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Zwischen der Erfindung der Buchdruckkunst und der in ihrer Folge stehenden so genannten Kommunikationsrevolution zu Zeiten der Reformation liegen mehrere Jahrzehnte; Jahrzehnte, in denen gesellschaftliche Prozesse abliefen, die für die Medien- und Bildungsgeschichte von enormem Interesse sind. Vor allem die Buchgeschichtsforschung zu diesem Zeitraum liefert aber bislang noch kein einheitliches Bild, und gerade im Hinblick auf die Situation im Osten und Norden Deutschlands sind noch viele Fragen offen. Angesichts der regional sehr unterschiedlichen Weise, in der die Aufnahme, Nutzung und Verbreitung des neuen Mediums stattfand und in der sich kulturelle sowie gesellschaftliche Folgen einstellten, erscheint es umso dringender, solche Entwicklungen in der Zeit der Vorreformation gerade im so genannten ›Mutterland der Reformation‹ näher zu untersuchen. Die Tagung, deren Beiträge in dem vorliegenden Band publiziert werden, nimmt die diversen Desiderate in ihrer Konzeption auf und demonstriert gleichzeitig eindrucksvoll die Bandbreite der Fragestellungen, mit denen die Zeit um 1500 in Mitteldeutschland medien- und kommunikationsgeschichtlich zu bearbeiten ist.
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Konzeption: Buchgeschichte und Bildungsgeschichte um 1500
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Die einleitenden Aufsätze entfalten den Horizont der Untersuchungen: Enno Bünz entwirft ausführlich die Konzeption der Tagung, die hauptsächlich auf zwei Gebieten Beiträge leisten soll, namentlich der Erforschung der Buchgeschichte und der Bildungsgeschichte in Mitteldeutschland um 1500. Die Struktur der Konferenz wird dann begründet in der Erörterung wichtiger Fragestellungen und in einer überblickshaften Auseinandersetzung mit der bisherigen Forschung. Dabei wendet sich der Verfasser dezidiert gegen den jüngst erhobenen Anspruch, Buch- und Mediengeschichte durch einen theorieorientierten Paradigmenwechsel erneuern zu wollen und hält dagegen:
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Die Medien- und Kommunikationsgeschichte wie auch die Buch- und Bibliotheksgeschichte bedürfen einer breiteren Fundierung und größeren Tiefenschärfe durch landes-, regional- und lokalgeschichtliche Untersuchungen der Buchproduktion, des Buchmarktes, der Bibliotheksverhältnisse, der Rezeptionswege, des Leseverhaltens. (S. 28 f.)
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Dieser Ansatz kennzeichnet dann auch die einzelnen Beiträge. Verbunden mit dem zweiten Hauptaspekt der Tagung, der Erforschung der mitteldeutschen Bildungslandschaft dieser Zeit, so Bünz, ergeben sich drei Felder möglicher Untersuchungen, welche die Tagung – und damit den Band – strukturierten: Die Produktion der Bücher (»Bücher entstehen – die neue Druckkunst«), die Orte der Rezeption und die Rezipienten (»Bücher – Bibliotheken – Leser«) und zuletzt die »Wirkungen des neuen Mediums«.
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Der zweite Beitrag von Volker Honemann unter dem Titel »Mitteldeutschland. Eine Bildungs-, Literatur- und Bibliothekslandschaft im späten Mittelalter« bietet einen exemplarischen Einstieg in die Materie der Tagung. Ausgehend von einer Problematisierung der Abgrenzung eines Kulturraums für den Literaturbetrieb definiert der Verfasser die mitteldeutsche Literaturlandschaft geographisch über das Fürstenhaus der Wettiner und dessen territoriale Ausdehnung. An drei unterschiedlichen Beispielen wird dann die Komplexität der literarischen Kultur in diesem Gebiet verdeutlicht; es sind dies der Apokalypsekommentar Heinrichs von Hesler, die Predigtsammlung mit dem Titel Paradisus anime intelligentis und das Werk des Humanisten Johannes Frauenburg. Im Fazit konfrontiert Honemann dann eine recht breite (und auch einigermaßen breit erforschte) literarische Überlieferung mit einer recht spärlichen Informationslage in Bezug auf die Bibliotheks- und Bildungslandschaft dieses Raums. Generell ließe sich, erklärbar durch politische und wirtschaftliche Umstände, eine diesen Bereichen gemeinsame Bewegung feststellen: sei im 14. Jahrhundert Thüringen das Zentrum von Literatur, Bibliotheken und Bildung, so verlagere sich dies im 15. Jahrhundert nach Sachsen.
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Bücher entstehen – Die neue Druckkunst
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Die folgende erste Sektion befasst sich dann mit dem Druckereibetrieb in einzelnen Städten an jeweils ausgewählten Beispielen. Nach einem Überblick über die Nachweissituation für Inkunabeln und alte Drucke von Monika Linder folgen zunächst zwei Beiträge zur Situation in Leipzig. Thomas Döring (»Der Leipziger Buchdruck vor der Reformation«) zeigt für den Zeitraum 1485–1517 anhand statistischer Überlegungen, wie bis auf die Offizin Kachelofen / Lotter (die von Drucken im Auftrag der Kirche lebte) alle Leipziger Druckereibetriebe hauptsächlich für die Belange der Universität produzierten, und zwar in einem Maße, das an Abhängigkeit denken lasse. Mit diesem Punkt ließe sich offenbar die Situation von mitteldeutschen Druckereien zur Zeit vor der Kommunikations- oder Medienrevolution gut beschreiben, in der die Offizinen demnach auf Auftragsdrucke angewiesen waren.
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Der Beitrag von Holger Nickel (»Probleme des Leipziger Frühdrucks«) setzt sich in Ergänzung dazu mit einigen ungeklärten Rätseln des Leipziger Frühdrucks auseinander, die in ihrer Eigenart jeweils den Betrieb einer Offizin zu dieser Zeit sehr typisch charakterisieren.
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Ninon Suckow (»Impressum Magdeborch arte Simonis Koch de Wylborch – Simon Koch und der Beginn des Buchdrucks in Magdeburg«) entwirft im Anschluss daran die Geschichte der Druckerei Simon Kochs in Magdeburg, einer Stadt, deren Druckbetrieb bislang kaum untersucht wurde. Sie zeigt dabei, wie das Programm nach dem Ausbleiben kirchlicher Aufträge aus volkssprachlicher Erbauungs- und Unterhaltungsliteratur bestand, das in schlicht ausgestatteten Drucken verlegt wurde. Dass dieser Betrieb mit der Herstellung solcher Bücher erstaunlich lange durchgehalten hat, belegt die Verfasserin abschließend mit einer Liste der 44 nachweisbaren Drucke Kochs zwischen 1483 und 1504.
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Andreas Gößner (»Die Anfänge des Buchdrucks für universitäre Zwecke am Beispiel Wittenbergs«) zeigt auf, wie die Wittenberger Buchproduktion der Jahre 1502–1517 in engem Zusammenhang mit dem universitären Lehrbetrieb die Phasen des Wittenberger Humanismus widerspiegelt, und die Studie von Frank Aurich (»Die Emserpresse im Dienst der Religionspolitik Herzog Georgs«) beschließt den ersten Teil mit einem Blick auf Dresden. Der Verfasser konnte in früheren Untersuchungen zeigen, dass die nach dem Sekretär des Herzogs Georg benannte Emserpresse in den Jahren ihres Bestehens von 1524 bis 1526 mit Typen des Leipziger Druckers Valentin Schumann arbeitete, dessen Geschäfte in dieser Zeit ruhten. Angesichts des Programms dieser Druckerei, so Aurich im vorliegenden Beitrag, erscheine eine Finanzierung durch den Herzog durchaus glaubhaft; dies bringt ihn zu der überzeugenden These, die Emserpresse sei letztlich auf Betreiben des Herzogs in Betrieb genommen worden, um dessen Religionspolitik publizistisch zu flankieren.
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Die Beiträge des ersten Teils bringen in ihrer Gesamtheit ein sehr plastisches Bild der Situation des mitteldeutschen Buchdrucks dieser Zeit zutage. Gemeinsam scheint den Druckereien dieser Zeit der Zwang, das Einkommen durch den Druck von Liturgica oder Texten für den Lehrbetrieb der Universität zu sichern; Bücher also, für die es eine gewisse Abnahmegarantie gab. Auch der von Suckow untersuchte Betrieb Simon Kochs in Magdeburg bestätigt als Ausnahme nur eine Regel des Gewerbes, die sich wohl erst zu Zeiten der Reformation ändern sollte. Im Süden des deutschen Sprachraums, etwa in Basel oder Nürnberg, ergibt sich hier bekanntlich ein ganz anderes Bild.
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Bücher – Bibliotheken – Leser
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Diese Sektion ist Beiträgen zu verschiedenen spätmittelalterlichen Bibliotheken bzw. Büchersammlungen verschiedenen Typs gewidmet, namentlich den Leipziger Klosterbibliotheken, der Bibliothek der Pfarrkirche in Rudolstadt, dem Nachlass des Nikolaus von Ebeleben und dem des Stadtschreibers Dr. Peter Freytag, der, wie gezeigt wird, im Zusammenhang mit den Anfängen der Leipziger Ratsbibliothek steht.
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Die erste Studie stammt von Anette Löffler (»Die Leipziger Klosterbibliotheken und deren Buchbesitz um 1500 – Eine Bestandsaufnahme«) und versucht, die Bestände der vier Klöster in Leipzig um 1500 – hauptsächlich anhand erhaltener Bücher- oder Sequestrationsverzeichnisse – zu umreißen.
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Neben stilistischen Unsicherheiten führen hier auch immer wieder argumentative Ungenauigkeiten zu fehlerhaften Darstellungen oder Missverständnissen, etwa wenn die Verfasserin im Abschnitt über die Einbände der Bestände des Dominikanerklosters bemerkt: »Charakteristisch für diese wie auch die anderen Leipziger Codices ist das Bibliotheksschild aus Papier, dessen Anbringung wohl noch zu Zeiten von Kaspar Borner erfolgte« (S. 170). Die Bibliotheksschilder wurden in der Bibliotheca Paulina an sämtliche aus Säkularisationsgut stammenden Codices angebracht, sind also für das Dominikanerkloster nicht charakteristisch. Sehr wohl aber kann man die nahezu quadratischen Eckbeschläge mit gezackten Rändern als charakteristisch ansprechen, deren Spuren sich auf den Einbänden der Bücher des Dominikanerkonvents finden. Auf Abb.1 (S. 172) des Beitrags sind sie deutlich zu sehen.
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Löffler differenziert darüber hinaus nie zwischen im Dominikanerkloster St. Paul entstandenen Codices und solchen, die durch Tausch, Kauf oder Schenkung dorthin gelangten, sodass der Eindruck entsteht, in ihrer Auffassung seien alle angesprochenen Handschriften dem Scriptorium St. Paul zuzuordnen. Darauf deuten auch Bemerkungen zur Provenienz der Einbände auf den S. 171 f. hin, denen zufolge der Leipziger Dominikanerkonvent Handschriften in Erfurt oder Halberstadt habe binden lassen, was angesichts der Fülle an von ihm sonst beauftragten Leipziger Werkstätten erstaunlich wäre. Da die Verfasserin außerdem nur Einzelfälle anführt, wäre es viel wahrscheinlicher, die Entstehung der Handschriften in Erfurt oder Halberstadt anzusetzen und davon auszugehen, dass sie später nach Leipzig gelangten.
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Im Gegenzug erscheint es auf S. 188 so, als könne ein Flechtbandmuster im Einbandleder ein Hinweis sein auf die Herkunft aus dem Leipziger Franziskanerkonvent. Doch stammen die fraglichen Einbände aus einer vermutlich bürgerlichen Leipziger Einbandwerkstatt, die nachweislich für viele Bibliotheken tätig war.
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Die in dieser Arbeit angeführten Charakteristika sollten also nicht ungeprüft für weiterführende Forschungen genutzt werden.
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Mit nahezu 100 Seiten weist der folgende Beitrag von Frank-Joachim Stewing (»Bibliothek und Buchbesitz einer spätmittelalterlichen Pfarrkirche im mitteldeutschen Raum: Das Beispiel Rudolstadt«) schon fast den Umfang einer Monographie auf. Anhand von fünf erhaltenen Inventaren wird der Buchbestand der Pfarrkirche zwischen 1498 und 1587 rekonstruiert und kontextualisiert, den Stewing als Vorläufer der 1636 fundierten, bedeutenden evangelischen Kirchenbibliothek Rudolstadt nachweisen kann – ein Vorläufer von geringer Größe allerdings, die sich zwischen 15 im Inventar von 1498 vermerkten Bänden und 26 in dem von 1524 bewegt.
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Einen farbenfrohen Einblick in das Leben einer Familie der Zeit gewähren die Dokumentenfunde, die Holger Kunde (»Der Nachlass eines sächsischen Bibliophilen aus dem 16. Jahrhundert. Neue Quellen zum Leben des Nikolaus von Ebeleben«) dann präsentiert. Es handelt sich um Dokumente aus einer vor einigen Jahren im Bestand des Domstifts Merseburg aufgefundenen Truhe, die Kunde als eine Truhe aus dem Besitz der Familie des Nikolaus Ebeleben identifizieren möchte, die im Zusammenhang mit den Verhandlungen um dessen Nachlass in den Merseburger Kapitelprotokollen erwähnt wird. Die Identität ist allerdings keineswegs beweisbar. Dies stellt der Verfasser selbst fest, um sie unmittelbar im Anschluss als immerhin möglich zu postulieren (S. 311) – und um ab dieser Stelle vom Inhalt der Truhen nur noch als von den Ebelebischen Dokumenten zu sprechen, ohne dass auch nur der Versuch einer weiteren Beweisführung erfolgt wäre. Die Zuschreibung bleibt aber reine Hypothese.
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Henning Steinführer (»Der Stadtschreiber und Syndikus Dr. Peter Freitag und die Anfänge der Leipziger Ratsbibliothek«) weist in seinem darauf folgenden Beitrag sehr überzeugend nach, dass die Anfänge der Leipziger Ratsbibliothek bis ins 15. Jahrhundert zurückgehen. Mit dem von ihm aufgefundenen und präsentierten Inventar des Nachlasses des Stadtschreibers Peter Freitag lässt sich dessen dem Rat der Stadt vermachte umfangreiche Büchersammlung näher charakterisieren. Ein bislang nicht ausgewertetes und in das Leipziger Ratsbuch eingetragenes Leihverzeichnis im Anhang an das Testament des Dietrich von Bocksdorf, so Steinführer, belege die Nutzung einer Büchersammlung, die der Erblasser bereits 1463 dem Rat zur Nutzung überlassen hatte. So kann das Bestehen einer Ratsbibliothek bereits im 15. Jahrhundert als erwiesen gelten.
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Der zweite Teil des Bandes entwirft somit auch ein Panorama der verschiedenen Orte, an denen Bücher zu Verfügung standen. Letztlich wird in der Zusammenschau wieder einmal deutlich, wie sehr die durch die neuen Medien ermöglichte Kommunikation zunächst auf einen bereits etablierten engeren Kreis begrenzt bleib, war doch auch die Ratsbibliothek recht selten frequentiert. Dieser Befund schließt sich an die Beobachtungen des ersten Teils zu wirtschaftlichen Abhängigkeiten der Drucker sehr gut an.
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Wirkungen des neuen Mediums
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Den dritten Teil eröffnet ein Beitrag zu den Wechselwirkungen zwischen Buchdruck und Reformation, diesem folgt ein weiterer zu Leipziger Einblattdrucken, dem sich wiederum zwei Arbeiten zum Zusammenhang zwischen Kirchenpolitik und Druckgewerbe anschließen. Diese mehr auf den kommunikationsgeschichtlichen Aspekt ausgerichteten Untersuchungen werden ergänzt durch einen Aufsatz zur Vertriebs- und Handelstätigkeit eines Speyrer Druckherrn in Leipzig.
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Den Anfang macht der Beitrag von Andrew Pettegree und Matthew Hall (»Buchdruck und Reformation – Eine Neubetrachtung«), die zeigen können, dass der Zusammenhang zwischen dem Aufkommen der Reformation und einem europäischen Boom des Druckgewerbes auf der irrtümlichen Annahme beruht, die Situation in Deutschland könne als exemplarisch für Europa angesehen werden. Die Umstände in Deutschland, so die Autoren, seien im Gegenteil durch die vielen, zentral nicht kontrollierbaren Druckzentren einzigartig gewesen. Dies werde deutlich im Kontrast zu zwei in ihren Augen prototypischen Ländern, namentlich England, wo es mit London nur ein Zentrum der Druckereikunst gegeben und Frankreich, wo aus bestimmten Gründen neben der Hauptstadt ein weiteres (nämlich Lyon) existiert habe. Exemplarisch wird dann gezeigt, wie die Reformation in Frankreich nur in den Jahren 1559–65 den Buchdruck beeinflusste. Im prägnanten Forschungsüberblick am Beginn des Beitrags mag man manches Mal einen weiterführenden expliziten Hinweis auf die Forschung vermissen, doch schmälert das nicht die Spannung, mit der man nach der Lektüre die angekündigten größeren Studien der Verfasser erwartet.
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Ein zentrales Thema im Schnittpunkt von Kommunikations- und Mediengeschichte ist der Einblattdruck, dem sich Falk Eisermann am Beispiel dreier Gruppen von Leipziger Einblattdrucken des 15. Jahrhunderts widmet. Exemplarisch stellt der Verfasser jeweils einzelne Beispiele vor und durchleuchtet die mit ihnen verfolgten kommunikativen Strategien. Neben kirchlichen Verlautbarungen so verschiedener Art wie der Practica des bösen und des guten Engels und der Bekanntgabe der Exkommunikation einer Leipziger Familie sind dies Schriften der Herzöge und Grafen zur Herrschaftsausübung sowie Vorlesungsankündigungen der Universität. Dieses instruktive Panorama der öffentlichen Kommunikation mithilfe der Druckkunst kann Eisermann mit einem eingangs vorgestellten Neufund eines bislang völlig unbekannten Bruderschaftsbriefs der Augustiner-Eremiten in Grimma krönen.
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Peter Wiegand (»›...pro conservatione status ecclesiastici sunt impressa...‹. Die synodale Statutengesetzgebung der Bischöfe von Meißen zwischen Skriptographie und Typographie«) beschreibt dann den Übergang der verbindlichen Form bischöflicher Statutengesetzgebung von der mündlichen Verkündigung zur gedruckten Ausgabe, gefolgt vom Beitrag Christoph Volkmars, der thematisch an das Gebiet der Druckkunst als Mittel zur öffentlichen Kommunikation der Kirche anknüpft (»Druckkunst im Dienste der Kultpropaganda. Der Buchdruck als Instrument landesherrlicher Kirchenpolitik am Beispiel der Kanonisation Bennos von Meißen«). Ein chronologischer Abgleich von sechs Flugschriften zur Propagierung des Bennokults, alle von dem Herzog persönlich nahe stehenden Autoren verfasst, zeigt deutliche Bezüge zur ereignisreichen Chronologie des vom Landesherrn betriebenen Prozesses der Heiligsprechung Bennos in Rom. Sehr deutlich wird so demonstriert, wie Herzog Georg bereits deutlich vor der Reformation seiner Religionspolitik mit Flugschriften Nachdruck zu verleihen suchte.
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Der Beitrag von Hendrik Mäkeler (»Der Speyrer Druckherr Peter Drach († 1504) in Leipzig«) rundet den Band ab. Er wertet hauptsächlich das für die Jahre 1479–1503 erhaltene Rechnungsbuch Drachs aus und erhellt so exemplarisch dessen Geschäftstätigkeiten auf der Leipziger Messe 1483.
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Fazit
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Insgesamt also bringt der Tagungsband die Forschung im eingangs angesprochenen Sinn ein großes Stück weiter: Zum einen zeigen zahlreiche Beiträge noch deutlicher und im Detail, wie stark die Reformation doch bereits bestehende Diskurse aufgenommen und weitergeführt und diese eben nicht hervorgebracht hat. Zum anderen wird die bislang nur wenig erforschte Bildungslandschaft Mitteldeutschlands dieser Zeit plastisch greifbar. Immer wieder berühren und ergänzen sich einzelne Arbeiten auf erhellende Weise. Auf jeden Fall wird im Zusammenhang deutlich, wie wichtig und sinnvoll auf diesem Gebiet zunächst historische Grundlagenarbeit im Sinne des Herausgebers ist, um aus dem Mosaik des »Flickerlteppichs«, wie die bisherige Buchgeschichtsforschung polemisch auch bezeichnet wurde, ein erkennbares Bild entstehen zu lassen, indem einzelne Facetten exemplarisch fundiert untersucht werden. Genau deshalb bleibt auf weitere Arbeiten dieser Art zu hoffen. Erst auf einem solchen Fundament können überhaupt theorieorientierte Untersuchungen entstehen. Doch nicht nur dies: Für jede kulturhistorische Arbeit, etwa im Bereich Neulatein oder Germanistik, sind solche Forschungen unverzichtbar, mit denen die medialen und kommunikativen Grundbedingungen dieser Zeit erhellt werden. Und so ist dieser Band auch über die eigene Disziplin hinaus ein großer Gewinn.
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