ganz ähnlicher Bildgestaltung um eine differenzierende Kennzeichnung bemüht ist.

[16] 

Die allgemeine codicologische Beschreibung (physical description) lässt keine Wünsche offen. Sie berücksichtigt nicht allein Material, Maße, Umfang und Foliierung; besonderes Augenmerk wird der Kollation ebenso wie der Liniierung der einzelnen Seite eingeräumt; die individuelle Kennzeichnung der Schrift hingegen bleibt zumeist recht vage.

[17] 

Auch der jeweilige Bucheinband wird unter fallweiser Berücksichtigung älterer, inzwischen abgenommener Einbanddeckel 10 einer näheren Beschreibung unterzogen, woraus in manchen Fällen wichtige Hinweise auf einzelne Etappen in der Besitzgeschichte der Handschrift zu entnehmen sind.

[18] 

Einen besonderen Schwerpunkt innerhalb der Katalogisate bilden die genauen, sehr detaillierten und um Vollständigkeit bemühten Provenienzangaben, die in Einzelfällen auch erst unlängst erschienene Forschungsliteratur rezipieren. So lässt sich etwa am Beispiel der beiden bereits mehrfach genannten Psalmenkommentare des Bruno von Würzburg zeigen, wie eingehend sich die Autorin mit der neuesten Forschungsliteratur auseinandersetzt. 11 In beiden Handschriftenbeschreibungen geht sie der Frage nach, ob beziehungsweise inwieweit einer der beiden in Tegernsee für den Würzburger Dom beziehungsweise für das Benediktinerkloster St. Stephan in Würzburg (?) geschriebenen Codices als unmittelbare Textvorlage für die erste, um 1486 in Würzburg bei Georg Reyser gedruckte Ausgabe des Bruno-Psalters 12 in Frage kommt (S. 410–411, 419). Dabei gelangt sie in kritischer Auseinandersetzung mit den Überlegungen von Lesley Smith zu dem partiell abweichenden Ergebnis, »that both manuscripts may have been used in the work on the edition, with MS. Rawl. G. 163 playing a greater part« (S. 410).

[19] 

Jede einzelne Katalogaufnahme schließt mit einer Auswahlbibliographie, die insbesondere bei den englischen und niederländischen Psalterien sehr umfangreich sein kann 13 und gelegentlich bis ins Jahr 2009 reicht. Dass die bibliographischen Nachweise insbesondere bei vielen der italienischen Handschriften eher spärlich ausfallen, liegt wohl letztlich daran, dass der durchaus bemerkenswerte Oxforder Bestand an italienischen Psaltern bislang von der Forschung eher wenig beachtet wurde. Ein Grund mehr, Solopovas Katalog bei künftigen Untersuchungen verstärkt zurate zu ziehen.

[20] 

Der Bildteil

[21] 

Etwa in der Mitte, zwischen S. 348 und 349 des mit xxxvi und 739 Seiten ohnehin umfangreichen Bandes, ist der Bildteil mit insgesamt 111 seitengroßen Farbabbildungen eingeschaltet. In ihm wird jeder der im Katalog beschriebenen Psalterien in der innerhalb der einzelnen Herkunftsländer chronologisch geordneten Reihenfolge ihrer Katalogisierung mit jeweils einer einzigen Abbildung einer Textseite, einer Initialzierseite oder einer Bildminiatur dokumentiert. Leider fehlt im Katalogteil jeder Verweis auf die Abbildungsnummer, und in der Bildlegende wird ausschließlich auf die Signatur der abgebildeten Handschrift zurückverwiesen, sodass jede unmittelbare Gegenüberstellung von Katalogtext und zugehöriger Abbildung nur mühsam über die Einschaltung der Signaturenkonkordanz auf S. 697–704 möglich wird. Die »List of Psalters« und die »List of Illustrations« (S. xxviii-xxxvi) helfen nicht weiter.

[22] 

Eine einzige Bildprobe für jede vorgestellte Psalterhandschrift mag zwar in vielen Einzelfällen genügen, zumal dann, wenn die Abbildung als charakteristisch und damit stellvertretend für die in der Handschrift durchgängig auftretende Ausstattung gelten kann. Als problematisch erweist sich eine derartig restriktiv auf eine einzige Bildwiedergabe pro Handschrift beschränkte Praxis aber bereits dann, wenn zum Beispiel neben der in der Regel recht aufwendig mit figürlichen oder ornamentalen Bildeinschlussmotiven, eventuell Randzier oder Bordüren gestalteten Beatus-Seite zum Beginn des Psalms 1 weitere hierarchisch deutlich abgestufte einfachere Zierinitialen zu den verbleibenden Teilungspunkten des Psalters hinzukommen, deren Gestaltungweise dann nur noch aus der ikonographischen Benennung und allenfalls summarischen Beschreibung im Katalogisat zu eruieren ist. Kommen komplexe Bildzyklen vor wie etwa im englischen Psalter Ms. Douce 293 (S. 30–39, Abb. 5), im flämischen Psalter MS. Auct. D. 4. 2 (S. 347–354, Abb. 58) oder im regensburgischen Psalter MS. Liturg. 402 (S. 432–437, Abb. 74), so ist notwendigerweise die zitierte Literatur heranzuziehen, um sich von der Bildgestaltung und den Besonderheiten der Ikonographie der teilweise umfangreichen Bildsequenzen eine hinreichende Vorstellung zu machen. Ähnliches gilt in allen jenen Fällen, in denen mehrere Miniatoren (und gegebenenfalls Schreiber) an der Ausstattung beteiligt waren, wie dies für MS. Auct. D. 4. 4 (Bohun-Psalter, S. 202–214, Abb. 33) der Fall ist, oder in denen sich die Ausstattung über zeitlich klar unterscheidbare Perioden hinzog wie etwa in MS. Ashmole 1523 (Bromholm Psalter, S. 143–152, Abb. 24). Da prinzipiell immer ganze Seiten, im Fall des MS. Douce 59 (Abb. 44) sogar eine Doppelseite, abgebildet sind, bleiben die Texte zwar immer lesbar, doch eignen sich die im Bild wiedergegebenen Ausstattungselemente, insbesondere historisierte oder bewohnte Initialen, aufgrund der oft erheblichen Verkleinerung und der damit verbundenen Unschärfe kaum zu Vergleichen.

[23] 

Anhang und Register

[24] 

Auf die Katalogisate folgen ab S. 635–693 im Rahmen eines Anhangs insgesamt 14 einzelne Listen und schematische Übersichten, mit deren Hilfe sich der Gesamtbestand unter verschiedenen Gesichtspunkten leichter überblicken lässt. Immer nach Entstehungsländern und in annähernd chronologischer Reihenfolge geordnet, werden in I. die Handschriften verzeichnet, die Noten enthalten. In II. folgt eine Zusammenstellung aller Psalter, die den Psalm 151 berücksichtigen, III. gibt an, wo vom üblichen psalmus oder psalmus David abweichende Titel und Nummern vorkommen. IV. zeigt auf, welche Unterteilungen im Psaltertext jeweils erscheinen (Dreiteilung, Achtteilung, Zehnteilung usw.) und zu welchem Gebrauch sie dienten. V. stellt zusammen, wie Psalm 118 in den einzelnen Psaltern untergliedert wurde. VI. listet auf, auf welche Weise die mittelalterliche Punktierung jeweils vorgenommen wurde. VII. betrifft die Zusammensetzung und individuelle Anordnung der wöchentlich oder täglich zu sprechenden Cantica. Die restlichen Verzeichnisse und Übersichten sind der Ikonographie der Litanei (VIII.), der Bußpsalmen (IX.), der Cantica (X.), des Toten- und des Marienoffiziums (XI. und XII.) gewidmet. XIII. stellt die in den Kalenderillustrationen vorkommenden Tierkreiszeichen und Monatsbeschäftigungszyklen zusammen. Die abschließende, leider recht unübersichtliche Tabelle (XIV.) stellt die mit den herausgehobenen Teilungspsalmen verbundene »Iconography of miniatures, historiated initials and borders at liturgical divisions« zusammen (S. 675–693). Die Formulierung mag missverständlich erscheinen, denn weder die Psalm 1 als ganzseitige Miniaturen vorgeschalteten oder vor den Teilungspsalmen angeordneten christologischen Bildzyklen werden berücksichtigt. Hier hätte eine tabellarische Zusammenstellung aller in eigenständigen christologischen Bildzyklen berücksichtigten Bildthemen interessante Ergebnisse erbringen können.

[25] 

Das Register (S. 694–739) verzeichnet alle im Text zitierten Handschriften und Inkunabeln, bietet danach eine Signaturenkonkordanz aller besprochenen Oxforder Psalterhandschriften mit getrennten Seitenangaben für jeden Hauptabschnitt der Katalogbeschreibung, vergisst jedoch den Hinweis auf die jeweils zugehörige Abbildungsnummer, sodass der Benutzer weder vom Katalogisat selbst noch von der Signaturenkonkordanz ohne Umwege zur zugehörigen Abbildung gelangen kann. 14 Hilfreich hingegen ist der General Index, der allerdings – ohne dass eine Systematik erkennbar wäre – nicht alle der in den Kalender- und Litaneianalysen zitierten Heiligennamen berücksichtigt. 15

[26] 

Fazit

[27] 

Trotz der hier geäußerten Mängel, die neben dem aus Gründen der Vollständigkeit bedauerlichen Ausschluss einiger wichtiger Oxforder Psalterien ausschließlich die Benutzbarkeit des Katalogs und des Bildteils betreffen, ist der Bearbeiterin für die Sorgfalt und Intensität aller Psalterbeschreibungen sehr zu danken. Mit diesem in mancher Hinsicht mit Victor Leroquais »Les psautiers: manuscrits latins des bibliothèques publiques de France« (3 Bde., Mâcon 1940–41) vergleichbarem Werk wird eine staunenswerte Fülle bislang eher vernachlässigter lateinischer Psalterhandschriften in der Bodleian Library nach modernen Grundsätzen neu erschlossen. Die einschlägige codicologische, liturgische, aber auch kunsthistorische Forschung wird sich der vielen neuen Erkenntnisse mit großem Gewinn bedienen und zu neuen, weiterführenden Untersuchungsergebnissen gelangen können.

 
 

Anmerkungen

Eine Ausnahme bildet MS. Canon. Bibl. Lat. 76, Bd. III der sog. ›Ranshofen Bible‹, in dem auf den Psalter die einzelnen Teile des Neuen Testaments folgen. Die Bd. I und II mit dem Alten Testament werden unter den Signaturen Clm 23039 und Clm 12601 in der Bayerischen Staatsbibliothek München aufbewahrt.   zurück
Vgl. Albinia de la Mare: Catalogue of the collection of manuscripts bequeathed to the Bodleian Library, Oxford by James P. R. Lyell. Oxford 1971 [https://databank.ora.ox.ac.uk/misccoll/datasets/QuartoLyell/Lyell.pdf]; Peter Kidd: Catalogue of the medieval and renaissance manuscripts c. 1300 – c. 1500 from the collection of T. R. Buchanan in the Bodleian Library, Oxford, with brief notes, taken from the printed catalogue, on the post-medieval manuscripts. Oxford 2000 [http://www.bodley.ox.ac.uk/dept/scwmss/wmss/online/medieval/buchanan/buchanan.html]; Peter Kidd: Medieval Manuscripts from the Collection of T. R. Buchanan in the Bodleian Library, Oxford. Oxford 2001.   zurück
Das Vorkommen des gemeinhin aus der üblichen Psalmzählung ausgenommenen Psalms 151 ist im Appendix auf S. 638 verzeichnet.   zurück
Diese Unterteilung zwischen portable psalter und choir psalter wird freilich in der ersten auf die Signaturangabe und die im Summary Catalogue vergebene Nummer nicht konsequent durchgehalten; Formate, die zwischen 20 und 30 cm Höhe liegen, werden teilweise schlicht Psalter genannt oder aber den kleinen Formaten zugeschlagen. So gilt etwa MS. Gough Liturg. 2 (S. 63–71) mit ca. 261 x 192 mm noch als Portable Monastic Psalter, MS. Tanner 169* (S. 57–63) mit ca. 280 x 191 mm als Psalter ohne näheren Zusatz.   zurück
Summary Catalogue of Western Manuscripts in the Bodleian Library at Oxford. Vol. 1–6, Oxford 1895–1953.   zurück
Alle Abkürzungen, zu denen auch die nur mit Verfassernamen und Erscheinungsjahr abgekürzten Literaturzitate gehören, werden auf S. xxii-xxvii erklärt.   zurück
Als einziges Beispiel für einen Prachteinband mit figürlich gestalteten Emailplatten und silbernen Rahmenelementen wird der Einband des flämischen Psalters MS. Auct. D. 4.2 nicht nur im Text beschrieben (S. 352–353), sondern auch auf Abb. 58 im Bild wiedergegeben.   zurück
Auf ein besonderes Initienregister wird verzichtet.   zurück
Vgl. zum Beispiel die entsprechenden Ausführungen zu MS. Lat. liturg. a. 2 und MS. Lat. liturg. a. 3.   zurück
10 
Z. B. MS. Douce 131/MS. Douce 131*, bes. S. 170–171.   zurück
11 
Lesley Smith: »Bruno of Würzburg in the Bodleian Library«. In: Bodleian Library Record 20 (2007), S. 102–117.   zurück
12 
HC 4011, ISTC ip01046000, Bod-inc P-510; zur Inkunabel vgl. Helmut Engelhart: »Georg Reysers Druck des Psalteriums mit dem Kommentar des Bischofs Bruno von Würzburg«. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 74 (2012), S. 473–511.   zurück
13 
Insbesondere die Bibliographie zu MS. Auct. D. 4. 4 mit 57 Titeln (S. 212–214).   zurück
14 
Ebenso wenig ist in dieser Hinsicht die List of Illustrations (S. xxxiv-xxxvi) hilfreich. Abhilfe kann hier nur der individuelle handschriftliche Nachtrag der 111 Abbildungsnummern bei den jeweiligen Katalogisaten schaffen.    zurück
15 
So kann z. B. auch über den General Index nicht eruiert werden, ob der im Kalender des MS. Liturg. 402 verzeichnete »Atto, confessor (9 February)« (S. 432) als Druckfehler für Alto oder als Schreiberirrtum zu werten ist. Auch die im Kalender ebenfalls genannten und zum Bestimmungsnachweis wichtigen Heiligen Kunegunda, Castulus, Sabinus, Erhard, Otto und Corbinianus sowie Erhard und Serena in der Litanei wurden im Register vergessen. Man könnte fast vermuten, dass bei für englische Verhältnisse »exotischen« Handschriften deutscher Provenienz weniger Sorgfalt aufgewendet wurde.    zurück