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Berthold Auerbachs Schriften zur Literatur

Wiederentdeckung eines Schriftstellers und Literaturtheoretikers des Vormärz

  • Berthold Auerbach: Schriften zur Literatur. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Marcus Twellmann. Göttingen: Wallstein 2014. 304 S. 1 Abb. Abb. EUR (D) 29,90.
    ISBN: 978-3-8353-1418-4.
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Wiederentdeckung mit doppeltem Ziel

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„Eine Wiederentdeckung“ verspricht die Edition Berthold Auerbach: Schriften zur Literatur, die Anfang 2014 vom Konstanzer Germanisten Marcus Twellmann zusammengestellt und mit einem umfangreichen Nachwort versehen herausgegeben wurde. Einerseits möchte die als Leseausgabe intendierte Anthologie insbesondere die literaturtheoretische Abhandlung »Schrift und Volk« von 1846 des deutsch-jüdischen Schriftstellers Berthold Auerbach wieder zugänglich machen. Andererseits versucht der Band durch eine präzise historische Verortung anhand anderer kleinerer Schriften und einer hier erstmals abgedruckten autobiographischen Kindheitserinnerung, Auerbach als einen »Volksschriftsteller jüdischer Herkunft« zu porträtieren und aufzuzeigen, wie dieser »sich im Vormärz die Zukunft der deutschen Literatur vorstellte.« 1 Die versprochene Wiederentdeckung erweist sich demnach als eine Entdeckung mit doppeltem Ziel, was sich im Aufbau der gelungenen Publikation widerspiegelt. Nach einem ersten Textteil, in dem sich angeführt von »Schrift und Volk« weitere Schriften zur Literatur aus den 1830er Jahren bis 1848 sowie ein Brief an Ferdinand Freiligrath von 1843 finden, wird durch die »Aufzeichnung eines Kindheitserlebnisses« aus dem Jahre 1881 die Brücke hin zur historischen Verortung und Kommentierung im äußerst informativen Nachwort geschlagen. »Wiederentdeckung« erscheint im Hinblick auf die fast vergessene Berühmtheit Auerbachs in der heutigen Zeit als angebrachter Begriff und für eine intendierte Leseausgabe der Schriften durchaus angemessen. Doch angesichts der kleinen Renaissance, wie es Hermann Kinder 2011 formulierte, 2 die die Auseinandersetzung mit Auerbach in der Germanistik und den Jüdischen Studien seit einigen Jahren erlebt, 3 erweist er sich für ein Fachpublikum als etwas überzogen.

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Berthold Auerbach als engagierter Schriftsteller und Literaturtheoretiker des Vormärz

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Die Anthologie will Auerbach als engagierten Schriftsteller und avancierten Literaturtheoretiker des Vormärz präsentieren. Zum einen wird dies durch die Auswahl und die Abfolge der einzelnen Texte vollzogen, zum anderen im angefügten Nachwort kulturgeschichtlich und biographisch erläutert. Mit Ausnahme der kurz vor dem Tod Auerbachs niedergeschriebenen Lebenserinnerungen von 1881 werden lediglich Schriften versammelt, die vor 1848 verfasst wurden. Durch das Voranstellen der Abhandlung »Schrift und Volk. Grundzüge der volksthümlichen Literatur, angeschlossen an eine Charakteristik J. P. Hebel’s« von 1846 entgegen der chronologischen Ordnung wird dieser hierbei eine Sonderstellung eingeräumt und explizit ein Fokus auf vormärzliche Diskurse gesetzt. Die Auswahl der beigefügten kleineren Schriften – außer der längeren Abhandlung »Das Judenthum und die neueste Literatur« von 1836 zumeist Literaturbesprechungen für August Lewalds Zeitschrift Europa – erfolgte im Blick auf ihre Bedeutung für die in »Schrift und Volk« entwickelte Poetik (vgl. S. 265). So entsteht durch die Anordnung der Texte bereits implizit ein Narrativ des Vormärzlers Auerbach, das anschließend im Nachwort erläuternd ausgefächert wird. Die ausgewählten Texte werden hierdurch eng miteinander verzahnt, wobei eine stringente Argumentationslinie aufgebaut wird, die eine Entwicklung innerhalb des Auerbach’schen Schaffens von jüdischen Themen hin zu den erfolgreichen »Schwarzwälder Dorfgeschichten« und der volkstümlichen Poetik beschreibt.

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Zu Beginn seines Schaffens dominieren noch explizit jüdische Themen. In »Das Judenthum und die neueste Literatur. Ein kritischer Versuch« (1836), anlässlich der antijüdischen Angriffe des Literaturkritikers Wolfgang Menzels auf das ›Junge Deutschland‹ veröffentlicht, setzt sich Auerbach einerseits gegen den modernen nationalen Antisemitismus zur Wehr, andererseits offenbart er in der kritischen Auseinandersetzung mit jüdischen Autoren wie Ludwig Börne und Heinrich Heine sein eigenes Literaturverständnis. In »Das Ghetto« (1837), als Vorwort zu seinem historischen Roman »Spinoza«, verspricht Auerbach den Auftakt einer »Reihe historischer Zeit- und Sittenbilder aus dem Leben der Juden« (S. 211), in denen er das aufgrund von Aufklärung, Haskala und jüdischer Emanzipation sich stetig verändernde jüdische Leben festzuhalten und dessen Erscheinungen »zu retten« (S. 213) gedenkt. Legt er hierdurch den Grundstein zur sich im folgenden Jahrzehnt formierenden ›Ghettoliteratur‹, so wird er selber diese versprochenen Ghettobilder trotz mehrfacher Pläne hierzu niemals nachreichen. Stattdessen tritt die Dorfgeschichte an deren Stelle, wodurch er sich – wie das Nachwort anführt (vgl. S. 270) – vom Milieu seiner religiösen Herkunft abwendet.

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Dieser Wechsel ist bereits vielfach in der Auerbach-Forschung kommentiert worden. 4 Doch schafft es Twellmann, diesen sowohl für die literarischen als auch für die literaturtheoretischen Texte stringenter zu erläutern und zu kommentieren, als bisher in der Forschung geschehen. Ausgehend von einer Streichung eines Kapitels im handschriftlichen Manuskript von »Schrift und Volk« mit dem Titel »Die Juden in der Volksschrift u. in ihrem Verhältnis zum Volksthum« (siehe Abb. S. 287) und mithilfe biographischer Daten argumentiert Twellmann einleuchtend, dass die Aussparungen und Tilgungen jüdischer Themen eine bewusste Strategie ist, die »der Logik einer zweckmäßigen Idealisierung der Wirklichkeit folgen« (S. 298). Twellmann stellt heraus, dass »Auerbach auf die Integration der Juden in die entstehende Nation [hofft]. Und er ist bereit dafür seine jüdische Identität, wenn nicht aufzugeben, so einer deutschen Identität doch nachzuordnen« (S. 289). 5 Die in 1837 von Auerbach noch ausgerufene Gegenwart als »Zeit der poetischen Gerechtigkeit« (S. 211), die hier vor allem Juden gilt, wird nun, wie der Brief an Ferdinand Freiligrath von 1843 belegt (vgl. S. 252), auf die Bauern – dem anderen Teil der sozialen Herkunft Auerbachs – gemünzt. So steht ab Mitte der 1840er Jahre für Auerbach fest: »Nicht vor den Juden sollte er predigen, sondern vor einem deutschen Volk« (S. 270).

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Judenemanzipation, Nationalbewegung und Volksaufklärung

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Twellmann zeigt deutlich, wie mit diesem Wechsel in den 1840er Jahren hin zur ›volkstümlichen Literatur‹ als eine »Literatur für alle« 6 , die sich eben sowohl an die gebildeten Schichten, als auch an das niedere Volk richtet, Auerbach die Emanzipation der Juden mithilfe einer Befreiung des gesamten deutschen Volkes von Bevormundung und Zensur zu erreichen versucht. Unterlegt durch sozial- und kulturgeschichtliche Informationen über Judendörfer, Bürokratiewandel, Bevölkerungswachstum und dem dadurch entstehenden Pauperismus beleuchtet das Nachwort hierbei, inwiefern Auerbach an Ideen der Aufklärung und der Volkspädagogik anschließt.

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Bereits der Titel und die Widmung der Abhandlung »Schrift und Volk« legen diese Anschlussstellen offen zu Tage. Mit der Bezeichnung »Grundzüge einer volksthümlichen Literatur« verbindet Auerbach die Literatur explizit mit einem von der deutschen Nationalbewegung geprägten Beiwort. Allerdings steht sie trotz der Verwendung desselben Vokabulars nicht in einer Linie mit einem frühen aggressiven deutschen Nationalismus der Turnvater Jahn’schen Ausprägung. 7 Auerbach steht mit seiner Definition des Volkes, als »d[er]jenige[n] große[n] Zahl der Menschen [...], die ihre Lebens- und Weltanschauung vorherrschend aus selbstständiger Erfahrung und der unmittelbaren Gegenwart zieht« (S. 17), in der Tradition der Aufklärung, dem ›pädagogischen Zeitalter‹ der ›Volksaufklärer‹, die das Volk, also jenen bildungsfernen Teil der Bevölkerung, von den Gebildeten unterschieden, das Volk aber dezidiert der »Bildung zur Humanität« (S. 273) fähig hielten. Mit Schillers Kritik an Gottfried August Bürgers Gedichten, erläutert Twellmann des Weiteren, inwiefern die Rede vom ›Volk‹ am Ende des 18. Jahrhunderts ebenso politisch wie poetologisch relevant war, wobei die Frage nach dem Rezipienten unterschiedliche Konzeptionen von Literatur bestimmt. Auerbach selbst griff die Schiller-Bürger-Debatte über Popularität der Literatur in »Schrift und Volk« auf und sieht in Schillers Kritik – Schiller hierbei produktiv missverstehend – »theoretisch das Ideal eines Volksdichters aufgestellt« (S. 55).

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Mit der Widmung seiner Poetik an Adolph Diesterweg, einem bedeutenden liberalen Pädagogen des 19. Jahrhunderts, wird allerdings deutlich, dass die angesichts der Zweiteilung des Volkes in der Aufklärung entfachte Diskussion über literarische ›Popularität‹ und Bildung im Vormärz unter anderen gesellschaftlichen und sozialen Bedingungen fortgesetzt wurde. Diesterweg hatte 1837 zu »eine[r] neuen Art der Bildung«, der »wahrhafte[n] Volksbildung«, 8 einem Bildungsprojekt mit dezidiert antiständischer Pointe, aufgerufen. Die Widmung Auerbachs ruft diesen Erwartungshorizont, vor dem eine populäre Literatur im Vormärz diskutiert wurde, explizit auf (vgl. S. 274 ff.).

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Volkstümliche Literatur als Medium der Einswerdung

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Literatur hat innerhalb dieses antiständischen, liberalen Bildungsprojektes im Vormärz eine bedeutende Aufgabe inne. Auerbach entwirft in »Schrift und Volk« eine Geschichte der Bildung, die an einem triadischen Modell einer Geschichtsphilosophie orientiert ist, wie sie Schiller ausgehend von Kant entwickelt hatte, und die auch in der Volksaufklärung von Bedeutung war. Die zeitgenössische Gegenwart wird hier als eine Zeit der »Entzweiung« (S. 21) verstanden. Die alte Welt, in der »Religion, Wissenschaft und Kunst ein organisches Erzeugniß des Volkslebens« (S. 87) waren und alle – auch die niederen, ungebildeten Volksschichten – Anteil daran hatten, wird durch eine »neue Welt« abgelöst, in der das Volk zur höheren, schriftlich vermittelten Bildung der Gelehrten keinen Zugang mehr hat.

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Der volkstümlichen Literatur kommt in dieser Zeit der »Entzweiung« nun eine besondere Rolle zu: »Die Aufgabe der Volksschrift ist, jene mit dieser zu vermitteln« (S. 87), d.h. den Bruch zwischen den zwei Zeiten bzw. Welten zu überbrücken. Die volkstümliche Poetik erfüllt somit eine politische und sozialethische Funktion. 9 Sie ist auf eine Zukunft orientiert, in der das deutsche Volk vereint wird. Hierdurch wird indessen ein bedeutsamer Unterschied zur aufklärerischen Konzeption des Volkes deutlich: In Auerbachs Auffassung steht das Volk in einem besonderen Verhältnis zur gesamten Nation, wobei sich Auerbach in der Nähe zu romantischen Ideen des Volkes bewegt (vgl. S. 281). Das dezidierte Ziel der volkstümlichen Literatur ist die Einswerdung der Nation, wie das Nachwort anhand eines Zitats aus einer Rede Auerbachs im Rahmen einer vorberatenden Versammlung des Paulskirchen-Parlaments im April 1848 belegt (vgl. S. 277). Dem Prozess der Einswerdung liegt in Auerbachs Poetik ein dialektisches Prinzip zugrunde, wobei diese Art der Vermittlung von Gegensätzen – oder auch Versöhnung 10 wie es häufig heißt – methodisch auf mehreren Ebenen bedeutsam wird.

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Zwei Seiten der volkstümlichen Literatur – Dichtung aus dem Volk und für das Volk

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Erstens ist die Frage des Lesepublikums und des Stoffes durch das Konzept der Vermittlung geprägt. Auerbach betrachtet die volkstümliche Literatur in seiner Poetik zunächst von zwei Seiten, dem die Unterteilung der Abhandlung in zwei Hälften korrespondiert. Die erste Seite, die »Dichtung aus dem Volke« (S. 16), bestimmt er aufgrund des zu behandelnden Stoffes, denn diese gibt »Darstellungen volksthümlicher Zustände« (S. 81) zu lesen. Die zweite Seite, die Literatur »für das Volk« (S. 16) wird vor allem durch ihr Lesepublikum, eben das Volk, bestimmt. Seinem Vorbild Hebel folgend, sieht Auerbach vor allem Kalendergeschichten als wichtige »Volksschriften« an, 11 womit er sich in die Bestrebungen des liberalen Bürgertums einreiht, mittels ›Volksschriften‹ als Medien politischer Aufklärung auf die niederen, ungebildeten Schichten einzuwirken. 12 Für Auerbach ist das Volk allerdings nicht völlig ungebildet, sondern es weist eine andere, praktisch orientierte Bildung auf. »Die Aufgabe der Volksschrift ist« es nun die »höhere«, schriftbasierte Bildung des Bürgertums mit der »niederen«, erfahrungsbasierten des Volkes »zu vermitteln« (S. 87). Auerbach setzt durch die Darstellung ländlicher Lebensweisen gleichsam auf eine Einwirkung auf das gebildete, städtische Lesepublikum, als auch auf eine »Rückwirkung solcher Darstellungen auf die geschilderten Kreise« (S. 59). Ziel ist eben eine langfristige Bewusstseinsveränderung, die zur »Selbsterkenntnis des Volkes« (S. 46) führt.

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In der Auerbach-Forschung herrschte bisher eine Lesart vor, die die Zweiteilung der Poetik als Etablierung zweier getrennter Gattungen deutet. 13 Die erste Hälfte wurde mit der Gattung Dorfgeschichte und einem städtisch-gebildeten Lesepublikum, die zweite Hälfte mit der Gattung der Kalendergeschichte und einem ländlich-ungebildeten Lesepublikum gleichgesetzt. Twellmann deutet dagegen in seinem Nachwort eine andere Lesart an. Er spricht sich dafür aus, dass Auerbach »mit seinen Geschichten ›sowohl Städter als auch Landbürger‹ (S. 255) erreichen wollte« (S. 281) und eben eine Poetik der Ein- und Rückwirkung auf das Volksleben beschreibt, die ebenso von Kalender- als auch Dorfgeschichten, wenn diese denn volkstümlich und volksmäßig zugleich sind, ausgehen kann. Auf die von Twellmann im Nachwort aufgeworfene Frage, ob Auerbach von unterschiedlichen Literaturen oder von zwei Hinsichten auf dieselbe Literatur handelt (vgl. S. 279), kann mit Auerbachs eigenen Worten aus »Schrift und Volk« eine klare Antwort gegeben werden. Es handelt sich bei den zwei Hälften um »die Betrachtung der zwei Erscheinungsarten ein und desselben Wesens« (S. 16). Auerbach zieht die getrennte Betrachtung dieser »zwei Erscheinungsarten« ein und derselben Literatur nur der methodischen Genauigkeit vor. Dies spricht deutlich gegen die vorherrschende Forschungsmeinung und unterstützt die angedeuteten Lesart Twellmanns.

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Die Medialität der volkstümlichen Literatur – oralisierte Schriftlichkeit

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Das dialektische Prinzip der Vermittlung liegt ebenso der spezifischen Medialität der volkstümlichen Literatur zugrunde. 14 Die von Auerbach skizzierte Bildungsgeschichte weist nämlich einen mediengeschichtlichen Aspekt auf. Die immer tiefergehende Entfremdung von Gebildeten und Volk beruht seiner Ansicht nach auf dem Gebrauch der Medientechnik Schrift. Das Volk und das gebildet Bürgertum weisen unterschiedliche Denkstile und Wissensformen auf, die mit dem Gegensatz Schriftlichkeit und Mündlichkeit korrespondieren. Der Titel »Schrift und Volk« greift dieses Spannungsverhältnis der zwei Welten auf.

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Das Ideal der volkstümlichen Literatur ist nun eine oralisierte Schriftlichkeit, d.h. eine Dichtung, die zwar durch Schriftlichkeit medial vermittelt ist, aber eben einer anderen nicht abstrakten Schriftlichkeit verpflichtet ist. Die volkstümliche Literatur steht vermittelnd zwischen der mündlichen Volkspoesie, die als »reines Naturerzeugnis« (S. 18) noch kein Bewusstsein über sich selbst hat, und der schriftlich-abstrakten Kunstpoesie, der der Bezug zum Leben fehlt. Auerbach entwickelt anhand einer Charakteristik der Hebelschen Dichtungen »eine Lehre vom literarischen, volksgemäßen und -nahen Schriftgebrauch.« 15 Der volkstümliche Dichter Hebel ist demnach ein Schreiber, der zwar mit dem Staatsdiener die »Schriftfähigkeit« (S. 18) teilt, der aber aus dem niederen Volk stammt und stets volksnah bleibt. Er ist das Paradebeispiel eines »[l]andsmännische[n] Volksschriftsteller[s]« (S. 109). Seine Erzählungen sind deutlich mündlich geprägt ohne nur rein dialektal abzuspiegeln, sie folgen ganz dem Grundsatz Auerbachs: »In der Schrift, zumal in der volksthümlichen, sollen wir uns dem Sprechen nahe verhalten.« (S. 100).

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Auerbach selbst folgt dieser angestrebten oralisierten Schriftlichkeit ebenso, wie er in seiner in einem offenen Brief nachgereichten Vorrede zu den »Schwarzwälder Dorfgeschichten« offenlegt, die ebenfalls in der Anthologie abgedruckt ist. Hier heißt es, dass er sich »fast immer als mündlich erzählend gedacht hat« (S. 255) und die Eigentümlichkeit des Dialekts und der Redeweisen des Schwarzwälderischen nur insoweit beibehalten habe, als dass das wesentliche Gepräge derselben im Text erfahrbar wird, so dass »sowohl Städter als auch Landbürger sich ihnen mit Interesse zuwenden können« (S. 255).

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Vermittlung von Realismus und Idealismus – Auerbachs »Verklärung« als Vorbote des programmatischen Realismus

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Diese doppelte Adressatenschaft stellt derweil eine besondere Herausforderung für die volkstümliche Literatur dar. Der Einwirkungsabsicht folgend muss die volkstümliche Literatur notwendigerweise einen »realistischen Charakter« (S. 61) haben, denn wer »auf das wirkliche Leben einwirken will, muß auch das wirkliche Leben fassen und auf sich stellen« (S. 91). Doch steht dem der Geschmack des Lesepublikums entgegen, der »Fremdes, Anderes« von der Poesie verlangt (S. 40). So mögen wohl Erzählungen, »deren Stoffe treu und wahr aus den Kreisen des Volkslebens genommen sind« (S. 39), bei den Landleuten auf kein allzu großes Interesse stoßen, wie Auerbach reflektiert. Dennoch sieht er es als wichtige Aufgabe an, die Landleute für Schilderungen ihres eigenen Lebens zu begeistern, um diese zur erforderlichen »Selbsterkenntnis« (S. 46) zu führen.

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Kein »crasser Realismus« (S. 60) und erst recht keine »aus Vollkraft der selbstbeherrschenden Phantasie willkürliche Gebilde« (S. 21), wie die von Auerbach harsch kritisierte Romantik sie erschuf, können dies erreichen. Die volkstümliche Literatur muss vielmehr eine »Versöhnung von Idealismus und Realismus« (S. 57) anstreben. Wobei Auerbach erneut an Schillers Ideen zur Popularität der Literatur anschließt und das klassizistische Ideal der Kunstautonomie auch für die volkstümliche Literatur in Anspruch nimmt (vgl. S. 55 ff.). 16 Im Gegensatz zur Ästhetik einer autonomen Kunst zielt Auerbachs volkstümliche Poetik allerdings auf eine Veränderung der gesellschaftlichen Wirklichkeit (vgl. S. 284) und bindet somit die Kunst an das Leben zurück. Das wirkliche Leben ist allerdings gegenüber der literarischen Schilderung defizient; die Literatur »kann und soll abschließen, wo die Wirklichkeit noch bei der Halbheit und Zerrissenheit verharrt« (S. 58). So tritt in der literarischen Darstellung das »innerste Wesen« (S. 81) der Wirklichkeit hervor und kann dem Bewusstsein des Volkes zugeführt werden. Denn »[e]rst wenn es gelänge, in den untergeordneten Gestalten aus der wirklichen und gewohnten Welt den Widerschein des allbeherrschenden ewigen Geistes heraustreten zu machen, erst dann mögen sie in ihrer Verklärung wieder in das Volk zurückkehren« (S. 40). In dieser Forderung Auerbachs nach einer »ideale[n] Verklärung« (S. 74) sind bereits Ideen des programmatischen Realismus vorgedacht, wie auch die Aufnahme einiger Auszüge aus »Schrift und Volk« in der Zeitschrift »Grenzboten« belegen; jener Zeitschrift von Julian Schmidt und Gustav Freytag, in der die bedeutendsten Beiträge zur Programmatik des Realismus erscheinen (vgl. S. 282).

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Der Dichter als Vermittler

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Dem Dichter kommt innerhalb des Verklärungsparadigmas eine bedeutsame Rolle zu. Er vermittelt in seiner Darstellung nicht nur zwischen Idealismus und Realismus, sondern auch zwischen Volks- und Kunstpoesie. Im Gegensatz zur subjektzentrierten künstlerischen »Ich-Poesie« (S. 222), die Auerbach bereits in seiner Kritik an der Literatur des Jungen Deutschlands 1837 ablehnte, entwickelt er in »Schrift und Volk« eine Poetik der ›objektiven Literatur‹ des »Volksgeistes« (S. 33), einem Begriff mit hoher Konjunktur im 19. Jahrhundert, der seit Condillac, Montesquieu und Herder vor allem von Hegel als Konzept entwickelt worden war. Ebenso wie für Hegel der Einzelne »nur im Prozess der Teilhabe an gemeinschaftlichen Praktiken« (S. 283) autonom sein kann, ist auch das Verhältnis des Einzelnen zur Gesamtheit für die Dichterkonzeption Auerbachs ausschlaggebend. Der volkstümliche Schriftsteller tritt einerseits die Nachfolge der urheberlosen, kollektivhervorgebrachten Volkspoesie an, andererseits wird die Bedeutung des kreativ-schöpferischen Individuums herabgesetzt. Das dichterische Schaffen wird von Auerbach vielmehr als ein »Cultus« verstanden, indem der Dichter mit »Demuth und Hingebung, ähnlich der religiösen« als Vertreter »eines Volksstammes« (S. 33) spricht. 17

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In seiner Rolle als Vertreter eines Volksstammes übernimmt der volkstümliche Dichter eine Vermittlerrolle zwischen der Kultur der Gebildeten und dem einfachen Volk. Anhand einer »Charakteristik Johan Peter Hebels« entwickelt Auerbach den poetologischen Standort des volkstümlichen Erzählers, der von Nähe und Distanz zum Volksleben geprägt ist. Nähe meint hierbei, dass der Dichter selbst als Teil des Volkslebens, das er literarisch festhält, aufgewachsen ist und demnach über ein unmittelbares Wissen darüber verfügt. Um allerdings ein Bewusstsein über die Elemente des Volkslebens erhalten zu können, muss der Dichter in Auerbachs Konzeption sich innerlich und äußerlich, d.h. durch Reisen und Bildung, von eben diesem Volksleben entfernt haben (vgl. S. 26). Der volkstümliche Dichter wird demnach nur in einem ausbalancierten Verhältnis von Binnen- und Außenperspektive, von Fremdheit und Zugehörigkeit zur Dorfgemeinschaft wahrnehmungs- und erzählfähig.

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Berthold Auerbach als Vorarbeiter der Ethnologie und Kulturwissenschaft

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Das Nachwort stellt ausgehend von dieser Standortbestimmung des volkstümlichen Dichters Bezüge zwischen Auerbach und der modernen Ethnologie her, die sich diesem Verständnis der eigenen Standortabhängigkeit des Beobachters und dem Konzept der teilnehmenden Beobachtung erst im 20. Jahrhundert bewusst werden wird. Diese Bezüge liegen aufgrund der Stoffwahl der volkstümlichen Literatur, die eine große Nähe zu wissenschaftlichen Darstellungen des Volkes aufweisen, nahe; etabliert sich die Volkskunde ja auch zeitgleich in der Mitte des 19. Jahrhundert als universitäre Wissenschaft. Viel spannender ist allerdings, dass Twellmann die These aufstellt, dass Auerbach mit seiner volkstümlichen Poetik auch der Kulturwissenschaft vorgearbeitet habe, weil »diese doch mit dem Konzept des ›Allgemeingeistes‹ und seiner ›Erscheinungsformen‹ eine Kulturtheorie und mit dem Gedanken einer notwendigen Entfremdung zudem eine Theorie der Kulturwissenschaft in nuce« (S. 300) beinhalte.

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Diese Vorarbeiten Auerbachs zur modernen Kulturwissenschaft erweisen sich als äußerst evident und gelangen durch die Verbindung zur kurzen Zeit nach Auerbachs »Schrift und Volk« sich entwickelnden Völkerpsychologie, die Moritz Lazarus im Eindruck von Auerbachs Abhandlung entwickelte, wie ein Briefzitat belegt (vgl. S. 301), an weiterer Plausibilität. Diese Beziehung zeigt darüber hinaus eindrücklich die bemerkenswerte und dabei lang verschwiegene Tatsache auf, »dass die Vordenker der deutschen Kulturwissenschaft jüdischer Herkunft waren« (S. 302). Es wäre von Interesse, den hier lediglich skizzierten Zusammenhängen zwischen entstehender Kulturwissenschaft, Ethnologie und volkstümlicher Literatur in der Mitte des 19. Jahrhunderts und der Relevanz jüdischer Figuren in diesem Kontext näher nachzugehen, 18 wozu die Edition Twellmanns einen wichtigen Grundstein gelegt hat.

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Deutsch-jüdisches Selbstverständnis – Berthold Auerbach als »marginal man«

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Die jüdische Herkunft Auerbachs, die er mit den Völkerpsychologen teilt, unterscheidet ihn trotz vieler Parallelen von seinem Vorbild Hebel. Denn im Falle der Biographie Auerbachs ist von einer »vorgängigen Differenzerfahrung« (S. 299) auszugehen, wie die abgedruckte Kindheitserinnerung eindrücklich vor Augen führt (vgl. S. 259-264). Diese frühe Erfahrung von Judenhass lässt starke Zweifel an der bisherigen Forschungsmeinung aufkommen, dass die Darstellung des friedlichen Zusammenlebens von Juden und Nicht-Juden in den Dorfgeschichten Auerbachs auf autobiographische Erfahrungen zurückzuführen sei.

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Die Edition vermag durch die Einbindung dieser Kindheitserinnerung innerhalb der Schriften zur Literatur aufzuzeigen, wie sehr das deutsch-jüdische Selbstverständnis grundlegend für das literarische Schaffen Auerbachs ist. Wodurch es gelingt, zwei bisher gegeneinander ausgespielte Aspekte der Auerbach-Forschung zu verbinden. Zum einen das vor allem in den Jüdischen Studien verfolgte Interesse an Auerbachs jüdischem Selbstverständnis, zum anderen die literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit den ›Schwarzwälder Dorfgeschichten‹. Es wird vielmehr evident, wie Auerbach mit seiner volkstümlichen Poetik und Praxis seine Zugehörigkeit zum deutschen Volk unter Beweis stellen wollte und wie die Vermeidung explizit jüdischer Themen als eine bewusste Integrationsstrategie verstanden werden muss.

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Es ist der These Twellmanns zuzustimmen, dass man Auerbach in keinem Fall unrecht tut, wenn man die volkstümlichen Dorfgeschichten zu seiner jüdischen Herkunft in Bezug setzt und damit zwar vermeintlich antisemitische Wahrnehmungsschemata – wie auch die Lebenserinnerung über ein Treffen mit Jakob Grimm (vgl. S. 264) sie aufzeigt – übernimmt. »Sein Selbstverständnis ist als ›jüdisch-deutsch‹ eben nur dann treffend bezeichnet, wenn der diese Beiwörter verbindende Strich auch als ein Trennstrich gelesen wird« (S. 297). Dass sich Auerbach trotz der Anerkennung, die er als berühmter Schriftsteller erfahren hatte, seiner gesellschaftlichen Randstellung und diesem Trennstrich durchaus bewusst war, bezeugen vor allem seine Briefe (vgl. S. 297).

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Auch hier zieht das Nachwort einleuchtende Parallelen zwischen dem hybriden Typus des emanzipierten Juden zum ethnologischen Konzept des ›marginal man‹ von Robert E. Park. Durch die Verbindung mit der Völkerpsychologie und der frühen Soziologie, wie sie der Lazarus’ Schüler Simmel betreibt, zeigt Twellmann die Relevanz auf, die dieses Konzept auch für die Wissenschaftssoziologie besitzt: denn gesellschaftliche Marginalität, wie sie die deutschen Juden Lazarus und Auerbach unweigerlich aufweisen, disponiert geradezu zu einer wissenschaftlichen Befassung mit Kultur (vgl. S. 302 f.). Auch wenn Auerbach von einer bewussten Bejahung kultureller Hybridität weit entfernt ist, zeigen seine literarturtheoretischen Schriften, wie sehr er sich der notwendigen Fremderfahrung zur Ethnographie der eigenen Kultur bewusst war.

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Allerdings war er es bei ihm, dem jüdischen Autor der ›Schwarzwälder Dorfgeschichten‹, nicht eine »Wiederaneignung des Eigenen«, wie in »Schrift und Volk« anhand Hebel exemplifiziert, sondern »eine Aneignung des ursprünglich Fremden« (S. 304). Die unfreiwillige Distanz zur Mehrheitskultur und sein reflektiertes Verhältnis zu ihr erweisen sich zu allererst als Bedingung der Möglichkeit zur literarischen und wissenschaftlichen Darstellung. An diesem Punkt, so Twellmann, müsse die Beantwortung der Frage nach der hervorragenden Bedeutung von Juden in der Geschichte der deutschen Kulturwissenschaft ansetzen.

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Fazit

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Das Aufzeigen der Verbindungen zwischen moderner Kulturwissenschaft, Ethnologie und der besonderen Rolle jüdischer Figuren in diesem Kontext erweisen sich als die wahre »Wiederentdeckung« der vorliegenden Edition, deren Bedeutung aus diesem Grund nicht nur für die Literaturwissenschaft als sehr hoch anzusehen ist. Die große Leistung der Anthologie liegt gerade darin, Auerbach als Wegbereiter sowohl von Realismus, als auch von Kulturwissenschaft, Ethnologie und Soziologie zu porträtieren.

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Allerdings scheint m. E. die Fokussierung und Betonung der vormärzlichen Seite Auerbachs diesem Anliegen etwas hinderlich. So wird hierdurch ein starker Bruch zwischen Vor- und Nachmärz evoziert, der im Aufzeigen der Kontinuitätslinien hin zum programmatischen Realismus und der Entstehung der frühen Sozial- und Kulturwissenschaften in der historischen Verortung des Nachworts, die alle erst nach 1848 bedeutsam werden, wiederum in Frage gestellt wird. In der Forschung wurde bereits von Jörg Schönert eine deutliche Kontinuität des Schaffens Auerbachs über die Zäsur 1848 hinweg herausgearbeitet. 19 Die Stringenz, mit der Twellmann die ausgewählten Texte Auerbachs miteinander verzahnt und dadurch eine Argumentationslinie aufbaut, dass Auerbach ein jüdischer Autor des deutschen Volkes war, ist durch die historische Verortung in die Diskurse des Vormärz zwar einerseits logisch und gut nachvollziehbar, aber andererseits erscheint die Begründung der Eingrenzung aufgrund der Tatsache, dass die autobiographische Lebensskizze Auerbachs auch nur bis ins Jahr 1849 reiche (vgl. S. 271), etwas dürftig. Viel eher wäre gerade im Abgleich mit vor- und nachmärzlichen Schriften nachvollziehbar, inwiefern sich Änderungen, gar Brüche oder eben Kontinuitäten in Auerbachs gesamten Schaffen finden lassen.

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So ist durchaus vorstellbar, dass sich die Vorstellungen Auerbachs über die Leistungen und Möglichkeiten einer volkstümlichen Literatur zwar in den Diskursen des Vormärzes entwickeln, aber mit dem Scheitern der 1848er Revolution eben unter anderen Vorzeichen weiterverfolgt werden. Ein zweiter Band mit den späteren Schriften Auerbachs und einem ebenso informativen Nachwort, wie es in diesem Band vorliegt, wäre wünschenswert. Denn hier verdeutlicht Twellmann, wie sehr Auerbach ein Autor ist, dessen Werk stark mit den Strömungen seiner Zeit verankert ist. Aufgrund dessen wäre ein Blick in die zweite Hälfte seines Schaffens vor allem in Hinblick auf die Hoffnung der Emanzipation der Juden und der Nationalbewegung, die Auerbach in »Schrift und Volk« noch imaginiert und mithilfe der volkstümlichen Literatur zu erreichen hofft, die dann aber zur enttäuschenden Gegenwart wird, von großem Interesse. Denn nur im gesamten Überblick über sein Werk wird man Auerbach als ›Autor seiner Zeit‹ vollkommen gerecht. Das Wiederaufgreifen dieses politisch engagierten und literaturtheoretisch reflektierten jüdischen Autors für die weitere Forschung durch das Zugänglichmachen seiner zentralen Texte ist die herausragende Leistung dieser Edition, die aufgrund dessen überaus begrüßenswert ist.

 
 

Anmerkungen

Siehe Klappentext.   zurück
Hermann Kinder: Berthold Auerbach – „Einst fast eine Weltberühmtheit“. Eine Collage, Tübingen: Klöpfer & Meyer, 2011.   zurück
Petra Schlüter: Berthold Auerbach. Ein Volksaufklärer im 19. Jahrhundert(Epistemata Reihe Literaturwissenschaft 700), Würzburg: Königshausen & Neumann 2010; Bettina Wild: Topologie des ländlichen Raums. Berthold Auerbachs Schwarzwälder Dorfgeschichten und ihre Bedeutung für die Literatur des Realismus (Epistemata Reihe Literaturwissenschaft 723), Würzburg: Königshausen & Neumann 2011. Jutta Osinski (Hg.): Das Berthold Auerbach-Projekt. Mit Beiträgen von Davina Höll, Stefanie Hoyer, Carsten Rast, Fabian Sandelmann und Amanda Schader, Marburg: Verlag LiteraturWissenschaft.de 2012. (Auch online bei: Literaturkritik.de, Nr. 3, März 2013), sowie zwei Sammelbände: Jesko Reiling (Hg.): Berthold Auerbach (1812-1882). Werk und Wirkung(Beiträge zur neueren Literaturgeschichte 302), Heidelberg: Winter 2012; Christof Hamann / Michael Scheffel (Hg.): Berthold Auerbach. Ein Autor im Kontext des 19. Jahrhunderts(Schriftenreihe Literaturwissenschaft 88), Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier 2013.   zurück
U.a.: Margarita Pazi: Berthold Auerbach – dem jüdischen Autor der deutschen Dorfgeschichte zum 100. Todestage. In: Neue Deutsche Hefte, 29, Heft 1 (1982), S. 95-109, hier: S. 96; David Sorkin: The Invisible Community. Emancipation, Secular Culture, and Jewish Identity in the Writings of Berthold Auerbach. In: Jehuda Reinharz / Walter Schatzberg (Hg.): The Jewish Response to German Culture. From Enlightenment to the Second World War, Hanover/London: University Press Of New England 1985, S. 100-119. Zuletzt erneut: Hans Otto Horch: Berthold Auerbach als deutsch-jüdischer Schriftsteller. In: Christof Hamann / Michael Scheffel (Hg.) (Anm. 4), S. 27-42.   zurück
Dies ist bereits ein bekannter Topos in der Auerbach-Forschung: Vgl. u.a. Nancy Kaiser: »Die Stellung der Juden ist allezeit der Barometerstand der Humanität.« Berthold Auerbachs Traum einer deutsch-jüdischen Symbiose. In: Jost Hermand/Gert Mattenklott (Hg.): Jüdische Intelligenz in Deutschland (Literatur im historischen Prozeß 19), Hamburg: Argument-Verlag 1988, S. 34-46; Jochen Hieber: Deutscher, Schwabe, Jude: der gescheiterte Erfolgsautor Berthold Auerbach. In: J. H.: Wörterhelden, Landvermesser: Aufsätze und Kritiken, Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag 1994, S. 29-38; Anita Bunyan: The Aesthetics of Assimilation: Cultural Imagination and German-Jewish Identity in the Zeitromane of Berthold Auerbach. In: Christian Emden u.a. (Hg.): German literature, history and the nation. Papers from the Conference ›The Fragile Traditio‹', Cambridge 2002. Bd. 2 (Cultural History and Literary Imagination 2), Oxford u.a.: Lang 2004, S. 277-302.    zurück
Vgl. Jesko Reiling: Eine Literatur für alle. Auerbach und die Volkspoesie. In: Jesko Reiling (Hg.) (Anm. 4), S. 97-119.   zurück
Den Begriff ›volkstümlich‹ leitet Marcus Twellmann von Schriften des Turnvater Jahns her (vgl. S. 271 f.).   zurück
F. A. W. Diesterweg: Wegweiser zur Bildung für deutsche Lehrer, Essen 1844, XVI, XVII. Zitiert nach: Marcus Twellmann: Nachwort. In: Berthold Auerbach: Schriften zur Literatur, hg. und mit einem Nachwort versehen von Marcus Twellmann, Göttingen: Wallstein 2014, S. 276.   zurück
Vgl. die Überschrift des Kapitels »Entzweiung und Vereinigung« (S. 21). Anita Bunyan argumentierte dies bereits ausführlicher: Anita Bunyan: ›Volksliteratur‹ und nationale Identität. Zu kritischen Schriften Berthold Auerbachs. In: Martina Lauster (Hg.): Deutschland und der europäische Zeitgeist. Kosmopolitische Dimension in der Literatur des Vormärz, Bielefeld: Aisthesis 1994, S. 63-89.    zurück
10 
Anita Bunyan bezeichnet den Begriff der ›Versöhnung‹ als ›ultima ratio‹ seiner Theorie der Volksliteratur“ (Bunyan, Anm.10, S. 73).   zurück
11 
Ab 1844 gibt Auerbach den Kalender »Gevattersmann. Neuer Kalender für den Stadt- und Landbürger« heraus, dessen Untertitel sich im Laufe der Zeit von »Volksschrift für 1846« zu »Volksbuch für 1847« ändert. Ab 1857 werden die Kalender schließlich umbenannt in »Deutscher Familienkalender« sowie später »Volkskalender«. In der Benennung der Kalender lässt sich somit der Prozess der Einswerdung direkt ablesen: von den noch getrennt genannten Stadt- und Landbürgern hin zum Volk, das später sogar mit der attributiven Bezeichnung »deutsch« zur Nation verschmilzt.   zurück
12 
Vgl. hierzu: Michael Knoche: Volksliteratur und Volksschriftenvereine im Vormärz. Literaturtheoretische und institutionelle Aspekte einer literarischen Bewegung, Frankfurt am Main: Buchhändler Vereinigung 1986.   zurück
13 
Stellvertretend hierfür z.B.: Petra Schlüter (Anm. 3).   zurück
14 
Das Nachwort der vorliegenden Anthologie verhandelt diese spezifische Medialität der volkstümlichen Literatur nicht näher, allerdings hat Marcus Twellmann dies bereits an anderer Stelle ausgeführt: Marcus Twellmann: »Leben« im Vormärz. Zu Berthold Auerbachs Poetik einer »volkstümlichen« Literatur. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 133, Heft 2 (2014), S. 267-290.   zurück
15 
Marcus Twellmann (Anm. 15), S. 281.   zurück
16 
Vgl. hierzu: Jesko Reiling (Anm. 7), S. 108   zurück
17 
Jesko Reiling bezeichnet den volkstümlichen Dichter demzufolge als »Sprachrohr des Nationalgeistes«. (Ebd., S. 105.)   zurück
18 
Die Autorin dieser Rezension arbeitet zurzeit an einem Dissertationsprojekt zu diesen Zusammenhängen.   zurück
19 
Jörg Schönert: Berthold Auerbachs Schwarzwälder Dorfgeschichten der 40er und 50er Jahre als Beispiel eines »literarischen Wandels«? In: Michael Titzmann (Hg.): Zwischen Goethezeit und Realismus. Wandel und Spezifik in der Phase des Biedermeier (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 92), Tübingen: Niemeyer 2002, S. 331-345.   zurück