Wolfgang F. Bender
"Étude des transferts culturels"
Die Rezeption des französischen Dramas
im 18. Jahrhundert
auf statistischer Grundlage
Michel Grimberg: La Réception de la comédie Française dans les pays de langue allemande (1694-1799): vue à travers les traductions et leurs préfaces. (Collection Contacts, Série II, Gallo-germanica 17) Frankfurt/M. u. a.: Peter Lang 1995. Kart. 85,-.
Von einer "unverkennbaren und beinahe übermächtigen Abhängigkeit von ausländischen, insbesondere französischen und englischen Vorbildern" der deutschen Dramatik ist die Rede im "historischen Überblick" Das deutsche Drama von Gottsched bis Lessing (1987) von Horst Steinmetz. Damit dürfte er die opinio communis der Forschung präzis wiedergeben: Über den angesprochenen Zeitraum sind wir sowohl in theater- als auch in literarhistorischer Hinsicht verhältnismäßig gut unterrichtet. Welche weißen Flecken auf der weiten Karte des 18. Jahrhunderts es indes noch zu erkunden galt, zeigt die großangelegte Studie von Michel Grimberg, die in ihrer ursprünglichen Fassung der Université de Paris IV-Sorbonne als zweibändige "thèse de doctorat" (Textteil und Dokumentation) vorgelegen hat.
Sowohl unter quantitativem als auch unter qualitativ-methodologischem Aspekt weicht die Arbeit ab vom bisher in der Forschung Vorgelegten. In quantitativer Hinsicht insofern, als fast ein Viertel der Darstellung eine statistisch-zahlenmäßige Erhebung umfaßt: Unter der Kapitelüberschrift "Les dimensions historiques" (S. 25) dokumentieren 57 Graphiken sowie 3 Karten so gut wie alles, was im historischen Kontext mit der Buchproduktion und -distribution insbesondere der Komödienliteratur , dem Autoren-, Übersetzer-, Herausgeber- und Verlagsbuchhändlerkreis sowie der regionalen Verteilung von Drucker- und Verlagsstätten zu lesen ist. Eine Reihe von Graphiken veranschaulichen die Präponderanz bestimmter übersetzter französischer Autoren in bestimmten zeitlichen Phasen des 18. Jahrhunderts, gewähren Einsicht in die regionale bzw. lokale Herkunft der Übersetzer und vermitteln Kenntnis hinsichtlich ihrer sozialen und bildungsmäßigen Position.
Über eine innere Strukturierung des Jahrhunderts kann man sich trefflich streiten. Grimberg teilt es so ein:
Eine erste Phase umfasse den Zeitraum von 1694 bis 1724, in der die frühen Molière-Übersetzungen sowie der Fundus des Théâtre Italien eines Evaristo Gherardi dominiere. Eine zweite Rezeptionsphase stark moralisch-didaktischer Prägung reiche von 1725 (Gottsched: Die Vernünftigen Tadlerinnen, 1725; Critische Dichtkunst, 1730; Die Deutsche Schaubühne, ab 1741) bis 1759. Den Beginn einer dritten Periode kann man dann füglich mit 1760 ansetzen, dem Erscheinungsjahr von Lessings Übersetzung Das Theater des Herrn Diderot, zu verstehen als Plädoyer für eine neue Ästhetik auch mit Blick auf die Komödie. Daß gegen Ende des Jahrhunderts das Interesse an gattungstheoretischer Erörterung traditionell >aufklärerischer< Art schwindet und vom klassisch-romantischen, "geistreiche Heiterkeit und Freiheit des Gemüts" (F. Schlegel) propagierenden Diskurs abgelöst wird, liegt auf der Hand.
Bezogen auf die gattungsmäßige Entwicklung und gesellschaftliche Akzeptanz der Komödie, bezogen auch auf die Theaterpraxis des 18. Jahrhunderts, lassen sich der dreiphasigen Struktur inhaltlich die Funktionen Legitimierung der Lustspielgattung, Konstituierung einer französischen Referenz sowie Bereicherung der Spielpläne zuordnen.
Grimbergs Studie fügt sich in ein weites Feld deutsch-französischer Beziehungen, die sich auf sehr verschiedenen Ebenen artikulieren. Ihr eigentlicher Erkenntniszugewinn resultiert nun keineswegs nur aus der Erhebung des reichhaltigen Datenmaterials, sondern vor allem aus dem Modus von dessen Auswertung. Gewiß kann sich Grimberg auf eine Vielzahl innovativer Darstellungen stützen; die opulenten Fußnoten etwa in der "Réflexion préliminaire" geben davon Zeugnis. Die deutschsprachige Komödie auch mit Blick auf ihre französischen "Muster" ist kein Stiefkind der Forschung gewesen. Doch deren Interesse war und ist in der Regel gerichtet auf die Frage des Einflusses.
Und hier vollzieht der Verfasser einen bemerkenswerten Perspektivenwechsel weg von einer "histoire des influences" hin zu einer "étude des transferts culturels" (S. 20) mit der Konsequenz, daß er die Empfängerkultur, "la culture réceptrice" zum Ausgangspunkt seiner Analyse macht. Das erweist sich, wie die Durchführung der Arbeit zeigt, als fruchtbarer Ansatz insofern, als nunmehr der "aspect actif" auf Seiten des rezipierenden Teils mit einbezogen wird. Anregend wirkten hier gewiß die Beiträge von Michel Espagne und Michael Werner u.a. über Les relations interculturelles dans l'espace franco-allemand (XVIIIe et XIXe siècle) (1988) sowie von H.-J. Lüsebrink und Rolf Reichardt im Hinblick auf eine "Histoire de concepts et transferts culturels" (in: Genèse, 14, 1994). Es ist mithin "la notion de transfert culturel", auf die sich Grimbergs Aufmerksamkeit richtet ein Begriff, dem er entschiedene Vorteile gegenüber Konkurrenzbegriffen wie "influence" oder "échanges" einräumt.
So ist es denn nur konsequent, daß sein primäres Interesse nicht so sehr den Texten als "textes littéraires" gilt, sondern ihrer Wirkung auf ein deutschsprachiges Publikum. Ziel seiner Studie ist auch nicht eine Geschichte des Übersetzens: "Ce n'est donc pas de traduction qui rentiendra ici l'attention, mais bien la réalité du texte traduit" (S. 6). Ziel ist vielmehr eine Geschichte der poetologischen Diskussion in Deutschland über die französische Komödie. Und hier eröffnet nach Grimberg die Vorstellung eines "transfert culturel" erst die Möglichkeit wenn nicht einer Überwindung, so doch wenigstens einer Relativierung der geradezu kanonisierten Auffassung von der "supériorité" der "culture d'origine", einer Auffassung, die Louis Reynaud 1914 (!) in seiner Histoire générale de l'influence française en Allemagne noch einmal festgeschrieben hatte.
Nicht um den erneuten Nachweis einer Bewußtseins- oder bloßen Kenntniserweiterung der "culture d'accueil" durch die Begegnung mit dem Französischen ist es Grimberg zu tun, sondern um den Nachweis des aktiven Parts, den das "Nehmerland" im Laufe dieser hundert Jahre währenden Begegnung gespielt hat, und zwar im Hinblick auf die "subversion" eines überkommenen und die "légitimation" eines eigenen, neuen Erwartungshorizonts.
Diese Erwartungen, tradierte und zukunftsweisende, fanden ihren Niederschlag nicht zuletzt in den "préfaces", den Vorworten sowohl der Originaltexte als auch ihrer Übersetzungen. Selbstredend kann Grimberg auch hier auf einige wenige Vorarbeiten verweisen, so etwa auf H. Knufmanns Beitrag über das Übersetzungswesen im 18. Jahrhundert (in: Archiv für Geschichte des Buchwesens 9, 1969), vorzüglich aber auf Gérard Genettes Buch Seuils (Paris 1987). Genettes Untersuchungen berühren freilich nicht das weite Feld der bevorworteten Übersetzungen französischer Komödien.
Genau auf diese "Leerstelle" richtet sich nun das Interesse Grimbergs, wobei er die "préface" sowohl dem auktorialen als auch dem allographen Bereich zuordnet, "puisque le traducteur est l'auteur de la traduction, et également allographe puisque le texte original n'est pas composé par le traducteur" (S. 17). Er betont den herausragenden Status des Vorworts gleichsam als "lieu de'débat esthétique", der es dem Rezipienten erlaube, am ästhetischen Diskurs zu partizipieren oder ihn zum wenigsten nachzuvollziehen. Dabei ist der Anspruch, den der Verfasser erhebt, hoch, geht es ihm doch um eine bisher nicht erbrachte Gesamtschau, "pour évaluer précisément le rôle joué par ces traductions-textes d'examiner la totalité des préfaces encore consultables" (ebda.)
Daß eine solche Gesamtdarstellung nur auf der Basis sorgfältiger Datenerhebung zu leisten ist, versteht sich. Hier mögen sich für den Verfasser die meisten Probleme ergeben haben, erweisen sich doch die zur Verfügung stehenden bibliographischen Verzeichnisse und Kataloge als fehler- und lückenhaft.
So vermitteln die Frankfurter und Leipziger Meßkataloge lediglich ein partielles Bild, sofern sie nicht alle zur Messe vorliegenden Werke verzeichnen oder, im umgekehrten Falle, Titel anzeigen, die dann nicht publiziert wurden. Ebenso unzuverlässig sind die Verzeichnisse von Wilhelm Heinsius und Christian Gottlob Kayser. So führt beispielsweise Heinsius unter der Rubrik "Comödien" alles auf dem Theater Gespielte an. Über die Mängel von Karl Goedekes Grundrisz wurde oftmals Klage geführt. Hans Fromms Bibliographie deutscher Übersetzungen aus dem Französischen 1700 1948, erschienen in dürftiger Zeit 1950/53, bleibt, obwohl ergänzungs- und korrekturbedürftig, ein unentbehrliches Instrumentarium. Zur Verfügung steht seit Mitte der achtziger Jahre die auf Vollständigkeit hin angelegte kommentierte, indes noch nicht abgeschlossene Dramen-Bibliographie von Reinhart Meyer, Bibliographia Dramatica et Dramaticorum (Tübingen 1986 ff.). Grimberg legt im Rahmen seiner Bibliographie Rechenschaft ab über die von ihm herangezogenen Quellen, auf die sich seine "statistiques générales, de 1694 1799" stützen.
Wir erwähnten die dreiphasige Gliederung des gesamten Zeitraums: 1694-1724, 1725-1759, 1760-1799. Die Akkumulation statistischen Materials birgt immer die Gefahr der Unübersichtlichkeit, die dann eo ipso zu einer Reduktion der Aussagekraft des Dargebotenen führen mag. Grimberg tat also gut daran, jede der drei periodischen Einheiten in folgender Weise zu strukturieren:
- Die Übersetzungen der französischen Komödien
- Die übersetzten französischen Autoren
- Vorreden ("préfaces")
- Übersetzer und "préfaciers"
- Zentren der Rezeption.
Um nur einige wenige Informationen aus der insgesamt imponierenden, doch stets gegliederten Datenfülle mitzuteilen:
Mit Blick auf die Gesamtzahl der übersetzten Komödien gemeint sind dabei alle verschiedenen Drucke erfahren wir, daß deren Gesamtzahl bei 1.307 (1694-1799) lag, erfahren wir auch, daß sich deren Verteilung wie folgt darstellt: 464 Erstübersetzungen von 464 französischen Komödien, 241 Neuübersetzungen jener 464 Stücke sowie 602 Nachdrucke teils der ersten, teils der zweiten Gruppe. Daß 1.133 der insgesamt 1.307 übersetzten Komödien im Zeitraum von 1749-99 erschienen, mit einem Höhepunkt in den siebziger Jahren, läßt sich ebenfalls einer der Graphiken entnehmen.
Ablesen lassen sich von diesen Statistiken aufschlußreiche Informationen hinsichtlich der Präferenz bestimmter französischer Autoren in bestimmten zeitlichen Sequenzen, so beispielsweise die das ganze Jahrhundert beherrschende Vorrangstellung Molières, dessen Komödien in Auswahl bereits 1670 in Frankfurt a.M. erschienen waren (Schau-Bühne Englischer und Frantzösischer Comödianten), dann in einer größeren dreibändigen Ausgabe bei Daniel Tauber 1694, 1695 und 1696 in Nürnberg, und zwar in zweisprachiger Version.
Vor allem Evaristo Gherardis sechs Bände mit dem Titel Le Théâtre italien (Paris 1710) finden über die Ollapatrida Des Durchgetriebenen Fuchsmundi (Wien 1711) Eingang in die Wanderbühnen. Daß Grimberg in diesem Falle die Frage der Übersetzung des Gherardi'schen Textkorpus, bezogen auf die Ollapatrida, etwas anders beurteilt als seinerzeit Helmut G. Asper (Hanswurst. Studien zum Lustigmacher auf dem deutschen Theater im 17. und 18. Jahrhundert, Emsdetten 1980, S. 45) soll hier nicht weiter thematisiert werden. Eines steht aber wohl fest: Joseph Anton Stranitzky ist weder der Herausgeber noch der Verfasser dieser "zum honnéten Zeit-Vertreib" verfaßten Stücke.
Für die späteren Perioden weisen die Schaubilder dann das Hervortreten anderer Autoren aus, so für den Zeitraum 1740-59 neben Molière vor allem Destouches und Marivaux, mit einigem Abstand Saint-Foix; für die Zeit ab 1760 neben den Genannten vor allem Moissy, Voltaire, Regnard, Dancourt, Legrand, Beaumarchais und Mme. de Genlis. Bleibt zu erwähnen, daß für jeden französischen Autor die Anzahl seiner deutschen Übersetzungen exakt ermittelt wird; bleibt auch hervorzuheben, daß Grimberg innerhalb der größeren periodischen Einheiten nochmals differenziert, so etwa innerhalb des Zeitraums 1725-1759, den er z.B. bei der statistischen Erhebung der französischen Autoren in die Teilabschnitte 1725-39 und 1740-49 gliedert.
Einen nicht geringen Teil seiner Aufmerksamkeit widmet der Verfasser den Übersetzern und "préfaciers". Diese bleiben in der Frühzeit angesichts der gesellschaftlichen Geringschätzung der Gattung weitgehend anonym. Gegen Ende der dreißiger Jahre und in den vierziger Jahren es ist die Zeit fruchtbarer Kooperation zwischen Gottsched und der Neuberin gewinnen die Übersetzer und Vorreden-Verfasser an Profil. Es sind vor allem Prinzipale, Schauspieler, Hausautoren der verschiedenen Truppen: Heinrich Gottlieb Koch, Johann Friedrich Schönemann, Gottfried Uhlich, Gottlob Benjamin Straube, Johann Christian Krüger, Johann Elias Schlegel, nicht zu vergessen Gottsched und die Gottschedin.
Maßgeblich für die sechziger und siebziger Jahre ist dann die Übersetzertätigkeit eines Lessing, eines Gottlieb Konrad Pfeffel oder die Autorität des Verlegers und Übersetzers Johann Gottfried Dyk mit seiner 10-bändigen Sammlung Komisches Theater der Franzosen (1777-86). Dyk beschäftigte einen beachtlichen Mitarbeiterstab, der dem Publikum erstmalig das ganze Spektrum der französischen Komödie zur Verfügung stellte.
Überhaupt: das Ende des 18. Jahrhunderts ist die Zeit der Nachdrucke auch älterer Texte, vor allem die der groß angelegten Sammlungen. Ludwig Ferdinand Huber, der nunmehr die Tätigkeit des Übersetzers professionell ausübt, rechtfertigt sein Unternehmen Neueres französisches Theater nicht zuletzt mit dem Hinweis auf die Mediokrität des deutschen Angebots. Das war immerhin 1795! Und was die zahlenmäßige Erhebung der überlieferten Vorreden betrifft, so sind wir nunmehr bestens informiert: Das gesamte Korpus umfaßt 137 Texte, die redigiert resp. verfaßt wurden von der oben genannten Gruppe, aber auch von Drucker-Verlagsbuchhändlern, Beamten oder sonstigen Funktionsträgern.
Ebenso informativ, gerade mit Blick auf ihre sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung, sind die vom Verfasser vorgetragenen, exakt belegten Angaben zur regionalen Verteilung von Druckerei- und Verlagsbuchhandelszentren im ehemaligen Reichsgebiet, minutiös differenziert innerhalb der von ihm angenommenen größeren periodischen Einheiten. Hier zeigt sich für die frühe Zeit die führende Stellung Nürnbergs, für die mittleren Dezennien die Dominanz Mittel- und Norddeutschlands (Berlin, Hamburg, Leipzig), für die siebziger bis neunziger Jahre ein starkes Aufholen des süddeutsch-österreichischen Raumes (Wien, Graz).
Die merkwürdige Faszination, die von Statistiken, Schaubildern und Karten ausgeht, mag nicht zuletzt vom Eindruck der Beweiskraft herrühren, die sie vermitteln. Was man bisher mehr oder weniger genau ahnte oder zu wissen glaubte, wird hier >belegt<, dokumentiert in Zahlen und Prozentsätzen. Grimberg, durchaus problembewußt, läßt diese, wie bereits hervorgehoben, nun nicht für sich sprechen, sondern integriert und kommentiert sie im Gesamt seiner Darstellung. Deren sehr verschiedene, indes immer auf die Texte und ihre Vorreden fokussierte Aspekte subsumiert er unter die eingangs genannten Funktionsbereiche: Legitimierung des komischen Genres, Konstituierung einer "référence culturelle française en matière de comédie", Spielplanbereicherung.
Daß diese Erweiterung eines "deutschen" Repertoires mitnichten einheitlich verlief, zeigt insbesondere das letzte, den Zeitraum 1760-99 umfassende Kapitel. Hier von einer Periode der "diversification" und "massification" (S. 219) zu reden, ist durchaus angezeigt, wenn man bedenkt, daß nicht nur bald zwei Drittel (genau 976) der übersetzten französischen Komödien in diesen Jahrzehnten erschien, sondern daß, qualitativ gesehen, das Rezeptionsspektrum so gut wie alle besonderen Ausprägungen sowohl der "comédie sérieuse" als auch der "comédie gaie" einschließt.
Was hier der Verfasser etwa mit Blick auf die Vorläuferrolle der Mme Graffigny (Cénie, übersetzt von der Gottschedin 1753), auf die Innovationskraft des erst spät rezipierten Nivelle de la Chaussée (Le Préjugé à la mode, 1735; erst 1766/68, 1772 und 1774 von H.C. Walz, Tobias v. Gebler und J. K. Pfeffel übersetzt) oder hinsichtlich der Wirksamkeit von Sedaines Le Philosophe sans le savoir (1766; 1767 übersetzt von Pfeffel) mitzuteilen weiß, und zwar im weiten Kontext des Diskurses über Diderot in Deutschland: das alles ist erkenntniserweiternd.
Ähnliches gilt für seine Ausführungen zur Rezeption der französischen Komödie der Revolutions- und Nachrevolutionszeit in den deutschen Ländern, bspw. zur Aufnahme durchaus antirevolutionärer Autoren (Collin d'Harbeville, Mme Isabelle de Charrière etc.) in die so weit verbreitete Kollektion Neueres französisches Theater (hg. von L.F. Huber, Leipzig 1795 ff.): Zukünftige Spezialstudien werden hier anzuknüpfen haben.
Nicht weniger als 52 Seiten umfaßt die Bibliographie, gegliedert in die Abteilungen
- "Liste des textes du corpus", eine bibliographisch sorgfältige Dokumentation aller 137 herangezogenen deutschen Texte, versehen mit Standortnachweisen,
- "Sources", u.a."Auteurs de langue française de XVIIe et XVIIIe siècle", mit Standortnachweisen der BNF Paris,
- "Ouvrages et articles utilisés", in sich wiederum nach Sachgruppen gegliedert, was sich beim Aufsuchen zitierter Titel nicht eben als günstig erweist.
- Höchst nützlich: ein "Index des oeuvres" sowie ein "Index des personnes".
Etwas ausführlicher wünschte man sich eine Diskussion über die Bedeutung der Übersetzungen für die Entwicklung einer dem Französischen ebenbürtigen deutschen Literatursprache. Ein paar Unebenheiten: die Nummern 119 und 120 fehlen in der "Liste des Textes"; auf S. 112, Anm. 281 handelt es sich um Richard Maria Werner, nicht Rainer Maria. Sonnenfels' Briefe über die wienerische Schaubühne sollte man nach der von Hilde Haider-Pregler besorgten Ausgabe (Graz 1988) zitieren. Doch das sind Petitessen angesichts der vorliegenden wissenschaftlichen Leistung.
Grimbergs Buch vermittelt eine Fülle neuer Einsichten sowohl hinsichtlich der Interdepedenz von wirtschaftlich-gesellschaftspolitischer Notwendigkeit einerseits und ästhetisch-dramaturgischer Erwartung andererseits, als auch unter dem Blickwinkel des erwähnten Perspektivenwechsels hinsichtlich des aktiven Parts, den die "culture d'accueil" im deutsch-französischen Transfer übernommen hat.
Prof. Dr. Wolfgang F. Bender
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Domplatz 20-22
D-48143 Münster
Preprint der im Internationalen Archiv für Sozialgeschichte
der deutschen Literatur (IASL) erscheinenden Druckfassung.
Ins Netz gestellt am 23.4.1999.
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