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Der vorliegende Sammelband spiegelt die Ergebnisse einer am 16. und 17. Februar 2012 in der Bayerischen Staatsbibliothek München abgehaltenen gleichnamigen Tagung wider, die Teil des DFG-Projekts zur institutionenübergreifenden Erschließung seltener Frühdrucke war.
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In ihrem einleitenden Beitrag »Blockbücher in bayerischen Sammlungen« (S. 7–12) skizziert die Herausgeberin des Bandes, Bettina Wagner, die zugrundeliegenden Intentionen des Projekts und der hier besprochenen Publikation. Von den weltweit etwa 600 erhaltenen Exemplaren des 15. Jahrhunderts befinden sich 87 Blockbücher in bayerischen Institutionen. Im Rahmen des Projekts wurden diese digitalisiert und deren Wasserzeichen erfasst. »Gerade bei so seltenen und einzigartigen Kulturdenkmälern, die verstreut in Sammlungen unterschiedlicher Trägerschaft aufbewahrt werden und dort nicht immer auf Dauer bleiben, kann nur eine vollständige photographische Dokumentation, kombiniert mit einer detaillierten kodikiologischen Beschreibung gewährleisten, dass die Objekte langfristig und bequem für wissenschaftliche Nutzer zugänglich sind – im Idealfall eine gemeinsame Internetpräsentation« (S. 9). Die Werke sind über die Bayerische Landesbibliothek Online (BLO) verfügbar, die systematische bibliographische Beschreibung der Blockbücher soll bis 2015 abgeschlossen sein.
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Die 12 Beiträge des Sammelbands behandeln laut Wagner zum einen Fragen in Bezug auf Papier, Druckfarbe und Einbände, zum anderen einzelne Werke, die als Blockbücher Verbreitung fanden. Hier sollen nur die Beiträge besprochen werden, die sich explizit mit dem Blockbuch als Medium auseinandersetzen.
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Wasserzeichenerfassung mittels Thermographie
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Der Beitrag von Peter Meinlschmidt, Carmen Kämmerer, Volker Märgner und Bettina Wagner: »Der Einsatz von Infrarot-Technik zur Dokumentation von Wasserzeichen aus Blockbüchern« (S. 13–35) berücksichtigt nicht nur Blockbücher, sondern ist grundlegend für die Erfassung von Wasserzeichen. Vorangestellt ist eine stringente, sehr informative Einführung zum Wasserzeichen und seiner Bedeutung. Es folgt eine Beschreibung der Wasserzeichenerfassung: Die Papierprobe wird mit einem Sicherheitsabstand vor einer erwärmten Platte positioniert, so dass die durch die Probe diffundierenden Wärmestrahlen mit einer im thermischen mittleren Infrarotbereich (3–7 µm) empfindlichen Kamera erfasst werden können. Die Wasserzeichen zeichnen sich dabei deutlich ab, da Schreibtinten und einige Druckfarben im Infrarotbereich transparent sind. Die Grenzen des Verfahrens zeigen sich in Abbildung 13, wo neben dem Wasserzeichen auch die gedruckten Partien sichtbar bleiben, da diese mit einer ölbasierten Druckfarbe hergestellt wurden. Irritierend wirkt die Darstellung der umfangreichen Bildbearbeitung der Infrarotaufnahmen: Mittels Software wird der Kontrast erhöht, Invers gestellt und ein Maßstab eingefügt. Zumindest letzteres sollte aus Gründen der Eindeutigkeit immer Teil der Aufnahme sein. Ebenso fehlt die Angabe, von welcher Seite des Papiers das Wasserzeichen aufgenommen wurde. Hier scheint eine intersubjektiv nachvollziehbare Standardisierung des Vorgehens angezeigt. Die anschließenden Ausführungen zu einer softwaregestützten Mustererkennung sind sehr kurz und bleiben allgemein, weisen aber einen richtigen Weg, um das Problem der mitunter differierenden Wasserzeichenbeschreibungen zu umgehen. An die Klarheit der Betaradiographie kommen die meisten der gezeigten Aufnahmen zwar nicht heran, doch mit Blick auf deren gesundheitlichen Risiken, liegt mit der Thermographie für Handschriften und mit wasserbasierter Farbe gedruckten Blockbüchern eine schonende, kostengünstige Erfassungsmethode für Wasserzeichen vor. Für Drucke ist sie wegen der hier verwendeten Druckfarbe aus Lampenruß und Leinöl nur beschränkt einsetzbar.
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Erkenntnisse von Papieranalysen
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In seinem Beitrag »The Paper Stocks of Blockbocks. Allan Stevenson and Beyond« würdigt Paul Needham in seiner bekannt stringenten Art, die Arbeit des Papierforschers Allan Stevenson (S. 35–58). Dieser hat wesentlich zu den methodischen Grundlagen der Wasserzeichenanalyse beigetragen, insbesondere mit der Feststellung, dass Wasserzeichen, bedingt durch die Arbeitsweise an der Schöpfbütte, immer paarweise auftreten. Er war es, der die These, Blockbücher seien Vorläufer des Typendrucks, durch präzise Wasserzeichenanalysen widerlegen konnte. Auf Basis seiner umfangreichen Belege für Blockbücher kam er zu der Erkenntnis, dass zum einen gleiche Blockbuchausgaben verschiedene Papiersorten zeigten, zum anderen verschiedene Blockbuchausgaben identische Papiersorten. Aus ersterem schloss er, dass man nur eine kleine Startauflage druckte und bei Bedarf auf neuem Papier nachdruckte. Dieses Vorgehen verhält sich völlig konträr zum typographischen Druck, bei dem die gesamte Auflage wegen des typographischen Kreislaufs vorher festzulegen ist. Aus letzterem ergab sich der Schluss, dass es Werkstätten gegeben haben muss, die verschiedene Blockbücher besaßen, die sie zur selben Zeit mit der gleichen Papiersorte druckten. Diese 50 Jahre alten Erkenntnisse konnten, wie Needham konstatiert, mit heutigen Methoden weitgehend bestätigt werden und auch Stevensons Ziel, die Wasserzeichen aller Blockbücher verfügbar zu machen, steht kurz vor der Realisierung. Bei der Betrachtung der in den Datenbanken bereits eingestellten Wasserzeichen kritisiert Needham zu recht, dass nicht immer alle grundlegenden Standards, wie Blickrichtung (Sieb- oder Filzseite), Positionierung (linke oder rechte Bogenhälfte, Angabe des Bindefelds) sowie Bemaßungen (u. a. Abstand der Binddrähte) beachtet wurden, denn es gehe nicht um einzelne Wasserzeichen, sondern um »paper stocks«.
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Problematik der Farbverwendung bei Blockbüchern
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Ad Stijnman umreißt in seinem Beitrag »The Colours of Black. Printing Inks for Blockbooks«, die bisherigen Erkenntnisse zu den in Blockbüchern verwendeten Farben (S. 59–80). So differenzierte Cennino d‘Andrea Cennini bereits Ende des 14. Jahrhunderts bei den schwarzen Pigmenten zwischen der kostengünstigen Holzkohle und dem teuren Lampenruß. Erstere ergibt gröbere Pigmente, die sich nicht vollständig deckend auf die Druckflächen aufbringen lassen und im Abdruck Grau erscheinen, letzterer ermöglicht hingegen durch die feinen Pigmente im Abdruck ein tiefes Schwarz. Lampenruß wurde beispielsweise in Leinöl gebunden für den Typendruck verwendet. Mittelalterliche Schreibtinten waren meist Eisen-Gallus-Tinten, mit Harzen wie Gummiarabicum, gelöst in Wasser, Wein oder Bier. Das ursprüngliche Schwarz konnte im Laufe der Zeit zu Braun reagieren. Da Blockbücher graue, braune und schwarze Farbe zeigen, vermutet Stijnman verschiedene Farbrezepturen: 1) Pigmente gebunden in Leinöl, 2) Pigmente gemischt in einer Lösung aus Gummiarabicum und Wasser, 3) Eisen-Gallus-Tinte verbunden mit Gummiarabicum und 4) letzteres unter Beifügung von etwas Lampenruß. Im weiteren werden diese Vermutungen exemplifiziert: Eine in Amsterdam verwahrte Blockbuch-Apokalypse zeigt beispielsweise braune Farbe, die im Spektrometer einen hohen Eisenanteil aufwies und die Verwendung von Eisen-Gallus-Tinte nahelegt. Die weitere Untersuchung im nahen Infrarotbereich (0,78–3 µm) ergab eine opake Deckung bei der Kolorierung, so dass hier auch Lampenruß zum Einsatz kam. Dagegen erbrachte die mikroskopische Untersuchung keine Erkenntnisse. Eine farbliche Besonderheit weisen auch vier niederländische Blockbuch-Ausgaben des »Speculum humanae salvationis« auf: der Bildteil zeigt braune Farbe, der Textteil schwarze. Stijnman sieht hier das Ergebnis einer Kooperation zwischen einer Druckwerkstatt, die den Typendruck mittels lampenrußhaltiger Farbe auf einer Buchdruckpresse hergestellt hatte, und einer anderen Werkstatt, in der der Bilddruck mittels wasserbasierter Farbe im Reiberdruck realisiert worden war. Die zunächst schwarze Farbe des Bilddrucks reagierte im Laufe der Zeit zu Braun. Stijnman verharrt hier nicht in einer rein technischen Feststellung, sondern fragt nach den Gründen für die ungewöhnliche Herstellungsweise, die er nachvollziehbar in Restriktionen der niederländischen Gilden vermutet.
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Bindung von Blockbüchern
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Einer der deutlichsten Unterschiede zwischen konventionellen Büchern und Blockbüchern stellt die Bindung dar. Hier sind die Erwartungen auf den entsprechenden Beitrag von Andrew Honey »The Binding was the Ancient Legitimate One« groß und werden, um es vorweg zu nehmen, enttäuscht (S. 81–110). Hauptproblem bei Blockbüchern ist, dass ihr ursprüngliche Lagenaufbau und die Bindung in späterer Zeit meist verändert wurden. Diese Erkenntnis stammt nicht von dem Autor, sondern von Nigel Palmer,
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der mehrfach im Beitrag zitiert wird, ebenso wie Paul Needham.
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Von letzterem übernimmt Honey die Erklärungen wie Blockbücher gebunden wurden, wobei der Leser diesen Ausführungen nur schwer folgend kann, so dass man besser zum Original greift. Eine erläuternde Grafik hätte hier Abhilfe geschaffen, eine solche findet man beispielsweise in dem wegweisenden Beitrag zur Thematik von Ursula Baurmeister
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, auf den Honey nicht eingeht. Die fehlenden Gliederungsüberschriften komplettieren die Orientierungsprobleme beim Lesen. Im weiteren ergeht sich Honey in einer reinen Beschreibung der Bindung von drei in Oxford und zwei in New York verwahrten Blockbüchern ohne eine darüber hinaus weisende Erkenntnis zu liefern.
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Erkenntnisse durch druckanalytische Untersuchungen
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Eine saubere Gliederung findet sich hingegen in dem Beitrag von Rahel Bacher »Besonderheiten der Blockbuchherstellung: Vergleichbarkeit unterschiedlicher Drucktechniken und Produktionsphasen innerhalb einzelner Ausgaben« (S. 111–130), allerdings fehlen die Bildverweise im Text. Hier geht es um die drucktechnischen Kriterien und die hieraus ableitbaren Produktionsphasen von Blockbuchausgaben. Die Untersuchung verschiedener Druckzustände, die einen umfänglichen Vergleich verschiedener Ausgaben voraussetzt, ist erst durch die nunmehr zur Verfügung stehenden Digitalisate möglich geworden. Grundsätzlich lässt sich eine Chronologie der Verwendung von Stöcken aufgrund eindeutiger Defekte erstellen. Bacher skizziert dies unter anderem an drei Ausgaben des »Canticum canticorum«, die als Bildausschnitte in Abbildung 1 nebeneinander gestellt werden. Der dort zu sehende Holzstock ist in der Aschaffenburger Blockbuch-Ausgabe intakt, zeigt in der Münchner Blockbuch-Ausgabe einen Defekt beim Wort »vino« und ist bei seiner Verwendung in einer Münchner Inkunabel-Ausgabe intakt. Erwarten würde man, dass die Münchner Blockbuchausgabe mit dem Defekt die Letztverwendung des Stocks darstellt. Bacher präferiert hierfür jedoch die Inkunabelausgabe, da bei dieser der Holzstock etwa drei Zentimeter über der unteren Begrenzung einen horizontalen Bruch aufweist, wodurch der untere Teil leicht seitlich verschoben abgedruckt wurde. Ein Blick auf die online verfügbaren Digitalisate zeigt,
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dass alle drei Ausgaben an dieser »Bruchstelle« eine feine horizontale Linie aufweisen, die bei den Blockbuchausgaben auch die daneben stehende Abbildung betreffen, was Bacher richtig als Leimfuge des aus zwei Teilen bestehenden Holzstocks interpretiert. Der Holzstock für die Blockbücher bestand demnach aus zwei zusammengeleimten Brettern, mit insgesamt vier Holzschnitten (zwei nebeneinander und zwei übereinander). Der Bruch sei wohl beim Auseinandersägen dieser vier Holzschnitte entstanden. Dieser Vermutung ist beizupflichten, doch ist der Bruch nur ein Folgeindiz. Das entscheidende Indiz für die Chronologie des Druckzustandes ist die Vereinzelung der Abbildungen, denn die Position der vier Abbildungen ist bei den beiden Blockbuchausgaben, wie die Digitalisate zeigen, identisch – der Holzstock war da also noch intakt. Wenn die Reihenfolge also zunächst das Augsburger Blockbuch, dann das Münchner Blockbuch und dann die Münchner Inkunabel ist, wie erklärt sich dann der Defekt im Münchner Blockbuch? Bacher erklärt das folgendermaßen: beim Aschaffenburger Blockbuch war die Partie »vino« noch gleich hoch mit dem übrigen Text und konnte mittels des für Blockbücher üblichen Reiberdrucks problemlos abgedruckt werden. Dann wurden Teile der Partie »vino« durch irgendeinen Umstand tiefer gedrückt als der Rest des Textes, so dass mittels Reiberdruck kein vollständiger Ausdruck mehr möglich war. Dies gelang erst, als man den Holzstock, der auseinandergesägt in einer Inkunabel Wiederverwendung fand, mit einer Druckpresse abdruckte, deren größere Kraft auch die vertieft liegenden Partien des »vino« wieder zum Abdruck brachte. Hier stößt die Aussagekraft der Digitalisate an ihre Grenzen, denn hierzu müssten die Originale in Augenschein genommen werden, was im Rahmen dieser Rezension nicht möglich ist. Dass Höhenvarianten einer Druckform mittels Druckpresse einen sauberen Abdruck ohne erkennbare Spuren ergeben sollen, hält der Rezensent für unglaubwürdig. Die Einflussgrößen für einen unsauberen Druck sind mannigfaltig. Möglicherweise war die Stelle in der Münchner Blockbuchausgabe nicht richtig eingefärbt, nicht sauber abgerieben worden, oder Papierverschiebungen haben zu dem fehlenden Ausdruck geführt. Diese kleine Anmerkung soll lediglich ins Bewusstsein rufen, dass drucktechnische Phänomene eine äußerst subtile Interpretation bedürfen. Bacher zeigt hier jedoch, wie fruchtbar drucktechnische Analysen für die Rekonstruktion von Produktionsabläufen sein können.
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Vorbilder für Schriften von Blockbüchern
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In dem Beitrag »Die Blockbuchausgaben der ›Ars minor‹ des Aelius Donatus« von Oliver Duntze (S. 131–159), werden zunächst der Inhalt und die mittelalterlichen Ergänzungen der »Ars minor« skizziert und die überlieferten Handschriften und Drucke quantifiziert (30 Handschriften, etwa 350 typographische Drucke, wohl bis zu 14 Blockbuchausgaben). Duntze übernimmt die von Konrad Haebler vorgenommene Unterteilung der Blockbuchausgaben, die sich an dem verwendeten Schrifttypus orientiert: 1) nach handschriftlichen Vorlagen, 2) nach niederländischen typographischen Vorlagen und 3) nach süddeutschen typographischen Vorlagen. Überzeugend kann Duntze nachweisen, wie sich Fragmente durch Schriftvergleich, Lagenaufbau und Wasserzeichen zuordnen lassen. Die xylographische Kopie nach einer typographischen Vorlage erfolgte teilweise so exakt, dass, wie im Beispiel eines in Basel verwahrten Blockbuchs, die Form einer Drucktype des Nürnberger Druckers Friedrich Creussner (1470–1500 tätig) nachgewiesen werden kann. Doch stimmt das Blockbuch nicht mit den erhaltenen Donatdrucken Creussners überein, so dass eine weitere, nicht überlieferte Ausgabe aus seiner Offizin anzunehmen ist. Hergestellt wurde das Basler Blockbuch allerdings nicht in Nürnberg, da die Initialen im »Maiblumenstil«, ebenso wie das Wasserzeichen auf den Oberrhein weisen. Hieraus ist zu schließen, dass dieses Blockbuch Anfang der 1480er Jahre nach einer nicht mehr nachweisbaren Nürnberger Vorlage am Oberrhein hergestellt wurde. Die Exaktheit der Kopie lässt die Vermutung aufkommen, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits Kopiertechniken gab, eine gedruckte Vorlage auf einen Holzstock zu übertragen. Zu recht stellt Duntze die Frage, warum Blockbücher nach typographischen Vorlagen hergestellt wurden und kommt zu dem treffenden Schluss eines »Print-on-demand«. Bei dem Donattext handelt es sich um einen unveränderlichen, immer wieder benötigten Text, der für Lateinschulen benötigt wurde. Allerdings nicht immer in den Mengen von 300 bis 500 Exemplaren, wie sie für die kostendeckende Produktion eines typographischen Drucks notwendig waren. Überzeugend skizziert Duntze die Vorteile der rückständig wirkenden Drucktechnik. Man musste beim Blockbuchdruck nur in einem geringen Maße in finanzieller Vorleistung treten, nämlich bei der Herstellung des Holzstocks. Ansonsten fielen Kosten (für Papier und Farbe) immer nur kurzzeitig bei der Anfertigung der Abzüge an, die aber sofort wieder durch den Verkauf gedeckt werden konnten.
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Erkenntnisse aus der Analyse von Bild und Text
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In dem Beitrag »Der Blockbuch-Druck des ›Buchs von der hand‹. Aspekte der Bild- und Texteinrichtung« befasst sich Frank Fürbeth mit dem Blockbuch, das als einziges von der Entstehung seines Textes berichtet und auch den Drucker und den Druckort nennt (S. 189–214). Aufgrund von Textuntersuchungen der beiden handschriftlichen Textzeugen kann die im Blockbuch behauptete Autorschaft des Johannes Hartlieb negiert werden. Hergestellt wurde es in Augsburg von dem dortigen Buchbinder Jörg Schapf, dessen Name nur in zwei der vier überlieferten Ausgaben abgedruckt wurde. Dabei stellt Fürbeth die seit Ludwig Wilhelm Schreiber geltende Chronologie aufgrund eines Vergleichs der nunmehr digital verfügbaren Ausgaben in Frage. Hierzu sucht er nach den Bildvorlagen für die Dedikationsdarstellung des vermeintlichen Autors, die er in Augsburger Drucken findet: 1488 (Chronica Hungarorum, GW M14775) bei Erhardt Ratdolt (1477–1527/1528) und 1490 (Decamerone, GW 4452) bei Anton Sorg (um 1430–1493). Die philologische Untersuchung zeigt eine große Nähe zu einer lateinischen Vorlage. Die Einrichtung des Textes innerhalb der Handumrisslinien folgte weniger ästhetischen oder technischen, sondern vor allem inhaltliche Kriterien. Überzeugend kann Fürbeth darlegen, wie fruchtbar textliche und bildliche Analyse sein können. Den großen Bildanteil des »Buchs von der hand« sieht er als Grund für die Wahl der Blockbuchtechnik und vermutet eine denkbare Ergänzung des astrologischen Verlagsprogramms Ratdolts.
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Weiteren Beiträge des Bandes sind: Richard L. Kremer: »Hans Sporer‘s Xylographic Practices. A Cenus of Regiomontanus‘s Blockbook Calendar« (S. 161–188), Susanne Rischpler: »Gedruckt und gezeichnet. Das Blockbuch der ›Ars memorandi‹ und seine handschriftlichen Zeugen« (S. 215–254), Almut Breitenbach: »Text in Bewegung. Die ›Septimania poenalis‹ und ihre handschriftliche Überlieferung« (S. 255–286), Sabine Griese: »›Das Zeitglöcklein‹-Blockbuch. Strategien der Gebetsandacht im Kontext franziskanischer Gelehrsamkeit« (S. 287–310) und Roos Robbe: »Zur Genese der niederländischen Typoxylographien des ›Speculum humanae salvationis‹« (S. 311–328).
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Resümee
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Der vorliegende Sammelband zeigt ein stringentes Konzept. Auf vorbildlicher Weise werden die verschiedensten Aspekte des Blockbuchs beleuchtet. Es kann gezeigt werden, wie der Blick auf Papier, Farbe, Einband, Drucktechnik und Schrift, aber auch auf Text und Bild, unter anderem durch Nutzung der Digitalisate, das Wesen der Blockbücher zu verstehen hilft. Zu einer drucktechnologisch fortgeschrittenen Zeit, kann sich eine einfache Vervielfältigungstechnik behaupten, da sie ein unschlagbares Kriterium erfüllte: Kosteneffizienz. Unveränderbare Texte lassen sich als Blockbuch jederzeit auf Abruf auch als Einzeldruck herstellen, und zwar ohne die kostenintensive Infrastruktur einer Offizin.
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Die Blockbücher dürften daher vor allem in den Lateinschulen, bei den Briefmalern und den Buchbindern hergestellt worden sein.
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Das als 46. Band der Zeitschrift »Bibliothek und Wissenschaft« erschienene Sammelband übernimmt sinnvollerweise die in der Reihe übliche vorangestellte kurze Zusammenfassung der Beiträge, das Kurzverzeichnis der Autoren am Ende sowie ein erschließendes Register. Wenig überzeugend sind das Sammeln der Abbildungen am Ende der jeweiligen Beiträge statt einer Positionierung an der relevanten Textstelle und die teilweise unharmonisch und unnötig vorgenommenen Textumbrüche (z. B. S. 220/221, 238/239). Besonders störend ist jedoch die Verwendung einer schlecht lesbaren Klassizistischen Antiqua.
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Bei der Beschäftigung mit Blockbüchern ist neben den grundlegenden Beiträgen von Baurmeister, Palmer und Needham nunmehr auch dieser Band eine Pflichtlektüre.
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