Drügh über Bischoff / Wagner-Egelhaaf (Hg.): Weibliche Rede - Rhetorik der Weiblichkeit

IASLonline


Heinz J. Drügh

Der geschlechtliche Körper
im Redeauftritt

  • Doerte Bischoff und Martina Wagner-Egelhaaf (Hg.): Weibliche Rede – Rhetorik der Weiblichkeit. Studien zum Verhältnis von Rhetorik und Geschlechterdifferenz. (Rombach Wiss. Litterae 93) Freiburg: Rombach 2003. 504 S. Paperback. EUR (D) 52,-.
    ISBN 3-7930-9321-2.


Als im September 2003 die schwedische Außenministerin Anna Lindh ermordet wurde, ließ es Bundesaußenminister Joschka Fischer in seiner Kondolenzadresse dem Redeanlass gemäß ein wenig menscheln. Er betonte, in Person der skandinavischen Kollegin nicht nur eine wichtige europäische Weggefährtin, sondern vor allem eine gute Freundin verloren zu haben. Auch der britische Außenminister Jack Straw machte sich in derselben Sache die rhetorische Forderung zu eigen, im genus demonstrativum die persönliche Note nicht zu kurz kommen zu lassen: Anna Lindh, so der Labour-Politiker, sei nicht nur eine gute Politikerin, sondern auch eine gute Mutter gewesen, die – wie er selbst erlebt habe – sogar während wichtiger politischer Beratungen per Handy ihren Kindern mit pragmatischen Lösungsvorschlägen bei ihren Alltagsproblemen beigestanden habe, etwa wenn diese ohne Schlüssel vor der verschlossenen Haustür gestanden seien. Sprechend ist diese Anekdote freilich vor allem im Hinblick auf ihren Erzähler: In der Politik erfolgreiche Frauen, so Straws implizite Botschaft, mögen gewandt und erfindungsreich sein, auf gewisse Weise bleiben sie jedoch von der Aura eines improvisierenden Dilettantismus umweht und mehr: irgendwie sind sie am Ende immer Rabenmütter.

Es ist, wie es ist: Sobald eine Frau ihren Ort in der Domäne traditionell männlich bestimmter Öffentlichkeiten erobert hat, einen Ort, der grundsätzlich nur mit gehörigem rhetorischen Know-how einzunehmen ist, bleibt sie, gleichgültig wie vertraut uns Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, Richterinnen heute zu sein scheinen, nach wie vor einer Taxierung ausgeliefert, die im Hinblick auf männliche Personen alles andere als selbstverständlich ist. Durch diese schwer zu leugnende Tatsache wird das Erkenntnisinteresse der Beiträgerinnen zu Doerte Bischoffs und Martina Wagner-Egelhaafs Sammelband Weibliche Rede – Rhetorik der Weiblichkeit. Studien zum Verhältnis von Rhetorik und Geschlechterdifferenz angefeuert. Die insgesamt 16 Aufsätze dokumentieren die Beiträge zu einer Tagung, die im Rahmen eines von der DFG geförderten Forschungsprojekts an der Universität Münster stattgefunden hat.

Ganz besonders beliebt ist es, bei der Würdigung weiblicher Gesprächsbeiträge, den Körper der Frau ins Visier zu nehmen: "Gerade wer als Frau öffentlich sprechen will", schreiben die Herausgeberinnen in ihrer luziden systematischen Einführung, "sieht sich auch heute noch mit dem Dilemma konfrontiert, daß der geschlechtliche Körper unweigerlich die Wahrnehmung und Beurteilung eines Redeauftritts mitbestimmt. Auch wenn dieser Umstand in der medialen Reflexion männlicher Redeauftritte ebenfalls eine Rolle spielt – man denke etwa an die Diskussion um Nixons mangelnden Appeal vor den TV-Kameras oder an die jüngste Kommentierung der Krawatten Stoibers und Schröders –, so betrifft er doch Frauen, deren Körper traditionell im Hinblick auf öffentliche Redeauftritte als gänzlich ungeeignet kodiert war, immer noch in besonderem Maße" (S. 38). Wer möchte da widersprechen, hält man sich nur die hinschauende Beharrlichkeit oder sogar reflexartige Gehässigkeit vor Augen, mit welcher etwa Angela Merkels Frisur oder der Zöpfchensolitär im Kurzhaarschnitt der Grünen-Vorsitzenden Angela Beer gemeinhin bedacht werden.

Anliegen des Bandes

Mit einer solchen Einschätzung wird denn gleich klar, dass es in diesem Band, auch wenn der größte Teil der Beiträgerinnen Philologinnen sind, nicht ausschließlich um das übliche literaturwissenschaftliche Geschäft geht, das darin besteht, intrikate oder "dekonstruktive Releketüre[n] [...] kanonischer Texte [zumeist] männlicher Autoren" (S. 33) zu liefern. Darüber hinaus ist es das Ziel des Unternehmens, philologische Kompetenz für kulturwissenschaftliche Zwecke zu mobilisieren. Dabei stehen zwei Hauptanliegen auf der Agenda: Erstens geht es um eine Rekonstruktion der "Geschichte weiblicher Wortergreifung" sowie der "Rahmenbedingungen der Redeauftritte in Vergangenheit und Gegenwart" und zweitens um einen Blick "auf die rhetorische Konstitution von Weiblichkeit im kulturellen Diskurs" (S. 36) überhaupt.

Methodisch liegt den Herausgeberinnen folglich ein Mitwirken an jenem Projekt am Herzen, das Albrecht Koschorke in seiner Habilitationsschrift Körperströme und Schriftverkehr so treffend auf den Begriff gebracht hat, wenn er fordert, die Dekonstruktion eine Vierteldrehung über sich selbst hinauszutreiben: über eine Beschäftigung mit den formalen Feinheiten von Texten hinaus die von ihnen zur Darstellung gebrachten oder sogar erst befestigten realen Machtmechanismen zu bedenken. Es geht also um eine kulturwissenschaftliche Erweiterung des für die Literaturwissenschaften so ergiebigen – mittlerweile aber auch deutlich an Grenzen gestoßenen – (post-)strukturalistischen Paradigmas oder plakativ gesagt: um eine Fusion dekonstruktiver und diskursanalystischer Perspektiven, eine Amalgamierung von de Man und Foucault. "Während der dekonstruktive Ansatz", schreiben die Herausgeberinnen, "immer das >miß-<, die Differenz, den Aufschub in den Blick rückt, lassen sich die Einsichten der Dekonstruktion mit einem diskurskritischen Blick auf Instanzen, Institutionen, politische, kulturelle u.a. >Einheiten< verbinden, um im Bewusstsein ihrer Nicht-Natürlichkeit, d.h. ihrer sprachlich-rhetorischen Konstruktion bzw. ihrer Setzung, eben den Akt der Setzung, ihre Strategien und Verfahrensweisen, aber auch ihre Voraussetzungen. Notwendigkeiten und Effekte zu beobachten" (S. 24).

Die Herausgeberinnen bemühen also keine Rhetorik theoretischer Überwindung, sondern schätzen auch im Rahmen ihres Anliegens das Innovationspotential der dekonstruktiven New Rhetoric alles andere als gering. So betont Martina Wagner-Egelhaaf Paul de Mans entscheidenden Beitrag, "das Instrumentarium der >alten<, d.h. der instrumentellen Rhetorik im Hinblick auf ihren Setzungscharakter transparent gemacht zu haben" (S. 48). Bei einer solchen Akzentuierung der rhetorischen Performativität seitens der Herausgeberinnen liegt es auf der Hand, dass die Beiträge sich durch die Bank nicht im Stile des Feminismus früherer Provenienz auf die Suche nach einer >unverstellten Weiblichkeit< begeben, die durch eine männliche dominierte Sprache und Gesellschaft unterdrückt wird. Jedenfalls bleibt das Stelldichein solch überkommener Argumentationsmuster die Ausnahme – wie sie aber (unglücklicherweise) in Andrea Lunsdorfs Eröffnungstext zur ersten Sektion vorliegt. Repräsentativer ist da schon Annette Kecks erfrischend respektloses Statement, dass ihr einige der alten feministischen Sprachregelungen nichts als ">eine Art moralischen Kater<" (S. 188) bereiten.

Vor entsprechenden Nebenwirkungen bleibt der Leser des Bandes weitgehend gefeit: Weiblichkeit wird nämlich (genauso wie Männlichkeit) als Konstrukt betrachtet, dessen Logik es ebenso historisch wie rhetorisch präzise zu durchleuchten gilt. Der >Frau< kommt dabei nicht mehr die Systemstelle des stummen Opfers zu: Im Anschluss an die amerikanische Philosophin und Rhetorikerin Judith Butler wird vielmehr erstens gefragt, wie "Bedeutungskonstitution durch soziale Praktiken und kulturelle Symbole" funktioniert. Daran anschließend lassen sich dann – so das zentrale Butler-Theorem der symbolischen Performanz – kulturell verbürgte Zuschreibungen etwa im Hinblick auf das Geschlecht "durch bestimmte subversive (parodistische) Akte", durch "verschobene Widerholung und Resignifikation" von ihren "scheinbar substantiellen und ontologischen" (S. 35) Grundlagen lösen.

Die Beiträge sind in vier Sektionen unterteilt, die ihrerseits noch einmal mit instruktiven kurzen Einführungen versehen sind:

  1. Rhetorik – Macht – Bildung
  2. Figur(ation)en weiblicher Rede
  3. Actio – Stimme – Körper
  4. Repräsentation

Rhetorik – Macht – Bildung

Die erste Sektion Rhetorik – Macht – Bildung fragt nach dem Ort des Weiblichen in der Redekunst, einer Disziplin, deren "Adressaten [...] in der Antike wie in der Neuzeit bis weit ins bürgerliche Zeitalter hinein männlichen Geschlechts waren" (S. 46). Wer sich auf die Suche nach weiblichen Zeugnissen in der Rhetorik macht, hat also mitunter die Tugend zu kultivieren, zwischen den Zeilen zu lesen oder aber aus männlichen Quellen die weibliche Stimme indirekt herauszufiltern, wie Henriette Harich-Schwarzbauer am Beispiel der neuplatonischen Philosophin Hypatia von Alexandria vorführt. Ein weiteres aufschlussreiches Porträt gilt dem autobiographischen Schreiben der mittelalterlichen Mystikerin Margareta Ebner (Susanne Bürkle) und schließlich werden die diskursiven Bedingungen für öffentliche weibliche Rede anhand der Behandlung von Statements vergewaltigter Frauen vor Gericht durchleuchtet: "Spuren einer Kultur der Skepsis gegenüber weiblichen Zeugen" (S. 104), der Topos des ebenso lügen- wie schwatzhaften Weibes, begegnet dabei in den unterschiedlichsten Diskursen: in Recht und Medizin wie in Literatur und Kunst (Christiane Künzel).

Figur(ation)en weiblicher Rede

Die Beiträge der Sektion Figur(ation)en weiblicher Rede entwerfen an der Schnittstelle zwischen Rhetorik und Literatur einen "Prospekt der weiblichen Kehrseite männlicher Rednerschaft" (S. 131). Im Zentrum steht dabei die "die literarische Produktivität von Weiblichkeitsimagines [...], die eine spezifische Relation von Sprache und Weiblichkeit produzieren" (S. 133). Wieder gilt es dabei – so Stephanie Kratz programmatisch in ihrer Einführung –, "der Falle ermüdender feministischer Empörungsrhetorik" (S. 133) zu entfliehen und statt dessen aus Gender-Perspektive historisch differenziert die literarisch-rhetorische Performativität des Weiblichen zu untersuchen.

So widmet sich Bettine Menke in ihrem forciert dekonstruktivistisch argumentierenden Beitrag der mythischen Echo-Figur. Deren Rede wird nicht nur als spöttisches Spiel mit dem männlichen Counterpart Narziß gelesen, sondern bezeichnet Menke zufolge eine Unterminierung "aller intentional-erfüllten Rede" (S. 137). Damit wird auch die polare Opposition zwischen >männlich< und >weiblich< verstört. Echo wird für Menke insofern zum "paradigmatische[n] Fall für das Thema >Weibliche Rede – Rhetorik der Weiblichkeit<", als sie "einen ethischen Imperativ artikuliert, der in der nicht-inkorporierenden Zulassung einer (anderen) anderen besteht" (S. 138). Marie Theres Wacker beschäftigt sich in Ihrem Aufsatz mit der Stimme weiblicher Prophetinnen in der hebräischen Bibel. In einer Lektüre des deuteronomistischen Geschichtswerks führt sie vor, wie sich zwischen den Zeilen männlicher Prophetie solche "female voices" hörbar machen lassen, denen nicht zuletzt im Rahmen von Kanonisierungsprozessen der Eingang in das biblische Textkonvolut verwehrt geblieben ist.

Die weiteren Beiträge widmen sich einem Prototyp weiblicher Maskerade, der vermeintlichen "Unverträglichkeit zwischen öffentlichem Vortrag und weiblicher Koketterie" (S. 189), so Annette Keck in ihrem bestechend geschriebenen Beitrag zu Hetärenfiguren in Sophie von La Roches Geschichte des Fräuleins von Sternheim und Irmgard Keuns Roman Das kunstseidene Mädchen – sowie um die "Geschlechterpolitik" (S. 218) georgischer Trauerrituale (Helga Kotthoff).

Actio – Stimme – Körper

Die dritte Sektion Actio – Stimme – Körper widmet sich der eigentlich performativen Qualität des Rhetorischen und geht dabei von der Beobachtung aus, dass die Kritik an einer allzu exaltierten rhetorischen actio seit jeher durch "Zuschreibungen von Weiblichkeit" (S. 247) geregelt ist.

In ihrem herausragenden Beitrag führt Doerte Bischoff an einer Fülle von Zeugnissen vor, wie der antike Philomele-Mythos, jene grausame Geschichte um Vergewaltigung, Verstümmelung einer Frau sowie die Schlachtung und Verspeisung ihres Kindes aus Ovids Metamorphosen, in der Literatur der Empfindsamkeit unter dem Zeichen einer "Entrhetorisierung" (S. 269) umcodiert wurde. Gilt Bischoff die antike Fassung als Zeugnis für "eine weibliche Körpersprache als Anderes der rhetorischen actio" (S. 256), so lässt sich die Umsemantisierung des 18. Jahrhunderts, wo Philomele zur emblematischen Figur einer weiblich konnotierten Naturstimme wird, als "charakteristisches Auschlußverfahren" lesen:

Indem weibliche Rede als Sprache des Herzens kodiert wird, wird zugleich der Ausschluß der Frauen von allen Podien öffentlicher Rede zementiert. (S. 271)

Entsprechend unterzieht Elisabeth Strowick Quintilians Institutio oratoria einer "dekonstruktiv-gendertheoretischen Relektüre" und weist nach, wie sich die Körperlichkeit im Rahmen der actio-Lehre "auf komisch-exzessive" (S. 285), und das heißt nicht zuletzt: auf mit dem Weiblichen konnotierte Weise zur Geltung bringt und dadurch – so eine Parallele ihres Beitrags zu demjenigen von Bettine Menke – "die Intentionalität des sprechenden Subjekts durchkreuzt" (S. 284).

Die Sektion wird abgerundet durch zwei theoretisch zurückhaltendere Beiträge. Zunächst konfrontiert Barbara Krug-Richter in historischen Fallstudien den Topos der >schwatzhaften Frau< mit der konkreten, Männer wie Frauen betreffenden "Geschwätzpraxis" (S. 304) im 17. und 18. Jahrhundert. Ferner widmet sich die Rhetorikerin Brigitte Mral dem Redestil schwedischer Politikerinnen, wobei die von der Öffentlichkeit geschätzten Parameter weiblicher Rede wie "Offenheit und Direktheit" (S. 344), "Humor" und "Liebenswürdigkeit" (S. 345) ein wenig zu ontologisiert daher kommen, d.h. in ihrem Status als mediale Erzeugnisse von Weiblichkeit, die nicht zuletzt spezifische (Macht-)interessen bedienen, unterschätzt bleiben.

Repräsentation

Die vierte Sektion fragt unter dem Titel Repräsentation nach dem Ort des Weiblichen in jenen kulturellen Rahmenkonstruktionen, welche den öffentlichen Raum, die Bedingungen der Möglichkeit politischer Partizipation modellieren.

Anna Marx' für sich genommen gelungene Analyse weiblicher Fremd- und Selbstbilder in Briefromanen des 18. Jahrhunderts (Rousseau, Laclos, von La Roche) bleibt für diese Absicht freilich zu unspezifisch, >zu literaturwissenschaftlich< im engeren Sinne. Einschlägiger ist da schon Claudia Bregers aspekt- und materialreiche Untersuchung zur Königsfigur als jener einst zentralen und in der Moderne zunehmend marginalisierten Schnittstelle zwischen politischer Macht und staatlicher Selbstdarstellung. Anhand einer Reihe von Beispielen aus Literatur, Film und Historiographie führt Breger die "effeminierte Theatralität des modernen Königtums" vor und macht den Monarchen als "Figur der Überlagerung von Stigmatisierung und Auszeichnung geschlechtlich-sexueller Transgression" (S. 396) lesbar. Ganz dem Filmischen widmet sich der (im Hinblick auf das Sektionsthema wieder ein wenig blassere) Aufsatz von Katharina Sykora. Darin wird eine Fallstudie zu Otto Premingers Film Noir Laura vorgelegt, der als "filmische Reflexion über die Rhetoriken von Wort und Bild" und damit verknüpft "über die Rhetoriken von Weiblichkeit und Männlichkeit" (S. 411) zu lesen sei.

Einen in jeder Hinsicht gelungenen Abschluss des umfangreichen Sammelbandes liefert Elisabeth Bronfens "Querlektüre" (S. 432) jener Figur der "klarsichtigen Tochter", welche als typologisches Gegenstück zu der – nicht zuletzt auch von Bronfen selbst mit ihrer Studie Over her dead body – zum feministischen Klassiker erhobenen Figur der Frau als Opfer, als Leiche bzw. als Hysterika zu verstehen ist. Bronfen analysiert zu diesem Zweck in einer Art Parforceritt Frauenfiguren aus Shakespeares Komödien Merchant of Venice, Love's Labour's Lost und Much ado about nothing, aus E.T.A. Hoffmanns Erzählung Der Sandmann sowie aus Stanley Kubricks bzw. David Finchers Filmen Eyes white shut und Fight Club. Nur prima facie werden die vorgeführten Frauen dadurch, dass sie die Position des "ganz Anderen" der symbolischen Ordnung, die Überschreitung, verweigern, zu bloßen Exponentinnen "jener kulturellen Kodes, die dem weiblichen Subjekt eine dominante Position scheinbar absprechen" (S. 432). Vielmehr, so Bronfens von nicht unbedingt branchenüblichem Optimismus (man könnte auch sagen: von einem >amerikanischen< spirit of pragmatism) geprägte Botschaft, werde dadurch die Macht und die Machbarkeit performativer Gesellschafts- und Geschlechtsmodellierung offenbar.

Fazit

Mit Bischoffs und Wagner-Egelhaafs Weibliche Rede – Rhetorik der Weiblichkeit liegt ein Sammelband vor, der durchweg gut lesbar, informativ und facettenreich ist, ohne dabei – wie dies so häufig bei Sammelbänden vorkommt – zerstreut oder beliebig zu wirken. In einer stattlichen Reihe besonders gelungener Beiträge (Bischoff, Strowick, Menke, Breger, Keck, Bronfen) verkörpert die Textsammlung darüber hinaus eine beachtliche theoretische Innovativität, welche poststrukturalistische und dekonstruktive Denkansätze in kulturanalytische und performanztheoretische Dimension weiterzutreiben sucht.

Eine Anmerkung sei zum Schluss noch erlaubt: In ihrer Einleitung zur Sektion Repräsentation beantwortet Doerte Bischoff jene Frage, ob eigentlich auch Männer als Frauenbeauftragte in öffentlichen Einrichtungen fungieren sollten, mit einem entschiedenen Ja. Eine solche Innovation könne nämlich, so Bischoff, "konsequent über die Fixierung weiblicher – und damit eben auch männlicher – Geschlechtsidentität hinausweis[en]", indem sie diese "als im Akt der Repräsentation jeweils aufs neue hergestellte und in diesem auch tranformierbare erkennbar werden" (S. 364) ließe. Wann aber, so ließe sich dies aufgreifen, werden dann endlich auch Sammelbände der vorliegenden Art nicht mehr wie selbstverständlich von einer monolithisch weiblichen Autorinnenschaft verantwortet werden? Dafür wäre freilich >männliches< Interesse an den verhandelten Fragestellungen die Voraussetzung. Der vorliegende Band bietet mit seiner beeindruckenden intellektuellen Energie in dieser Hinsicht ein vorzügliches Stimulans.


Dr. Heinz J. Drügh
Universität Tübingen
Deutsches Seminar
Wilhelmstraße 50
72074 Tübingen

E-Mail mit vordefiniertem Nachrichtentext senden:

Ins Netz gestellt am 21.11.2003
IASLonline

IASLonline ISSN 1612-0442
Copyright © by the author. All rights reserved.
This work may be copied for non-profit educational use if proper credit is given to the author and IASLonline.
For other permission, please contact IASLonline.

Diese Rezension wurde betreut von IASLonline. Sie finden den Text auch angezeigt im Portal Lirez – Literaturwissenschaftliche Rezensionen.

Redaktionell betreut wurde diese Rezension von Natalia Igl.


Weitere Rezensionen stehen auf der Liste neuer Rezensionen und geordnet nach

zur Verfügung.

Möchten Sie zu dieser Rezension Stellung nehmen? Oder selbst für IASLonline rezensieren? Bitte informieren Sie sich hier!


[ Home | Anfang | zurück | Partner ]