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Ordnung im Chaos

  • Franziska Schößler: Augen-Blicke. Erinnerung, Zeit und Geschichte in Dramen der neunziger Jahre. (Forum Modernes Theater 33) Tübingen: Gunter Narr 2004. 459 S. Kartoniert. EUR (D) 58,00.
    ISBN: 3-8233-6093-0.
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Die Schwierigkeiten, welche sich bei wissenschaftlichen Arbeiten zur Gegenwartsliteratur unweigerlich auftürmen, wiederholen sich im Grunde genommen immer wieder. Studien zur Erfassung literarischer Phänomene der Gegenwart aus den 1970er Jahren offenbaren dieselbe methodische Problematik wie die in den folgenden Jahrzehnten unternommenen Versuche: ein Urteil über die eigene Zeit ist wesentlich schwerer zu treffen als eine Bewertung, die aus einer zeitlichen Distanz getroffen werden kann. »Gerade über die Zeit, der man selbst angehört«, bemerkt Heinz Schlaffer in seiner Literaturgeschichte, »läßt sich am schwersten urteilen.« 1 Deshalb ist speziell für die Dramatik der Erfolg in der Mitwelt, also die Bühnenrelevanz eines Stückes, nicht der für Kanonisierungsprozesse entscheidende Faktor, sondern die Haltung, welche die Nachwelt dem Stück gegenüber einnimmt. 2 Die grundlegende Problemsituation, in der sich jede Studie zur Gegenwartsliteratur unweigerlich befindet, ist also die in den Worten Harold Blooms folgende: »Große Kritiker nicken, und ganze Generationen schätzen ihre eigenen Leistungen falsch ein.« 3

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Die Gefahr, sich mit einer Fehleinschätzung zu verzetteln, geht Franziska Schößlers Veröffentlichung Augen-Blicke bewusst ein. In den einleitenden Bemerkungen zu Erinnerung, Zeit und Geschichte in Dramen der neunziger Jahre, so der Untertitel des Bandes, macht die Autorin gleich zu Beginn deutlich, dass die Ungewissheit über die Rezeption der Texte in der Zukunft einer literaturwissenschaftlichen Untersuchung von Gegenwartsdramen nicht im Wege stehen dürfe. Vielmehr gehe es der Studie darum, unter Berücksichtigung der Dramenlandschaft der 1990er Jahre verschiedene Prozesse des Übergangs zu beleuchten, 4 die sich abseits der gerne aufgewerteten historischen und ästhetischen Einschnitte des Jahres 1989 angesiedelt haben. 5 Während ästhetische Überlegungen in Form von Merkmalen des postdramatischen Theaters zunächst umfassend dargestellt werden, spiegelt sich ihre Signifikanz in der Struktur des Bandes nicht wider. So fasst Schößler vorab verschiedene Forschungsmeinungen treffend zusammen, aus denen sie eine Essenz postdramatischen Theaters gewinnt:

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Es geht im postdramatischen Theater also um Präsenz, nicht um Repräsentation, um den Prozess, nicht um das Resultat, um Manifestation, nicht um Signifikation, um Energetik, nicht um Information. (S. 16 f.)
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Statt in Anlehnung an Lehmann postdramatische Charakteristika als Ordnungskriterien zu wählen (wie zum Beispiel Präsenz, Vielstimmigkeit, Energetik), wählt Schößler die inhaltlichen Oberbegriffe »Erinnerung«, »Mythos« und »Soziale Geschichten« als Überschriften der drei Kapitel, womit sie dem Untersuchungsgegenstand weitaus gerechter wird. Da diese drei Kapitel um ein weiteres ergänzt werden, das Interviews mit den Dramatikern John von Düffel, Thomas Jonigk und Oliver Held enthält, muss festgestellt werden, dass die im Untertitel angekündigte Trias aus Erinnerung, Zeit und Geschichte keine Entsprechung in der Struktur der Studie findet. Hier könnten Irritationen entstehen, insbesondere da das erste Kapitel dem Untertitel entsprechend »Erinnerung« heißt.

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Erinnerung

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Im ersten der drei Kapitel behandelt Schößler AutorInnen, deren Werke sich unter dem Aspekt »Erinnerung« versammeln lassen. Die Auswahl der DramatikerInnen begründet sie damit, dass sich deren Stücke »vor dem Hintergrund der in den 90er Jahren grassierenden Memoria-Theoreme lesen [lassen], […] wie sie zu Beginn der 90er Jahre, und zwar im Kontext der notorischen Rede vom Ende der Geschichte, eine Hausse erleben« (S. 22). Vor diesem Hintergrund werden Elfriede Jelinek, Rainald Goetz und Marlene Streeruwitz aus der Vielzahl der Gegenwartsautoren in der Dramensparte herausgegriffen und unter verschiedenen Beobachtungsschwerpunkten dargestellt. Im Gegensatz zu Prosatexten der vergangenen Dekade lassen die behandelten Dramen erkennen, »dass Gedächtnis und Erinnerung, die durch Archive und Kanonbildung kanalisiert werden, institutionell organisierte Kampfplätze divergierender Interessen darstellen« (S. 23). Eben diese oppositionellen Interessen arbeitet die Studie heraus, indem sie im Anschluss an Aleida Assmann aufzuzeigen versucht, »dass Memoria durch Selektion und Ausschlüsse von Minoritäten […] gekennzeichnet ist« (ebd.). Diese kulturwissenschaftliche Ausrichtung macht zugleich eine der Stärken des Bandes aus.

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Ausgegrenzte Erinnerung
bei Elfriede Jelinek

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Das aus dem Zentrum verbannte Andere, das Ausgeschlossene, ist im Fall von Elfriede Jelinek die nationalsozialistische Vergangenheit. Einführend wird nachgezeichnet, wie Jelineks charakteristische Sprache, das kollektive Sprechen, welches auf »diverse[n] Sprachebenen, meist [durch] Zitate, die [Jelinek] sorgfältig konsultierten Vorlagen entnimmt und die sich gegenseitig entlarven« (S. 28 f.), »die Körper der Schauspieler von ihrer Sprache [ablöst]« (S. 30). Vor dem Hintergrund dieses Grundprinzips sind es Totenauberg, Raststätte oder Sie machens alle sowie Stecken, Stab und Stangl und Ein Sportstück, die exemplarisch aufzeigen, dass »Jelineks Zentralthema seit 1990 […] der Umgang mit Vergangenheit, mit der Shoah und mit gegenwärtigen Progromen [ist]« (S. 79). Was Schößler an den Texten verdeutlicht, ist die Art und Weise, wie Jelineks Dramen zwischen den Zeilen einen Identitätsdiskurs hörbar machen, »der das Eigene in Abgrenzung vom Fremden konturiert und etabliert, […] der für sich selbst die Aura des Selbstbewusstseins in Anspruch nimmt […] und das Andere als Fremdes von sich abspaltet« (S. 32 f.). Dekonstruiert wird also Sprache als Herrschaftsinstrument, das in Erinnerungsdiskursen das Eigene und das Fremde erst erschafft.

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Erinnerung als diskursives Konstrukt
bei Rainald Goetz

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Stehen bei Jelinek die Sprache selbst und die »Dynamik gewaltvoller Gruppenbildungen […], die Identität zu stiften versuchen und den Anderen ausgrenzen« (S. 79) auf dem Prüfstand, was die zentrale Machtposition von Sprache ausmacht, so geht es auch bei Rainald Goetz primär um Erinnerung als diskursives Ereignis. So betrachtet besteht kein Zweifel daran, dass auch Goetz’ Stücke im Zuge eines allgemeinen theory-goes-literature als Veranschaulichungen von philosophischen Abstrakta gelten müssen. Dies unterstreicht Schößler, indem sie darauf hinweist, das die »groß angelegte[n] Trilogien Krieg und Festung als Diskursanalyse, als Bestandsaufnahme von Aussageweisen beschrieben werden« (S. 81). 6 Gut nachvollziehbar zeichnet Schößler die Verbindung von Goetz Sprachkonzept und Michel Foucaults Macht- und Diskurstheorie nach: »Sprache gilt Goetz als in Machtdiskursen organisiertes System, das über das Sagbare / Unsagbare entscheidet, über das, was als Normalität und was als Wahnsinn zu bezeichnen ist« (S. 82). Die Gegenstände, auf die sich Goetz Sprachkritik in Festung richtet, sind dieselben wie bei Jelinek: der diskursive Umgang mit Vergangenem, vornehmlich der Holocaust-Diskurs. So kündigt es der Klappentext der Suhrkamp-Ausgabe an: »Das Wannseekonferenzstück Festung handelt vom heutigen Reden über den deutschen Beschluss zur Vernichtung der Juden.« 7 Im Mittelpunkt steht also nicht der Holocaust selbst, sondern der diskursive Umgang mit ihm. Indem Schößler die inhaltlichen und formalen Parallelen zu Peter Weiss’ Die Ermittlung aufzeigt, wird deutlich, dass in Festung Vergangenheit und Gegenwart nebeneinander stehen, was eine weitere Schlussfolgerung ermöglicht: »Geschichte ist […] zum Simultanraum geworden; sie erscheint, zumal in der Welt der Medien, als Stillstand« (S. 84). In diesem neu erschaffenen Raum sieht Schößler das vorbildliche »Paradigma eines Schreibens, das Linearität durch die verdichtende Collage, durch den Sound aufhebt« (S. 85). So gelingt es Schößler, einen sperrigen Text – denn ein solcher ist Festung – unter breiter Zuhilfenahme ausgewählter Quellen zu entsperren, wobei ihr Zugang bis zu nachvollziehbaren Thesen führt, wie derjenigen, dass es sich in Festung um eine »literarische Übersetzung Adornos« (S. 87) handele.

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Marlene Streeruwitz
und das Nicht-Erinnerte

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Während sich Jelinek und Goetz mit der Dekonstruktion und der Diskursanalyse theoretische Modelle der Philosophie und Sprachwissenschaft zuordnen, steht bei Streeruwitz mit Brechts Verfremdungsmodell ein dramentheoretischer Denkansatz Pate. Sprachverfremdung, die bei Streeruwitz häufig als Fraktur daherkommt, zielt ebenso wie Jelineks Werke auf »das Nicht-Gesagte der Vergangenheit« (S. 104), die Nazi-Verbrechen und den Austro-Faschismus. Ihrer »Poetik der Fraktur« (S. 106) folgend, vermischt Streeruwitz in ihren Texten Bruchstücke tradierter Stoffe und Werke mit banalem Alltagsgeschehen. In dem Stationendrama New York. New York. – so zeigt Schößler – gehen verschiedene Intertexte (Schößler nennt Lulu und Jack the Ripper) eine auch intermediale Verbindung ein: »Streeruwitz arbeitet häufig mit Filmsplittern«, um »die Sanktionierung von Geschlechterstereotypen durch den ikonographischen Bildpool der Kinos« (S. 108 f.) zu veranschaulichen. Hieran anknüpfend sieht Schößler eine strukturelle Weiterführung der Gender-Opposition in der im Stück breit angelegten Verhandlung der divergierenden Funktionsweisen von Hoch- und Unterhaltungskultur. Sehr nah am Text stellt Schößler zentrale szenische Verfahren vor, die darin kulminieren, dass in New York. New York. »eine kritische Demontage desjenigen Kunstkonzeptes vorgenommen [wird], das auf Schönheit ausgerichtet ist und Weiblichkeit in diesen Mythos integriert« (S. 115). Von derselben Textnähe sind die Unterkapitel zu Sloane Square. und Tolmezzo. Eine symphonische Dichtung geprägt, die ebenfalls eine Bereicherung darstellen. Mit resümierendem Blick auf alle behandelten Texte kommt Schößler zu einem erhellenden Fazit: »Erinnerung wird einem sentimentalen Bewusstsein unmöglich, das sich mit ›ewigem‹, das heißt kanonisierten Kunstgütern selig betört und die Stimmen der Einsprüche überhört« (S. 134).

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Mythos

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Der neben Gewalt in der Familie auf den Bühnen präsenteste Themenkomplex im Theater der neunziger Jahre ist die Neuverhandlung antiker Stoffe, die gerne als Rückkehr zum Mythos bezeichnet wird. Bei der Auswahl der in dem Kapitel »Mythos« verhandelten Autoren und Texte hat Schößler darauf verzichtet, Stücke aufzunehmen, die sich von dem Rekurs auf die Tradition eine Aufwertung des eigenen Werks erhoffen und daher den Mythos bereits im Titel tragen. 8 Stattdessen werden mit Botho Strauß und Peter Handke einerseits altbekannte Theatergrößen behandelt und andererseits Dramatiker fokussiert, die in den neunziger Jahren ihren Durchbruch erlebt haben und als Kinder einer späteren Generation eine andere Sicht auf mythologische Bestände verkörpern, wie Schößler hervorhebt: »Im Medienzeitalter tritt der Mythos, so die Positionen von Albert Ostermaier und Patrick Roth, die in diesem Zusammenhang exemplarisch behandelt werden, in neuem Gewand auf, nämlich als Film« (S. 26). Eben diesen beiden Theaterschaffenden wird dann auch jeweils ein Unterkapitel gewidmet.

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Für Botho Strauß’ Stücke – untersucht werden Schlußchor, Das Gleichgewicht und Ithaka – lässt sich ein gemeinsames Merkmal feststellen, das Strauß von den Mitschwimmern im Mythos-Trendstrom unterscheidet: sie sind nicht »als simple Vergegenwärtigung des Mythos zu deuten, sondern als Hinweis auf die (notwendig gewordene) artifizielle und defizitäre Rekonstruktion der alten Erzählungen« (S. 166). Mit Bezugnahme auf das nicht ausreichend aktualisierte Verständnis mythischer Elemente wie dem Opfer bei Strauß bescheinigt Schößler ihm eine Ersetzung linearer Geschichtsbilder durch das titelgebende Phänomen des Augen-blicks, der als »die emphatische Plötzlichkeit als Einbruch von Tragik, Eros und Mythos, von ›zeitenthobener Vergangenheit‹« beschrieben wird (S. 175). Ein zweites wesentliches Verdienst sieht sie darin, dass es Strauß (in Das Gleichgewicht) gelingt, historische Verschiebungen der jüngsten Gegenwart im Rückgriff auf tradierte Erzählungen erfahrbar zu machen (vgl. S. 175 f.).

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Mit Peter Handke widmet sich die Untersuchung einem Autor, der einerseits ebenso etabliert, andererseits aber auch ebenso politisch umstritten ist wie Strauß. Aus den veränderten Perspektiven der Relation von Sprache und Heimat sowie der Opposition zwischen funktionaler Moderne und archaischen Traumwelten betrachtet Schößler Das Spiel vom Fragen und Die Stunde da wir nichts voneinander wußten, um anschließend mit Die Fahrt im Einbaum oder das Stück zum Film vom Krieg eine Verschiebung zu medialen Aspekten von Handkes Werk zu vollziehen.

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Die Wende zum medialen Charakter des Gegenwartsdramas wird mit der Beschäftigung mit Patrick Roths Monodramen umfassend vollzogen, die zugegebenermaßen einen anderen Bekanntheitsgrad haben als die Stücke von Handke und Strauß, an die Roths dramentheoretische Überlegungen durchaus anknüpfen. Für Roth ist Schreiben »Totensuche« und »Totenerweckung« (S. 213) und seine Dramatisierung von Mythos ein Aufzeigen der »Präsenz der biblischen Erzählungen, die sich selbst in die kapitalistische Welt einschreiben« (S. 218). Dass Roths Lesedramen dabei formal eine Mischung aus Drama, Hörspiel und Lektüre verkörpern, rückt sie vom Selbstverständnis in die Nähe von Albert Ostermaiers Dramen, die Schößler unter dem Titel »Medienkriege und Erlösungsphantasien« thematisiert. Die gelungene Darstellung einer Vielzahl von Stücken (unter anderen Zwischen zwei Feuern. Tollertopographie, The Making of B.-Movie, Es ist Zeit) umreißt die Rivalitäten verschiedener Medien, das Wechselspiel von Film und Theater, ohne dabei Ostermaiers methodische Vielfalt außer Acht zu lassen.

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Soziale Geschichten

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Anders als Handke und Strauß, deren theatralische Wurzeln zurück in die siebziger Jahre reichen, stehen die unter dem Titel »Soziale Geschichten« vereinigten Dramatikerinnen und Dramatiker für die pluralistischen Neunziger ein, in denen dank des aufgekommenen anything goes eine bis ans Chaos reichende Vielfalt an Inhalten und Formen anzutreffen ist. Ganz banal zeigt sich das in der Anzahl der hier behandelten Theaterautoren: Franz Xaver Kroetz und Werner Schwab als Vertreter eines volkstümlichen Gegenwartsdramas, Dea Loher, Thomas Jonigk und Marius von Mayenburg als Verfasser von Dramen ästhetisch höherer Ansprüche sowie Wilfried Happel, John von Düffel und Sibylle Berg, die allesamt Dramentexte verfasst haben, die »Familiendesaster« inszenieren. Der zweite Teil dieses Kapitels befasst sich mit »Arbeitslosigkeit« und in diesem Zusammenhang mit Oliver Bukowski, Urs Widmer, Rolf Hochhuth, Albert Ostermaier (hier dann mit dem Monodrama Erreger) und Gesine Danckwart.

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Fazit

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Vor allem dem letzten Kapitel verdanken die Augen-Blicke ihre Originalität. Liefern die Kapitel zu »Erinnerung« und »Mythos« auch wichtige Erkenntnisse in dramentheoretischer Hinsicht, so verbleiben sie vorrangig aufgrund der dem postdramatischen Theater verhafteten theory-goes-literature-Aspekte in einem wissenschaftlichen Raum, der sich Ende der neunziger Jahre mit den Arbeiten von Hans-Thies Lehmann und Gerda Poschmann 9 geöffnet hat, sich aber auf ein Theater bezieht, das in den Neunzigern bereits seinen Abstieg erlebt. Die Autoren und Werke der sozialen Geschichten, die viel charakteristischer für die Entwicklungen des deutschsprachigen Theaters der neunziger Jahre sind, sind in der Form wie hier bei Schößler zuvor nicht in den literaturwissenschaftlichen Fokus gerückt worden, 10 was grundsätzlich an der breiten Konzeption des Bandes, aber auch an der emsigen Ausführlichkeit der Textanalysen liegt. Wird der in den Kapiteln 1 und 2 möglicherweise trotz der vorbildlichen Textnähe entstehende Eindruck einer starken Theorielastigkeit 11 durch die auf Bühnenrelevanz und Inhalte abzielenden Einzeluntersuchungen im 3. Kapitel entschärft, so zeichnet den Band in seiner Gänze aus, dass es Schößler gelungen ist, kulturwissenschaftliche und literaturwissenschaftliche Arbeitsweisen miteinander zu kombinieren. Von daher lässt sich feststellen, dass Franziska Schößler mit Augen-Blicke einen Beitrag zum Drama der neunziger Jahre vorgelegt hat, der für den Einsteiger mit dem Wunsch nach Orientierung ebenso wertvoll ist wie für den Experten, der sich vertiefte Studien zum komplexen Zusammenspiel theatralischer Momente erhofft.



Anmerkungen

Heinz Schlaffer: Die kurze Geschichte der deutschen Literatur. München: DTV 2002, S. 133.   zurück
Vgl. ebd. S.153.   zurück
Harold Bloom: Eine Topographie des Fehllesens. Frankfurt / Main: Suhrkamp 1997, S. 40.   zurück
Hier beruft sich die Autorin u.a. auf den Sammelband Transformationen. Vgl. Erika Fischer-Lichte / Doris Kolesch / Christel Weiler (Hg.): Transformationen. Theater der neunziger Jahre (Recherchen 2) Berlin: Theater der Zeit 1999.   zurück
Gemeint sind Wende sowie Wiedervereinigung auf der politischen und der Tod Becketts auf der theaterästhetischen Ebene.   zurück
Hierbei bezieht sie sich auf die Einschätzung von Carla Spies und Thomas Doktor. Vgl. Carla Spies / Thomas Doktor: Rainald Goetz. In: Alo Allkemper / Norbert Otto Eke (Hg.): Deutsche Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Berlin: Schmidt 2000, S. 868–883, S. 870.   zurück
Vgl. Rainald Goetz: Festung. Frankfurt / Main: Suhrkamp 2003.   zurück
Wie beispielsweise Dea Lohers Manhattan Medea (1999), Medeää. 214 Bildbeschreibungen von Lukas Bärfuss (2000), Antigonebericht (2000) von Anna Langhoff, Dominik Finkeldes Atlantis (2001) oder das Stück Phaedra’s Love von Sarah Kane im angelsächsischen Bereich, das allerdings qualitativ nicht ganz in diese Reihung passt.   zurück
Vgl. Hans-Thies Lehmann: Postdramatisches Theater. 2. Auflage. Frankfurt / Main: Verlag der Autoren 2001, und Gerda Poschmann: Der nicht mehr dramatische Theatertext. Aktuelle Bühnenstücke und ihre dramaturgische Analyse. Tübingen: Niemeyer 1997.   zurück
10 
Außer Rolf Hochhuth, Franz Xaver Kroetz und Werner Schwab wird beispielsweise keiner der dreizehn bei Schößler bearbeiteten AutorInnen in Hans-Thies Lehmanns Postdramatischem Theater thematisiert. Vgl. Hans-Thies Lehmann (Anm. 9).   zurück
11 
Sollte ein solcher entstehen, liegt das am Untersuchungsgegenstand, der mit Jelinek, Goetz und Streeruwitz Lesarten in Anlehnung an Dekonstruktion, Diskursanalyse und kritische Theorie erfordert.   zurück