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Der Parasit - eine Begriffsgeschichte

Oder: Vom Niedergang eines göttlichen Mitessers

  • Ulrich Enzensberger: Parasiten. Ein Sachbuch. (Die Andere Bibliothek 198) Frankfurt / M.: Eichborn 2001. 303 S. Gebunden. EUR (D) 27,50.
    ISBN: 3-8218-4501-5.
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»Es juckt, man kratzt sich geistesabwesend« (S. 10) – Sind Parasiten in den Assoziationen der heutigen Bevölkerung zunächst hauptsächlich als biologische Gäste im eigenen Bett, auf der eigenen Haut oder gar im eigenen Körper zu finden 1 , so waren sie in den Achtzigern dank Michel Serres Le Parasite auch metaphorisch in aller Munde.

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Während das 1981 auf Deutsch erschienene Buch des französischen Philosophen zwischen Wissenschaft und Fabel changierend darum bemüht war, zu einer universellen, Kultur wie Natur umfassenden Theorie – »Kein System ohne Parasit« 2 – zu gelangen und damit laut Ulrich Enzensberger »die Konsequenz aus der inflationären Entwicklung des Begriffs« 3 zog, ist es Enzensberger 2001 daran gelegen, eben diese Entwicklung vermittels einer unfangreichen Materialsammlung aufzuzeigen.

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Der Publizist, Übersetzer und Drehbuchautor zieht somit in seinem »Sachbuch« Parasiten einen chronologischen Überblick über den Bedeutungswandel der »kühnen Verallgemeinerung« 4 und Systematisierung vor.

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Und so ist es sein Anliegen, den Verlauf der Begriffsgeschichte, die Wandlung von einem mit positiven Konnotationen besetzten Wort zu einem mit negativen Konnotationen kontaminierten Begriff zu schildern.

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Die Darstellung des Bedeutungswandels, der unterschiedlichen Verknüpfung von signifiant mit signifié, vollzieht sich in vier Kapiteln, vier »Teilen«. Diese unterscheiden sich sowohl in der in ihnen jeweils verhandelten Zeitspanne – von der Antike bis zur Gegenwart – als auch thematisch – führen mal in soziale mal in natürliche Gefilde, und werfen so auch für den weniger linguistisch, sondern mehr sozial- , theater- oder wissenschaftsgeschichtlich interessierten Leser viel Wissenswertes ab.

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I. Teil: Der Parasit und die Antike

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I. a. Der Parasit im alten Griechenland

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Höchstes Ansehen – so erfährt man in Enzensbergers etymologischer Begriffsklärung – besaßen die mit dem Begriff des Parasiten belegten Wesen im alten Griechenland. Unter einem Parasit (παρασιτοζ), wörtlich »ein neben, mit oder bei einem anderen Essender« (S. 13) verstand man dort einen »hochgeachteten religiösen Beamten« (S. 13), der zusammen mit den Priestern und den Göttern das kultische Opfermahl einnahm (vgl. S. 14). Diese im Rahmen ihrer politisch-religiösen Gemeinschaft wohl angesehenen Menschen sind es auch, die Enzensberger zu seinen Erzählern macht und sie aus ihrer Sicht, aus der ersten Person Plural, den Niedergang des Parasiten-Begriffs persönlich betroffen schildern und kommentieren lässt. Somit injiziert er der bloßen Auflistung von Fakten Emotionen, welche das »Sachbuch« streckenweise fast zu einem Schicksalsbericht werden lassen.

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Mit Blick auf die Theaterbühnen wissen jene Wir-Erzähler dann zu schildern, dass Parasiten bald auch an Tischen weltlicher Herrn Platz nahmen, um gegen Naturalien das Mahl der Reichen vergnüglicher zu gestalten. Die Wir-Erzähler beziehen sich dabei auf attische Komödien 5 ; zahlreiche Zitate dieser dokumentieren ferner die aufkeimende Konkurrenz des Parasiten mit anderen, weniger achtbaren Figuren des Welttheaters, unter ihnen den Schmeichler, Kolax, von dem Enzensberger sie dank genauer Quellenrecherche begriffs- und theatergeschichtlich abzugrenzen weiß (vgl. S. 21 ff.).

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I b. Vom παρασιτοζ zum parasitus –
Der Wechsel von der griechischen auf die römische Bühne

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Der weitere soziale Abstieg erfolgte dann schon in Rom. Dort bot ihnen das römische Klientelwesen, die Patronage, vorläufig Schutz (vgl. S. 42 f.). Doch geriet, wie Enzensberger erneut mit gut gewählten Textauszügen aus Theaterstücken – vor allem des Plautus – belegt, die Institution der Patronage mit der gesamten Republik in die Krise: Die Gönner verfügten nicht mehr über die Mittel, sprich über genügend Speis und Trank, um sich geistreiche Tischgenossen zu halten. Die Parasiten liefen Gefahr, zu »Schnurrern«, zu »verkommenem Klientel« (S. 56) degradiert zu werden.

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II. Der Parasit im Wandel

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II a. Aus der Vergessenheit des Mittelalters
auf die Bühnen der Renaissance

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Im frühen Mittelalter geriet die Mehrzahl der Stücke des Plautus und mit ihnen die Parasiten, zunächst in Vergessenheit (vgl. S. 75). Im Jahre 1429 jedoch wurden die Werke durch Nicolaus von Kues wieder entdeckt und später erneut auf die Bühne gebracht (vgl. S. 75). Das Theater half den Parasiten dann durch die Epochen und trug zu ihrer geographischen Verbreitung bei. So spielten

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»[i]talienische Schauspieltruppen [...] den Ariost und Plautus in Frankreich. Es folgten Aufführungen von Plautus und Terenz in Spanien, in Ungarn, in England, in Dänemark, in Portugal, Übersetzungen, Bearbeitungen, Nachahmungen. Im Laufe des 16. Jahrhunderts entstanden nach dem Vorbild Ariosts Hunderte von Stücken der sogenannten commedia erudiate, der Gelehrtenkomödie und zwar in ganz Europa.« (S. 77)
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Enzensberger gibt vor allem für den englischen und französischen Raum einen detaillierten Überblick über die dort damals vorherrschenden Theaterszenen. 6 In mit Zitaten gespickten Inhaltsangaben verschiedener Stücke stellt er das Parasitenschicksal in den einzelnen Texten kenntnisreich und originell dar (vgl. S. 87 f.).

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II b. Paulus – Ein Saulus für die Parasiten.
Oder: Der Parasit und das Christentum

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Eine weitere Verschlechterung des Parasitenloses drohte – so wird im »Sachbuch« mit Rückgriff auf zahlreiche Quellen referiert – durch das von Paulus ordnungspolitischem Dekret mobilisierte Christentum. Im Zweiten Brief an die Thessalonicher lässt Paulus seine zur Bergpredigt Jesu 7 kontradiktorische Lobpreisung der Arbeit verkünden, nach der auch nicht essen solle, wer nicht arbeiten wolle. (vgl. S. 79). Das Schriftstück wurde zu jener Zeit verfasst als Lukian von Samosata geboren wurde, der die Parasiten in einem »streng geführte[n] Streitgespräch im Stil eines sokratischen Dialogs« (S. 62) zu Philosophen adelte. Als Christoph Martin Wieland es im Jahre 1788 unter dem Titel »Der Parasit oder Beweis, das Schmarotzen eine Kunst sey« ins Deutsche übersetzte, hatte sich die Lage für »›arbeitsscheue‹ Lebenskünstler« 8 bereits merklich verschlechtert (vgl. S. 92). Das gestrenge Arbeitsethos hatte sich im Protestantismus durchgesetzt (vgl. S. 80 ff.), so dass es »für denjenigen, der sein Brot nicht im Schweiße seines Angesichts verdienen wollte oder konnte, kein Plätzchen, weder am untersten Ende der Tafel noch weiter oben [gab]« (S. 81).

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Darüber hinaus kursierte bereits »die Verleumdung«, welche laut Enzensbergers Wir-Erzählern »die Katastrophe auslöste« (S. 93).

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II c. Die Metamorphose des Parasiten:
Vom Mensch zur Pflanze und zum Tier

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Der einstmals unterschiedlich ehrenwerte Menschen bezeichnende Begriff wurde jetzt nämlich auf Lebewesen aus Fauna und Flora angewandt, also in die Bereiche der Zoologie und Botanik hineingetragen; und so wird neben der Theatergeschichte in Enzensbergers »Sachbuch« nun auch Wissenschaftsgeschichte, genauer Biologiegeschichte, geschrieben:

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Im Jahre 1646 hatte Sir Thomas Browne irrtümlich angenommen, Misteln entstünden nicht aus Samen, sondern aus dem »überflüssigen Saft« (S. 94) der sie beherbergenden Bäume. (vgl. S. 93 f.). Da sie seiner Einschätzung nach auf Kosten anderer lebten, bezeichnete er sie als »parasitische Pflanzen«, als »Parasitical plants«(S. 94). Andere Biologen 9 wendeten das Adjektiv »parasitär« dann auch auf weitere Pflanzen wie Moose oder Flechten an (vgl. S. 9 5ff.).

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Knapp 100 Jahre später, im Jahre 1735, wurde in Karl Linnés Natursystem auch ein erstes Tier, der Eingeweidewurm, »für eine specie parasitica gehalten«(S. 102). Ihm folgten Laus, Krätzmilbe, Sackkrebs, Floh und viele weitere (vgl. S. 133 ff.).

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III. Die Rückverwandlung:
Von Pflanze und Tier zum Menschen

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Mit den Seuchen des 19. Jahrhunderts gerieten die Parasiten weiter in Verruf; zwar galten sie nicht als Seuche selbst, wurden aber – Enzensbergers genaue Quellenrecherche bringt diese Tatsache 10 aus dem »Schutt der Wissenschaftsgeschichte« (S. 144) wieder ans Licht – als ihr Auslöser angesehen. Die Parasiten galten als »schuld an Pocken, Masern, Röteln, an Scharlach und Typus, an Influenza, Ruhr, Cholera und Pest.« (S. 142) und gingen so, auch wenn ihre Unschuld später erwiesen wurde, in die Medizingeschichte ein (vgl. S. 142 ff.).

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Auch sozialgeschichtlich machten sie nun von sich reden. Denn nachdem aus den Parasiten schmarotzende Pflanzen und Tiere von fragwürdiger Herkunft oder gar Krankheitserreger geworden waren, wurde die Bezeichnung – aufgeladen mit Assoziationen an Eingeweidewürmer und Seuchen so negativ konnotiert wie nie zuvor – erneut auf Menschen angewandt (vgl. S. 159 ff., vor allem S. 161 f.), benannte vermeintlich »defekte Menschen« (S. 187).

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Und so wurden die Juden schon um 1787 von Johann Gottfried Herder, als einem prominentem Vertreter dieser Auffassung, zu einer »parasitären Pflanze auf den Stämmen anderer Nationen« (S. 123) erklärt, bevor 1878, mit der Gründung »der christlich-sozialen Partei, [...] in Deutschland der moderne Antisemitismus in Erscheinung [trat und][d]er jüdische Parasit [...] kreiert [wurde]« (S. 176). Im nationalsozialistischen Deutschland wurde der Begriff des »Parasiten« dann durch den wortgeschichtlich jüngeren »Schädling« abgelöst; wohl deswegen, so mutmaßen die Wir-Erzähler Enzensbergers, weil der Schädling eindeutig von außen angreift (vgl. S. 242 ff. und S. 246).

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Eine solche Begriffsersetzung erfolgte auch in der Sowjetunion: Bezichtigte die sozialistische Bewegung zunächst nur die Bourgeoisie des Sozialschmarotzertums und des Parasitismus (vgl. S. 190 und S. 212 f.), so wurden dann – Enzensberger liefert eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen – 1918, als die Russische Sozialistische Föderative Räterepublik sich eine Verfassung gab, auch andere Klassen daran gemahnt, dass »wer nicht arbeitet [...] kein Daseinsrecht« (S. 216) habe und folglich als ein gesellschaftsfeindliches parasitäres Element anzusehen sei (vgl. S. 217). Aus diesem wurde auch hier im Laufe der Zeit ein »Schädling« (vgl. S. 241).

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Nach dem zweiten Weltkrieg führte der Begriff des »Parasiten« im »Westen« zunächst ein Schattendasein. »Doch schon bald brachte der »Wohlfahrtsstaat« die »politisch praktizierenden Soziologen« 11 erneut auf den Plan, die nun bis heute auf die »Parasiten im sozialen Netz« 12 (S. 262) – Enzensbergers Wir-Erzähler merken dies kritisch an – Jagd machen.

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IV. Die »selbstsüchtige DNA« –
der Parasit in der Molekularbiologie

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Nach dem kontinuierlichen Niedergang auf theater- und sozialgeschichtlicher Ebene erlebte der Parasit im Bereich der Molekularbiologie allerdings vor gut zwei Jahrzehnten seinen »ultimativen« Höhepunkt – und somit schließt sich an dieser Stelle auch die in »Teil II« begonnene Biologiegeschichte.

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Bereits 1980 veröffentlichte L. E. Orgel zusammen mit dem Mitentdecker der molekularen Doppel-Helix-Struktur der Desoxyribonukleinsäure, Francis H. C. Crick, in der Zeitschrift Nature einen Artikel unter dem Titel: »Selfish DNA: the Ultimate Parasite« (S. 260). Orgel und Crick ging es – so referiert Enzensberger – jedoch nicht um die gesamte DNA, sondern nur um jenen Teil von ihr, der kein Protein produzierte, der nicht arbeitete. »Sie bezeichneten diese DNA [folgerichtig] als ›egoistische DNA reinsten Wassers‹, als [...]junk« (S. 260). Das Irritierende an diesem »Müll« und zugleich Triumphale für Enzensbergers Wir-Erzähler: Die nicht arbeitende, also parasitäre DNA macht, so wurde am 12. Februar 2001 auf Pressekonferenzen des National Human Genome Research Institute bekannt gegeben, »den größten Teil des menschlichen Genoms aus« (S. 275).

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Fazit

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Den größten Teil und zugleich den größten Gewinn von Ulrich Enzensbergers Parasiten stellt die umfangreiche Materialzusammenstellung dar, die sich aus mitunter schon in Vergessenheit geratenen Quellen und durchaus auch Kuriositäten aus unterschiedlichen Bereichen speist – zu bemängeln ist allerdings, dass keine genauen Quellenangaben gemacht werden.

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Der Begriff des Parasiten – da ist Enzensberger eine glückliche Themenwahl zu bescheinigen – erlaubt – neben seinem sprachwissenschaftlichen Potential – aufgrund seines Auftretens in vielerlei Sparten einen informativen und zugleich unterhaltsamen Spaziergang durch Theater-, Sozial- und Wissenschaftsgeschichte. Ausführliche und gut gewählte Zitate ermöglichen ein Eintauchen in Theaterstücke, politische Ereignisse und Wissenschaftsdebatten.

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Selbst einen Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte leisten wird Enzensbergers Buch jedoch nicht. Denn sein Ziel, eine bloße Darstellung der Begriffsentwicklung zu liefern, bezahlt er mit dem Preis, dass sein Buch zu einer Mischung aus bloßer Materialsammlung und zweifelsohne originellen Bobachtungen verkommt, der – wie bereits Cornelia Vissmann in ihrer Rezension vom 7. 11. 2001 in der Süddeutschen Zeitung anzumerken wusste – »eine theoretische Klammer, [ein systematisierendes Werkzeug, ein tiefer gehender Gedankengang und mehr Thesen als die, dass sich der Begriff des Parasiten in den unterschiedlichen Zeiten und Bereichen wandelt und folglich mit seiner ursprünglichen Bedeutung nur noch wenig gemein hat] fehlt«.



Anmerkungen

Gibt man in Internet-Suchmaschinen (z.B. google, yahoo!, Fireball) den Begriff Parasit ein, so finden sich – mit Ausnahme von Friedrich Schillers Theaterstück Der Parasit – auf den ersten 3-4 Seiten nur Eintragungen, die sich mit Bettwanzen, Nagelpilzen, Bandwürmern oder ähnlichen Tieren befassen; der biologisch-medizinische Bedeutungsaspekt des Wortes scheint in den Köpfen der Bevölkerung zu dominieren.    zurück
Bekanntlich fasst Michel Serres den Parasiten als Teil des Systems auf. Das Zulassen des Parasitären heißt für ihn einzugestehen, dass nicht alles in Ordnung ist, denn es gibt seiner Ansicht nach kein System, das perfekt wäre. Die Störung, der Parasit, gehört vielmehr zum System und da »[d]ie Abweichung [...] zur Sache selbst [gehört] und vielleicht [...] sie diese erst hervor[bringt]« (Michel Serres: Der Parasit, Frankfurt / M. 1981, S. 28) ist nur ein System mit Störung, ergo ein System mit Parasit, überhaupt ein System. Dabei stürzt sich der Parasit immer auf das System, die Verbindung zwischen einzelnen, nicht aber auf die jeweiligen Individuen selbst: Leben zwei in perfekter Harmonie (des Paradieses) oder des geregelten Tausches (bürgerliche Gesellschaft), befällt der Parasit nicht einen von beiden, um ihn auszusaugen, sondern setzt an der Verbindung, der Beziehung, zwischen beiden an und bereichert sich an dieser – Insofern kann die Theorie des Parasiten bei Serres auch als ein Vorläufer der Theorie des »dritten Mannes« oder des ausgeschlossenen Dritten angesehen werden. Vgl. Kurt Röttgers: Michel Serres: Strukturen mit Götterboten. In: Joseph Jurt (Hg): Von Michel Serres bis Julia Kristeva. Freiburg im Breisgrau: Rombach, 1999. (= Rombach Wissenschaften: Reihe Litterae, Bd. 69). S. 87– 112. S. 100 ff.   zurück
»Nichts in der Welt, worauf nicht plötzlich in der einen oder anderen Form das Wort Parasit gepasst hätte«, so Enzensberger auf Seite 265 seines Buches.   zurück
Uwe Justus Wenzel: Wir Parasiten. Ein Aufklärungsbuch von Ulrich Enzensberger. Neue Zürcher Zeitung. Ressort Feuilleton, 14. Juli 2001. Nr. 161, S. 59.   zurück
Unter anderem von Araros, Alexis, Aristophon, Axionikos und Timokles.   zurück
So heißt es im »Sachbuch«: »Das englische Theater boomte [...]. Um 1600 unterhielten vierzehn Lords eigene Ensembles; allein in London arbeiteten fünfzig Autoren für die Bühne. Der Star unter ihnen, der ungekrönte poeta laureatus, war nicht Shakespeare, sondern der hochgelehrte Ben Johnson. Er nahm den Parasiten und machte aus ihm [in der Komödie Volpone] einen modernen, abgründigen Menschen, der nicht weiß, wer er ist.« (S. 82 f.)»Shakespeare antwortete mit der Tragödie eines Wirtes: The Life of Tymon of Athens (um 1608). Seine Quelle war der Dialog Timon oder Der Misanthroph von Lukian« (S. 87).In Frankreich dagegen wurde der Parasit »über weite Strecken zu einer Stilfrage erklärt« (S. 105). Als Wörterparasiten galten den Franzosen im 17. Jahrhundert Längen oder Wiederholungen innerhalb eines Textes (Vgl. S. 105).    zurück
»Wenn Du ein Mittags- oder Abendmahl machest, so lade nicht deine Freunde, deine Brüder und deine Bekannten, die da reich sind, auf daß sie Dich nicht etwa wieder laden und Dir vergolten werden. Sondern, wenn Du ein Mahl machest, so lade die Armen, die Krüppel, die Lahmen und Blinden.« (S. 78 f).    zurück
Uwe Justus Wenzel: Wir Parasiten. Ein Aufklärungsbuch von Ulrich Enzensberger. Neue Zürcher Zeitung. Ressort Feuilleton, 14. Juli 2001. Nr. 161, S. 59.   zurück
Enzensberger führt an dieser Stelle Nehemia Grew, Petrus Antonius Michelius und Ephraim Chamber auf.   zurück
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Jakob Henle hatte im Jahre 1840 in seiner Pathologischen Untersuchung unter der Überschrift Von den Miasmen und Kontagien und von den miasmatisch-kontagiösen Krankheiten die Parasiten in einem »Indizienprozeß« (S. 142) als Verursacher von Seuchen ausgemacht (Vgl. S. 141 ff.).    zurück
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Uwe Justus Wenzel: Wir Parasiten. Ein Aufklärungsbuch von Ulrich Enzensberger. Neue Zürcher Zeitung. Ressort Feuilleton, 14. Juli 2001. Nr. 161, S. 59.   zurück
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Gemeint waren an dieser Stelle die »Kindergeld-Arbeitslosen« (S. 261). »Das sind [, so erläutert Ernzensberger,] Abiturienten oder andere Schulabgänger, die auf einen Studienplatz warten und es nicht nötig haben, in der Zwischenzeit zu arbeiten. Sie melden sich nur deshalb arbeitslos, damit ihre Eltern nicht auf das Kindergeld verzichten brauchen« (S. 261).   zurück