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Glückssucher

Über biologische Grundlagen der Kultur und
die Evolution des Schönen

  • Karl Eibl: Animal poeta. Bausteine der biologischen Kultur- und Literaturtheorie. (Poetogenesis - Studien zur empirischen Anthropologie der Literatur 1) Paderborn: mentis 2004. 419 S. Kartoniert. EUR (D) 46,00.
    ISBN: 3-89785-450-3.
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Wie lässt sich Kultur evolutionsbiologisch fundieren? Dieser Frage kann man sich seit einem guten Jahr mit Hilfe des jüngsten Buchs von Karl Eibl nähern. Darin baut der Münchner Germanistikprofessor eine »tragfähige Brücke von der Evolutionsbiologie in den Bereich der Kultur« (S. 403) mit dem Ziel, den Grundstein einer »biologischen Kulturtheorie« (S. 14) zu legen. Mit diesem ambitionierten Projekt wird nicht nur die Rede von der ›Kultur als Text‹ (Bachmann-Medick u.a.) biologisch hinterfragt; zugleich soll die Kluft zwischen Natur- und Kulturwissenschaften verringert werden, ohne dabei – im Sinne der ›dritten Kultur‹ (Brockman) – in eine einseitige »Verachtung der ›Humanities‹« zu geraten. (S. 11, Anm. 4) Das Buch steht damit in einem begrüßenswerten Forschungstrend, der sich aktuell gerade von kulturwissenschaftlicher Seite wieder verstärkt. 1

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Doch folgt Eibl keinesfalls der (von Naturwissenschaftlern auch belächelten) Mode, Konzepte oder nur isolierte Begriffe aus Gründen der Prestigeübertragung vage bis metaphorisch in kulturwissenschaftlichen Zusammenhängen zu verwenden. Denn seine Vorarbeiten reichen bis in die frühen 90er Jahre zurück. Hierfür stehen seine unter dem Titel Strukturierte Nichtwelten. Zur Biologie der Poesie publizierte Münchner Antrittsvorlesung sowie die 1995 erschienene Monographie Die Entstehung der Poesie; 2 geschärft wird dieses interdisziplinäre Forschungsprofil durch die neue Reihe Poetogenesis – Studien und Texte zur empirischen Anthropologie der Literatur, die dieser Band eröffnet. Eibl selbst gibt sie gemeinsam mit Manfred Engel und Rüdiger Zymner heraus. 3

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Die interdisziplinäre Kompetenz erweist sich zudem daran, dass Eibl nicht auf eine genaue Darlegung der in den unterschiedlichen Disziplinen jeweils einschlägigen Wissensbestände verzichtet. Dabei zeigt nicht nur die Explikation kulturwissenschaftlicher Grundlagen, sondern insbesondere auch die sorgfältige Aufarbeitung des naturwissenschaftlichen Forschungsstands eindrucksvoll die souveräne Beherrschung höchst disparater Forschungsgebiete. So dient der erste Abschnitt zunächst der Vermittlung aktueller Einsichten der Evolutionsbiologie, Vergleichenden Verhaltensforschung, Soziobiologie und Evolutionären Biologie. (S. 9–72) Darauf folgen Bausteine zur »Anthropologie« (S. 73–140), zur Differenzierung von »Verwandtschaft, Gemeinschaft und Gesellschaft« (S. 141–207), zur »Vergegenständlichung« bzw. »literarische[n] Konstruktion der Welt« (S. 209–275) und schließlich das literaturwissenschaftliche Kernstück der biologischen Kulturtheorie über »Die Lust, das Schöne und das Spiel«. (S. 277–352)

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Biologischer Grundkurs für
Kulturwissenschaftler

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Zwar wünscht sich Eibl selbstverständlich auch eine naturwissenschaftliche Leserschaft, doch hat er erklärtermaßen einen »Modell-Leser« im Auge, der »eher im Bereich der literarisch-geisteswissenschaftlichen ›Kultur‹« heimisch ist. (S. 11) Entsprechend bietet der erste Abschnitt eine Art Grundkurs der Biologie für Kulturwissenschaftler. Da Eibl sich mit der Polarisierung von Kultur und Natur (bzw. ›Kulturalisten‹ und ›Biologisten‹) nicht zufrieden geben will, beginnt er zunächst mit einer Präzisierung des Kulturbegriffs. Differenziert wird dabei zwischen technischer, symbolisch-kommunikativer und ästhetischer Kultur. Gegenüber der Tierwelt, auf die teilweise auch der technische (z.B. Werkzeuggebrauch) und symbolisch-kommunikative Kulturbegriff (Warnrufe u.ä.) appliziert werden könne, sei die Kulturevolution des Menschen erst als spezifische Emergenzen hervorbringendes Zusammenwirken aller drei Kulturtypen beschreibbar.

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In einem nächsten Schritt referiert Eibl die wichtigsten Positionen der Evolutionstheorie. Kritisch beleuchtet werden Standardeinwände (die »Evolutionstheorie sei trivial, die Evolutionstheorie sei immun gegen Falsifizierungen und evolutionäre Erklärungen seien reduktionistisch«, S. 24) sowie »sprachliche und gedankliche Unarten« (Anthropomorphisierungen der Tierwelt bzw. Zoomorphisierungen menschlichen Verhaltens, S. 31) und schließlich »Heterodoxien« (u.a. Neolamarckismus, intentionalistische Modelle, Gaia-Hypothese, Saltationismus, S. 38).

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Dabei schützt Eibl sich zunächst gegen den Vorwurf eines biologistischen Reduktionismus, indem er von Ausschließlichkeitsformulierungen Abstand nimmt. Als Beispiel für diese Form des Reduktionismus nennt er Vorstellungen, die davon ausgehen, dass Konzepte wie Familie oder Männlichkeit ausschließlich kulturell kodierte Konstruktionen seien. Vor diesem Hintergrund zeigt Eibl, dass Konrad Lorenz’ »›psychohydraulische[s]‹ Triebmodell« (S. 49) in der modernen Ethologie mittlerweile durch die Einsicht abgelöst ist, dass Reize nur »zu einer mehr oder weniger drängenden Handlungsbereitschaft führen«. (S. 50) Für den Zusammenhang von Kultur und Kunst wird dabei betont, dass reizende Situationen, da sie Lust verursachen, durchaus unabhängig von ihrem zufälligen Eintreten aufgesucht werden.

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Der anschließende Überblick über die Soziobiologie (E. O. Wilson) verdeutlicht in Abgrenzung zum früheren »Mysterium der ›Arterhaltung‹« (S. 54) die biologischen Ursachen für kooperatives Verhalten. Grenzen der Soziobiologie sieht Eibl darin, dass sie die Begünstigung von Verwandtschaft nicht rechtfertigen könne. Skepsis sei darüber hinaus gegenüber einheitswissenschaftlichen Ausweitungsversuchen in den Bereich der Kultur angebracht. Begriffe wie ›Kulturgen‹ oder ›Mem‹ (Dawkins) seien häufig »Programmwörter«, die »weitgehend leerformelhaft« blieben. (S. 60) Fruchtbarere Ansätze lägen demgegenüber in der Evolutionären Psychologie (v.a. Barkow, Cosmides, Tooby), die strikt zwischen Anpassung und Verhalten trenne. Überzeitlich fixiert seien demnach nur psychische Handlungsdispositionen, die auf Grund ihrer Variabilität den Spielraum zur »Lösung anderer Probleme« böten, jedoch auch »massive Störungen« verursachen könnten. (S. 63)

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Biologische Anthropologie
der offenen Programme

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Nach diesen Vorklärungen entwickelt Eibl eine biologisch fundierte Anthropologie. Dazu diskutiert er zunächst das Verhältnis von Angeborenem und Erworbenem und seiner »Aktualisierung im Individuum«. (S. 75) Am Beispiel von »waist-to-hip ratio« und Eifersucht (ebd.) werden dabei wiederum einseitig biologistische oder kulturalistische Erklärungsmodelle zurückgewiesen. Weder seien hier »Programme am Werk, die universell zu identischen Reiz-Reaktionsmustern« führten, noch seien »die Reaktionen Konditionierungen in einem biologiefreien Raum«. (S. 81) Vielmehr habe man es grundsätzlich mit »ererbten Programmen zu tun, zu deren Eigenschaften« es gehöre, »dass sie kulturelle Informationen« verarbeiteten. (ebd.) Statt von Universalien oder anthropologischen Konstanten müsse daher strikt von biologischen Dispositionen ausgegangen werden.

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Eibl stützt sich mit dieser wesentlichen Forderung vor allem auf Ernst Mayrs Konzept der ›offenen Programme‹. 4 Im Gegensatz zu ›geschlossenen Programmen‹, die über den Genotyp vollständig festgelegt sind, bleiben diese nach Mayr elastisch und können neue Informationen durch Erfahrung (Lernen, Konditionierung usw.) flexibel aufnehmen. (vgl. S. 84) Dazu enthalten sie neben dem »Suchimpuls« (Aufmerksamkeit, Erwartung) einen Satz strukturierender »Suchregeln« (S. 85; als ein Beispiel nennt Eibl den Spracherwerb). Für den Menschen ergibt sich daraus als Schlussfolgerung: »Je weniger im Genom festgelegt ist (und das heißt: je mehr möglich ist), desto mehr kann/muss in der Kultur festgelegt werden.« (S. 88; Hervorh. auch nachfolgend jeweils i. Orig.). Dies geschehe über das (individuelle) Gedächtnis und exosomatische Speicher wie Diskurse, Bibliotheken oder Filme.

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Auf dieser Basis wird nun kritisch auf das Verhältnis von Trieben und Kultur reflektiert. Abgelehnt werden dabei klassische Positionen, die einen Natur-Kultur-Antagonismus postulieren (z.B. Freuds Trieblehre bzw. die Idee einer ›sublimierten‹ Kultur). Mit Steven Reiss gibt Eibl sodann eine Liste von 16 Grundbedürfnissen des Menschen, die sich von Macht über Anerkennung, Sexualität usw. bis hin zur Ruhe erstrecken. Wichtig ist hierbei, dass Letzteres (Wunsch nach Erholung und Sicherheit) explizit als Teil von Kultur aufgefasst wird (dies weist bereits auf die spätere Herleitung einer biologisch fundierten ›Lust an der Kunst‹ voraus). Die Anthropologie offener Programme erlaubt es nun, biologistische Vorstellungen von angeborener Xenophobie, Vergewaltigungstrieb u.ä. als naturalistische Fehlschlüsse zu entkräften.

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Zugleich meldet Eibl unter der Überschrift »Fundamentales« (S. 126) Zweifel gegenüber Ansätzen der philosophischen Anthropologie an. Arnold Gehlens Mängelwesen-These etwa vereinseitige Ludwig Bolks Retardationprinzip zum »Neotenie-Dogma« (S. 129) anstatt auf die gewöhnliche Evolutionstheorie zurückzugreifen. Überdies habe Gehlens Konzept des ›Hiatus‹ (als menschliche Fähigkeit der Entkopplung von Antrieb und Handlung) nur dann Erkenntniswert, wenn man es von der Lehre der Instinktreduktion ablöse. Verstanden als ›Auskuppeln‹ bedinge der Hiatus dann die Möglichkeit, durch »Probehandeln in der Phantasie die optimale Lösung eines Problems herauszusuchen«. (S. 131) Dies schaffe nicht nur einen kognitiven Selektionsvorteil, sondern sei zugleich die Voraussetzung für das Bewusstsein von Empfindungen. In diesem Kontext wendet Eibl sich u.a. auch gegen die Grundfrage nach dem freien Willen, der schließlich als »contradictio in adjecto« erscheint. (S. 136)

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Stufen des Sozialen

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Der dritte große Abschnitt widmet sich der Biologie von Verwandtschaft, Gemeinschaft und Gesellschaft. Ausgeklammert bleibt dabei die Sprache, die in einem späteren Kapitel eigens behandelt wird. Zunächst zeichnet Eibl anhand der Hominisation die Entstehung der Familie nach und entlarvt die Vorstellung als Vorurteil, dass vorzivilisatorische Gesellschaftsformen grundsätzlich promiskuitiv gewesen seien. Selbst die Liebe stehe auf »breite[m] biologische[m] Fundament«. (S. 154) Verwandtenbegünstigung werde mit Hilfe des Evolutionsprinzips der »Kin selection« (Verwandtschaftsselektion) begründbar. (S. 159) Ebenso sei Inzestvermeidung kein Produkt menschlicher Kultur, sondern ein biologisches Phänomen, das zur Kin selection in »balancierter Spannung« stehe. (S. 163) Auch dass Evolution im Sinne des eigenen Selektionsvorteils grundsätzlich ›asoziale‹ Verhaltensformen (z.B. Betrug) bevorzuge, sei verkürzt gedacht. Schon im Tierreich könne langfristige Nachbarschaft das »Tit-for-Tat-Prinzip« (wie du mir, so ich dir, S. 165) zu »gegenseitiger Hilfe« (ebd.) wenden, sofern sich Kooperation (bei Ressourcenknappheit) lohne.

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Dies lasse sich auch über direkte Abstammung hinaus an Phänomen »›unechte[r]‹ Verwandtschaft« (S. 171) beobachten (das bekannteste Beispiel ist das Kuckucksei). Während eine so bestimmte Gemeinschaft unter Tieren noch möglich sei, sieht Eibl Gesellschaft als spezifisch menschlich an, da sie nicht durch natürliche Zeichen (Geruch, Physiognomie usw.) gestiftet werde. Ihre Grundlage seien arbiträre Zeichen, die der Vereinbarung bedürften. Insofern ergibt sich ein Dreischritt von Verwandtschaft über Gemeinschaft zur Gesellschaft, die schließlich auch »Unbekannte durch Definition zu Angehörigen« ernenne. (S. 174) Die arbiträre Gesellschaft erfordere zu ihrer Konstituierung und Steuerung moralische Prinzipien. So gesehen sei Moral ein »Komplementärphänomen der offenen biologischen Programme« (S. 176), die bei unabsehbaren Verhaltensspielräumen unzuverlässige Kontingenzen hervorbrächten. Auch hier gilt: je offener die biologischen Dispositionen, desto nötiger ihre kulturelle Regulation. Moral wird mithin als relationaler Begriff verstanden; ein allgemeines ›Weltethos‹ (z.B. Küng) sei daher biologisch nicht begründbar (auf die konsensual gefestigten Menschenrechte möchte Eibl gleichwohl nicht verzichten).

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Im Weiteren wird nun die gesellschaftsstabilisierende Funktion disziplinierender Verhaltensweisen genauer erörtert. Dazu diskutiert Eibl Mechanismen sozialer Kontrolle aus biologischer Sicht und zeigt am Beispiel von »›cheater detector‹« (S. 183), »Disgregrationsangst« (S. 187) und »Nachahmung der Erfolgreichen« (S. 193), wie diese sich innerhalb der Selektionstheorie begründen lassen. Abgeschlossen wird der Abschnitt durch eine biologische Kritik von Freuds Unbehagen in der Kultur, die schließlich in eine Reflexion der sozialen Kontrolle von Jungfernschaft einmündet. Unter Einbeziehung primatologischer und ethnologischer Studien (u.a. Malinowski) stellt Eibl die endokrinologische Seite von Jungfräulichkeit ihrer kulturell wie religiös bedingten Überformung gegenüber.

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Evolution und Sprache

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Nach den umfangreichen biologischen, anthropologischen und soziologischen Ausführungen dringt Eibl in der zweiten Hälfte des Buchs zur Sprache und damit auf germanistisches Terrain vor. Zuvor war die Bedeutung der Sprache bereits kursorisch bei der »Ausweitung der Verwandtschaft zur Gesellschaft«, der »Umstellung des Lernens auf Simulation hypothetischer Situationen«, beim »Klatsch als Mittel sozialer Kontrolle«, der »Wertfixierung beim Handel«, sowie der »Stabilisierung von Erbfeindschaft und Blutrache« angeklungen. (S. 209) Der biologische Blick auf solche Funktionen lenkt nun wiederum nicht auf den ›Ursprung der Sprache‹, sondern – der Logik der Dispositionen folgend – auf die Sprachfähigkeit. Entsprechend skeptisch sieht Eibl die Idee einer Universalgrammatik. Gesichert sei nur die Universalität der Sprachfähigkeit bzw. eine instinktive Neigung zum Sprechen.

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Der folgende Überblick über den aktuellen Forschungsstand zur Sprachevolution klärt neben physiologischen Voraussetzungen (Bedeutung von Broca-Zentrum und Stimmwerkzeugen) zunächst die linguistische Grundunterscheidung von Partnerbezug und Sachbezug. Theorien (v.a. Dunbar), die den Partnerbezug hervorheben, verstehen Sprechen als »Erweiterung des Grooming der Affen zum ›Gossip‹ des Menschen«. (S. 219) Eibl sieht dabei vor allem die Möglichkeit zum Gespräch über Dritte als entscheidenden »Schritt über das Grooming« hinaus, der eine im Tierreich nicht bestehende »Möglichkeit der sozialen Kontrolle« gebe. (S. 222) Andere Theoretiker (z.B. Bickerton) behaupten dagegen das »Primat des Sachbezugs der Menschensprache« (S. 226), das – anders als bei Instinktsprachen – der gezielten Informationsübermittlung dienen könne. Eibl nimmt demgegenüber eine Zwischenposition ein: weder komme der »Sachbezug erst beim Menschen neu hinzu noch der Partnerbezug«. (S. 227) Als entscheidenden Entwicklungsschritt begreift er vielmehr die »Ausdifferenzierung des Sachbezugs«, die es ermögliche, in »langen ›Gedankengängen‹ über Nichtanwesendes zu sprechen, über Vergangenes, Zukünftiges, und nicht zuletzt Abstraktes und Imaginiertes«. (S. 229)

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Erst die Möglichkeit der Ausdifferenzierung erscheint somit als die »Basis für die Entstehung und Entwicklung menschlicher Kultur«. (S. 230) Hier setzt der Begriff der »Vergegenständlichung von Gedanken und Gefühlen« an, der die »spezifische menschliche Zutat zu den bereits im Tierreich vorhandenen Fähigkeiten erfassen soll«. (S. 232) Vergegenständlichung als Fähigkeit, eine »›innere‹ Entität zum Gegenstand des Nachdenkens oder der Rede« zu machen (S. 233 f.), führe zu einem kulturellen »Ratschen-Effekt« (Tomasello), bei dem eine »wiederholte Kraftanstrengung jeweils auf den letzten erreichten Zustand« wirke. (S. 236) Eben dieser Kaskaden-Effekt habe zur kulturellen Variation und Beschleunigung beim Menschen geführt (als Beispiel wird u.a. der Buchdruck angeführt, vgl. S. 245). Gleichwohl propagiert Eibl damit keinen Fortschrittsoptimismus, da er bei der fortschreitenden funktionalen Differenzierung etwa auch auf die steigenden »Integrationslasten« beim Individuum hinweist. (S. 241)

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Wesentliche Voraussetzung für ›kaskadierende Kultur‹ sei dabei das Speichern von Wissen in Institutionen. Weil diese auch Nichtgültiges und nur unter gewissen Bedingungen Wahres bereithalte, seien Regeln für die Relevanz von Informationen (»Retrieval-Techniken«, S. 246) erforderlich. Als evolutionäre Lösung dieses Problems benennt Eibl »›Scope syntax‹«, als »eine Art Markierungssprache für Bereichsspezifik«, die »Gültigkeitsgrenzen« abstecke und jene Bedingungen definiere, »unter denen Informationen für Handlungen und Schlüsse verwendet werden«. (S. 247) Damit Information in Texten dauerhaft auch jenseits eines konkreten Situationsbezugs verfügbar sei (›Decoupling‹), müsse sie »überkohärent« (S. 254) strukturiert werden. Als geeignete Mittel nennt Eibl u.a. Vers, Reim und vor allem das Erzählen, das er allgemein als »Repräsentation einer nicht-zufälligen Ereignisfolge« versteht. (S. 255)

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Aus dieser Sicht entstehen »Kulturen – im Sinne abgrenzbarer Kommunikationskreise, die ihren Mitgliedern Identität verleihen – [...] auf der Basis von Erzählungen«. (S. 260) Dazu seien Techniken der Hermeneutik und Kanonisierung erforderlich. In diesem Zusammenhang diskutiert Eibl auf der Grundlage von Märchen- und Mythosforschung (Propp, Burkert) angeborene Plots bzw. »hochabstrakte Plot-Dispositionen« (S. 267) wie das »Schema des Geschlechtsverkehrs«, den »Rivalenkampf« oder die »Aufdeckung des Unbekannten« (Detektivroman, analytisches Drama usw., S. 268). Einen Selektionsvorteil solcher Dispositionen sieht Eibl schließlich in der Möglichkeit der »Selbst-Vergegenständlichung«. (S. 272) Auf Grund der Vielzahl offener Programme sei diese Vergegenständlichungsform zur Verhaltenssteuerung biologisch notwendig (Abgleich von Soll- und Ist-Befund bzw. Selbst- und Fremdwahrnehmung). Auch Dichtung werde damit »zu einem der Scharniere, mittels derer das Ich sich auf die Gesellschaft einstellt«. (S. 275)

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Die Lust, das Schöne und das Spiel

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Unter diesem Titel eröffnet Eibl den letzten großen Abschnitt seines Buchs, das nun nach dem Selektionswert von Kunst fragt. Nach dem linguistischen Teil ist die Argumentation schließlich in den Bereich der Kunst- bzw. Literaturwissenschaft vorgestoßen. Eingangs wird indessen zu Bedenken gegeben, dass es aus streng biologischer Perspektive keine Kunst gebe: Auch Kunst sei keine kulturelle Universalie, vielmehr gebe es wiederum nur »universelle biologische Dispositionen, die Kunst ermöglichen, und biologisch begründete Funktionen, die durch Kunst erfüllt werden können.« (S. 278)

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Als Ausgangspunkt seiner Überlegungen wählt Eibl Kants Vorstellung, dass ästhetische Urteile auf ›interesselosem Wohlgefallen‹ (›Zweckmäßigkeit ohne Zweck‹) gründen. Hier wird nach den dispositionellen Grundlagen dieses Konzepts gefragt. Zudem geht Eibl von der Abweichungsästhetik (Fricke) aus, die er als derzeit »avancierteste Ästhetik« einstuft. (S. 278) Für literarische Kommunikation hebt er dabei Fiktionalität, Verfremdung und uneigentliche Rede als wichtigste Elemente der Deviation hervor. Entsprechend wird nach den biologischen Voraussetzungen dieser Elemente gefragt. Fiktionen werden dabei im Bereich des Spiels angesiedelt, das funktional im »Organisationsmodus« begründet sei. Gemeint ist damit eine nur »proximat zweckfreie Betätigung der Anpassung«, die jedoch einem übergeordneten »ultimaten Zweck« dient. (S. 280) 5 Fiktion erscheint dann als eine »Trainings-Simulation von ernsthaft-wahren Situationen« (S. 283), welche die Individualfitness steigert.

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Šklovskijs Verfremdung – übersetzt als »›Seltsammachen‹« (S. 287) – diskutiert Eibl in diesem Kontext als »›making special‹« (Dissanayake), das ein Verfahren der Unterscheidung von Gewöhnlichem und Besonderen sei und allgemein der »Rhythmisierung« des beim Menschen nicht mehr unter unmittelbarem »Instinktdruck« stehenden Lebens diene. (S. 285) Solche Ordnungen (Vorbereitungsrituale für die Jagd, Feier- Gedenktage usw.) hätten eine Schutzfunktion und stünden paradigmatisch für das »Bedürfnis, überhaupt strukturierend in die Welt einzugreifen und sich von der so strukturierten Welt wieder anleiten zu lassen«. (ebd.) Freilich zähle das ›making special‹ zu den elementaren Leistungen menschlicher Umweltstrukturierung überhaupt und sei – dies habe etwa Mukařovský schon für die Verfremdung betont – nichts spezifisch Künstlerisches.

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Ähnlich basiere auch die uneigentliche Rede (Verwendung von Tropen wie Metapher, Synekdoche, Allegorie, Ironie usw.) auf dem Grundprinzip der Bedeutungsübertragung als einer ganz basalen, keineswegs auf das Ästhetische zu begrenzenden Kulturtechnik. Mit solchen Kategorien lasse sich der Kunstbegriff biologisch nicht trennscharf fassen. Allerdings gelinge es auch der utilitaristischen Kunstkonzeption der Soziobiologie bzw. ›Biopoetics‹ (Cooke/Turner) nicht, ästhetisches Vergnügen zu erklären, wenn sie Literatur als bloßen »Simulationsraum zwischenmenschlicher Begegnung« verstehe. (S. 304) Von ebenso begrenzter Reichweite sei schließlich Zahavis »Handicap-Prinzip« (S. 308), das Kunst vereinseitigend vor dem Hintergrund geschlechtlicher Zuchtwahl interpretiere.

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Einen weiterreichenden Erklärungsansatz bieten für Eibl dagegen nun die »vergessenen Evolutionsfaktoren« Stress und Entspannung, die in einem antagonistischen Zusammenhang gesehen werden. (S. 310) 6 In dem Moment, wo Eustress (Mobilisierung von Kraftreserven, Auslösen von Fluchtreaktionen etc.) in Dauerstress umschlage, führe dies zu erheblichen »Einbußen der Lebens- und Fortpflanzungsfähigkeit« (z.B. Aggressivitätssteigerung, Infektionsanfälligkeit, Bluthochdruck bis hin zu Unfruchtbarkeit, S. 311). Vor allem die menschliche Fähigkeit zur Sorge (Eibl verweist hier u.a. auf Goethes Faust) erfordere Techniken der Stressbewältigung. An dieser Stelle sei »Entspannung (Relaxation)« auch durch Selektion begünstigt worden. (S. 314) Aufgeräumt werden müsse folglich mit dem »Klauen-und-Zähne-Darwinismus des 19. Jahrhunderts« (S. 315), der schlicht übersehe, dass glückliche Menschen über ein »leistungsfähigeres Immunsystem und eine höhere Fortpflanzungsrate« verfügten. (S. 314) Auf der Grundlage des Stress-Lust-Mechanismus als entscheidendem Evolutionsfaktor postuliert Eibl den Menschen schließlich als »Glückssucher«. (S. 315) »Glück, Sicherheitsgefühl und Lust« seien die drei »Gefühlslagen, die für eine Entspannung der gestressten Seele« sorgten. (S. 316) Über den Konnex von ›Lust und Literatur‹ (Anz) kann Eibl dann auch dem ›interesselosen Wohlgefallen‹ einen Selektionswert zuschreiben. Der »proximate Lustmodus hat neben der Organisation der Adaptationen noch einen zweiten ultimaten Zweck: Den Stressabbau.« (S. 317)

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Im Anschluss an diese Schlüsselüberlegungen diskutiert Eibl verschiedene Quellen ästhetischer Lust. Neben »fragwürdige[n] Künste[n] am Kiosk« (S. 319) kommen hier u.a. Gewaltdarstellungen, sexuelle Schlüsselreize, Schönheit als Gleichförmigkeitsversprechen (z.B. Wiederholungseffekte bei Goldenem Schnitt oder Harmonielehre) und das Erhabene in den Blick. Abgeschlossen wird der literaturbezogene Teil durch einen eigenen Abschnitt über »Sprach-Kunst« (S. 337), in dem vor allem die Möglichkeiten ›entpflichteter Rede‹ (Emeritiv) dargelegt sind: Soll der kognitive Apparat, dessen »Denk-, Gefühls- und Rededispositionen« mit Sprache verknüpft sind, in den Lustmodus gesetzt werden, müsse man ihn zunächst »aus den Pflichten des realen Lebens entlassen, abkoppeln, entreferentialisieren.« (S. 340) Erst derart »entpflichtete Rede« erlaube ein »Sprechen über Unaussprechliches, von der Trivialität unaussprechlicher Körperteile und Kleidungsstücke bis zu den unaussprechlichen Geheimnissen der Mystiker.« (S. 346)

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Die ›großen Erzählungen‹ (Lyotard) – von Mythen über Religionen bis hin zu Ideologien – ermöglichten mittels schematisierender Ordnungsvorstellungen, dass das »reale heterogene Stückwerk einer Kultur« integriert und »Restprobleme absorbiert« werden könnten. (S. 347) Evolutionär verankerte Gleichförmigkeitsvermutungen seien dabei auch die Grundlage für die kognitive Strukturierung des Unbekannten (der »Nichtwelt« – hier knüpft Eibl an die früheren Arbeiten an, S. 350). Die »höchste Würde« entpflichteter Rede erkennt Eibl schließlich in der »ästhetischen Lösung des Totalitätsproblems.« (S. 351) Durch ›Sprach-Kunst‹ würden unlösbare Probleme, die durch die »Sinnverweigerung der Realität« entstünden (»Selbstbewahrung in der Gesellschaft, in der Liebe, Probleme des Leidens und des Todes«), zu »Kristallisationspunkten einer gestaltenden Aktivität«, die »ungeachtet der Unlösbarkeit der dargestellten Probleme in der Darstellung selbst noch einmal Schönheit als das Versprechen der Funktion und als das Versprechen von Ordnung aufleuchten« ließen. (S. 351 f.) Dichtung sei damit die »Reaktionsweise, die als entschieden ›uneigentliche‹ Rede die Entpflichtung am weitesten treibt, ohne deshalb die Problemreferenz aufzugeben.« (S. 352)

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Epilogartig setzt Eibl schließlich einen knappen Anhang über ›kulturelle Universalien‹ an den Schluss. Anhand der Zusammenstellung von ›Universalien‹ bei verschiedenen Ethnologen (Malinowski, Murdock und Brown) wird abschließend noch einmal die Rede von universellen Dispositionen (statt kulturellen Universalien) gestützt.

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Fazit

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Beeindruckend ist zunächst die fächerübergreifende Anlage des Buchs. Wissenschaftliche Arbeiten, die den Anspruch auf Interdisziplinarität in einem echten Sinn einlösen, sind selten. Eibls Theorieentwurf ist in dieser Hinsicht vorbildlich, indem er sich über Gebiete der Biologie, Anthropologie, Soziologie, Linguistik, Ästhetik und Literaturwissenschaft erstreckt. Freilich hat diese Zusammenschau dem Literaturwissenschaftler, der am Kerngeschäft der hermeneutischen Auseinandersetzung interessiert ist, wenig zu bieten. Auf konkrete Texte ist Eibls ›Literaturtheorie‹ nur begrenzt applizierbar. 7 Da sie die biologischen Grundlagen von Kultur in den Blick nimmt, ist das jedoch auch nicht ihr Ziel.

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Den breit orientierten Kulturwissenschaftler wird die biologische Kulturtheorie zweifelsohne in neue Gebiete führen. Dabei ist es Eibls Verdienst, im anglo-amerikanischen Raum inzwischen etablierte Wissenschaftsbereiche (Sociobiology, Biopoetics usw.) mit der deutschen Kulturwissenschaftslandschaft zusammenzuführen. Hierzu tragen auch die z.T. erstmaligen Übersetzungen bei. 8 Hilfreich ist nicht zuletzt die Art der Darstellung. Der Band ist verständlich geschrieben und vorbildlich redigiert. 9 Ein konzises Glossar erklärt biologische und kulturwissenschaftliche Fachbegriffe. Das sorgfältige Sach- und Personenregister erleichtert die Orientierung. Überall zeigt Eibl sich auf einem aktuellen Forschungsstand. Der Anschaulichkeit dient zudem, dass immer wieder mit einsichtigen, teils witzigen Beispielen gearbeitet wird. Dabei provoziert Eibl auch (etwa gegen den Poststrukturalismus) oder spöttelt z.B. leicht darüber, dass Sprache selbst in einem Fachbereichsrat »nur zu einem geringen Teil denotativ zum Informieren über Sachen und Sachverhalte verwendet« werde. (S. 220) An anderer Stelle tobt er sich anhand von Belegen aus dem Internet einlässlich am fragwürdigen Gebrauch von Begriffen wie »unhintergehbar« oder »uneinholbar« aus. (S. 296 f.)

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Gelegentlich wird auch kokettiert, beispielsweise wenn er im Abschnitt über Ausgrenzungsangst »gesteht, dass ihn seine Beschäftigung mit Biologie im Kreise der germanistischen Fachkollegen zuweilen mit einer gewissen Disgregrationssorge erfüllt« (S. 189); und manchmal klingt ein gewisses, nicht unangenehmes Wissenschaftspathos an (z.B. »Es ist deshalb an der Zeit, die Sprachfähigkeit des Homo sapiens nun direkt in den Blick zu nehmen«, S. 209). All das verleiht dem Text eine bewusst persönliche Färbung, durch die er an Lesbarkeit gewinnt (und sei es, indem man sich an mancher Formulierung reiben kann).

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Eibls stringentes Plädoyer für die Wahrnehmung ästhetischer Dispositionen als Evolutionsfaktoren ist ebenso begründet wie beruhigend. Nicht nur Stressabbau, sondern auch die Steigerung von Effektivität scheint im Spiel der Kunst und der Erholung der Erzählung möglich. Hier droht allerdings Urlaubsstimmung. Vielleicht wird man fragen, wie sich der ›Lustmodus‹ zu den Herausforderungen der Kunst, den aufrüttelnden Erfahrungen des Fremdartigen oder in Frage stellenden Formen ästhetischen Widerstands verhält. Immerhin kann die Kopplung der biologischen Kulturtheorie an die Abweichungsästhetik hier einen Ausgleich schaffen. 10 Etwas in Sorge kann man zudem über einen durchaus vorstellbaren Leser geraten, der sich nach der Lektüre insgeheim in epikureisch überlegener Gelassenheit zurücklehnt. ›Kultiviert‹ wähnt man sich gleichsam im Selektionsvorteil. Das von Eibl redlich zurückgewiesene Kriterium sozialdarwinistisch strapazierter Konkurrenz mag sich auf diesem Weg wieder einschleichen. Noch schlimmer wäre es, wenn man die Evolutionsbiologie des Schönen mit Begriffen wie ›Kulturnation‹ oder ›Kulturvolk‹ belegte. Rassische Erklärungsmuster liegen dann nicht fern. Eibl selbst, der gewissenhaft die für die Humanevolution relevanten Zeiträume in den Blick nimmt und mit gutem Grund beim Pleistozän ansetzt, wäre mit solchen Überspitzungen freilich Gewalt angetan. 11

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Als enttäuschend mag mancher die ›Offenheit‹ der Kulturkonzeption ansehen. Sie gilt für einen riesigen Bereich, der sich vom »Symphoniekonzert bis zum Popkonzert und zur Blaskapelle, live, auf der CD und im Radio, vom Hamburger bis zum Hummer, vom Minigolf bis zu sämtlichen Europa-, Welt- und sonstigen Meisterschaften in allen Disziplinen« erstreckt. (S. 318) Doch betont Eibl, dass die Frage der »binnenkulturellen Evolution« bewusst am Rande bleibt (S. 56) und er an den »traditionellen Unterscheidungen« im Bereich der Kunst nicht rütteln wolle. (S. 319) Entscheidend sei zunächst nur, dass die »biologische Grundlage« der Kultur Dispositionen liefere, die »kulturell recht unterschiedlich verwertbar« seien. (S. 319) Solche Aussagen zeigen aber auch, dass der Blick auf die Biologie der Kultur bisweilen sehr allgemeinen Erkenntniswert hat. Eine besondere Stärke der biologischen Kulturtheorie liegt wohl in ihrer Funktion als Korrektiv. Sie bietet einen weiten theoretischen Rahmen, mit dem sich wirkungsmächtige Kulturauffassungen (z.B. Freuds oder Gehlens) auf den Prüfstand stellen lassen.

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Insgesamt hat Eibl mit seinen Bausteinen ein Fundament zur biologischen Erklärung kultureller Evolution vorgelegt, das alle Aufmerksamkeit verdient. Nicht zuletzt wegen mancher Unsicherheiten, mit denen sich der Kulturwissenschaftler dem Werk nähern wird, ist ihm auch eine intensive und kritisch prüfende Rezeption durch Biologen zu wünschen.



Anmerkungen

Vgl. etwa den neuen Band von Ursula Renner-Henke / Walburga Hülk (Hg.): Biologie, Psychologie und Poetologie. Verhandlungen zwischen Naturwissenschaft und Literatur. Würzburg: Königshausen & Neumann 2005, in dem auch Eibl mit einem Beitrag über eine biologische Poetik der Wiederholung vertreten ist, oder die Arbeiten von Eckart Voland / Karl Grammer (Hg.): Evolutionary Aesthetics. Heidelberg: Springer 2003 und Winfried Menninghaus: Das Versprechen der Schönheit. Frankfurt / M.: Suhrkamp 2003. Undiskutiert lässt Eibl etwa Michael Fleischer: Kulturtheorie. Systemtheoretische und evolutionäre Grundlagen (Beiträge zur Kulturwissenschaft 5) Oberhausen: Athena 2001.   zurück
Vgl. Karl Eibl: Strukturierte Nichtwelten. Zur Biologie der Poesie. In: IASL 18 (1993), H. 2, S. 1–36 (auch im ›IASL Online Archiv‹ verfügbar unter http://iasl.uni-muenchen.de/register/eiblauf.html) sowie K. E.: Die Entstehung der Poesie. Frankfurt / M.: Insel 1995.   zurück
Nach Animal Poeta (Band 1) liegt mittlerweile auch die zweite Studie vor: Manfred Engel / Rüdiger Zymner (Hg.): Anthropologie der Literatur. Poetogene Strukturen und ästhetisch-soziale Handlungsfelder (Poetogenesis 2) Paderborn: Mentis 2004. Eibl schreibt darin einen Beitrag, der Hauptlinien seiner Theorie zusammenfasst; vgl. K. E.: Adaptationen im Lustmodus. Ein übersehener Evolutionsfaktor. In: Ebd., S. 30–48.   zurück
Vgl. z.B. Ernst Mayr: Das ist Biologie. Die Wissenschaft des Lebens. Frankfurt / M.: Spektrum 1998, S. 112–114.   zurück
Im Sinne der biologischen Begriffsdifferenzierung unterscheidet Eibl grundsätzlich zwischen proximaten und ultimaten Ursachen. Erstere bestimmen z.B. die Motivation einer konkreten Handlung, während letztere mit Blick auf den Selektionswert beurteilt werden. Als Standardbeispiel nennt Eibl die grüne Färbung einer Schlange, die physiologisch durch eine bestimmte Pigmentierung erklärt werden kann (Proximat-Faktor) und zugleich den Selektionsvorteil der Tarnung bietet (Ultimat-Faktor). Dieser wird dann als Ursache dafür verantwortlich gemacht, dass sich die besondere Färbung in der Evolution durchsetzt. (vgl. S. 34)   zurück
Etwas ›vergessen‹ scheinen von Eibl seinerseits die Evolutionsfaktoren Gen-Drift und Rekombination. Dazu wird nur angemerkt: »Auf die Seite des ›Angebots‹ wären korrekter Weise auch noch die Rekombinationen zu schlagen, d.h. bei geschlechtlicher Vermehrung die Neumischung des aus väterlichen und mütterlichen Genen bestehenden Erbgutes oder auch andere Methoden der Neumischung. Aber das kann hier auf sich beruhen.« (S. 36, Anm. 41)   zurück
Dass sich aus den biologischen Einsichten keine praktikablen Konsequenzen für die Literaturwissenschaft ergeben, beklagt z.B. Manuela Lenzen in ihrer Besprechung »Ereignisfolge im Lustmodus« (in: FAZ vom 1.9.2004, Nr. 203).   zurück
Vgl. etwa auf S. 284 die auszugsweise Übersetzung der Schriften von Ellen Dissanayake (z.B. Homo Aestheticus und Making Special), die einen Abgleich mit dem formalistischen Prinzip der Verfremdung leistet. In der Regel ist die deutsche Version, wie auch an dieser Stelle, mit dem Originaltext in Fußnoten vergleichbar.   zurück
Druckfehler wird man kaum finden (vgl. z.B. S. 303: »darstellt« statt ›dargestellt‹ und S. 305: »Der« statt ›Die‹).   zurück
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Fricke selbst hat dagegen jüngst den nichtrelativistischen Zug der biopoietischen Anthropologie betont, während er dem die Ausweitung seiner Abweichungspoetik zur allgemeinen Relativitätstheorie der Kunst gegenübergestellt sieht (vgl. Harald Fricke: Literarische Erfahrung und ästhetische Theorie. Von der Speziellen zur Allgemeinen Relativitätstheorie der Kunst. In: Hans-Edwin Friedrich / Fotis Jannidis u.a. (Hg.): Anthropologie und Sozialgeschichte der Literatur. Heuristiken der Literaturwissenschaft. Festschrift für Karl Eibl zum 65. Geburtstag. München / Paderborn: W. Fink [im Druck.])   zurück
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In einem von Christoph Bock und Katja Mellmann mit Eibl geführten Interview leugnet auch Eibl die Möglichkeit solcher Deutungen nicht. Sie seien jedoch »vulgärdarwinistische Sumpfblüten«, die auf oberflächlicher biologischer Kenntnis beruhten (vgl. http://parapluie.de/archiv/epoche/poetik).   zurück