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Im Wartesaal der Worte

  • John M. Spalek / Sandra H. Hawrylchak (Hg.): Lion Feuchtwanger: A Bibliographic Handbook / Lion Feuchtwanger: Ein bibliographisches Handbuch. 4 Bde. Bd. 1: German Editions / Deutschsprachige Ausgaben, Bd. 2: Translations, Short Publications, Adaptations and Productions / Übersetzungen, Kurzbeiträge, Bearbeitungen und Inszenierungen, Bd. 3: Secondary Literature / Sekundärliteratur, Bd. 4: Reviews and Critical Literature about Individual Works / Rezensionen und wissenschaftliche Beiträge zu einzelnen Werken. München: K. G. Saur 1998-2004. LXXVIII, 1714 S. Gebunden. EUR (D) 378,00.
    ISBN: 3-598-11377-3.
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Die Feuchtwanger-Forschung ist durch die von 1998 bis 2004 erschienene breit angelegte bibliographische Erfassung von Primär- und Sekundärliteratur auf eine bleibend sichere Basis gestellt worden. In stupender Detailarbeit und im Rückgriff auf eigene vorhergehende Arbeiten 1 haben die Exilspezialisten Sandra H. Hawrylchak und John M. Spalek vier Einzelbände erstellt, die in unterschiedlichen Perspektiven das Werk Feuchtwangers erschließen. Die Ausrichtung des zweisprachigen Handbuches ist international – somit nicht nur auf den nordamerikanischen oder europäischen Kontext beschränkt, sondern die Aufnahme reicht bis in den asiatischen Sprachraum hinein. Als wichtiges Hilfsmittel für ihre Bibliographiebände konnten die Herausgeber auf den Feuchtwanger-Nachlaß, der sich inklusive Bibliothek in der Doheny Memorial Library der University of Southern California in Los Angeles befindet, zurückgreifen (vgl. Bd. 1, XXIII).

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Deutschsprachige Ausgaben

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Der erste Band der Bibliographie liefert ein vollständiges Verzeichnis aller auf Deutsch erschienenen selbständigen Titel Feuchtwangers, ob Romane, Dramen, Essayistik oder Lyrik. Hinzugenommen wurden ebenfalls seine Bearbeitungen und Übersetzungen anderer Autoren, wie Aristophanes oder Arthur Miller. Der Zeitraum umfaßt die Jahre 1905 bis 1997 und führt auch diejenigen Werke auf, die während der Exilzeit in Ländern wie Schweden oder den USA publiziert wurden.

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Die Anordnung der Titel folgt dem Alphabet. Chronologisch werden dann im Einzelfall die Verlage aufgereiht, so daß sich die Verlagskarriere der Publikationen nachvollziehen läßt. Buchgemeinschaften und Verleger von Bühnenmanuskripten nicht mitgezählt, veröffentlichte Feuchtwanger seine Arbeiten bei über dreißig verschiedenen Verlagen (vgl. Bd. 1, XXV). Die penible Ausgaben-Beschreibung richtet sich nach Titel, Kollation, dem Inhalt, Typographie und Papier, der Druckerei, dem Einband, Schutzumschlag sowie Anmerkungen. Als ein äußerst hilfreicher Zusatzpunkt werden auch Standorte der Exemplare aufgeführt. Dies gilt nicht nur für die selbständigen Publikationen, sondern teilweise auch für die oftmals nur mühsam aufzuspürenden und entlegenen Veröffentlichungen und Inszenierungen, die im Folgeband aufgeführt werden.

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Übersetzungen, Kurzbeiträge,
Bearbeitungen und Inszenierungen

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In vier Teile ist der zweite Band untergliedert. Abschnitt eins besteht aus 1015 Nummern, in ihm sind die Übersetzungen der Werke Feuchtwangers aufgenommen. Sie erschienen in 38 Sprachen (Bd. 2, 1–178). Im zweiten Abschnitt listen die Herausgeber erstmalig essayistische und belletristische Veröffentlichungen Feuchtwangers auf, die in Zeitschriften, Periodika und Anthologien erschienen sind (Bd. 2, 179–230). Es schließt sich eine Zusammenstellung der Werkbearbeitungen für Oper, Theater, Fernsehen, Film und Rundfunk an (Bd. 2, 231–335).

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Der vierte Abschnitt enthält schließlich Feuchtwangers Dramen. In ihm werden etwa 230 Inszenierungen nachgewiesen, wobei die Angaben im Proszenium und in der Zeitschrift Deutscher Bühnenspielplan die wesentliche Basis bilden (Bd. 2, 337–392). Hawrylchak und Spalek verweisen darauf, daß im zweiten Band Vollständigkeit nicht erreichbar gewesen ist, da gerade auch Übersetzungen oft nur schwer nachweisbar wären und auch durch die Zerstörungen des 2. Weltkrieges insbesondere viele Inszenierungen nicht mehr dokumentierbar sind. Der internationale Durchbruch gelang Feuchtwanger Mitte der 1920er Jahre nicht mit seinen Dramen, sondern den Romanen. Circa 60 Prozent der Übersetzungen entfallen auf Länder des ehemaligen Ostblocks. 1951 erreicht die russische Übersetzung des Romans Goya oder der arge Weg der Erkenntnis sogar drei Millionen Exemplare (vgl. Bd. 2, XVII).

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Sekundärliteratur; Rezensionen und
wissenschaftliche Beiträge zu einzelnen Werken

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Der Band drei liefert – trotz Auswahl sehr umfänglich – Sekundärliteratur, etwa Bibliographien, Lexikon-Einträge, Monographien, Dissertationen, Magister- und Staatsexamensarbeiten oder auch Zeitungsartikel. Insbesondere die größeren Veröffentlichungen werden dabei mit einem Kommentar versehen, so daß der Stellenwert für die Feuchtwanger-Forschung aus Sicht der Herausgeber erkennbar wird.

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Es wird beispielsweise deutlich, daß die deutschsprachige Feuchtwanger-Rezeption nach 1945 über einen langen Zeitraum weitgehend auf die Deutsche Demokratische Republik beschränkt blieb und erst in den 1970er Jahren auf die Bundesrepublik überging. Zu einem entscheidenden Datum, das die Feuchtwanger-Forschung spürbar voranbrachte, wurde 1984 der 100. Geburtstag des Schriftstellers. So veröffentlichte Wilhelm von Sternburg Lion Feuchtwanger. Ein deutsches Schriftstellerleben und die Autobiographie von Lion Feuchtwangers Frau Marta erschien 1983 unter dem vielsagenden Titel Nur eine Frau. Jahre – Tage – Stunden.

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In über 4000 Einzelnummern dokumentieren die Herausgeber im vierten und letzten Band Rezensionen und Einzelabhandlungen zu den Einzelwerken. Da alle vier Bände über einen Namenregister verfügen ist ein unmittelbarer Zugriff über Personen möglich.

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Fazit

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Die Herausgeber erheben den Anspruch, die Grundlage für eine kritische Werkausgabe gelegt zu haben. Alle Bände zusammen sollen »sowohl das Ausmaß der Feuchtwanger-Rezeption in den deutschsprachigen Ländern aufzeigen, als auch das der internationalen Rezeption seiner Werke und die breite Palette der Bearbeitungen durch Film, Fernsehen und Bühne« (Bd. 1, XXVII). In der Tat ist es Sandra H. Hawrylchak und John M. Spalek gelungen, in aller Breite ein nuancenreiches Panorama der internationalen Feuchtwanger-Rezeption, inklusive Werkbasis, präsentiert zu haben. Der Feuchtwanger-Forschung haben sie mit ihrer bemerkenswerten Arbeit einen unschätzbaren Dienst erwiesen.



Anmerkungen

Vgl. v.a. John M. Spalek (Hg.): Lion Feuchtwanger: The Man, His Ideas and His Work. Los Angeles: Hennessy & Ingalls 1972.   zurück