Helga Meise

Literaturbetrieb in der Spätaufklärung:
Das Beispiel Hessen-Darmstadt




  • Robert Seidel: Literarische Kommunikation im Territorialstaat. Funktionszusammenhänge des Literaturbetriebs in Hessen-Darmstadt zur Zeit der Spätaufklärung. (Frühe Neuzeit 83) Tübingen: Max Niemeyer 2003. XIV, 729 S. Gebunden. EUR 98,00.
    ISBN: 3-484-36583-8.


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Selbst wenn Robert Seidels auch buchstäblich gewichtige Habilitationsschrift ihren Ausgang von Fragen nimmt, die in Anbetracht des längst etablierten, erweiterten Text- und Literaturbegriffes, der nach wie vor aufflackernden Debatten um Literaturbegriff, Kanon und die Rolle und Möglichkeiten von Literaturunterricht sowie der sich zunehmend durchsetzenden Überzeugung von der Vorherrschaft, ja der Übermacht visueller Medien und dem damit vorhersehbaren ›Ende‹ von Buch und Literatur, Lese- und Schreibkultur noch einmal auf die raison d’être von Literaturwissenschaft zurückführen: »was unter (›schöner‹) Literatur zu verstehen sei, wem sie in welchem Umfang vermittelt werden solle und welche Funktion sie für die Entwicklung, den Lebensentwurf oder das Selbstkonzept des ›gebildeten‹ Menschen besitze bzw. zu besitzen habe« (S. 1), sucht die Untersuchung selbst die Antworten auf diese Fragen in der Konzentration auf den historisch verbürgten Einzelfall, die Umgangsweisen, die sich hier im Hinblick auf einen klar definierten Literaturbegriff ausmachen lassen, sowie den Umstand, dass hier eben diese Fragen zur Disposition stehen. Damit wird sie ihrerseits zu einem großen Wurf.

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Dass Seidels Wahl auf das Hessen-Darmstadt der Spätaufklärung fällt, geht nicht nur auf biographische Vorlieben zurück. Der Verfasser, der als »Darmstädter« sein persönliches Interesse von Anfang an einräumt, kann nicht nur eine Reihe weiterer, sondern auch gute Gründe anführen. Denn die Landgrafschaft ragt in verschiedener Hinsicht aus der Literatur- und Kulturgeschichte des Alten Reiches heraus. Sie hat daher immer wieder Aufmerksamkeit auf sich gezogen; dies gilt vor allem für die Verhältnisse des ausgehenden 18. Jahrhunderts.

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Hessen-Darmstadt:
Ausnahme oder Regel?

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Darmstadt selbst, Geburtsort Georg Christoph Lichtenbergs und Johann Heinrich Mercks, der hier auch als Hofbeamter sein Auskommen finden wird, gilt als literarisches und geselliges Zentrum der späten Aufklärung. Hier verkehren zu Beginn der 1770er Jahre u. a. Johann Wolfgang Goethe, Matthias Claudius und Johann Gottfried Herder. Hier entstehen Projekte, die die Geschichte der deutschsprachigen Literatur entscheidend prägen sollten, etwa die 1771 veranstaltete Klopstock-Ausgabe oder der 1772 verantwortete Jahrgang der »Frankfurter gelehrten Anzeigen«. Hier haben die ersten Dokumente von Sturm und Drang und Genieästhetik ihren Ort; ebenso, und zumindest teilweise unter der Beteiligung derselben Personen, die Treffen der »Darmstädter Empfindsamen«, einer Bewegung, die nicht nur von bürgerlichen Teilnehmern, angehenden Autoren oder Beamten im Hofdienst getragen wird, sondern auf den Hof selbst ausgreift.

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Stehen schon Namen wie Goethe und Lichtenberg eher für widerständige denn für angepasste Umgangsweisen mit Literatur, kommen weitere Besonderheiten hinzu, etwa die politischen Reformen, mit denen Friedrich Karl von Moser, 1772–1780 erster Minister im fürstlichen Kabinett, Furore macht, das Erscheinen der »Hessen-Darmstädtischen privilegirten Land-Zeitung« 1777 ff., aber auch die obsolete Jagdlust des 1768 im Theater bei einer Komödienaufführung verstorbenen Regenten Ludwig VIII. sowie dessen weithin gerühmter Schwiegertochter, der Landgräfin Karoline von Hessen-Darmstadt, von Goethe in Dichtung und Wahrheit als »große Landgräfin« apostrophiert. In dem Nachhall, den diese Ereignisse Hessen-Darmstadt nicht nur in der Literatur- und Kulturgeschichte, sondern auch in der politischen Geschichte verschaffen, scheint sich der herannahende Epochenumbruch anzukündigen, scheinen politische Kritik und literarische Innovation verknüpft.

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Über diese speziell Hessen-Darmstadt kennzeichnenden Faktoren hinaus kann sich Seidel den Umstand zunutze machen, dass hier in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch das generelle Neben- und Gegeneinander von überkommenen und neuen kulturellen Phänomenen greifbar wird (S. 1–24). Alteuropäisches Bildungssystem und neuer Literaturbetrieb treten sich gegenüber, Produktion, Rezeption und Distribution von Literatur beginnen sich voneinander abzulösen. Den Prozeß stützen und kennzeichnen gleichermaßen weitere Umbrüche: neue Leserschichten treten auf, neue Lektüregewohnheiten bilden sich heraus, die von Verlagen und Buchhandel bedient werden. Gleichzeitig finden neue literarische Formen Eingang in das Spektrum dessen, was als Literatur gilt; die literarische Tätigkeit und die Texte selbst geraten in Spannung zueinander: »Schreiberprodukt« und »Leserobjekt«, so Seidel im Anschluß an Klaus Weimar, werden unterschiedlich wahrgenommen und thematisiert. Beides, die Durchsetzung der Trennungslinie mit ihrem Pendant, der Ablösung der intensiven durch die extensive Lektüre, markiert einen literatursoziologischen Paradigmenwechsel, konstituiert aber auch eine Einheit, die bis zum Ende des 20. Jahrhunderts intakt blieb. Literatur vermochte »für einzelne«, »für mehrere« und »für viele« (S. 7) sich gleich bleibende Funktionen zu erfüllen, von der der Hilfestellung bei der Reaktion auf existentielle Notlagen über die des beruflichen Objektes bis hin zur Quelle von Erbauung oder Zerstreuung.

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Die Dynamik dieser vielfältigen und vielschichtigen Übergangsprozesse führt Seidel auf die Frage nach der »literarischen Kommunikation«, danach, wer wie mit wem »durch und über Literatur« kommuniziert (S. 7 f.). Ziel ist, eine »funktions- und sozialgeschichtlich präzise Analyse eines konkreten literarhistorischen Sachverhaltes« (S. 8) zu erstellen, »die relativ detaillierte Einsicht in die sozialen Funktionsmechanismen eines literarischen Kommunikationsgefüges« zu liefern, das »aufgrund seiner wenig auffälligen, eher ›typischen‹ institutionellen und strukturellen Bedingungen exemplarischen Charakter besitzt« (S. 9). Der mehrfach dezidiert benannte literatursoziologische Ansatz wird konsequent mit der regionalhistorischen Rekonstruktion zusammengeführt: »Es handelt sich um Verschiebungen, denen soziale Realitäten, geistesgeschichtliche Prozesse und anthropologische Fundamente gleichermaßen zugrunde liegen und die daher nur in quellennaher Detailanalyse herausgearbeitet werden können.« (S. 7) Der gewählten Untersuchungsmethode entsprechend, rückt die Studie nacheinander sieben verschiedene Felder in den Blick, die Hessen-Darmstadt als Territorialstaat prägen: Schule und Universität, Medien wie Zeitung und Kalender, sodann, den Ausgangspunkt von den Institutionen stärker auf die agierenden Individuen hin verschiebend, die Welt der Intellektuellen, die der fürstlichen Familie und der Frauen sowie schließlich die der »Darmstädter Empfindsamen« selbst.

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Handlungsrolle Schriftsteller:
Zwischen Isolation und Vernetzung

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Als Kern- und Glanzstück müssen die beiden Kapitel angesehen werden, die sich dem Umgang und dem Stellenwert von Literatur für Intellektuelle wie Johann Heinrich Merck (1741–1791) sowie der legendären Darmstädter Zirkelbildung widmen. Mit Merck tritt nicht nur die auch aus heutiger Sicht noch sperrigste Figur des Hessen-Darmstädter Literaturbetriebs ins Zentrum, sondern auch die Persönlichkeit, die die damit verbundenen Beschränkungen am vehementesten thematisierte, ohne dass es letztlich gelang, diese zu überwinden. Merck, der durch Freitod endete, schlug zwar, trotz fehlender akademischer Abschlüsse, 1767 eine Beamtenlaufbahn in Hessen-Darmstadt ein, in deren Verlauf er 1782 zum Wirklichen Kriegsrat avancierte, aber er scheint weder seine familiären Beziehungen als Sproß einer nicht einflusslosen Darmstädter Familie für seine Karriere wirklich genutzt noch den Ausstieg aus den ihn durch den Brotberuf und die mittlerweile begründete eigene Familie gleichermaßen beengenden Verhältnissen gewagt zu haben. Mercks fortgesetzte literarische Tätigkeit zeigt ihn in den 1770er Jahren in wechselnden Handlungsrollen: er fungiert als Redakteur der »Frankfurter gelehrten Anzeigen« von 1772, verfasst eigene poetische Texte, von Fabeln über Lyrik bis hin zu Versdichtungen und Prosa, macht sich als Kritiker und Zeitschriftenbeiträger einen Namen sowie als treuer, ebenso scharfsichtiger wie spitzzüngiger Briefpartner, der u. a. mit Goethe, Wieland und Herder, aber auch mit Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach in Kontakt steht. Gradmesser für das Ziel, sich in die »literarische« Avantgarde einzureihen, sind die Selbstverlagsprojekte Mercks, lanciert erstmals zwischen 1772–1775. Diese räumen zunächst der zeitgenössischen neuen englischen und französischen Literatur, etwa Goldsmith und Ossian, einen zentralen Platz ein, sodann den Schriften Goethes, u. a. Von deutscher Baukunst und Götz von Berlichingen, fanden aber ein Ende mit dem definitiven Weggang Goethes nach Weimar.

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Merck wendet sich in den 1780er Jahren zunehmend der naturwissenschaftlichen Forschung zu und suchte auch diese in eigenen Verlagsprojekten zu publizieren. Der damit verbundene Eintritt in das europaweit funktionierende Netzwerk, das u. a. Anatomen, Mediziner und Mineralogen verband, bot offensichtlich die einzige Möglichkeit, der »Wüste« der kleinen Residenz zu entkommen. Merck schreibt 1783 in einem Brief :

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Un Continent Literaire aussi peu éclairé comme la chère Allemagne, est un vrai désert d’Arabie, à qui il manque encor l’Hospitalité de ce nom-là. Scauriés vous croire Monsieur que j’ai assemblé une faculté de Medecine entiere, et personne ne m’a sçu trouver que cette tête appartenoit à un Rhinocéros. Si je n’en avois pas eu l’Empreinte quoique legére dans ma mémoire, depuis mon Voiage de Petersbourg, on m’auroit soutenu, que c’etoit un poisson. Le Grand Argument Servil etoit toujours celui: D’ou viendroit un Rhinocéros dans ce païs-là? (S. 281)
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Der Versuch, qua Partizipation an überregionalen Netzwerken aus Autoren, Zeitschriftenherausgebern und Verlegern die Isolation in der Region zu überwinden und so die eigene Identität als Intellektueller und Schriftsteller zu festigen, läßt sich Seidel zufolge auch für weitere Protagonisten der Darmstädter Szene verfolgen, für die sowohl literarische als auch beruflich-akademische Tätigkeit bezeugt sind. Zu nennen sind nicht nur Goethe und Carl Friedrich Bahrdt, sondern auch heute unbekannte Schriftsteller wie Anselm Karl Elwert, Amtsassessor in Dornberg (S. 318 ff.), oder die Brüder Christian Heinrich und Johann Georg Zimmermann, im Hauptberuf Pfarrer und Pädagoge (S. 321 ff.). Die Darlegungen zu Merck decken das Dilemma zwischen »Zynismus und Leidenschaft« (S. 231–313) auf, in dem sich dessen literarische wie wissenschaftliche Tätigkeit entfaltete. Seine Publikationen bezeugen, dass er »mitten im intellektuellen Leben der ›Nation‹« (S. 654) stand, liefern aber auch Einblicke in die immer noch begrenzten Handlungsräume, die eine literarische bzw. gelehrte Existenz eröffnete, die ›Nebenberuf‹ bleiben musste.

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Die »Darmstädter Empfindsamen«:
Zirkel, Kreis oder soziale Gruppe?

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Die systematische Zusammenschau aller heute zur Verfügung stehenden Quellen zu den »Darmstädter Empfindsamen« entzaubert den in Regional- und Literaturgeschichte gleichermaßen gepflegten Mythos von der hier möglichen literarischen Kommunikation und den damit verbundenen neuen gesellschaftlichen Verkehrsformen, die sich über ständische Unterschiede wie über Geschlechtsrollenzuweisungen hinweg in einer Gemeinschaft gleich empfindender, sich in Freundschaft und Gleichheit zugewandter ›Seelen‹ entwickelt hätten. Seidels Zertrümmerung stützt sich zum einen auf die Überprüfung der materiellen Gegebenheiten, unter denen sich die vielgepriesene Gefühlsgemeinschaft fand. Auszumachen sind nur wenige ›events‹ überhaupt. Im Gegensatz zu fest installierten, organisierten Sozietäten wie Akademien, Patriotischen Gesellschaften und Freimaurerlogen, aber auch zu Formationen wie dem »Göttinger Hain« gab es in Darmstadt weder eine Satzung noch einen festen Turnus für die Treffen, geschweige denn eine zentrale Figur, um die sich wie bei den Salons nach 1800 eine Gruppe Gleichgesinnter scharte. Teilnehmer wie Außenstehende rekurrierten auf Begriffe wie »Kreis« oder »Zirkel«, aber angesichts der divergenten Motive und Ziele, die die einzelnen verfolgten, dem Bestehen auf je eigener Rolle und Status – so etwa der Prinzenerzieher Franz Michael Leuchsenring (S. 578) – oder den Irritationen des »Wir-Gefühls«, die Caroline Flachsland, die angehende Braut Herders, notiert (ebd.), findet sich weder die ›Gleichheit‹ der Mitglieder noch eine, sie als »soziale Gruppe« konstituierende, Verständigung auf Ziele wie das von der »empfindsamen Geselligkeit«.

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Aufgrund der Quellenlage verwirft Seidel auch die vermeintliche Ausdehnung der Bewegung, die sich in drei »konzentrischen Kreisen« dargestellt habe, den »eigentlich Empfindsamen« Caroline Flachsland, den beiden Hofdamen Henriette von Roussillon und Louise von Ziegler sowie F. M. Leuchsenring, den »Impressionisten« Goethe und Herder sowie den »Beobachtenden und Vermittelnden«, allen voran die »große Landgräfin« Karoline, Andreas Peter von Hesse, erster Minister seit 1768, Helfrich Bernhard Wenck, Rektor der Darmstädter Gelehrtenschule, und Georg Wilhelm Petersen, Prinzenerzieher, Hofdiakon, später Konsistorialrat, beide auch Mitarbeiter der »Frankfurter gelehrten Anzeigen«. Hinzu kommt, dass die zeitlichen und räumlichen Umstände ihrerseits dazu zwingen, die »ganzheitlichen Vorstellungen eines homogenen und stabilen Kreises« (S. 595) aufzugeben.

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Nichtsdestoweniger führt der Durchgang durch die literarische Kommunikation des Kreises, die in der Abfassung von wie in der Auseinandersetzung mit und durch Literatur dokumentiert ist – zu nennen sind Briefe, vor allem der Briefwechsel zwischen Caroline Flachsland und Herder, Lyrik und Farcen bzw. Spottgedichte –, auf die fundamentale Rolle, mit der die einzelnen – etwa Goethe mit seinem »Fels-Weihegesang« oder Herders »Antwort« darauf (S. 634 ff.) – sowohl Formen der empfindsamen Geselligkeit – bezeichnend der Umgang mit Klopstock als ›Kultfigur‹ (S. 637 ff.) – wie auch die literarischen Formen zum Zwecke nicht der Zirkelbildung in Szene setzten, sondern dem der eigenen Positionierung im entstehenden Literaturbetrieb, durchweg parallel zur eigenen Berufstätigkeit. Seidel macht aufgrund der stupenden Quellenauswertung, die jeder Spur nachgeht, unabhängig, ob es sich um namhafte Beteiligte handelt oder nicht, um im Zuge der Mythenbildung vorgebrachte starke oder schwache Argumente und Deutungen, plausibel, dass die Interessen der einzelnen an dem Zirkel den »individuellen Motivationslagen« (S. 647) entsprangen, die sich aus ihrer je spezifischen literarischen Sozialisation ergaben und sich ihnen zur Bekräftigung ihrer sozialen Identität im Zuge der grundlegenden Verschiebungen der gesellschaftlichen Ordnung und den dabei neu aufkommenden Handlungs- und Rollenmustern geradezu aufdrängten.

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Die Stärke der Studie liegt nicht nur in der detailgenauen Rekonstruktion der sozialen Zusammenhänge und der Bandbreite literarischer Kommunikation der immerhin prominenten Vertreter einer exemplarischen Region, sondern auch in der Ausweitung des Blicks auf die meist unsichtbar bleibenden Voraussetzungen, auf und vor deren Hintergrund die vermeintlich herausragenden literarischen Leistungen und Aktivitäten der längst in den Kanon aufgenommenen Literaten nur zu verstehen sind. Die ebenso genau rekonstruierten Zusammenhänge beim Aufkommen von Schulpoesie und ästhetischer Erziehung in den Gelehrtenschulen des Landes, in Darmstadt und Giessen (S. 34–94), der Wechsel von der rhetorisch-poetischen Unterweisung zur berufsvorbereitenden Schreibpraxis an der Landesuniversität Gießen, den Seidel auch als einen Mosaikstein der Wissenschaftsgeschichte der Germanistik begreift (S. 94–169), können hier nicht nachgezeichnet werden, ebenso wenig wie die Entdeckungen und Neugewichtungen, die ihm nicht nur im Feld der ›landeseigenen‹ Medien wie Zeitung und Kalender gelingen, sondern vor allem auch in dem der literarischen Teilhabe von Frauen an dem sich etablierenden Literaturbetrieb. Seidel versteht es, aus dem eingangs dargelegten methodischen Ansatz, der sich literatursoziologischen und regionalhistorischen Fragestellungen der literarischen Kommunikation der Spätaufklärung verschreibt und damit alles andere als derzeit favorisierten methodischen Zugriffen verpflichtet ist, immer neue Funken zu schlagen.

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Kritisch anzumerken bliebe, dass der Begriff des Mediums in wechselnder Bedeutung auftaucht. Unklar bleibt, wie ein ›alternativer Ausstieg‹ aus beruflicher Bindung und Literaturbetrieb aussähe. Zu fragen wäre weiter, wie sich die Ergebnisse der Studie – der Aufweis der durch die literarische Kommunikation geschaffenen »Fundamente sozialer Identität« (S. 647) – im Licht einer die literarischen Zeugnisse als »Schreiberprodukt« und damit als literarische Texte auslegenden Textanalyse darstellten.


Prof. Dr. Helga Meise
Université de Reims Champagne-Ardenne
UFR Lettres et Sciences Humaines
Département d'Allemand
57, rue Pierre Taittinger
FR - 51096 Reims

Ins Netz gestellt am 12.01.2005

IASLonline ISSN 1612-0442

Diese Rezension wurde betreut von unserem Fachreferenten Prof. Dr. Wilhelm Haefs. Sie finden den Text auch angezeigt im Portal Lirez – Literaturwissenschaftliche Rezensionen.

Redaktionell betreut wurde diese Rezension von Lena Grundhuber.

Empfohlene Zitierweise:

Helga Meise: Literaturbetrieb in der Spätaufklärung: Das Beispiel Hessen-Darmstadt. (Rezension über: Robert Seidel: Literarische Kommunikation im Territorialstaat. Funktionszusammenhänge des Literaturbetriebs in Hessen-Darmstadt zur Zeit der Spätaufklärung. Tübingen: Max Niemeyer 2003.)
In: IASLonline [12.01.2005]
URL: <http://www.iaslonline.de/index.php?vorgang_id=858>
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