IASLonline

Forschung in Anbetracht andauernder Aporien.

Ein Up-Date zum gegenwärtigen Verhältnis von Mensch und Technik: Bestandsaufnahme, Entwicklungsfelder und Zukunftsfragen einer technisierten Lebenswelt.

  • Marie-Hélène Adam / Szilvia Gellai / Julia Knifka (Hg.): Technisierte Lebenswelt. Über den Prozess der Figuration von Mensch und Technik. transcript 2016. 390 S. Kartoniert. EUR (D) 34,99.
    ISBN: 978-3-8376-3079-4.
[1] 

Um einige drängende Themen und Fragestellungen kommt man derzeit nicht umhin. Allen voran zählen dazu zweifellos die zunehmende Digitalisierung, Automatisierung und Technisierung weiter Lebensbereiche sowie die Konsequenzen, die dies für das Leben in der modernen Welt hat und haben könnte. Kaum ein Tag scheint mehr vergehen zu können ohne Pläne für neue Digitalisierungsoffensiven. Und tatsächlich: Allen Unkenrufen zum Trotz, Deutschland verpasse den Anschluss, soll hierzulande, laut aktueller Erhebungen, dieser Prozess sogar besonders stark fortgeschritten sein; ja das Land gilt augenscheinlich, gerade aufgrund hoher Personalkosten in der Arbeitswelt, als anfällig für Automatisierungsprozesse. 1

[2] 

Die Standpunktbeteuerungen demgegenüber ebenso wie die Antworten auf diese unausweichlichen Fragen hingegen könnten – bekanntermaßen – kontroverser kaum sein. Eine notwendige, stets betonte Anschlussfähigkeit und die unbedingte Erleichterung des »nackten« Menschen, der seit jeher auf seine Werkzeuge angewiesen ist, stehen einer Technikkritik gegenüber, welche die menschliche Freiheit, die Errungenschaften humanistischer Bildung und das individuelle Denken bedroht sieht – ganz zu schweigen von einer immer wieder ins Feld geführten technischen Betreuungsbedürftigkeit sowie Störanfälligkeit aller Apparaturen.

[3] 

Umso zweckdienlicher ist daher eine breit angelegte Überblicksstudie zur nüchternen Bestandsaufnahme sowie zur Eruierung und Verortung tatsächlicher Entwicklungsfelder, welche die drei Herausgeberinnen Marie-Hélène Adam, Szilvia Gellai und Julia Knifka in ihrem vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) geförderten Band Technisierte Lebenswelt. Über den Prozess der Figuration von Mensch und Technik vorgelegt haben, und zwar schon eine Weile bevor die momentane Welle der globalen Debatten um die Digitalisierung und den Umgang mit Big Data ins Rollen gekommen ist.

[4] 

Die technische Durchdringung unserer Lebenswelt – methodischer Ausgangspunkt und inhaltliche Umsetzung

[5] 

Die in 20 Beiträge untergliederte und 387 Seiten starke Studie, so kündigt es bereits der Klappentext an, setzt es sich zum Ziel, in ausgewählten Aspekten das komplexe lebensweltliche Ineinandergreifen von Mensch und Technik genauer zu erschließen. Aus einem interdisziplinären Blickwinkel – und vom menschlichen Außen zu seinem Inneren schreitend – wenden sich die Beiträgerinnen und Beiträger Arten, Graden und Folgen der technischen Durchwirkung einzelner menschlicher Lebensräume (Architektur, Wohnen, Mode), der Welt des Körpers (Roboterprothetik, Cyborgisierung u. a.) und der Medien zu, bevor sie die Auswirkungen einer technisierten Lebenswelt auf das menschliche Selbst sowie Techniknarrative bzw. fiktive Genres analysieren.

[6] 

Grundlegend ist dabei der Gedanke, einen Schwerpunkt auf die Aspekte der technisierten Lebenswelt zu setzen, die neue Beziehungen hervorbringen, d. h. unmittelbar auf die menschlichen Interaktionen ein- und sich auf das gesellschaftliche Kollektiv auswirken. 2 Als übergreifender theoretischer Rahmen wird daher der als Interdependenz, als »Geflecht der Angewiesenheit von Menschen aufeinander« gefasste Begriff der »Figuration« im Anschluss an Norbert Elias gewählt. 3 Mit diesem stützen sich die Herausgeberinnen, im Titel wie in ihrer systematischen und begrifflichen Einführung in die Thematik, auf eine von Elias in die soziologischen Zusammenhänge eingebrachte, traditionell (anschauungs-)philosophische Kategorie, die sie jedoch noch einmal anders – und im Grunde auf originelle Weise gegen den Strich – für die Grenzverschiebungen, Ersetzungslogiken und veränderten Dynamiken der jüngsten Entwicklungen im Verhältnis von Mensch und Technik fruchtbar machen.

[7] 

Mit dem Leitkonzept der Mensch-Technik-Figuration wird ein Argumentationsparadigma aufgemacht, das ein äußerst umfangreiches Forschungsfeld vermessen und thematisch teilweise heterogene Beiträge, die auf eine Tagung der Herausgeberinnen zurückgehen, gleichzeitig unter einer gemeinsamen Fragestellung präsentieren soll. Angesichts der komplexen Materie sowie eines breiten Materialspektrums kein leichtes Unterfangen. So beschränkt sich der Band notwendigerweise auf fünf exemplarische, im Grunde mit Bedacht ausgewählte Teilbereiche, nämlich »Lebensräume«, »Körperwelten«, »Medienkulturen«, »Möglichkeitsräume« und »Techniknarrative« (S. 5-7).

[8] 

Insofern als die in den Blick gefassten Teilbereiche der »Lebenswelt des Alltags« (S. 16) allerdings fünf Kategorien zugeordnet werden, die sich vorrangig an thematischen Gesichtspunkten orientieren, bleibt die prinzipiell sinnvolle Idee des Prozesses der neuen Mensch-Technik-Figurationen in der Umsetzung jedoch inkonzise, dem Prinzip des thematischen Überblicks verhaftet. Der inneren Struktur nach offen bleibt somit zweierlei: Zum einen eine analytische Durchdringungsebene, eine Stufe der Artikulation, die auch die Auswertung der Fülle an relevanten Einzelbefunden zu fassen vermag, die sich aus der anvisierten theoretischen Fundierung ergeben, zum anderen eine Progression, die die prägnante Auswahl an wesentlichen Aspekten erkennbar darlegt.

[9] 

Gelungene Bilanzierung der Gewinn- und Verlustszenarien einer technischen Transformation des menschlichen Lebensraumes

[10] 

Der Band setzt ein mit drei Beiträgen aus dem Bereich der die »Lebensräume« transformierenden technischen Neuerungen. Dabei wird einmal nicht die medial hochpräsente moderne Mobilität (etwa des autonomen Autofahrens) fokussiert. In den Vordergrund rücken vielmehr die Architektur und das Mode- und Textildesign. Im Mittelpunkt der fundierten und gut illustrierten Präsentationen der technischen Transformation von Räumen, Häusern und Körpern stehen insbesondere die mit den jeweiligen Technologien verbundenen Gewinn- und Verlustszenarien sowie die kritische Diskussion ihres zukunftsfähigen Potentials, das die Autorinnen und Autoren dabei nutzbringend und sorgsam abwägend ausloten.

[11] 

Dergestalt erörtert Elisabeth Bergmann (»Zwischen blow up und Prothese. Gedanken zur Rolle der Technik in der Architektur«) Funktion und Zweck der Technik in der aktuellen Architekturlandschaft und gewichtet deren Einfluss auf den modernen Wohnraum und die öffentliche Architektur. Gerade in der öffentlichen Architektur lasse sich, wie sie am Beispiel einer Voliere des Münchner Zoos demonstriert, eine neue Nähe zur Natur feststellen, indem etwa durch eine filigrane Netzarchitektur die Grenze zwischen Innen- und Außenraum von Tiergehegen und Besuchern aufgebrochen werde (S. 46-51). Sie optiert daher für die Nutzung des Potentials eines effizienten, naturnahen Bauens als gewinnbringendes Zukunftsmodell, Technik, die »möglichst unauffällig, integriert, natürlich sein« sollte (S. 35).

[12] 

Daniel Pathmaperuma gibt in seinem Beitrag »Neuartige Benutzerschnittstellen für Smart Homes« Einblick in die Möglichkeiten und rasante Evolution moderner häuslicher Steuerungssysteme, die – im besten und für die Energiewende günstigsten Fall – Benutzerfreundlichkeit mit Energieeffizienz und -optimierung und, ja, sogar Energiegewinn kombinieren. So belegt er ausführlich, welche Chancen sich mit einem Energy Smart Home auftun, welche Forschungsfragen sich für eine einfache und angenehme Bedienbarkeit aber zugleich noch stellen (S. 68-69).

[13] 

Viola Hofmann zeigt in ihren Ausführungen zum Verhältnis von »Körper und Mode. Wahrnehmungsmöglichkeiten technisierter Umwelt«, wie neuartiges Textildesign die Grenzen zwischen Subjekt (Haut und Körper) und technischer Programmierbarkeit kollabieren lässt. Denn die Smart Textiles ermöglichen nicht nur die Erhebung und Verfügbarkeit von individuellen Körperdaten. Neben der Optimierung von körpereigenen Daten experimentieren sie zusehends mit der Simulation von Körper und Befindlichkeiten durch technische Impulse und sog. skinthetische Implantate (S. 80-85). Dies mache den menschlichen Körper, laut der Autorin, zu einem »Wahrnehmungs- und Vollzugsorgan, an dem noch nicht Bezeichnetes in den Erkenntnishorizont rückt« (S. 85).

[14] 

Autonomieverlust oder Maximum an Machbarkeit?

[15] 

In puncto künstlicher Erweiterung der natürlichen Grenzen des menschlichen Körpers bleibt des Pudels Kern undurchsichtig

[16] 

Im zweiten Teilbereich der Studie stehen Überlegungen zum Verhältnis von Körperdiskurs und neuen Technologien im Zentrum. Alle Beiträge widmen sich der technischen Steuerbarkeit des Körpers durch Messgeräte, Roboterprothetik sowie Implantaten und bewegen sich argumentativ im Spannungsfeld von (Selbst-)Optimierung, Experiment und Autonomieverlust. Doch: Wie ist mit dem Machbaren umzugehen, wenn die ethische Vertretbarkeit zuweilen (noch) ungewiss ist?

[17] 

So führt der Beitrag von Robert Stock »Körper im/als Schaltkreis. DIY-Apparaturen und audiovisuelle Praktiken sinnlicher Wahrnehmung« zunächst Beispiele von Bodyhackern und mit körperlichen Apparaturen ausgerüsteten Musikern der sogenannten DIY(Do-it-Yourself)-Bewegung an, die moderne Implantationstechniken (etwa zur Kompensation eines fehlenden Farbensehens) benutzen, um neue audiovisuelle Formate zu erzeugen. Eines ist es dabei, so der Autor, die Veränderungen für die sinnliche Wahrnehmung zu erfassen. Ein anderes ist die in diesem Nutzungsspektrum höchst streitbare Frage, ob derartige DIY-Apparaturen, zumal in Form einer Verwendung in der Populärkultur, eine Nähe zu Cyborgs (aus dem Engl. für cybernetic organism) aufweisen oder dies einfach eine Frage des »Labeling« sei (S. 100). Das von ihm umrissene Feld, in einer Zeit, in der Musik-Videoclips und Filme verstärkt mit menschlich-technischen Hybridformen und -wesen arbeiten, im Kontext der Debatten um posthumane Körperbilder zu reflektieren, bildet ein Unterfangen, das sicherlich der weiteren Aufmerksamkeit bedarf.

[18] 

Florian Braune lotet im Anschluss daran »Roboter(proth)et(h)ik: Bonic legs und Exoskelette im Spannungsfeld von Roboterprothesen und Politik« aus. Er gibt umfassenden Einblick in die aktuelle medizintechnische Entwicklung und zeigt zudem nicht-medizinische bzw. nicht-zivile Nutzungsmöglichkeiten, etwa von Exoskeletten für militärische Zwecke, detailliert auf. Es liegt auf der Hand, dass die von ihm an dieser Stelle exponierte sogenannte dual-use-Problematik der neuen menschlichen Steuerungsoptionen eine kritische Diskussion nötig macht. Der Autor verortet die vorgestellten Entwicklungen infolgedessen ausführlich in Bezug auf ihre gesellschaftliche Akzeptanz, die ökonomischen Vorteile für das Gesundheitswesen, die »politische Inanspruchnahme« und die »ethische[n] Implikationen« (S. 108 ff.).

[19] 

Marie Lena Heidingsfelder widmet sich in ihrem Artikel, »Quantified-Self-Technologien als Indikatoren für die Cyborgisierung des Menschen«, nach einem aufschlussreichen Überblick zum historisch tief verankerten menschlichen Hang, den eigenen Körper zum Mess- und Maßstab zu erklären, dem Trend zur selbstbezogen Datenerhebung, -speicherung und -analyse. Sie fasst dabei die verschiedensten technischen Realisierungen (von Sensor-Armbändern, Uhren und Apps bis hin zu den entsprechenden Internet-Communities u. Ä.) als Zeichen der Cyborgisierung des Menschen auf (S. 127 ff.). Sie untersucht diese allerdings nicht nur mit Blick auf Selbstdarstellung und Selbstoptimierung, sondern auch in Bezug auf eine gesellschaftlich und staatlich-politisch gewollte Leistungssteigerung und Veränderung der Identität hin zum modernen Menschen als »Unternehmer« seiner selbst. 4 Das bedeutet folglich, dass ›Identität‹ zunehmend als eine »Ableitung der eigenverantwortlichen Anstrengungen« verstanden werde (S. 131).

[20] 

Klaus Wiegerling befasst sich in »Leib und Lebenswelt im Zeitalter informatischer Vernetzung« abschließend mit einem Aufriss an potentiellen oder bereits faktischen Folgen der technischen Transformation des Körpers für das Individuum, die Gesellschaft sowie die Lebenswelt in hochentwickelten Ländern und geht hierbei auch auf die zentrale Rolle von Institutionen (wie das Gesundheitswesen und den Gesundheitsdiskurs) in diesen Szenarien ein. Neben positiven Aspekten (bspw. neuen Handlungsmöglichkeiten, einem neuen Körpervermögen und Ähnlichem) gehören dazu vermehrt Risiken und Gefahren mit nicht unerheblichen Auswirkungen für die gesamte Gesellschaft: sei es eine mögliche technische Gleichschaltung und Fremdsteuerung des Menschen (S. 143 und S. 147), sei es die Ausblendung körpereigener Ressourcen und Frühwarnsysteme. Hinter der Oberfläche körperlicher Transformationen lässt sich jedoch noch ein weiterer, unterschwelliger Konflikt lokalisieren: Unter Rekurs auf Jürgen Habermas konstatiert er eine radikale Veränderung der Bedeutung von »Natalität« insofern, als dieser fortan eine Art zweite Natur in Gestalt der technischen Hervorbringbarkeit an die Seite zu stellen wäre, die wiederum Konsequenzen für den »moralischen Status des Menschen« haben und neue gesellschaftliche Interaktionsformen nötig machen werde (vgl. hierzu S. 155).

[21] 

Man kann an dieser Stelle noch einen Schritt weiter ins Systemische gehen. Hervorzuheben ist im Besonderen, dass hier, wie in diesem Teilkapitel insgesamt, immer wieder die Frage nach dem Akteur-Status des Menschen anklingt und, ob nicht den Apparaturen und der Datenerzeugung eine Handlungsmacht übertragen wird, die menschlich-handelndes Eingreifen gegebenenfalls übersteigt. 5 Damit ist der Weg bereitet für vielfältige aktuelle Anknüpfungspunkte, vornehmlich an die Radikalisierung des anthropozentrischen Menschen- und Weltbildes in jenem weitreichenderen, derzeit interdisziplinär vieldiskutierten Thema des Anthropozäns. Die von den Herausgeberinnen glücklich gewählte, aber nicht näher begründete Bezeichnung der »Körperwelten« legt eine Parallelisierung der Phänomene der Welt mit den vielleicht gar nicht viel anders gelagerten Eingriffen in die »Natur« des Körpers expressis verbis nahe.

[22] 

Eine sinnvolle Forderung nach theoretisch-begrifflicher Verortung und anderen Zugriffsweisen. Das veränderte Verständnis menschlicher Kommunikation in den neuen »Medienkulturen«

[23] 

Will man die vier Beiträge des Teilbereichs »Medienkulturen« auf einen gemeinsamen Nenner bringen, so ließe sich vielleicht sagen, dass sie insbesondere den Auswirkungen der neuen (sozialen) Medien auf das etablierte Verständnis von menschlicher Kommunikation und Sprache nachgehen. Auf diesem Gebiet zeigt sich nicht nur wiederholte Male deutlich, wie die neuen »Medienkulturen« auch andere, neue Betrachtungs- und Zugriffsweisen erfordern. Es zeichnet sich auch sehr klar ab, wie sich ein weites Feld an neuen Genres, Schriftformaten, Grauzonen und begrifflich noch unbezeichneten Phänomenen und Prozessen auftut, die der epistemischen Verortung sowie wissens- und mediengeschichtlichen Einordnung bedürfen.

[24] 

So stellt Bianca Westermann (»Ist der Cyborg in der Realität angekommen? Mobile Medien und Mensch-Maschinen als Elemente des Alltags«) die Frage ins Zentrum, ob auch smarte Kommunikationstechnologien zum einen, Cochlea-Implantate zum anderen, im Rahmen der Cyborg-Konzepte zu begreifen sind. Sie macht anhand der Cyborg-Definitionen, die für diese eine biologisch-organische Einheit voraussetzen und jenen Ansätzen, die kognitiv gefasst sind, einen Konflikt im Technikdiskurs aus. Ihrer Sichtweise nach müssten die Ansätze zur Definition eines Cyborg, gerade aufgrund der aktuellen Veränderungen in der Nutzung mobiler Medien, die, wie sie gut herausarbeitet, auch bei Nicht-Nutzung kaum mehr aus der Hand gelegt werden, auch »temporäre, situative« technische Hybrid-Konstellationen (S. 163) neben permanenten, körperlich implantierten Konstrukten berücksichtigen. Sie zeigt zugleich auf, wie eine mit Smart phones und Tablets verbundene Veränderung der Alltagsmediennutzung bzw. sogar der Erweiterung der Alltagsrealität (durch die Integration virtueller Seiten in die Lebenswelt) auf kulturelle Entwicklungsfelder verweise: Die eigene Selbstwahrnehmung (»Vielleicht sind wir alle schon längst Cyborgs, die sich selbst gar nicht mehr als solche erfahren können?« S. 165) müsste dabei ebenso hinterfragt werden, wie welchen »Grad an Transformativität wir aktuellen Technologien zugestehen wollen« und die »Art und Weise, wie Mensch-sein gedacht wird« (S. 170-171).

[25] 

Thema von Ramón Reicherts »Thanatographie 2.0. Technologien memorialer Praktiken« stellen die »Leerstellen« und die Verschiebungen dar, die sich mit dem Wandel der »kulturellen Praxis von Trauer, Tod und Sterben« (S. 175) im Internet und im Besonderen im social net verbinden. Er untersucht dabei, wie Seiten von Community-accounts (z. B. von Facebook) nach dem Tod von Personen genau nicht zum Stillstand kommen. Er konstatiert im Gegenteil, dass diese – privat oder kommerziell befördert – im Rahmen der Trauer- bzw. Erinnerungsarbeit erneut eine, und zwar nun eine »offene Bedeutungsproduktion« ermöglichen können (S. 186). Wie der Autor ausführt, zeigen diese »virtuelle Grabmäler und Denkmalpflege« (S. 175) nicht nur einen Strukturwandel im Sozialverhalten und in der medialen Rezeption an; sie verbinden sich auch mit einer veränderten Produktion: postume Sichtweisen der Personen werden, gegebenenfalls noch zu Lebzeiten, medial vorbereitet und gestaltet (vgl. S. 186). Nachdrücklich gibt er dabei zu bedenken, dass dies das Risiko berge, dass Trauernde sich in Geschäftsmodellen und »Feedbackschleifen [verfangen]« und so als »Datensammler für das Social Media Marketing [fungieren]« (S. 181). Überdies stehe in dieser Praxis immer weniger das Subjekt als Individuum im Mittelpunkt als »historisch und sozial bedingte Subjektivierungsweisen«, die als eigenes Feld der medienspezifischen Untersuchung harren (S. ebd.).

[26] 

Monika Hanauska setzt sich in ihrem Beitrag »Veränderte Sprache – Sprachwandel?! Wirkt sich die internetbasierte Kommunikation auf die Sprache aus?« differenziert mit dem »gefühlte[n] Sprachverfall« (S. 204) in der internetbasierten Kommunikation auseinander. Sie untersucht, inwieweit es sich bei dieser um einen Sprachwandel handelt oder, ob nicht vielmehr eine sich weiter ausdifferenzierende Sprach- und Schreibkultur vorliegt, bei der sich schlicht die Sprache an Medien, Nutzungsform, Adressaten und ähnliche Parameter anpasst.

[27] 

Florian Krautkrämers Aufsatz »Go-Pro-Vision und involvierter Blick: Neue Bilder der Kriegsberichterstattung« beschäftigt sich mit Handymitschnitten in der Kriegsberichterstattung. Er sieht darin ein neues Genre der Aufnahme und Verbreitung (über Handy, YouTube, Facebook etc.). Bei diesem Typus nicht-gesicherter und vor allem nicht-geprüfter Quellen, bei der die Möglichkeit zu einem hohem Involvierungsgrad des Filmenden – und später der Betrachtenden – bestehe, geraten, wie der Verfasser eindrücklich ausführt, »Objektivität und Information« in den Hintergrund vor dem Subjekt/dem Subjektiven, den technischen Darstellungswerkzeugen und der Nutzung als »Medien der Selbstdarstellung« (vgl. S. 210, alle Zitate ebd.).

[28] 

Konkrete Vorschläge zum Umgang mit neuartigen Möglichkeitsräumen und dem Innovationspotential von Techniknarrativen

[29] 

Die Beiträge der beiden letzten Teilkapitel zu den „Möglichkeitsräume[n]« und »Techniknarrative[n]« beleuchten im Grunde aus zwei Blickwinkeln verschiedene »Möglichkeitsräume« im Mensch-Technik-Verhältnis, zum einen treten sie dafür in ontologisch-philosophische Zugänge ein, zum anderen leiten sie die »Möglichkeitsräume« am Beispiel von fiktionalen Genres ab. Als ausgesprochen gewinnbringend erweist sich dabei, dass alle Autorinnen und Autoren das ästhetische und philosophische Potential ihrer Bezugstexte gezielt nutzen, um a) zum Umgang mit den neuen Möglichkeitsräumen Standpunkte zu formulieren und b) das Innovationspotential dieser fiktiven Inszenierungen zu vermessen. 6

[30] 

Nach einem Überblick über ein sich – in seiner kurzen Historie vom Anfang der 1990er Jahre bis heute – um 180 Grad, und zwar eher vom Paulus zum Saulus als umgekehrt, gedrehtes Verständnis der »Privatheit der Person« im Netz, untersucht Tobias Matzner in seinem Beitrag »Personen verwalten oder Personen sein (müssen)? Normen der Privatheit (nicht nur) in der digitalen Kommunikation« Standards und Zustandekommen von Personen-Erscheinungsbildern im Internet. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass im Netz wie im echten Leben das Entwerfen der eigenen Erscheinungsweisen von Kontexten und Zielgruppen abhängig sei und nie in allen Details selbst kontrolliert werden könne; gerade diese Feststellung macht verständlich, dass es vielmehr verschiedene zentrale »Unterscheidungsmerkmale für verschiedene Kommunikationskontexte [gibt], die deutlich nuancierter und differenzierter sind, als die Trennung zwischen offline und online« (S. 229).

[31] 

Bruno Gransche ermittelt in »Von Quallen-Katzen und Spinnen-Ziegen. Narrative Vernunft und Neogefahren lebendiger Technik« neuartige Gefahrenfelder im Mensch-Technik-Verhältnis, die er »Neogefahren« nennt. Sein Beitragstitel ist diesbezüglich Programm: Wie er veranschaulicht, besteht das Neuartige dieser Gefahren darin, dass das Handeln zwar, wie beim Risiko, vom Menschen ausgehe, aber im Gegensatz zu letzterem nicht mehr kalkuliert oder kontrolliert werden könne (S. 248-250), sondern sich »hin zu einem experimentellen Anstellen« entwickle (S. 244), das klassische Reaktions- und Antizipationsmuster (z. B. Voraussagen in Form von Kalkulation und Stochastik) aus den Angeln hebe. Er plädiert daher dafür, neue, den aktuellen Gefahrenpotentialen angemessene »Verstehens- und Bewältigungsstrategien« zu finden (S. 252). Um »an der Sinnbewältigung von Erwartungsbrüchen zu arbeiten« (S. 255), bricht der Medienwissenschaftler nachgerade eine Lanze für die Literatur. Vornehmlich die »narrative Vernunft« und die, in dem »ihr eigenen Wechselspiel von Tradition und Innovation« sich gründenden Möglichkeiten einer (menschengerechten) Sinn- und Bedeutungsfiguration (vgl. S. 255) bieten sich als Bewältigungsnarrativ an.

[32] 

Klaus Birnstiel weitet in »Das Wahr-Werden der technischen Welt. Prolegomena zu einer Philosophie des iGestells« Heideggers Philosophie des Gestells (einer auf die ›Entbergung‹ bzw. das ›Verstellen‹ von Wahrheit hin ausgerichteten, technikkritischen Ergründung der technischen Apparaturen) zu einer des iGestells (der Erkenntnisgründe der multimodalen Netzkultur) aus. In einer präzisen Aufschlüsselung legt er zunächst dar, wie die Heidegger’schen Sinnmuster und Vorgaben es erlauben, die gegenwärtige Technik und Technikdebatte in die Kontexte der Wahrheitsphilosophie einzurücken, um auf diese Weise der dringlichen Notwendigkeit einer der technischen Gegenwart angemessenen Technikphilosophie und -ethik nachzukommen. So weit, so wirklich gut. So genau der erste Teil seiner Überlegungen sich allerdings präsentiert, so sinnvoll der Ansatz im Kern ist, so weisen die von ihm im zweiten Teil aufgestellten Prolegomena eine Tendenz zur Pauschalisierung auf, welche die Ableitungen aus dem theoretischen Fundament nicht immer klarlegen. Das auf einem ethischen Impetus basierende Fazit (»Die Frage nach der Wahrheit, dem Wahr-werden der technischen Welt der Gegenwart und einer angemessenen Sprache ihrer Erkenntnis muss demgemäß im Fokus eines ins Offene schreitenden Nachdenkens über Technik liegen« S. 275) verkennt, meines Erachtens, den technikkritischen Ansatz Heideggers, der sich um den in der modernen Welt gewandelten ontologischen Status von Technik dreht, d. h. dieser fortan eine als problematisch erachtete Seinsmacht zuschreibt. 7

[33] 

Den Übergang zwischen Möglichkeitsraum und »Techniknarrativen« leisten Natascha Adamowskys kurze Ausführungen zur »Ästhetik technischer Praktiken im Science-Fiction-Film«. Sie widmet sich der »Gestaltung und Wahrnehmung von Mensch-Maschine-Konfigurationen im Science-Fiction-Film« (S. 277) und gewinnt dem Vergleich von Original und Remake von RoboCop (Paul Verhoeven 1987, Jose Padilha 2014), einem Cyborg-Klassiker, Aussagen über die gesellschaftliche Wahrnehmung von Technikzukünften ab.

[34] 

Szilvia Gellai ergründet in »Der gläserne Mensch in Dave Eggers’ The Circle« am Beispiel der Hauptfigur des Romans die hochaktuelle Frage nach der menschlichen Berechenbarkeit, der »Durchdringung von Innen und Außen, Privatleben und Öffentlichkeit, Individuum und Kollektiv« mithilfe von Daten- und intelligenter Überwachungstechnik (S. 304-305). Am (beruflichen) Werdegang der Protagonistin schlüsselt sie auf, wie sich die Figuren freiwillig dieser Transparenz aussetzen und, dass sie die Einflussnahme nicht als Isolation oder Freiheitsverlust betrachten. Im Verlauf ihrer Darstellungen geht sie zudem auf verschiedene Spiegelungen und Allegorien dieser machtvollen gesellschaftlichen Transformationen ein, etwa auf die Tendenz großer Firmen zu einer gläsernen Architektur, und verdeutlicht, wie der Autor diese gezielt zur Kritik nützt.

[35] 

An die Thematik der Analyse und Inszenierung intelligenter Überwachungstechniken in fiktionalen Genres knüpft Kai Löser mit »›Die Sehmaschine‹. Artificial Intelligence und die Ästhetik technischer Überwachung in der TV-Serie Person of Interest« an. Sein Ausgangspunkt stellt dabei die amerikanische Pre-Crime-Debatte (deren ideeller Kern um die Hoffnung auf die Prognose und Vermeidung von Verbrechen mithilfe von Überwachungstechniken kreist) und die Analyse ihrer potentiellen gesellschaftlichen Ausmaße in amerikanischen TV-Serien. In seiner Untersuchung der filmischen Strategien zum Einsatz der Technik der ›Sehmaschine‹ in der Serie Person of Interest, zeigt er, wie die »Interaktion zwischen trivialen Menschen und der nicht-trivialen Maschine, die […] derart schnell wächst und lernt, dass sich ihre Evolution nicht vorhersagen lässt«, eine Reihe politischer und ethischer Fragen aufwirft zum Umgang mit Big Data, zur Bewertung von nicht mehr nur menschlich generierten Entscheidungen sowie zur »prognosebasierten Steuerung gesellschaftlicher Prozesse« (S. 319).

[36] 

Martin Hennig befasst sich in »Von autonomen Maschinen und der Kontrolle des Spielers: Mensch-Technik-Verhältnisse im Computerspiel« mit verschiedenen Ausgestaltungen von Mensch-Technik-Konfigurationen im Computerspiel. Dabei stellt er eine Tendenz zur Selbstreferentialität fest, die es ermöglicht, über das Medium selbst und darüber zu reflektieren, dass die Computerspiele im »utopischen Rahmen niemals ihren Werkzeug- oder Simulationscharakter verlier[en]« (S. 339). Der Medialität und der »digitalen Logik« des Computerspiels entsprechend wird die Grenze Mensch/ Technik daher grundsätzlich anders gezogen, »Überwachungs- und Kontrolldispositive« per se qua Softwareentwicklung »befördert« (ebd.).

[37] 

Marie-Hélène Adam und Julia Knifka setzen sich in »Beyond the Uncanny Valley. Inszenierung des Unheimlichen als Wunsch- und Angstbilder in der Serie Echte Menschen – Real Humans« mit der Frage der Projektion von Angst- und Wunschvorstellungen sowie des Unheimlichen auf Roboter auseinander. Dies gelingt dadurch, dass die Roboter der Serie in einer inszenierten Alltäglichkeit zum Reflexionsmedium werden für »die Spielarten des Menschlichen, [den] technischen Fortschritt und Prozesse einer sozialen Dynamik, die dadurch in Gang gesetzt werden« (S. 362). Den Schluss des Bandes bildet ein Interview »,Wir Phantasten sind die einzigen Realisten‘. Interview mit Thomas Le Blanc über das Projekt Future Life – We read the Future«, das Annegret Scheibe mit Thomas Le Blanc, dem Leiter und Gründer der Phantastischen Bibliothek Wetzlar, führt. Hierbei stehen konkrete Ableitungen zur Mensch-Technik-Interaktion aus der Fiktion im Vordergrund und damit der tatsächliche Einfluss von Science-Fiction auf die technische Realität, vermittelt über eine Bibliothek, die über ihren europaweit größten Bestand phantastischer Literatur Ideen und Inspirationen für Innovationen in die freie Wirtschaft wie an Ministerien vermittelt und bisweilen einer interessierten »Öffentlichkeit zugänglich [macht]« (S. 367).

[38] 

Fazit: Die téchne und die Tücken im technischen Detail

[39] 

Gemessen an den Vorgaben, die sich die Herausgeberinnen eingangs setzen, kann man sagen, löst der Band ein, was er verspricht. Insgesamt bilden die sehr soliden, teilweise exzellenten Beiträge ein breites Spektrum an aktuellen, für die Transformation des Mensch-Technik-Verhältnisses hochrelevanten Entwicklungen ab, loten deren Risiken und Potentiale für zukünftige Entwicklungen aus und bieten einen fundierten Über- sowie einen guten Einblick in Forschungsfelder, die sich in permanenter Evolution befinden. Bewusst sollen die interdisziplinären Beiträge Anstöße für weitere Forschungen geben.

[40] 

Dabei weist der an Informationen und Einschätzungen reiche Band, trotz zum Teil schwieriger Materie und komplexer Verwicklung in vielfältige Forschungsfelder, eine gute Lesbarkeit auf, was neben einem übersichtlichen Inhaltsverzeichnis und der Gliederung der Beiträge im Einzelfall auch auf der verlagsbedingten Gestaltung beruht. Die Studie besticht durch eine sachlich-informierende Darstellungsweise. Auch maßgebliche Referenzliteratur wird meist umfangreich und sinnvoll eingearbeitet. Leider führt der Band indes kein Register an, obschon bei dieser Art Publikation und einer Vielzahl an zum Nachschlagen geeigneten Begriffen und Neologismen ein Verzeichnis hilfreich wäre.

[41] 

Nicht oder nur ganz vereinzelt fündig wird in dem der Anlage nach gegenwartsbezogenen Sammelband, wer eine historisch übergreifende, am Grundsätzlichen orientierte Verortung der neuen Figurationen sucht: eine Fundierung in den Epistemen und Aporien der (Post-)Moderne oder eine Auslegung in der Tradition, wie sie die gegenaufklärerische Technikkritik von der Frühen Neuzeit über die Aufklärung bis zur Frankfurter Schule kultivierte. Denn, was wenn – mit Hans Blumenberg gesagt – die neuen Technologien allen grundlegenden Neuordnungen zum Trotz erneut nur den »Zugang zu neuen Verfügbarkeiten« bedeuten? 8 Wie keine zweite Denkrichtung setzte diese lange Linie der Technikkritik jedweden noch so radikalen Veränderungen das unbedingte Vertrauen auf die Gestaltungskraft von Geist und Sprache entgegen. Etwas zu kurz kommt, eventuell daher rührend, die Rolle des mündigen Subjekts, das in diesen die heutige Lebenswelt maßgeblich verändernden Prozessen zwischen Autonomieverlust und -gewinn immer auch die Möglichkeiten des kritischen Beurteilens, des Maßhaltens oder der Verweigerung, der Entwicklung von Alternativen hat. Aber all dies wäre wohl ein anderer, eigener Band.

[42] 

Eine Schwäche der Publikation besteht jedoch im wahrsten Sinn des Wortes in der ›téchne‹, in der künstlerisch-handwerklichen, redaktionellen Aufbereitung des Bandes, sowohl was die Spuren des ursprünglichen Tagungsformates und – teilweise – die Zuordnung der Beiträge zu den Teilbereichen betrifft als auch die druckbedingte Endredaktion, bei der sich einige Tücken (gar die Fehlreihung eines Beitrags im Verhältnis zur Herausgeberzusammenfassung bzw. zum Inhaltsverzeichnis) eingeschlichen haben. Berücksichtigt man die Leistungen und das eigentliche Anliegen des Bandes tut dies der Qualität der einzelnen Artikel freilich keinen Abbruch. Man kann es möglicherweise so sagen: Auf irgendwie äußerst beruhigende Weise dürften diese Aporien einmal mehr andeuten, in welchem Maß die neue auf die alte Technik – auf die Kunst des menschlichen Handwerks – unauflöslich(?) angewiesen bleibt.

 
 

Anmerkungen

Vgl. hierzu eine Studie des McKinsey Global Institute, der eine hohe mediale Präsenz zuteil wurde, insbesondere weil sie Deutschland, aufgrund der teuren Löhne, einen besonders hohen Prozentsatz an durch Automatisierung ersetzter Arbeitskraft bescheinigte – im Vergleich etwa mit den USA und China. Vgl. unter URL: https://www.mckinsey.com/global-themes/future-of-organizations-and-work/what-the-future-of-work-will-mean-for-jobs-skills-and-wages (01.01.2018). Hier findet sich auch der Link zur Gesamtstudie vom Dezember 2017 mit dem Titel Jobs lost, Jobs gained: Workforce transitions in a time of automation. Eine Zusammenfassung aus deutscher Perspektive unter URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/deutschland-bis-zu-zwoelf-millionen-jobs-koennten-bis-2030-durch-automatisierung-entfallen-a-1181271.html (01.01.2018).

   zurück
Verweise und Zitate aus dem Band von Marie-Hélène Adam/ Szilvia Gellai/ Julia Knifka (Hg.): Technisierte Lebenswelt. Über den Prozess der Figuration von Mensch und Technik. (Edition Kulturwissenschaft Band 70). Bielefeld: transcript Verlag 2016, im Folgenden mit Angabe der Seitenzahlen in Klammern im Fließtext, hier: S. 18-20.   zurück
Vgl. Norbert Elias: Über den Prozeß der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen. 2 Bde. Bd. 1. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1997, S. 70. Marie-Hélène Adam/ Szilvia Gellai/ Julia Knifka, (Anm. 2), S. 16, führen in der Einleitung zu ihrem Band allerdings an, dass der Begriff von Elias in aktuellen Zugriffen auf gesellschaftlich-kommunikative Interdependenzgeflechte nicht nur zwischen Individuen übertragen wurde.   zurück
Den Begriff des »unternehmerischen Selbst« hat Ulrich Bröckling: Das unternehmerische Selbst. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2007 in die Diskussion um das moderne Subjekt eingebracht.   zurück
Auch die Herausgeberinnen des vorliegenden Bandes schneiden in ihrer Einleitung diesen Aspekt an, indem sie – mit Bruno Latour: Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2007 – darauf verweisen, dass »Handlung nicht per se ein menschliches Privileg darstellt«, vgl. Marie-Hélène Adam/ Szilvia Gellai/ Julia Knifka, (Anm. 2), S. 12.   zurück
In diesen Zusammenhängen wäre möglicherweise zudem ein Abgleich mit historisch überbrachten, systematischen Modellen des allwissenden Überblicks, wie sie die abendländische Erzählkunst, das Christentum und der Mythos hervorgebracht haben, aufschlussreich. Dass die Position des Überblicks mit ihren gesellschaftlich hochwirksamen Steuerungsimplikationen nämlich erneut zur Verhandlung steht, deutet sich in dem Beitrag von Kai Löser – allerdings aus einer anderen, volkswirtschaftlichen Perspektive – zumindest an (vgl. S. 319 unten).   zurück
In diesem Sinn lese ich auch das vom Verfasser angeführte Beispiel vom Kraftwerk im Rheinstrom (S. 267). Bei diesem lässt sich für meine Begriffe nicht nur eine Dekonstruktion von Subjekt/ Objekt, Agens/ Patiens festmachen, sondern eine manifeste Rollenverkehrung von Natur und Technik feststellen. Der von Heidegger benutzte, anthropomorphisierende Begriff des »Wesen[s] des Kraftwerks« (ebd.) unterstreicht den neuen ontologischen Status der Technik gegenüber der »in den Rheinstrom« gebauten alten Holzbrücke (ebd.), die mit der Natur noch ein quasi-natürliches Amalgan bildet, nachdrücklich.    zurück
Giordano Bruno: Das Aschermittwochsmahl (La cena de la ceneri). Übers. von Ferdinand Fellmann, mit einer Einleitung von Hans Blumenberg. Frankfurt/M.: Insel Taschenbuchverlag 1981, S. 44.   zurück