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Die Erfindung der 'kriminellen' Psyche

  • Ylva Greve: Verbrechen und Krankheit. Die Entdeckung der »Criminalpsychologie« im 19. Jahrhundert. Köln: Böhlau 2004. XI, 463 S. Gebunden. EUR (D) 49,90.
    ISBN: 3-412-06404-1.
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Psychologisierung
des Rechts um 1800

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»Individualisierung«, »Subjektivierung« und »Psychologisierung« – mit diesen Begriffen markiert die Giessener Juristin und Rechtshistorikerin Ylva Greve den Wandel des Strafrechts im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert. Ihre 2004 erschienene Dissertation Verbrechen und Krankheit. Die Entdeckung der »Criminalpsychologie« im 19. Jahrhundert mag vom Titel her zunächst verwirren, soll es doch laut Untertitel um die Entwicklung eines psychologischen Zugriffs und nicht um den medizinischen Zugriff auf den kriminellen Menschen gehen. Doch löst sich die Verwirrung mit Blick auf das in der Einleitung entfaltete Anliegen der Studie, die Entstehung der ›Criminalpsychologie‹ aus den Wissensbereichen der Psychologie, Psychiatrie und der »gerichtlichen Arzneywissenschaft« (heute: forensische Medizin) zu untersuchen und ihre Einflüsse auf die Strafrechtstheorie und -praxis des 19. Jahrhunderts aufzuzeigen. 1

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Zeitlich ist die Untersuchung damit in einer rechtsphilosophischen Umbruchsphase situiert, in der »das Strafrecht durch die neuzeitliche Naturrechtslehre im Zeitalter der Aufklärung durchgreifend säkularisiert und rationalisiert [wurde]« (S. 21). Erst diese Veränderungen – so die Ausgangsthese der Verfasserin – ermöglichten die Entstehung einer ›Criminalpsychologie‹, die sich als originär interdisziplinäre Verknüpfung verschiedener Wissensbereiche in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts etablierte.

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Von der Tat zum Täter

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Wie Greves Studie sichtbar macht, hatte der diskursive Zusammenschluss diverser Wissensbestände zu einem geschlossenen, wenn auch von den vertretenen Ansätzen her heterogenen Modell der ›kriminellen Psyche‹ weitreichende Folgen. Der sukzessiven Durchsetzung psychologischer Grundannahmen, zu denen die relative Willensfreiheit, die Einbeziehung äußerer und innerer Determinationsmomente zur Erklärung der Verbrecherpersönlichkeit ebenso zählten wie neue Anforderungen an den Strafzweck, war es geschuldet, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts die vorherrschende Tatorientierung aufgegeben und durch eine Fokussierung auf den Täter beziehungsweise die Täterin ersetzt wurde.

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Der Wandel vom Tat- zum Täterstrafrecht zeigt sich – laut Greve – als die eigentliche Errungenschaft der ›Criminalpsychologie‹, die die Frage nach dem ›Wesen‹ des kriminellen Menschen und damit die Erforschung der ›kriminellen Persönlichkeit‹ in den Mittelpunkt stellte. Ihren Einfluss auf Strafgesetzgebung und Strafbemessung rekonstruiert die Studie in anschaulicher Weise. Was Greves Studie allerdings ausklammert, ist die Frage nach dem Einfluss der ›Criminalpsychologie‹ auf die Bereiche der Strafverfolgung jenseits der Strafgesetzgebung und der Strafbemessung, also den gesamten sozialpolitischen Bereich der Kriminalitätsprävention über die Ermittlung und Beweiserhebung bis hin zum Strafprozess selber.

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Das Fehlen der Fälle

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Einerseits zeugt dies von einer disziplinierten Konzentration auf eine wesentliche Fragestellung (Wie vollzog sich die Formierung des ›criminalpsychologischen‹ Diskurses und wie verlief seine Integration in die Strafrechtstheorie?), andererseits verspielt die Verfasserin damit die Möglichkeit, ihre zwar lesenswerten, aber sehr theoretischen Ausführungen durch konkrete Einzelbeispiele aus der Rechtspraxis der Zeit zu veranschaulichen.

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Die auch zu Beginn des 19. Jahrhunderts existente Kluft zwischen strafrechtstheoretischen Debatten und rechtlicher Praxis wird weder als methodisches Problem offen gelegt noch beispielsweise durch die Einbeziehung von Prozessakten kompensiert. Dabei wäre vor dem thematischen Hintergrund der Studie gerade der vergleichende Blick auf zeitlich auseinander liegende ›Fälle‹ spannend. Anhand des Aktenmaterials könnte man Aufschluss darüber gewinnen, ob die theoretischen Auseinandersetzungen um neue Formen des Wahns, graduelle Stufungen der Zurechungsfähigkeit, strafmildernde Annahme einer Verbrechensdetermination etc. auch wirklich bis in die Gerichtsverfahren vordrangen, oder ob sie auf der Ebene der theoretischen Diskussion verblieben.

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Auch die Frage, was es eigentlich bedeutete, von einem Gericht zu Beginn des 19. Jahrhunderts für strafunfähig, weil unzurechungsfähig erklärt zu werden, wirft Greve nicht auf, obwohl im Zuge der Etablierung des psychologischen Diskurses um 1800 in den deutschen Territorialstaaten neue Praktiken und Institutionen entstanden, denen die Disziplinierung von Devianz oblag. Ein Hinweis auf dieses seit den Studien Foucaults, die Greve im Übrigen konsequent ausklammert, auch für den deutschen Raum erschlossene Forschungsfeld 2 hätte die dargelegten Strafrechtsdebatten hilfreich kontextualisiert.

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Zum Verbrechen bestimmt?

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Greves »criminalpsychologische Bearbeitung von Grundfragen des Strafrechts« (S. 3) ist demgegenüber auf drei Untersuchungsschwerpunkte konzentriert: auf den Verbrechensbegriff, auf die Zweckbestimmung von Strafe und auf die Bestimmung des Strafmaßes. Gemäß der ›criminalpsychologischen‹ Betrachtungsweise kommt hierbei den Fragen nach der subjektiven Zurechung respektive Zurechungsfähigkeit und der Willensfreiheit eine herausgehobene Bedeutung zu.

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An ihnen vor allem entzündeten sich – laut Greve – die Diskussionen über das diskursbildende Postulat der ›Criminalpsychologie‹, dass bei der strafrechtlichen Behandlung von Delinquenz die psychische Verfassung des / der Angeklagten sowohl bei der Frage nach der Schuldfähigkeit als auch bei der Bemessung der Strafe einzubeziehen sei. Die Berücksichtigung der individuellen psychischen Tatursachen ebenso wie die Frage, wie strafrechtlich darauf zu reagieren sei, zählte zu den vorrangigen Aufgaben eines ›criminalpsychologischen‹ Strafrechts, denn es galt, »die Ursachen von Kriminalität zu ergründen, die Voraussetzung für eine Anwendbarkeit staatlichen Strafrechts zu bestimmen und Regeln aufzustellen, nach denen dem Einzelfall gerecht werdende Strafen verhängt werden konnten« (S. 3).

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Die Brisanz, die diesen (inzwischen etablierten) Postulaten um 1800 zukam, arbeitet Greve insbesondere am Beispiel des Strafzwecks und der Zurechungsfähigkeit heraus, wobei letztere als Grundvoraussetzung der Willensfreiheit zu den Kernbereichen der Rechtstheorie gehörte. Beim Strafzweck führte die ›criminalpsychologische‹ Forderung nach einer Neubestimmung dazu, die um 1800 dominante Vergeltungsstrafe abzulehnen und Strafe auf die Kriterien der Notwendigkeit, Nützlichkeit und Gerechtigkeit auszurichten.

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Bei der Frage nach der Zurechungsfähigkeit war das provokative Potential noch offensichtlicher, bedeuteten doch die von ›Criminalpsychologen‹ wie Theodor Kirnberger, Friedrich Groos und Anselm Feuerbach vertretenen Determinationstheorien die Negation der freien Willenbestimmung (vgl. besonders S. 155–169). Ihre ›criminalpsychologischen‹ Zweifel an der Freiheit des menschlichen Willens entzogen dem Strafrecht tendenziell die Grundlage, denn »[w]enn keine Willensfreiheit existiert oder zumindest die Zustände der Unfreiheit fast die der Freiheit überwiegen, wie kann der Staat dann noch gerechte Strafen aussprechen?« (S. 241). Der wichtigste Beitrag der ›Criminalpsychologie‹ für die Entstehung des modernen Strafrechts ist in eben diesem Zweifel an der grundsätzlichen Willensfreiheit zu sehen. Ihrer Kritik am Postulat menschlicher Willensfreiheit war es unter anderem geschuldet, dass im Zuge der Strafrechtsreformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts Todesstrafen durch Freiheitsstrafen ersetzt wurden, welche auf die Verbrechensprävention ebenso wie auf die Sozialdisziplinierung des / der Delinquenten zielten (vgl. S. 192–208).

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Damit formulierte die ›Criminalpsychologie‹ erstmals ein strafrechtliches Programm, das wegweisend noch für die Strafrechtsdiskussionen des 19. und 20. Jahrhunderts werden sollte, und das zugleich die oben angesprochene Etablierung alternativer Formen der sozialdisziplinierenden Inhaftierung forderte und förderte.

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Vom Naturrecht zur
»Criminalpsychologie«

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Methodisch einem »theorie- und wissenschaftsgeschichtlichen Ansatz« (S. 4) folgend, entfaltet Greve ihre Argumentation von der Psychologisierung der Strafrechtstheorie in insgesamt elf Kapiteln, beginnend bei der Formierung der ›Criminalpsychologie‹ vor dem Hintergrund des Naturrechts im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts (Kapitel 1). Auf der Schnittstelle von Psychiatrie, Psychologie und Arzneiwissenschaft angesiedelt (Kapitel 2), integrierte die neue Disziplin Wissenselemente aller drei Bereiche, übernahm aber auch deren Kontroversen. Greve verweist hier vor allem auf die psychologische Diskussion zwischen Vermögens- und Erfahrungsseelenkunde (Kapitel 2.I), auf die psychiatrische zwischen »Psychikern« und »Somatikern« (Kapitel 2.II) sowie schließlich auf die medizinische um die Frage nach der Somatik psychischer Erkrankungen (Kapitel 2.III).

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Die Etablierung der ›Criminalpsychologie‹ zu Beginn des 19. Jahrhunderts (Kapitel 3) steigerte ihren Einfluss auf die Definition des Verbrechensbegriffs (Kapitel 4) und die Zweckbestimmung von Strafe (Kapitel 5). Eng mit der Zweckbestimmung der Strafe – hier standen sich die Modelle der generalpräventiven, der spezialpräventiven und der bessernden Funktion gegenüber – verknüpft war die Bestimmung der Zurechungsfähigkeit (Kapitel 6). Die genannte Aufwertung der Täter- respektive Täterinnenpersönlichkeit hatte eine Ausdifferenzierung strafrechtlicher Grundannahmen zur Folge. Sie ersetzte die kategorische Trennung zwischen zurechungsfähig und unzurechnungsfähig durch eine Gradualisierung, die der individuellen psychischen Verfassung zum Zeitpunkt der Tat stärker Rechnung tragen sollte, gleichzeitig jedoch die bis dato unhinterfragte Annahme menschlicher Willensfreiheit relativierte (Kapitel 8).

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Die Verschiebungen innerhalb des Rechtsdiskurses blieben naturgemäß nicht ohne Auswirkungen auf die Strafpraxis, denn insbesondere der durch die Einbeziehung psychologischer Gutachten in den Strafprozess ausgelöste Kompetenzstreit zwischen Juristen und Gutachtern (Kapitel 8) veränderte nicht nur die Rechtspraxis, sondern forderte auch eine Neubestimmung des Strafmaßes (Kapitel 9). Die Etablierung der ›Criminalpsychologie‹ als Wissenschaftsdisziplin und als eine an der Strafpraxis beteiligte Instanz im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts schließlich bezog auch psychologische Forderungen an den Richter ein (Kapitel 10) und ebnete den Weg für die Implementierung ›criminalpsychologischer‹ Grundpositionen in die Strafgesetzgebung (Kapitel 11).

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Textgrundlagen

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All dies baut auf einem breiten Fundament historischer Quellen auf, von denen die meisten aus den Jahren 1780 bis 1850 stammen. Neben den frühesten psychologischen Fachzeitschriften werden rechtswissenschaftliche, medizinische, psychiatrische und philosophische Abhandlungen ebenso berücksichtigt wie die zahlreichen, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts neu entstehenden Strafgesetzbücher und juristischen Lehrwerke.

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In Art und Umfang des hier erschlossenen Materials liegt eine der wesentlichen Stärken der Arbeit, denn Greve präsentiert neben dem rechtshistorisch etablierten Textkanon eine Vielzahl inzwischen vergessener Quellenbestände und hebt sie ins Bewusstsein einer zukünftigen Forschung. 3 Die Verweisungen im Anmerkungsapparat allerdings entziehen sich stellenweise der Nachvollziehbarkeit. Ein frei herausgegriffenes Beispiel: Sucht man nach der Quelle des zuvor zitierten Auszugs aus Carus »Psychologie von 1815[!]« (S. 59), so landet man nach insgesamt fünf Querverweisen bei Kapplers »Handbuch der Literatur des Criminalrechts« von 1838. Auch ein Blick in das Literaturverzeichnis hilft nicht weiter, denn hier wird Carus mit nur einer Studie aus dem Jahr 1808[!] aufgeführt.

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Fazit

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Neben den Irritationen, die dies auslöst, wird hier vor allem eine weitergehende Forschung unnötig erschwert. Angesichts der Fülle des bearbeiteten und stellenweise sehr ausführlich zitierten Materials bleiben auch Wiederholungen nicht aus, jedoch entschädigt der gut lesbare Stil der Arbeit für gelegentliche Längen in der Darstellung. Vor allem jedoch ist zu loben, dass Greves Argumentation auch für ein nicht-fachliches Publikum selbst bei Darstellung fachinterner Differenzierungen (wie beispielsweise dem Unterschied zwischen Zurechung und Zurechnungsfähigkeit oder der Differenz zwischen Schuld- und Straffähigkeit) durchweg nachvollziehbar bleibt.

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Hingegen ist es – und dies klang zuvor schon an – verwunderlich, dass eine solcherart profilierte Studie ohne eine einzige Erwähnung zumindest der thematisch einschlägigen Arbeiten Michel Foucaults auskommt. 4 Auch andere, in jüngster Zeit erschienene kulturwissenschaftliche wie wissenschaftsgeschichtliche Forschungspublikationen zu Recht, Medizin, Psychiatrie etc. sucht man vergeblich. 5

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Die vereinzelt eingestreuten Bezüge zu literarischen Verbrechenserzählungen der Zeit muten zudem wie verlorene Referenzen an ein Feld an, das eng an der psychologischen Ausformung des (kriminellen) Menschen beteiligt war, hier jedoch nur punktuell einbezogen wird. 6 So wünscht man sich zum Beispiel genauere Ausführungen zum Zusammenhang zwischen ›criminalpsychologischen‹ und literarischen Verbrechensnarrationen, zumal Greve selbst auf die Affinität zwischen Psychologie und Literatur eingeht (so z. B. auf S. 45–46).

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Ihrem eingangs skizzierten Anliegen, die Formierung des ›criminalpsychologischen‹ Diskurses und seine allmähliche Implementierung in die Strafrechtstheorie des frühen 19. Jahrhunderts herauszuarbeiten, wird die Studie jedoch gerecht, denn es gelingt Greve nicht zuletzt auf Grund des breiten Quellenmaterials, die von ihr ausgewiesene Individualisierung, Subjektivierung und Psychologisierung als zentrale strafrechtliche Neuerungen in der Konstitution des ›kriminellen‹ Menschen herauszustellen.



Anmerkungen

Dass sich das Thema Kriminologie momentan nicht nur in Deutschland einer großen Beliebtheit in der wissenschaftsgeschichtlichen Forschung erfreut, zeigt ein Blick auf jüngste Publikationen wie z. B. Marc Renneville: Crime et folie: Deux siècles d’enquetes médicales et juridicaire. Paris: Fayard 2003; Martina Althoff (Hg.): Zwischen Anomie und Inszenierung. Interpretationen der Entwicklung der Kriminalität und der sozialen Kontrolle. Baden-Baden: Nomos 2004; Silviana Galassi: Kriminologie im Deutschen Kaiserreich: Geschichte einer gebrochenen Verwissenschaftlichung. Stuttgart: Steiner 2004; Christian Müller: Verbrechensbekämpfung im Anstaltsstaat: Psychologie, Kriminologie und Strafrechtsreform in Deutschland 1871 bis 1933. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2004.   zurück
Greve beschränkt sich auf die Nennung von Dirk Blasius: »Einfache Seelenstörung«. Geschichte der deutschen Psychiatrie 1800–1945. Frankfurt / Main: Fischer 1994. Hierauf aufbauende Forschungspublikationen, wie z. B. der von Michael Niehaus und Hans-Walter Schmidt-Hannisa herausgegebene Sammelband Unzurechnungsfähigkeiten: Diskursivierungen unfreier Bewußtseinszustände seit dem 18. Jahrhundert (Frankfurt / Main u.a.: Lang 1998), bleiben ungenannt.   zurück
Zu denken ist hier z. B. an Studien, die die Zirkulation von ›criminalpsychologischen‹ Wissensbeständen in Wissenschaft, gerichtlicher Praxis und Öffentlichkeit in den Blick nehmen.   zurück
Wenn schon nicht methodisch als Diskursanalyse ausgewiesen, so erwartet man bei dem Thema der Untersuchung doch zumindest Hinweise auf Foucaults Analysen der modernen Strafrechtsgesellschaft, die er mit Histoire de la folie (Paris 1961) und Surveiller et punir. La naissance de la prison (Paris 1975) vorgelegt hat.   zurück
Hier sind v. a. zu nennen: Peter Becker: Verderbnis und Entartung: Eine Geschichte der Kriminologie des 19. Jahrhunderts als Diskurs und Praxis. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2002 (vgl. Jürgen Martschukat: Wandlungen der kriminellen Figur: Vom gefallenen zum verhinderten Menschen. In: IASLonline. URL: http://iasl.uni-muenchen.de/rezensio/liste/martschu.html [26.02.2003]); P. B.: Die Erfindung und Identifizierung des Bösen: Der Kriminelle. In: H. Lehmann / G. Krumeich (Hg.): Gott mit uns: Religion, Nation und Gewalt im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2000, S. 9–33; P. B.: Von der Biographie zur Genealogie. Zur Vorgeschichte der Kriminologie als Wissenschaft und diskursive Praxis. In: H. Bödeker (Hg.): Wissenschaft als kulturelle Praxis, 1750–1900. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1999, S. 335–375; P. B.: Die Rezeption der Physiologie in Kriminalistik und Kriminologie: Variationen über Norm und Ausgrenzung. In: Philipp Sarasin / Jakob Tanner (Hg.): Physiologie und industrielle Gesellschaft. Studien zur Verwissenschaftlichung des Körpers im 19. und 20. Jahrhundert. Frankfurt / Main: Suhrkamp 1998, S. 453–490; Michael Niehaus: Das Verhör. Geschichte – Theorie – Fiktion, München: Wilhelm Fink 2003. Vgl. auch die stärker literaturwissenschaftlich ausgerichteten Untersuchungen in Jörg Schönert (Hg.): Erzählte Kriminalität. Zur Typologie und Funktion narrativer Darstellungen in Strafrechtspflege, Publizistik und Literatur zwischen 1770 und 1920. Tübingen: Niemeyer 1991, sowie die geschlechtsspezifisch differenzierenden Studien von Karsten Uhl: Das »verbrecherische Weib«: Geschlecht, Verbrechen und Strafe im kriminologischen Diskurs 1800 bis 1945. Münster u.a.: LIT-Verlag 2003, und Anke Meyer-Knees: Verführung und sexuelle Gewalt: Untersuchungen zum medizinischen und juristischen Diskurs im 18. Jahrhundert. Tübingen: Stauffenburg 1992.   zurück
Die berücksichtigte Forschungsliteratur ist denkbar knapp gehalten und auch die literarischen Texte bleiben auf den engsten Kanon beschränkt (in erster Linie Schillers 1792 erschienene Erzählung Der Verbrecher aus verlorener Ehre). So wird zwar z. B. auf Clarus Gutachten im ›Fall‹ Woyzeck verwiesen, Büchners gleichnamiges Drama bleibt jedoch ebenso unerwähnt wie die dazugehörige Forschung.   zurück