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August Goethe -
»Vertreter, Vertrauter, Vermittler« seines Vaters

  • Gerlinde Ulm Sanford (Hg.): Goethes Briefwechsel mit seinem Sohn August. Mit Einleitung, Kommentar und Register. 2 Bände. Band 1: Text, Band 2: Kommentar und Register. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger 2005. XXVIII, 1732 S. Gebunden. EUR (D) 259,00.
    ISBN: 978-3-7400-1200-7.
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Vater und Sohn: der Briefwechsel

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Die vorliegende Edition der Korrespondenz zwischen Johann Wolfgang Goethe und seinem Sohn August umfasst insgesamt 649 Briefe. Die überwiegende Zahl stammt von August. Sie datieren aus dem Zeitraum vom 13. Mai 1793 bis 22. Oktober 1830. Es wurden auch Briefe seiner Frau Ottilie an Goethe aufgenommen. Am Beginn stehen Briefe, in denen offenbar die Mutter Christiane dem dreijährigen, unehelichen Sohn des Ministers die Hand führte oder der Onkel Christian August Vulpius an seiner Stelle dichtete, etwa zu Goethes 44. Geburtstag am 28. August 1793:

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Liebes Väterchen!
Dein Geburtstag ist heute,
darüber habe ich große Freude;
ich wünsche: Du möchtest noch hundert Jahre fein
gesund u zufrieden, wie jetzo seyn. (Nr. 2, S. 1)
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Das Ende markieren die umfangreichen Tagebuchbriefe von Augusts Italienreise im Jahr 1830, von der er nicht zurückkehrte. Dazwischen liegen die höflichen Briefe des heranwachsenden Kindes, der seinem sich zumeist in Jena aufhaltenden Vater seine Erlebnisse mitteilt, über seine Spiele und Krankheiten informiert oder ihm Dank für kleine Geschenke abstattet. Am 18. August 1797 schreibt der Siebenjährige: »Ich bin ietzt etwas krank, meine Augen thun mir sehr wehe, besonders das linke, welches auch ziemlich roth ist« (S. 9). Und am 2. Oktober 1797 heißt es: »Ich spiele jetzt in meinen freien Stunden mit Kastanien, die ich mit dem kleinen Kästner bei Ober-Weimar aufsuche. Wir tragen sie in großer Menge nach Hause, durchbohren sie, reihen sie an einen Bindfaden und behängen unsern ganzen Körper mit Kastanienketten« (S. 10). Im folgenden Frühjahr berichtet er schon über den Besuch einer Aufführung von Mozarts Hochzeit des Figaro (Brief vom 3. April 1798, S. 13). Zahlreiche Beschreibungen anderer Theater- und Opernaufführungen folgen in den nächsten Jahren. Für frisches Obst, das Goethe aus Jena schickte, bedankt sich August immer wieder, für Erdbeeren, Weintrauben, Pflaumen, Aprikosen, Birnen, und er berichtet von Bällen bei dem drei Jahre jüngeren Prinzen Carl Bernhard, auf denen er mit den Kindern der Hofgesellschaft tanzte – alles in allem Szenen einer privilegierten Kindheit am Ende des 18. Jahrhunderts.

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Der erste Brief Goethes, die Nummer 129 der Edition, geschrieben in Karlsbad am 31. Juli 1807, enthält eine kurze Nachricht über sein Befinden (S. 78). Der zweite Brief (Nr. 130) aus dem folgenden Jahr ist an den Studenten der Rechte in Heidelberg gerichtet. Erstmals gedruckt wurde dieser Brief 1896 in der Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 20, S. 70–78. Goethe lobt seinen Sohn, weil dieser nur wenige ausgewählte Lehrveranstaltungen besucht und seine Studien historisch ausrichtet. Er gibt ihm Lektüreanregungen und empfiehlt ihn an Gelehrte. Außerdem schreibt er:

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Daß du deiner eignen Natur nach auf diesem Wege bleiben wirst ist mir sehr erfreulich, da ich nicht zu befürchten habe, daß du dich auf die philosopischen und religiosen Fratzen einlassen möchtest, welche jetzt in Deutschland sogar manchen guten Kopf verwirren und doch zuletzt auf nichts als auf einen abstrusen Selbstdünkel hinausführen. Lebe besonnen und vergnügt auf dem Segmente der Erdkugel wo dich dein gutes Geschick hinführt. An Spiralen und noch wunderlichern Linien ist ohnehin kein Mangel. (S. 81)
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August Goethe gehört zu den tragischen Söhnen berühmter Väter in der deutschen Kulturgeschichte, die für Mit- und Nachwelt zumeist nur in Bezug auf den Größeren von Interesse sind. Daraus resultiert nicht selten eine beträchtliche Lebensproblematik. Der Tenor dieses frühen Briefes nach Heidelberg deutet es gleich zu Anfang an: Väterlicher Rat, Lebensweisheiten, die Beziehungen zur großen Welt werden immer wieder eine Rolle spielen. Später kommen Aufträge und Repräsentationspflichten hinzu. Am 3. Oktober 1819 schreibt Goethe den für das Verhältnis zu seinem beflissenen Sohn bezeichnenden Brief:

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Es ist mir denn doch, mein lieber Sohn, in einsamen Stunden eingefallen, daß es etwas wunderlich aussieht wenn ich den von Frankfurt mir zugedachten Lorbeer=Kranz so ganz ruhig in Weimar stehen lasse, da ich ihm eigentlich entgegen reisen und abholen sollte. Ich habe deswegen beikommenden Schein geschrieben gegen welchen dir Herr v. Froriep der Jüngere das Kästchen wohl einhändigen wird. Für dessen sichern Transport herüber du auf ein oder die andere Weise Sorgen tragen wirst.
Mein Erwiderungs=Gedicht wird indessen fertig und ich sende meinen Dank zugleich mit an die Freunde. (S. 486)
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Goethe leitete die Erziehung seines Sohnes selbst. Sie war auf die spätere Verwendung im Staatsdienst des Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach ausgerichtet, außerdem auf die Mitarbeit in den Projekten des Vaters. Zwischen 1797 und 1805 erhielt August Unterricht durch Hauslehrer, in den folgenden drei Jahren besuchte er das Gymnasium und absolvierte zwischen 1808 und 1811 ein Studium der Rechte. Den Abschluss bildete eine sechsmonatige Ausbildung auf dem Kammergut Kapellendorf. Als Wirklicher Assessor trat er in den Verwaltungsdienst des Herzogs, avancierte 1815 zum Kammerrat, 1822 zum Geheimen Kammerrat. 1826 wurde er zum Kammerherrn ernannt. In den Briefen scheint die eigene Karriere nur am Rande und auch nur in den ersten Jahren seiner Beamtenlaufbahn auf. Bald jedoch handelt die Korrespondenz zumeist von den Aufgaben, die August für seinen Vater übernahm, und von den Aufträgen, die er für ihn ausführte. Über weite Strecken erinnern die Briefe eher an eine Geschäftskorrespondenz als an Privatbriefe, besonders die Schreiben, in denen Goethe seine Fragen und Wünsche in einer Spalte mitteilte und sein Sohn sie in einer Spalte daneben beantwortete oder kommentierte.

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August leitete nach dem Tod seiner Mutter die Wirtschaft des Hauses am Frauenplan, führte die Aufsicht über Finanzen und Personal, verhandelte mit Verlegern, Kaufleuten und Handwerkern, pflegte die Familienakten und betreute Goethes umfangreiche Sammlungen. Er wurde über die Jahre, wie Ulm Sanford in der Einleitung zutreffend schreibt, »Vertreter, Vertrauter, Vermittler« (S. X) seines Vaters, der ihn zum Beispiel auch an Überlegungen zur Farbenlehre teilhaben ließ:

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Da du dergleichen Worte zu schätzen weißt, so melde ich dir daß die moralische Weltordnung nach an mir verübten unverantwortlichen Systolen mich auf einmal, erhoffter aber nicht erwarteter Weise, begünstigt hat, dadurch daß sie mich die Auflösung des Räthsels der entoptischen Farben, die mich so lange Zeit beschäftigt, seit zehn Wochen aber beunruhigt und geäfft haben, endlich finden ließ, und zwar auf die seltsamste Weise, so daß in den letzten Augenblicken noch immer etwas Zweifelhaftes übrig blieb. Ich hielt aber nicht einen Aal bey’m Schwanze, sondern einen Drachen am Kragen, und würgte ihn so lange, bis er sich ergeben mußte. (Brief vom 5. Juni 1817, S. 233)
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Goethes literarische Werke hingegen werden in den Briefen kaum erwähnt. Eine Diskussion literarästhetischer Fragen wie etwa in der Korrespondenz mit Schiller fand nicht statt. Dafür sind die Briefe reich an Informationen über den Alltag der Familie Goethe, über das Umfeld in Weimar und Jena sowie über Goethes vielfältige Tätigkeiten, Interessen und Aufgaben. Sie stellen somit eine wichtige kulturgeschichtliche Quelle für die Jahrzehnte zwischen 1790 und 1830 dar.

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Über die physischen und psychischen Belastungen des arbeitsamen Sohnes durch seine vielfältigen Aufgaben erfährt man hingegen kaum etwas. Er war seit 1815 auch offiziell Mitarbeiter Goethes bei der »Oberaufsicht über die unmittelbaren Anstalten für Wissenschaft und Kunst« und gehörte ab 1817 der Hoftheaterkommission an. Seit Mitte der zwanziger Jahre litt er häufig an Krankheiten und womöglich an Alkoholproblemen. Schon 1808 hatte Goethe dem Heidelberger Studenten geschrieben:

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Wobey mir denn lieb ist, aus deinem Briefe zu sehen, daß du dich auch vor diesem so sehr zur Gewohnheit gewordenen Getränk in Acht nimmst, das mehr als man glaubt einem besonnenen heitern und thätigen Leben entgegen wirkt. (Brief vom 3.6.1808, S. 80)
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Im Frühjahr 1830 genehmigte der Vater endlich eine Reise nach Italien, von der sich August Erholung erhoffte. Er führte dort, wie sein Vater vier Jahrzehnte zuvor, ausführlich Tagebuch und sandte regelmäßig umfangreiche Berichte nach Weimar, die über den Reiseverlauf informieren, über Ereignisse und Bekanntschaft. Persönliche Ansprache enthalten diese Berichte allerdings nicht. August Goethe starb am 27. Oktober 1830 in Rom. In einem letzten privaten Brief, Rom, 16. Oktober 1830, hatte er an den Vater geschrieben: »Es ist das erste mal, im 40n Jahre, daß ich zum Gefühle der Selbstständigkeit gekommen.« (S. 1001)

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August Goethe: Forschungs- und Editionslage

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Der Briefwechsel zwischen Goethe und seinem Sohn wird hier zum ersten Mal vollständig veröffentlicht. Das stellt zwar eine gewisse Verbesserung der Forschungslage dar, ein Desiderat ist aber nicht erfüllt worden, da zahlreiche Briefe bereits vorher bekannt waren. Den Anfang machten Bernhard Suphan mit den Briefen der Eltern an den Heidelberger Studenten (1889) und Adolf Stern mit August Goethes Briefen aus Italien (1900). 1 Zuletzt edierten Andreas Beyer und Gabriele Radecke die Tagebuchbriefe von Augusts Italienreise 1830. 2 Goethes Briefe an August sind bereits zum größten Teil in der Weimarer Ausgabe ediert worden. 3

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Auch wenn man in den Briefen, die über viele Jahre teils mehrfach in der Woche gewechselt wurden, zahlreiche Einzelinformationen findet, so war man doch über die Verhältnisse im Hause Goethe bereits an anderer Stelle vielfältig in Kenntnis gesetzt und über das Schicksal des Sohnes seit der Biographie Wilhelm Bodes, Goethes Sohn, Berlin 1918, 4 verschiedentlich und besser informiert, zuletzt etwa durch Werner Völkers Der Sohn August von Goethe (1992) und Karsten Heins Dissertation Ottilie von Goethe (2001). 5

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Die Mängel der Edition

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Die methodischen, sachlichen und formalen Mängel der Edition sind eklatant – hier einige Beispiele: Bereits die 28-seitige Einleitung ist ungelenk formuliert und enthält neben Wiederholungen, Redundanzen und Unverständlichem 6 zahlreiche Druckfehler, die weder durch das eingedruckte noch das separat beigegebene Verzeichnis der Korrigenda und Addenda hinreichend erfasst werden.

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Der Editionsstand der zwischen Goethe und seinem Sohn gewechselten Briefe ist nicht erläutert, die nur am Rande erwähnte vorausgegangene Editionstätigkeit nicht nachgewiesen. Zitate werden ohne Angabe der Quelle wiedergegeben. Eine Erläuterung der Editionsrichtlinien fehlt. Ulm Sanfords Darlegungen »zur technisch praktischen Gestaltung dieser Ausgabe« (S. XXI) bleiben unbefriedigend. Sie schreibt etwa, neben der Wiedergabe des Wortlautes und der Rechtschreibung (was denn sonst?) sei versucht worden, auch »gewisse andere Schreibeigenheiten darzustellen« (S. XXI). Doch es bleibt nicht nur offen, welche Eigenheiten hier gemeint sind, es heißt auch weiter: »Letzteres konnte freilich nur im Rahmen der Flexibilität des Druckprogrammes geschehen.« (Ebd.) Über diese Unflexibilität hätte man gern mehr erfahren. Eine Angabe von Druckorten der bereits veröffentlichten Briefe erschien der Herausgeberin nicht sinnvoll (vgl. S. XXIV). In einer wissenschaftlichen Edition dürfen diese Angaben jedoch nicht fehlen.

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Auch leuchtet nicht recht ein, warum zwar »einige Briefe Ottilies an Goethe« (S. XXII) – wie viele? – in die Edition aufgenommen wurden: wenn sie auf dem gleichem Bogen wie Augusts Brief geschrieben oder gemeinsam geschickt worden sind; Briefe der Mutter Christiane jedoch, die in Verbindung mit Augusts Briefen verschickt wurden, nicht. Auch wird nicht erwähnt, ob die Stücke der Korrespondenz zwischen Goethe und August systematisch ermittelt wurden, ob also tatsächlich alle Briefe erfasst wurden. Ebenso fehlen Angaben über erschlossene Briefe.

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Bei der Textkonstitution verwundert die Verwendung griechischer Buchstaben zur Wiedergabe von »Zierschnörkel[n]«, »Verschleifungen nach unten« und »nach oben« (S. XXIII), da sie aus anderen Zusammenhängen bekannt sind und zuweilen griechische Zitate in den Briefen erscheinen. Zudem wird der Schreibabbruch durch ein zusätzliches Zeichen nach dem abgebrochenen angedeutet, etwa bei »eigentlς.«, was irritierend wirkt.

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»Doppelunterstreichungen im Text der Handschrift« wurden »meist« – übrigens der bevorzugte unbestimmte Ausdruck der Herausgeberin neben »teilweise« – nicht wiedergegeben, da sie zu einer Zeilenverschiebung im Druckbild geführt hätten. Unklar bleibt, ob dies im textkritischen Apparat angegeben und in welchen Fällen die Doppelunterstreichung dennoch wiedergegeben wurde. Unlogisch ist dann der folgende Hinweis, »in besonderen Fällen« (in welchen?) sei versucht worden, »auch Doppel- oder Dreifachunterstreichung anzudeuten oder jedenfalls zu vermerken« (S. XXV), wenn sie zur »ganz speziellen Hervorhebung dienten« (S. XXVI). Nicht immer sei klar gewesen, ob bestimmte Zeichen der Handschrift als »u« oder »ü« anzusehen gewesen seien (vgl. S. XXVI). Hier fehlt die Mitteilung, wie in solchen Fällen bei der Textkonstitution verfahren wurde, bei der Wiedergabe von »k« und »ck« räumt Ulm Sanford immerhin »in Bezug auf Einzelfälle Unsicherheiten« (S. XXVI) ein.

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Textkritischer Apparat und Stellenkommentar sind im zweiten Band der Edition veröffentlicht und nicht voneinander getrennt. Sie enthalten nach diesen Ausführungen »zur technisch-praktischen Gestaltung« notwendigerweise Fehler, Ungenauigkeiten und Lücken, die hier nicht im Einzelnen wiedergegeben werden können. So sind etwa manche Texte nach den Handschriften im Goethe-Schiller-Archiv zitiert, »in vielen Fällen aber« (Bd. 1, S. XXI) nach der Weimarer Ausgabe. Des Weiteren fehlen häufig Quellenangaben zu dort zitierten Briefen, z.B. Goethe an Charlotte Schiller, 14.4.1798 (Bd. 2, S, 1017, Anm. 34), und zu Zitaten aus Goethes Tagebuch. Sachliche Unrichtigkeiten fallen auf, wie die Verwechslung der Krönung des Prinzen Friedrich Wilhelm Ludwig zum preußischen König 1861 mit der Ausrufung zum deutschen Kaiser zehn Jahre später (vgl. Bd. 2, S. 1415, Anm. 4133).

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Die Briefe sind durch ein Register erschlossen (Bd. 2, S. 1573–1726), dessen Anlage allerdings nicht erläutert ist. Neben Personen wurden auch geographische Orte und literarische Werke aufgenommen, außerdem sind die unterschiedlichen Anreden des Briefwechsels wie »Bester Vater«, »Geliebtester Vater«, »Lieber Vater« usw. (Bd. 2, S. 1614 f.) nachgewiesen und – des Guten zuviel – sogar einzelne Zimmer von Goethes Haus am Frauenplan: »Unterer Saal«, »Blaues Zimmer«, »Großes Zimmer« usw. (Bd. 2, S. 1618).

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Das Register ist ebenfalls nicht frei von Druckfehlern, sachlichen Fehlern, Lücken und Ungenauigkeiten, etwa bei der Angabe von Goethes Schrift Belagerung von Mainz, wenn im Text eindeutig nur die Tatsache der Belagerung von Mainz erwähnt ist (vgl. S. 991 und S. 1552, Anm. 5929), oder der Nennung von Gedichten nach der Anfangszeile, nicht jedoch nach dem Titel.

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Die redaktionellen Versäumnisse durch Herausgeberin und Verlag sind ebenfalls gravierend. Es beginnt bei der Verwendung von geraden Anführungszeichen und zwei Trennstrichen statt eines Gedankenstrichs, reicht über Unstimmigkeiten bei den Kolumnentiteln bis hin zum Einsatz von Anmerkungsziffern im Text und ihrer durchgehenden Zählung bis zur Nummer 6006. Dadurch wird das Druckbild auf jeder Seite mehr beeinflusst, als es gelegentliche Doppelunterstreichungen getan hätten, und die Lesbarkeit des Textes erheblich gestört.

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Bei der Verwendung von »Schrägdruck« (S. XXIV) wird uneinheitlich verfahren. Die Herausgeberin benennt zwar vier Fälle für Kursivsatz – die Wiedergabe von lateinischen Buchstaben in der Handschrift, Hervorhebungen in den Anmerkungen, Rufnamen im Register und fehlerhaft eingefügte Wörter –, vergisst aber, die Werktitel in den Anmerkungen zu nennen. Zusätzlich wird bei Titeln nicht einheitlich verfahren, ja es werden nun sogar zuweilen französische Anführungszeichen verwendet. So finden sich mehrere Möglichkeiten nebeneinander: ›Weimarische wöchentliche Anzeigen‹ (Bd. 2, S. 1022, Anm. 77), Morgenblatt für gebildete Stände (Bd. 2, S. 1238, Anm. 2032) oder – ganz ohne Anführungszeichen – Über Kunst und Altertum (Bd. 2, S. 1274, Anm. 2487).

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Fazit

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Diese in vielen Punkten nicht nach wissenschaftlichen Kriterien gearbeitete Ausgabe ist das Ergebnis einer Textedition ohne theoretische Reflexion und ohne konsequente Anwendung von Methoden der Editionswissenschaft, die seit Jahrzehnten vorliegen. 7 Gerade in Fragen der Edition von Goethe-Texten wurden hier immer wieder Maßstäbe gesetzt. 8 Bedauerlich bleibt zudem, daß Herausgeberin und Verlag in den Monaten des Jahres 2006, in denen die Ausgabe nicht lieferbar war, die Fehler nicht behoben haben. Die Mängel schmälern den Wert und die Bedeutung der Ausgabe erheblich. Dennoch wird man wohl mit ihr arbeiten müssen.

 
 

Anmerkungen

Bernhard Suphan: Briefe von Goethe und Christiane von Goethe, von F.W. Riemer und Christian August Vulpius an August von Goethe in Heidelberg (1808–1809), nebst drei Briefen von Goethe an Thibaut. In: Goethe-Jahrbuch 10 (1889), S. 3–45, 70–89; Adolf Stern: August von Goethes Briefe aus Italien. In: Die Grenzboten 59 (1900), Bd. 1, S. 190–199.   zurück
August von Goethe. Auf einer Reise nach Süden. Tagebuch 1830. Hg. von Andreas Beyer und Gabriele Radecke. München 1999; vgl. einen ausführlichen Überblick zur Editionslage bei Wilhelm Bode: Goethes Sohn. Biographie. Hg. von Gabriele Radecke. Berlin 2002, S. 422 ff.   zurück
Vgl. auch Johann Wolfgang Goethe: Repertorium sämtlicher Briefe 1764–1832, hg. von der Klassik Stiftung Weimar, Goethe-und-Schiller-Archiv. Internet: http://ora-web.swkk.de/swk-db/goerep/index.html. [26.3.2007].   zurück
Kommentierte Neuausgabe: Wilhelm Bode: Goethes Sohn. Biographie. Hg. von Gabriele Radecke. Berlin 2002.   zurück
Werner Völkers: Der Sohn August von Goethe. Frankfurt / M./ Leipzig 1992; Karsten Hein: Ottilie von Goethe (1796–1872). Biographie und literarische Beziehungen der Schwiegertochter Goethes. Frankfurt / M. 2001.   zurück
Etwa die Formulierung: »Das Folgende berührt auswahlsweise Verschiedenes, was einleitend Licht auf den nicht so illustren Sohn wirft und auch auf das Verhältnis zwischen Vater und Sohn.« (S. XIII).   zurück
Grundlegende Arbeiten: Probleme der Kommentierung. Kolloquien der DFG, Frankfurt / M. 12.-14. Oktober 1970, 16.-18. März 1972. Referate und Diskussionsbeiträge. Hg. von Wolfgang Frühwald. Boppard 1975; Probleme der Brief-Edition. Hg. von Wolfgang Frühwald u.a. Kolloquium der DFG, Tutzing, 8.-11. September 1975. Referate und Diskussionsbeiträge. Boppard 1977 (Kommission für germanistische Forschung, Mitteilung II); Winfried Woesler: Vorschläge zur Normierung von Briefeditionen. In: editio 2 (1988), S. 8–18; ders.: Zu den Aufgaben des heutigen Kommentars. In: editio 7 (1993), S. 18–35; Der Brief in Klassik und Romantik. Aktuelle Probleme der Briefedition. Hg. von Lothar Bluhm und Andreas Meier. Würzburg 1993; darin bes. Norbert Oellers: Wie sollten Briefwechsel ediert werden?, S. 1–12; Kommentierungsverfahren und Kommentarformen. Hamburger Kolloquium der Arbeitsgemeinschaft für germanistische Edition, 4.-7. März 1992. Tübingen 1993 (Beihefte zu editio 5).   zurück
Vgl. Briefwechsel zwischen Goethe und Zelter in den Jahren 1799 bis 1832. Hg. von Hans-Günter Ottenberg und Edith Zehm. 3 Bde. München 1991/1998 (Münchner Ausgabe, Bd. 20.1, 20.2, 20.3); Johann Wolfgang Goethe: Tagebücher. Historisch-kritische Ausgabe. Im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik hg. von Jochen Golz unter Mitarb. von Wolfgang Albrecht, Andreas Döhler und Edith Zehm. Stuttgart / Weimar 1998 ff.   zurück