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Handschriftliches Unikat versus digitale Edition

Positionen der Briefeditionswissenschaft

  • Hanna Delf von Wolzogen / Rainer Falk (Hg.): Fontanes Briefe ediert. Internationale wissenschaftliche Tagung des Theodor Fontane-Archivs. Potsdam, 18. bis 20. September 2013. (Fontaneana 12) Würzburg: Königshausen & Neumann 2014. 322 S. Kartoniert. EUR (D) 39,80.
    ISBN: 978-3-8260-5531-7.
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Er sei ein »Mann von langen Briefen« schreibt Fontane einmal. Lang ist auch die Editionsgeschichte dieses herausragenden Briefwerks, das schon früh als eines der wichtigsten der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts erkannt worden war. Diese Editionsgeschichte ist in zweierlei Hinsicht exemplarisch: Sie spiegelt den sich wandelnden editorischen Umgang mit Briefen generell in den über hundert Jahren seit Fontanes Tod. Sie spiegelt zugleich die über hundert Jahre politische und kulturelle Geschichte des Landes, beziehungsweise der Länder, in dem diese Briefe geschrieben und ediert wurden.

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Der von Hanna Delf von Wolzogen und Rainer Falk herausgegebene Sammelband, dem eine gleichnamige Tagung zugrunde liegt, schreitet die Stationen dieser über hundertjährigen Editionsgeschichte ab. Er bietet zunächst eine Aufarbeitung der Geschichte der Fontane-Briefe, widmet sich dann aber vor allem theoretischen Positionen zur Briefedition allgemein, um schließlich in einem letzten Teil die digitale Revolution in den Editionswissenschaften vorzustellen. Der auf Fontane konzentrierte Titel ist somit untertrieben und fast irreführend, denn nur die Aufsätze der beiden mittleren der vier Teile, das heißt sieben Beiträge, befassen sich mit Fontanes-Briefen, die übrigen acht Beiträge, und damit der größere Teil des Sammelbandes, gelten der gegenwärtigen Theorie und Praxis der Briefedition. Sie führen damit vor, was der Fontane-Philologie noch aufgegeben ist. Das Vorwort kündigt eine »Edition und Online-Präsentation aller bekannten Briefe von und an Fontane« an, die im Theodor-Fontane-Archiv vorbereitet wird (S. 11). Die Tagung und der Sammelband sollen dafür wegweisende Impulse liefern. Gerne hätte man über den Stand gerade dieser Edition mehr erfahren.

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Die Publikation interessiert somit weit über die Fontane-Philologie hinaus und stellt eine exemplarische Dokumentation der aktuellen, zum Teil höchst gegensätzlichen Positionen, Theorien und Praktiken der (Brief)Editionswissenschaft dar. Das Spektrum reicht von der Extremposition, dass sich das physisch-materiell bedeutsame ›Ding‹ Brief prinzipiell nicht in ein anderes Medium überführen lässt und mithin unveröffentlichbar ist, bis hin zur (digitalen) Regestenausgabe, die den Brief auf eine Zusammenfassung seines Mitteilungsgehalts reduziert. In dieser gegensätzlichen Spannung vom unverfügbaren Unikat der Handschrift im Archiv zur standardisierten Computerpräsentation ist das heutige Feld der (Brief)Editionswissenschaft ausgebreitet und im Band dokumentiert.

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Vorangestellt sind zwei Beiträge, die sich allgemein um eine Bestimmung des Briefes bemühen. Konrad Ehlich bietet eine »kurze Pragmatik des Briefes« aus linguistisch-pragmatischer Sicht. Bereits die etymologischen Spuren in den unterschiedlichen Bezeichnungen der europäischen Sprachen für das ›Ding‹ Brief lassen den Radius des Gegenstandes erkennen, den der Aufsatz dann genauestens abschreitet, wobei er alle Facetten der zum Ding gewordenen sprachlichen Handlung ausleuchtet: Der Brief ist vor allem charakterisiert durch die Schriftlichkeit, die als »Verdauerungsmittel« der sprachlichen Handlung Diachronie und Diatopie ermöglicht und eine Archivierung zulässt, als ›Ding‹ ist er eine materiell-haptische Verobjektivierung des sprachlichen Handelns, er ist gekennzeichnet durch seine Adressatengerichtetheit, die von der späteren Rezeption durch nicht adressierte Leser zu unterscheiden ist, wichtig sind weiter die Fragen der Authentizität beziehungsweise der Autorschaft, die immer die Möglichkeit zu Camouflage und Fälschung in sich birgt, sowie schließlich die mannigfachen Beziehungen zwischen Brief und Literatur.

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Von der entgegengesetzten Seite kommt Lothar Müller in seinen Ausführungen. Bei ihm steht im Zentrum, was sich am Brief nicht in eine sprachliche Botschaft auflösen lässt: seine physische Materialität. Unter dem Titel »Das doppelte Register. Über den Brief und das Briefpapier« fragt er nach dem »Kardinalproblem« einer jeden Briefedition: dass ein Teil des Bedeutungsspektrums eines Briefes, nämlich seine Handschriftlichkeit und der physische Schriftträger (das Papier) verloren gehen, wenn Handschriften transkribiert und dem Druck überantwortet werden. Dieses Insistieren auf dem Unikatcharakter eines Briefes, der gerade und vor allem durch seine Materialität gegeben ist, begründet Müller anhand von interessanten Ausführungen zum Briefpapier, zu den Formaten, zur Papierherstellung, zur Schreibraumnutzung durch die Handschrift, zur Tinte, zur Faltung und zum Umschlag, wodurch sich erst die herausragende Stellung des Briefes als Versprachlichung von Intimität verstehen lässt. Weiter thematisiert er das Paradox des Briefes, der eine Mitteilungsform ist, »deren dialogische Form sich allein in ihrem formal monologischen Charakter entfalten kann« (S. 50). Erst in der Berücksichtigung des »doppelten Registers« – der philologischen Erschließung wie der Beschreibung des physischen Gebildes ›Brief‹ – werde die moderne Editionsphilologie ihrem Gegenstand gerecht.

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Der zweite Teil »Fontanes Briefe ediert – eine Bestandsaufnahme« gilt der wahrhaft bestürzenden Editionsgeschichte der Fontane-Briefe. Helmuth Nürnberger, der die in den Jahren 1976–1994 erschienene fünfbändige Briefausgabe besorgte, die im Rahmen der historisch-kritischen Hanser-Ausgabe der Werke, Schriften und Briefe Fontanes erschienen ist, berichtet von der Fontane-Philologie nach dem zweiten Weltkrieg in einem geteilten Deutschland. Das Fontane Archiv lag in Potsdam, mithin in der DDR, die westlichen Editoren mussten als Bittsteller anklopfen und waren auf die Hilfsbereitschaft des Archivs angewiesen, das seinerseits an die Weisungen der DDR-Behörden gebunden war. Zwar funktionierte die Zusammenarbeit in der Nachkriegsphase zunächst gut, wurde aber zunehmend mühsamer. In dem Maße, in dem die DDR den anfangs skeptisch betrachteten Fontane als einen Schriftsteller anerkannte, der sich mit der sozialistischen Ideologie vereinbaren ließ, war man auf den eigenen Vorteil bedacht und schränkte die Kulanz den westdeutschen Editionsprojekten gegenüber ein. Das heißt, die westdeutschen Fontane-Editoren hatten – wie Nürnberger anschaulich berichtet – kaum noch Zugang zu den Autographen, sondern mussten wiederholt die äußerst unzuverlässigen älteren Ausgaben als Druckvorlagen übernehmen oder paradoxerweise darauf warten, bis die entsprechende Edition in der DDR erschienen war.

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Dass man diese mühevollen Jahre geradezu als Heroenzeit ansehen kann, zeigt auch die folgende Würdigung von Charlotte Jolles durch Eda Sagarra. Aus England kommend schrieb Jolles in Gastaufenthalten in akribischer Kleinarbeit im Potsdamer Archiv die Tagebücher Fontanes ab und rettete sie dadurch, denn als man in den neunziger Jahren freien Zugang hatte, war das mit Bleistift geschriebene Material verblasst.

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Auf welche miserable Grundlage die westdeutsche Fontane-Forschung durch den behinderten Archiv-Zugang zurückgeworfen war, führen die beiden folgenden Beiträge von Hans Ester und Ute Beyer vor. Esters Beitrag »Der Streit um das Fontane-Bild. Paul Schlenther und die Probleme und Strategien der Nachlasskommission« beschäftigt sich vor allem mit dem frühen Schicksal der Fontane Briefe in einer ersten Briefedition. Er schildert die unmittelbar nach Fontanes Tod unternommenen Editionsschritte, die sehr früh zu Streitigkeiten führten. Die von Fontane selbst als Nachlass-Editoren bestimmte Trias – Tochter Mete, ihr Mann K. E. O. Fritsch und Paul Schlenther – fühlten sich als Gralshüter, die die Festung Fontane zu verteidigen hatten. Unliebsamen (jüdischen) Briefpartnern Fontanes, vor allem Georg Friedlaender, wurde die Veröffentlichung ihrer Korrespondenz mit Fontane nicht genehmigt.

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Es sei in den Briefen »kräftig aufgeräumt« worden, lässt sich der Mitherausgeber und Schwiegersohn Fontanes, K. E. O. Fritsch, vernehmen. Das klingt bedenklich, ist aber noch eine verharmlosende Formulierung angesichts der massiven Eingriffe, die sich die Herausgeber erlaubten. Die Briefe wurden nicht nur stark gekürzt, sondern erfuhren auch Umstellungen, ja neue Textpassagen, kurz, es wurde ungeniert in ihre Gestalt eingegriffen. Soweit dies aus Rücksicht auf lebende Personen geschah, mag eine Kürzung noch vertretbar erscheinen und war in der damaligen Editionsphilologie durchaus Usus. Aber weggelassen oder gar verändert wurden auch alle Passagen, die dem von den Herausgebern und Nachlassverwaltern gewünschten Fontane-Bild hätten widersprechen können: so die antisemitischen Bemerkungen Fontanes, aber auch zu starke kritische Interventionen gegenüber der preußischen Bourgeoisie. »Stilistische Änderungen und euphemistische Korrekturen« scheinen in der Edition an der Tagesordnung gewesen zu sein, so dass die spätere Forschung von »Familienzensur«, ja sogar vom Tatbestand der Fälschung» spricht (S. 135).

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Diesem »Weiterschreiben« in den Briefen Fontanes widmet sich Uta Beyer, die aus ihrem Dissertationsprojekt berichtet. Sie versucht, die Fontane-Briefe als Palimpsest zu lesen. Für das Überschreiben und Neuordnen der eigenhändigen Briefe Fontanes durch die weiterschreibenden Herausgeber, wozu noch die Randglossierungen kommen, die der von der Nachlass-Verwaltung ausgeschlossene Friedrich Fontane in den Manuskriptabschriften anbrachte, soll ein weiter Begriff von Authentizität angewendet werden, in den die postumen Veränderungen textkritisch einbezogen sind.

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Der dritte Teil des Bandes »Zwischen Text und Kontext – Fontanes Briefe als Quelle für die und Gegenstand der Forschung« mischt verschiedene Fragestellungen, die aber alle um das (Brief)Werk Fontanes kreisen. Wie die etwas umständliche Überschrift andeutet, sind hier zum einen Editionen von Fontane-Briefen Gegenstand des Kapitels, zum andern Reflexionen über Sinn und Grenzen von Briefeditionen insgesamt.

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Die radikalste Position des Bandes vertritt Thorsten Gabler, der in seinem Beitrag »›Fontanes Briefe ediert‹? Zur Aisthetik des Briefes« die Thematik des Eingangsessays von Lothar Müller aufnimmt und an Fontane demonstriert. Die vielen Bemerkungen Fontanes zu den materiellen und situativen Bedingungen seines Briefschreibens machen evident, dass sie die Dynamik der Korrespondenzen mitbestimmt haben. Anschaulich vermittelt Gabler, wie Fontanes Briefe durch Randbeschriftungen, Doppelbeschriftungen, Leerräume und andere Kennzeichen als »Gesamt(kunst)werk« (S. 160) zu verstehen sind, dessen »sinnlich verkörperter Sinn« bei jeder Edition verloren geht, auch bei der digitalen, die nur »scheinauthentische Abbilder« zu bieten habe (S. 172 ff.). In dieser Perspektive wird freilich jede Edition unbrauchbar, denn sie wird immer Wesentliches vermissen lassen, und die praktische Konsequenz wäre ein Ansturm der Autographen-Forscher auf die Archive. So wichtig diese Kehrtwende hin zur Materialität des Briefmediums in der Editionswissenschaft ist, das Kind sollte nicht mit dem Bad ausgeschüttet werden. Briefe sind immer auch Träger von Mitteilungen und Botschaften und die zumindest gehen bei einer Transkription nicht verloren. Dennoch fügt die neue Aufmerksamkeit auf die Materialbeschaffenheit des Gegenstands ›Brief‹ der Editionswissenschaft eine bisher wenig wahrgenommene Dimension hinzu.

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Michael Ewert wendet sich einem Grenzphänomen zu: den »Uneigentlichen Briefen«, das heißt den halb fiktionalen, nicht an einen individuellen Adressaten gerichteten Briefen, wie Reiseberichte oder journalistische, in Briefform gefasste Essays, die es bei Fontane zuhauf gibt.

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Zum Abschluss dieses etwas heterogenen Teils präsentiert Christine Hehle die in der Wien-Bibliothek liegenden Briefe Fontanes an Karl Emil Franzos und an Moritz Necker und diskutiert an ihnen exemplarisch Fragen der Kontextualisierung und des biographischen Hintergrunds der Korrespondenten. Diese Briefe sind hier auch erstmalig publiziert.

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Schließlich gilt der vierte Teil des Bandes »Fontanes Briefe – medial« den durch die neuen Medien erreichten Möglichkeiten der Briefeditionen. Dieser Abschnitt handelt – mit einer Ausnahme – nicht von Fontanes Briefen, sondern zeigt an anderen Beispielen die Erfordernisse und den Horizont digitaler Briefeditionen. Zunächst wirft Yvonne Pietsch einen Blick zurück auf die Editionsgeschichte der Briefe Goethes, von denen nur eine Gesamtedition im Rahmen der Weimarer- oder Sophien-Ausgabe in den achtziger und neunziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts erschien, die heutigen Anforderungen nicht mehr entspricht. Nach mehreren Versuchen in beiden Teilen Deutschlands, die Mammutunternehmung zu realisieren, ist nun ein gesamtdeutsches Projekt auf dem Wege, das die Briefe digital erfasst, die An-Briefe als Regestenausgabe ediert und die Briefe Goethes mit umfassender Kommentierung und einer Würdigung der Adressaten herausgibt, wozu inzwischen vier Bände vorliegen.

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Ebenfalls an der klassisch-romantischen Periode führt Wolfgang Bunzel vor, wie ein Briefnetzwerk – in diesem Fall das der Romantiker – digital erfasst werden kann. Da die romantischen Gruppen in Deutschland eine ausgeprägte epistolare Kultur pflegten und auch ideell Vorstellungen des Miteinanders vertraten, ja mit ihren Kommunikationsutopien und ihren Konzepten der »Symphilosophie« bereits einen universalisierbaren Austausch anstrebten, sind sie dafür geradezu prädestiniert. Warum dafür allerdings mit dem Begriff der »Interkonnektivität« noch einmal eine zusätzliche Terminologie eingeführt werden muss, leuchtet nicht ganz ein, zumal der Beitrag selbst weiterhin mit der – tatsächlich inflationären, aber doch erprobten – »Netzwerk«-metapher arbeitet. Eindrücklich werden an vielen Beispielen aus der deutschen Literatur verschiedene Netzmodelle differenziert (Radialnetz, Knotennetz, teilstrukturierte Netze) und dabei ganz konkret gezeigt, wie das immense (Brief)Netzwerk der romantischen Bewegung in Deutschland durch die digitale Erfassung neue Möglichkeiten der Erschließung gewinnt.

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Die folgenden Überlegungen von Marianne Beese, Roland Berbig und Thomas Witt zur »Korrespondenz zum Literaturblatt des Rütli« führen dann an einem unbekannteren, auch Fontane betreffenden Beispiel noch einmal den Nutzen der Digitalisierung bei großen Materialmengen vor Augen. Auch hier handelt es sich um ein zwar bescheideneres, aber doch ausgedehntes Netzwerk, das schon allein durch seinen Umfang nicht als Buch-Edition erfassbar ist.

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Ganz in die technischen und operativen Details digitaler Editionen führen die beiden folgenden Beiträge. Daniel Hochstrasser stellt generell die »Anforderungen an digitale Briefeditionen« zusammen, wie er sie an großen digitalen Projekten analysiert hat. Dazu gehören ein hochaufgelöstes Faksimile und eine kodierte, normalisierte und annotierte Transkription, zudem wird die Verlinkung als besondere Stärke von Online-Editionen hervorgehoben.

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Peter Stadler untersucht die »Interoperabilität von digitalen Briefeditionen«, deren Vorzug er vor allem in ihrer Multifunktionalität sieht. Beide Beträge geben genaue Hinweise und Basisinformationen, wie digitale Editionen auszusehen haben, sie lassen sich als Anleitungen verstehen und erklären Schritt für Schritt ganz konkret und bis ins Detail die technische Realisierbarkeit, die Nutzungsstandards, Vorgehensfragen und Entscheidungsmöglichkeiten, die jeweils nachzuvollziehen allerdings bereits eine gute Kenntnis in der Materie voraussetzt.

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Hier wie im folgenden Beitrag wäre es wünschenswert gewesen, im »Verzeichnis der Siglen und Abkürzungen« auch all die vielen technischen und institutionellen Siglen der digitalen Edition aufzuführen, die das Lesen dieser Beiträge durch den Abkürzungsdschungel etwas mühsam gestalten.

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Schließlich informieren die Ausführungen von Claudia Bamberg und Thomas Burch darüber, wie größere Textkorpora – in diesem Fall die Korrespondenz von August Wilhelm Schlegel – mit der vom Kompetenzzentrum Trier entwickelten virtuellen Editionsplattform »Forschungsnetzwerk und Datenbanksystem« digitalisiert und ediert werden können. Überzeugend wird gezeigt, dass die digitale Erfassung alle konventionellen Standards wissenschaftlicher Editionspraxis beibehalten und zugleich ungeheure neue Dimensionen eröffnen kann. Das betrifft sowohl die Masse des zu erfassenden Materials, dem keine Buchpublikation gewachsen wäre, als auch die Möglichkeit, jeden Brief im Faksimile, in diplomatischer Umschrift und in einer Lesefassung anzubieten, so dass Lesende jeweils selbst die Transkriptionen überprüfen und sozusagen mitarbeiten können. Weiter sind die Suchfunktionen und Möglichkeiten gegenüber herkömmlichen Bucheditionen unendlich erweitert und verfeinert und erlauben, die Texte in jeder Hinsicht zu durchsuchen. Vernetzungen in alle Richtungen, neue Möglichkeiten der Register, der Adressateninformation werden aufgezeigt.

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Dass freilich diese neuen Präsentationsformen am Bildschirm – trotz der Möglichkeit zur Faksimilierung – noch mehr von der haptischen und sinnlichen Materialität des ursprünglich auf Papier geschriebenen physischen Unikats wegführen, sollte nicht ganz aus den Augen verloren werden. Und so wünscht man sich, auch künftige Briefeditionen nicht nur auf Editionsplattformen zu lesen, sondern auch danach greifen und real darin blättern zu können.