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Die Welt des Buches von A-Z

  • Ursula Rautenberg (Hg.): Reclams Sachlexikon des Buches: Von der Handschrift zum E-Book. 3., vollst. überarb. und aktualisierte Aufl. Stuttgart: Reclam 2015. 476 S. zahlr. Abb. Paperback. EUR (D) 22,95.
    ISBN: 978-3-15-011022-5.
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Grundlegend modernisiertes Lexikon mit 1500 Artikeln

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Das bewährte Standardwerk zur Buchwissenschaft liegt nun in der dritten Auflage vor. Erstmals 2003 erschienen und noch im gleichen Jahr in zweiter, verbesserter Auflage herausgebracht, erfährt das umfassende und zugleich handliche Lexikon damit eine grundlegende Modernisierung. Der Verlag hat es in großzügigerem Format als graphisch ansprechend gestaltete Klappenbroschur profiliert. Der Band hat 476 Seiten, enthält zahlreiche Abbildungen und kostet 22,95 €. Er ist jetzt auch als E-Book im E-PUB-Format erhältlich (für 19,99 €). Der seit der Erstausgabe augenzwinkernd als Frontispiz beigebene Bücherwurm (Kupferstich von 1665), zu dessen bücherschädigender Lebensweise es einen umfangreichen Artikel gibt, fehlt auch in der Neuausgabe nicht.

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In 1480 Artikeln informiert das Lexikon (unter Verzicht auf Einzelpersonen und spezielle Verlage bzw. Buchhandlungen) über alle relevanten medientheoretischen Begriffe, Druck- und Bindetetechniken, buchhändlerischen Institutionen und Unternehmensformen, bibliothekarischen Methoden, rechtlichen Hintergründe, buchhistorischen Fakten und Entwicklungen, Buch- und Mediengattungen, Aspekte der Schriftgeschichte sowie verlagswirtschaftlichen Zusammenhänge und Verlagstypen. Der Untertitel zeigt bereits an, dass die Neuausgabe selbstverständlich auch aktuelle elektronische Schrift- und Lesemedien einbezieht und ihnen einen erheblich größeren Stellenwert einräumt als noch 2003. Die Lemmata sind alphabetisch geordnet und umfassen alle Zentralbegriffe des Buchwesens. Buchhändler, Bibliothekare, Buchwissenschaftler, Kulturhistoriker, Typographen, Auszubildende und Studenten finden hier wie bisher zuverlässige, präzise, sachlich und gut verständlich geschriebene Artikel etwa zu Stichwörtern wie »Auflagenhöhe«, »Autor«, »Belegexemplar«, »Buchmalerei«, »Copyright«, »Kolumnentitel«, »Publikumsverlag«, »Rabatt«, »Tiefdruck«, »Titelei« oder »Zensur«. Neben der Herausgeberin haben 18 weitere ausgewiesene Fachautoren Artikel beigetragen.

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Hohe Informationsdichte und klare Mikrostruktur

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Die Neuausgabe behält alle Vorzüge der vorausgegangenen Auflagen bei: Die Kombination aus Kompaktheit und größtmöglicher Wissensfülle, das übersichtliche Layout (Spaltensatz), die hohe Informationsdichte und klare Mikrostruktur der Artikel, die zahlreichen ergänzenden Abbildungen und Grafiken, das durchdachte selektive Verweissystem, die aktuellen Literaturhinweise am Ende jeden Artikels, die umfassende, 33-seitige Bibliographie, den gelungenen Spagat zwischen den adressierten Zielgruppen und das sehr breite Spektrum der Lemmata, das keine Disziplin oder Zeitepoche im Umfeld des Buchwesens auslässt. Insgesamt wurden 213 neue Artikel aufgenommen, 471 bestehende wurden komplett umgeschrieben. Beibehalten wurden auch die ausführlichen Überblicksartikel (»Hauptartikel«) zu besonders wichtigen Themen. In der 3. Auflage gibt es sie zu den Stichwörtern »Bibliophilie«, »Bibliothek«, »Buch«, »Bucheinband«, »Buchhandel«, »Buchillustration«, »Buchmalerei«, »Buchwirtschaft«, »Buchwissenschaft«, »Codex«, »Deutsche Nationalbibliographie«, »Drucken«, »Honorar«, »Kommunikationskontrolle«, »Lesen«, »Papier«, »Preisbindung«, »Schreiben«, »Schrift«, »Taschenbuch«, »Titel«, »Titelblatt«, »Typographie«, »Urheberrecht«, »Verlag«, »Zeitschrift«, »Zeitung« und »Zensur«. Es handelt sich um eine grundlegend überarbeitete Auflage, in die die Herausgeberin und die Autoren viel Arbeit investiert haben, und dies bis ins Detail. Viele der Artikel, die schon 2003 zum Korpus gehörten, haben die Bearbeiter gründlich durchgesehen und sorgfältig ergänzt, korrigiert und aktualisiert.

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Besonderer Fokus der Neubearbeitung: Digitalisierung

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Dies wird besonders deutlich in den Artikeln zum elektronischen Publizieren und zu digitalen Schriftmedien. Viele der Stichwörter wurden ganz neu aufgenommen, z. B. »Content-Management-System«, »Cross-Media-Publishing« und »Selfpublishing«, andere wurden komplett revidiert. 2003 wird z. B. von »eBook« auf »Elektronisches Buch« verwiesen. Dort ist dann nur kurz von elektronischen Buchfassungen und Handheld-Computern die Rede (unter Verweis auf das damals erfolglose Rocket eBook). 2015 finden sich hingegen zeitgemäße Definitionen von »E-Book« und »E-Book-Reader«. Und so informiert das überarbeitete Lexikon jetzt selbstverständlich auf dem neuesten Stand z. B. auch über »Digital-Object-Identifier (DOI)«, »Open Access«, »Print-on-Demand (PoD)« oder »XML«. Die Bearbeiter haben der Digitalisierung der Medienbranche sorgfältig Rechnung getragen und die Branchentrends flächendeckend in das Artikelkorpus eingearbeitet.

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Insgesamt ist zu würdigen, dass die Neuauflage im Hinblick auf die tief greifenden Veränderungen in der Buch- und Medienwirtschaft ausgewogen und fundiert modernisiert wurde und alle wichtigen Begriffe, die für die Kernzielgruppen des Werkes von Interesse sind, substanziell erläutert werden. Dabei wahren die Bearbeiter stets einen wissenschaftlichen Standpunkt und formulieren dokumentierend und analysierend, nie wertend oder einseitig.

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Referenzkorpus präziser buchwissenschaftlicher Definitionen

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Wer sich fundiert über das Buch, seine Geschichte und die mit ihm verbundenen technischen und institutionellen Praktiken und Kontexte informieren möchte, findet in Reclams Sachlexikon des Buches mehr denn je ein zuverlässiges Referenzwerk. Durch seine streng alphabetische Ordnung, die dem Suchverhalten der meisten Leser entgegenkommen dürfte, ist es zum einen deutlich benutzerfreundlicher als vergleichbare, über systematische Themengebiete organisierte Nachschlagewerke (z. B. Grundwissen Medien, Information, Bibliothek, hrsg. von Konrad Umlauf, Stuttgart 2016), und zum anderen hat es jetzt einen erheblichen Aktualitätsvorsprung (etwa zu Stephan Füssel/Helmut Hiller, Wörterbuch des Buches, 7. Aufl., Frankfurt a. M. 2006). Jeder heutige Auszubildende und Student wird dankbar auf die exakten Begriffsdefinitionen des Sachlexikons zurückgreifen, die den Ausgangspunkt jeder wissenschaftlichen Analyse bilden müssen. Ursula Rautenberg stellt damit der Buchwissenschaft und allen an der Schrift- und Lesekultur Interessierten eine wertvolle aktuelle Informationsquelle zur Verfügung, die gerade angesichts der Dynamik und des Tempos der Veränderungen in der Medienwelt als Orientierungshilfe und Referenzpunkt hoch willkommen ist und ihr erklärtes Ziel, »das Medium Buch [...] in seinen kommunikativen, wirtschaftlichen und kulturellen Dimensionen« vorzustellen (S. 6), in hervorragender Qualität erreicht.

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Das Sachlexikon führt zudem die besondere Leistung seines Objektes, nämlich des gedruckten Buches, eindrucksvoll selber vor: Keine Online-Quelle bietet dem Leser in so leicht verfügbarer Form so viel an fundiertem, strukturiertem, autorisiertem und gebündeltem Wissen über das jahrhundertelang führende Leitmedium, das auch in Zeiten zunehmender Medienkonkurrenz aufgrund seiner vielfältigen Funktionen und seiner Wandlungsfähigkeit unverändert ein zentraler Träger menschlicher Kommunikation ist.