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Vom Nutzen feldbezogener Untersuchungen
in der Literaturwissenschaft

Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten
von Bourdieus Kultursoziologie

  • Markus Joch / Norbert Christian Wolf (Hg.): Text und Feld. Bourdieu in der literaturwissenschaftlichen Praxis. (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 108) Tübingen: Max Niemeyer 2005. IX, 399 S. Kartoniert. EUR (D) 98,00.
    ISBN: 3-484-35108-X.
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Über Pierre Bourdieus feldtheoretische Untersuchung von Gesellschaft und Kultur ist in Deutschland zunächst gestritten worden. Inzwischen gibt es in vielen Wissenschaften Beispiele für ihre produktive Anwendung und Weiterentwicklung. Auch in der Literaturwissenschaft und der Germanistik wird mit Bourdieu gearbeitet 1 , doch stellen sich der Theorie gelegentlich Vorbehalte entgegen. Unter anderem wirkt sich hier noch das Scheitern der alten Sozialgeschichte der Literatur aus, deren Probleme in der Tat nicht befriedigend gelöst werden konnten, was ihre Fragestellungen allerdings nicht aus der Welt geschafft hat. 2 Bourdieus Ansatz wird dieser Richtung gern vorschnell zugeschlagen, obwohl er gerade dazu führt, Periodisierungen nicht global aus gesellschaftlichen oder politischen Entwicklungen, sondern aus den Veränderungen der Literatur selbst und ihres speziellen Feldes herzuleiten. Die Einsicht, dass der ästhetische Akt und das ästhetische Urteil zugleich kulturelle und soziale Distinktionsakte darstellen, wird nicht selten ausgeblendet, weil sie die Aura von Autor, Werk oder Schrift destruieren könnte. Der Antrieb für Veränderungen der Literatur wird dann wesentlich in einer Homologie zu den sozialen Positionskämpfen derer gesehen, die sich am Spiel und Kampf um den literarischen Wert beteiligen. Eine solche Einsicht ermöglicht durchaus neue Einblicke in die Eigenständigkeit von Autoren und Werken wie andererseits auch in ihre intertextuelle und -kulturelle Einbindung und in ihren Sozialbezug.

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Um so mehr ist der vorliegende Band zu begrüßen. Er zeigt, dass sich aus der Beschäftigung mit Bourdieu für Literaturwissenschaftler eine Vielfalt sehr unterschiedlicher Fragestellungen, Ansätze und Verfahrensweisen ergibt. 3 Der besondere Wert des Bandes besteht auch darin, dass er Beiträge aus der französischen und der deutschen Literaturwissenschaft enthält und somit dazu einlädt, diese miteinander zu vergleichen. Text und Feld dokumentiert die Beiträge einer Konferenz, welche die Herausgeber vom 5. bis 8. Februar 2004 in Berlin organisiert haben.

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Neue Perspektiven auf die Literatur
vor der vollen Ausbildung des literarischen Feldes

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Bekanntlich hat Bourdieu, wie Gisèle Sapiro in ihrem Beitrag referiert, die Entstehung des literarischen Feldes beschrieben als ein Zusammenspiel von drei Faktoren – dem Vorhandensein eines Marktes, der Herausbildung ›freier‹, auf ihn spezialisierter Autoren und der Existenz von Instanzen, die Wertzuschreibungen vornehmen können. Ein Teil der Aufsätze zeigt auf, dass einer oder mehrere dieser Faktoren schon in früheren Zeiten nachgewiesen werden können. Vorformen des im Frankreich des 19. Jahrhundert voll entwickelten literarischen Feldes, das Bourdieu im Frankreich der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts voll entwickelt sieht, haben sich offensichtlich schon früher ausgebildet. So zeigt Alain Viala am Beispiel Boileaus, dass es den in materieller wie ästhetischer Hinsicht auf ›Autonomie‹ beharrenden Schriftsteller schon im Paris des 17. Jahrhunderts gibt. Auch die beiden anderen am literarischen Feld beteiligten Faktoren – Markt und Konsekrationsinstanzen – seien ansatzweise schon im klassischen Zeitalter etabliert.

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Was die deutsche Entwicklung betrifft, ist der Beitrag Stefanie Stockhorsts hochinteressant. Sie weist überzeugend nach, dass selbst eine so extrem heteronome Gattung wie die barocke Gelegenheitsdichtung von Autoren so praktiziert werden kann, dass Freiräume für eigene ästhetische Normen und Verfahren entstehen. In diesem Sinne werde hier bereits ein Autonomieanspruch erhoben, der freilich der Autonomieästhetik des 18. Jahrhunderts noch fern stehe. Bourdieus Kategorie der Autonomie schärft offensichtlich den Blick für einen bisher an der Gelegenheitsdichtung nicht wahrgenommenen Tatbestand. Heribert Tommek beobachtet im 18. Jahrhundert zwei verschiedene Autonomisierungsstrategien von Autoren, die sich gegen Hof, Kirche und die Zwänge des entstehenden Marktes richten. In jedem Fall werde die Logik des literarischen Verdienstes gegen nicht legitimierte Richtersprüche verteidigt; doch Klopstock und Lenz setzten eher auf die Freiheit des Autors, den sie zugleich mit einem religiösen Auftrag versähen, während Goethe die Freiheit des Werkes akzentuiere, was letztlich zur ›Kunstreligion‹ der Klassik führe.

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Die Betonung der Freiheit des Autors münde in eine bürgerliche Position – bei Klopstock auch mit nationaler Konnotierung –, die Betonung der Freiheit des Werkes führe zur Zeit- und Interesselosigkeit, was eine kosmopolitische Orientierung begünstige. Diese Gegenüberstellung der Strategien leuchtet im Prinzip ein, nicht aber deren scharfe Trennung. So finden sich zum Beispiel bei Lenz gelegentlich auch Konzepte einer Werkautonomie vorgeformt. Die Befunde Tommeks korrelieren im Prinzip mit denen York-Gothart Mix’, der aufzeigt, dass für Autoren von Gleim bis Tieck die Negation ökonomischer Bestimmtheit auf unterschiedliche Weise ein entscheidendes ästhetisches Wertkriterium darstellt und dass diese Einstellung Teil einer Grundhaltung ist, die dichterischen Eigenwert und literarische Positionierung miteinander verknüpfen möchte.

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Die Untersuchung von Entwicklungen vor dem Zeitpunkt der vollen Etablierung des literarischen Feldes kann zur Einführung neuer Begriffe führen, die sich auf Bourdieus Kategorien beziehen. So benutzt Anne Saada für die Beschreibung der Diderot-Rezeption im Deutschland des 18. Jahrhunderts den Begriff des ›Raumes‹, der besser als der des Feldes auf nichtautonome Milieus wie das der Gelehrten und Theologen anwendbar sei. Jérôme Meizoz führt für die Art, wie ein Autor sich zeigt und eine Position einnimmt, den schon von Viala benutzten Begriff der ›Posture‹ ein. Ein Autor wie Rousseau erspiele oder erstreite seine Position im Feld über verschiedene Modi der Darstellung seiner selbst. Die Posture akzentuiert einen Aspekt von Bourdieus korrelierendem Begriff des Habitus.

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Die Beschäftigung mit Autoren und Zeitumständen vor der vollen Entfaltung des literarischen Feldes kann auch zu einer Relativierung von zentralen Annahmen Bourdieus führen, so wenn dieser die Entstehung des Intellektuellen an das Auftreten Zolas in der Dreyfus-Affäre bindet. Markus Joch plädiert meines Erachtens schlüssig dafür, bereits in Heine die Rolle des Intellektuellen vorgeformt zu sehen, weil er einen ästhetischen Autonomieanspruch mit Machtkritik und sozialem Engagement verbunden habe. Dass er damit bei den Zeitgenossen eher auf Unverständnis gestoßen sei und es in Deutschland noch keine relativ freie und mobilisierbare Öffentlichkeit gegeben habe, könne nicht gegen Heines spezifische Positionierung gewendet werden. (Problematischer als die Einordnung Heines als Intellektueller, als These allerdings Diskussionen anregend, erscheint die Carl Zuckmayers in dem Beitrag Joachim Szodrzynskis, wenn dieser seinen Report für den amerikanischen Geheimdienst mit Zolas J’accuse parallelisiert; Zuckmayer appellierte doch gerade nicht an eine zu mobilisierende Öffentlichkeit!)

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Insgesamt zeigen die besprochenen Aufsätze, wie Bourdieus Feldtheorie auch für die Zeit, in der das ›Feld‹ noch nicht voll ausgebildet ist, zu Beobachtungen führt, welche die Texte in ihrer Wechselwirkung mit den sich wandelnden Strukturen zeigen, innerhalb derer Literatur geschrieben, gelesen und diskutiert wird.

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Unterschiedliche Zugänge zum literarischen Feld

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Bourdieus feldbezogener Ansatz kann in sehr unterschiedlichen Untersuchungen genutzt werden, wie die Beiträge von Text und Feld zeigen. Es kann ein einzelnes Werk unter autorstrategischen Gesichtspunkten analysiert werden. Es können Rezeptionsvorgänge untersucht werden – auch transnationale wie im Beitrag Isabelle Kalinowskis die sehr spezifische Hölderlin-Rezeption in Frankreich. Institutionen des Feldes bilden den Gegenstand von Beiträgen über Verlage – Hervé Serry beschreibt die Geschichte der Editions du Seuil – und Schule, dargelegt von Michael Kämper-van den Boogaart. Bourdieus Ansatz trägt, wie Sabine Cofallas Beitrag zeigt, auch zum besseren Verständnis der Geschichte von Autorengruppierungen wie der Gruppe 47 bei. Louis Pinto behandelt die Hinwendung der französischen ›Philosophen‹ zur Literatur seit den sechziger Jahren. Wissenschaften wie die ›études litteraires‹ in Frankreich und die deutsche Romanistik werden von Joseph Jurt befragt im Hinblick auf ihr jeweilig national konnotiertes ›kollektives Unbewusstes‹. Der feldbezogene Ansatz erzwingt jeweils, dass die dargestellten literatur-, ideen- und wissenschaftsgeschichtlichen Entwicklungen in Beziehung gesetzt werden zu Distinktionsprozessen, sozialen Positionierungen, unter Umständen auch zum Zusammenspiel von Heteronomie und Autonomie und zu den komplexen Konstellationen, die sich aus diesen Zusammenhängen ergeben.

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Elemente von Bourdieus Verfahren der Sozioanalyse eines Textes und seines Autors, das er exemplarisch an Flauberts Éducation sentimentale entwickelt hat, versucht Norbert Christian Wolf auf einen Roman zu übertragen, der nach den Aussagen seines Autors dezidiert antirealistisch ist: auf Robert Musils Mann ohne Eigenschaften. Wolf weist zu Recht darauf hin, dass auch Bourdieu Flauberts Roman nicht spezifisch als realistischen gelesen, sondern den Habitus der Romanfiguren und ihren Lebensstil einschließlich ihrer sozialen Beziehungen herausgearbeitet hat. An diesen Befunden hat Bourdieu dann die Sozioanalyse entwickelt im Sinne eines Aufweisens der verdeckten Selbstobjektivierung des Autors. Wolf kennzeichnet zunächst den Habitus Ulrichs in Abgrenzung zu dem seines Vaters. Musil lasse seinen Protagonisten im Gegensatz zu sich selbst in erheblichem Maße über die drei Kapitalsorten Geld, Bildung und Beziehungen verfügen, wobei Ulrich letztendlich nur sein kulturelles Kapital pflege. Damit korreliere eine bestimmte Haltung zur Welt, nämlich eine Neigung zur Kontemplation und zur intellektuellen Distanziertheit. Indem Ulrich die Fähigkeit besitze, sich der ›illusio‹, nach Bourdieu der ›Wirklichkeitsillusion‹, zu verweigern, sei er in der Lage, die bestehenden Ordnungen in Frage zu stellen. Andererseits strebe er auch nach Geborgenheit, was sich in seiner Suche nach einem »anderen Zustand« zeige.

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Produktiv ist nun weniger die Feststellung, dass der Autor sich offensichtlich in vielen Punkten mit seinem Protagonisten identifiziert, sondern dass Musil an Ulrich aufzeige, was dieser werden, wie er handeln müsste, wollte er schreiben – nämlich sich strikt allen Vereinnahmungen zu verweigern. Entsprechend bevorzuge Musil eine experimentelle und reflektierende Schreibweise, die sich betont absetze sowohl von realistischen und naturalistischen Verfahren wie auch von antirealistischen wie dem Pathos der Expressionisten und – auf andere Weise – auch der Neoklassizisten. Aus diesem »zweifachen Bruch« resultiere die ästhetische Erzeugungsformel des Romans.

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Sozioanalyse literarischer Texte

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Während Wolf »Robert Musil als Analytiker Robert Musils« 4 darzustellen versucht, untersucht Ulrich Krellner Uwe Johnsons Jahrestage als einen »literarischen Selbstversuch« 5 und damit als ein literarisches Pendant zu Bourdieus als »soziologischer Selbstversuch« gekennzeichneter Lebensbeschreibung. 6 Der »soziale Realismus« der Jahrestage, welcher sich in einer Vielfalt von Figuren und Begebenheiten zeige, verschleiere das eigentliche Anliegen, am Beispiel der Gesine Crespahl eigene bewusste und unbewusste habituelle Prägungen zu vergegenwärtigen. Allerdings stelle der Roman das vorgeführte Leben in einen komplexen historischen Zusammenhang. Autorstrategisch antworte er auf die komplexe Problemlage eines Schriftstellers, der aus der DDR ausgereist, aber im Westen nie angekommen und von der Literaturkritik verkannt worden sei. Gesine scheitere zum Beispiel mit ihren sozialistischen Idealen aufgrund der historischen Umstände, nicht unbedingt aber nach dem Willen des Verfassers. Der Beitrag formuliert im Grunde nicht mehr als eine plausible These, erst eine genauere Untersuchung des Lebensweges der Protagonistin als Selbstobjektivierung des Autors würde sie untermauern. Dies gilt damit auch für die postulierte Erzeugungsformel des Werkes: der Autor negiere mit der Darstellung Gesines, dass diese Geschichte eines Scheiterns die des Schreibenden sei.

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Feldstruktur und Autorstrategie sind Gegenstand der Analyse in Michael Einfalts Untersuchung der französischsprachigen Literatur im Maghreb. Er zeigt, dass die nationale Literatur des Maghreb in Frankreich stattfindet und dass das literarische Feld Frankreichs die Autoren mit einer Konsekration ausstattet, die ihnen in anderen westlichen Ländern, weniger aber in ihrer Heimat Gehör verschafft. An zwei Autoren – Tabor ben Jelloun und Rachid Boudjedra – zeigt Einfalt unterschiedliche Strategien auf, die auf die doppelte Marginalisierung der Maghreb-Literatur antworten, nämlich dass diese in Frankreich schon aufgrund ihrer Thematik das »Kulturell Andere« darstelle, in den Maghreb-Ländern aber der französischen Literatur zugeordnet werde, wenn sie denn dort überhaupt greifbar sei. Gemeinsam sei beiden Autoren, dass sie das relative Ausgeschlossensein mit einem Streben nach Universalität beantworteten mit dem Ziel, das nationale Feld in Richtung auf die Weltliteratur (vor allem den anglo-amerikanischen Roman) zu erweitern und die Distanz zwischen ›kleinen‹ und ›großen‹ Literaturen abzubauen. Einfalt spricht von einer »symbolischen Kolonialisierung« (S. 276) der Maghreb-Literatur durch das französische literarische Feld, kann aber auch nicht verdeutlichen, was die von ihm geforderte »Entkolonialisierung« beinhalten solle.

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Die Beiträge Wolfs, Krellners und Einfalts zeigen, dass die Sozioanalyse literarischer Texte, die auf einzelne Texte als Medien und Foren der Distinktion zielt, auf literaturwissenschaftliche Analyseverfahren und philologische Kompetenzen angewiesen bleibt. Dies schließt entgegen manchem Vorurteil, welches vom Arbeiten mit Bourdieu abhält, auch eine intensive Auseinandersetzung mit der inneren Organisation der Texte – zum Beispiel ihren Erzählstrukturen – ein. Allerdings werden Themen und Schreibweise auf ihren Distinktionswert befragt. Eine Textautonomie und ein Verständnis des Autors als singulärer Schöpfer werden so aufgelöst zugunsten einer strukturell und historisch relationierenden Betrachtung. Diese ist freilich abzugrenzen von der lange modischen Rede vom ›Tod des Autors‹ als dessen Auflösung in der ›écriture‹.

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Bourdieu hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Decodierung ästhetischer Objekte wie literarischer Texte ein Produkt der Sozialisation in Elternhaus und Schule darstellt. Die Schule kann als eine Instanz des literarischen Feldes angesehen werden; zugleich bilden die schulischen Institutionen ein eigenes Feld. Michael Kämper-van den Boogaart untersucht das schwierige Verhältnis zwischen literarischem und pädagogischem Feld. Er beschreibt die »Retardierungseffekte« beim Übergang von Werken vom literarischen zum pädagogischen Feld, die sich ergeben aus den deutlichen Hierarchien und Konsekrationspraktiken, welche die Schule prägen. Die Unterschiede in den Spielregeln, auch eine Tendenz zur Entschärfung und ›Pädagogisierung‹ von Literatur und Lektüre lasse den Kanon der Schulliteratur eher als eine »Negativfolie für das literarische Feld« (S. 332) erscheinen, das ja weit weniger institutionalisiert ist. Was in der Schule als ›Literatur‹ gilt, ist also keineswegs gleichzusetzen mit dem, was sich in den Kämpfen um Legitimierung im literarischen Feld durchzusetzen versucht.

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Ein Desiderat wäre ein paralleler Beitrag zum Verhältnis zwischen dem literarischem und dem ebenfalls stark institutionalisierten germanistisch-universitären Feld. Auch hier dürften Retardierungseffekte beim Übergang von Werken festzustellen sein; ferner stimmt die sich langsamer verändernde Skalierung der Legitimität von Werken und Autoren in der Wissenschaft kaum mit der viel fragileren Skalierung im literarischen Feld überein und mit der zunehmenden Verschulung des Studiums aufgrund der neuen Bachalor/Master-Studiengänge hat sich auch eine Tendenz zur kanonbedingten Auslese von Texten ergeben. Kämper-van den Boogaarts Überlegungen zum spannungsreichen Zusammenwirken von Training und Spiel in der Schule lassen sich auch auf die Universität übertragen, weshalb der Autor sich nicht zufällig auf Bourdieus Homo academicus 7 bezieht.

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Resümee

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Insgesamt handelt es sich um einen aspektreichen und höchst anregenden, auch sehr sorgfältig lektorierten Band (was heute nicht selbstverständlich ist), dem eine breite Rezeption zu wünschen ist. Wer über die Immanenz der Texte hinausfragt zum Beispiel nach ihrem Distinktionswert, nach ihrem Bezug auf die jeweils gegebenen Möglichkeiten (Themen und Schreibweisen) zum Zeitpunkt ihrer Entstehung und Wirkung, nach dem Verhältnis von literarischem Werk und sozialer Positionierung seines Autors, von Positionierung (zum Beispiel eines Autors, eines Verlags, von Autorengruppierungen) und legitimierten Positionen im Feld, nach der Autonomie und Heteronomie von Literatur und Feld wird in Text und Feld viele Anregungen finden. Die Unterschiedlichkeit der Fragestellungen und Untersuchungsobjekte und deren Befragung im Hinblick auf Bourdieus Ansatz regt zu eigenen Auseinandersetzung an. Die Herausgeber haben dem Band eine informative Einleitung (»Feldtheorie als Provokation der Literaturwissenschaft«) vorangestellt.



Anmerkungen

Markus Joch: Bruderkämpfe. Zum Streit um den intellektuellen Habitus in den Fällen Heinrich Heine, Heinrich Mann und Hans Magnus Enzensberger. Heidelberg 2000. Norbert Christian Wolf: Streitbare Ästhetik. Goethes Kunst- und literaturtheoretische Schriften 1771–1789. (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 81) Tübingen 2001.   zurück
Vgl. Martin Huber / Gerhard Lauer (Hg.): Nach der Sozialgeschichte. Konzepte für eine Literaturwissenschaft zwischen Historischer Anthropologie, Kulturgeschichte und Medientheorie. Tübingen 2000.   zurück
Der wichtigste Bezugstext ist Pierre Bourdieu: Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes. Frankfurt 1999. Vgl. zur Forschungslage in Deutschland auch die Einleitung des vorliegenden Bandes.    zurück
So der Titel seines Beitrags S. 207–231.   zurück
So im Titel seines Beitrags S. 231–246.   zurück
Pierre Bourdieu: Ein soziologischer Selbstversuch. Frankfurt/M. 2002.   zurück
Pierre Bourdieu: Homo academicus. Frankfurt/M. 1992.   zurück