Schilling über Schiller und die Frauen.
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Schiller und die Frauen.

Neues zum Schillerjahr?

  • Jörg Aufenanger: Schiller und die zwei Schwestern. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2005. 197 S. 16 Abb. Paperback. EUR (D) 12,50.
    ISBN: 3-423-24446-1.
  • Sigrid Damm: Das Leben des Friedrich Schiller. Eine Wanderung. Frankfurt / M.: Insel 2004. 512 S. Gebunden. EUR (D) 24,90.
    ISBN: 3-458-17220-3.
  • Ursula Naumann: Schiller, Lotte und Line. Eine klassische Dreiecksgeschichte. Frankfurt / M.: Insel 2004. 200 S. Mit zahlr. Abb. Kartoniert. EUR (D) 8,00.
    ISBN: 3-458-34779-8.
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Von Goethe ist es längst bekannt, von Schiller musste es jetzt endlich auch einmal mitgeteilt werden: dass es in seinem Leben mehrere gab, mehrere Frauen. Man weiß zwar von der einen oder anderen. Aber dass man sie zum Thema einer Darstellung stilisieren könnte – das war bisher niemandem so recht eingefallen. Im großen Schiller-Jahr 2005 bleibt scheinbar kein möglicher Nebenweg als Zugang unbemerkt: es gilt, Friedrich Schiller wieder einmal neu zu entdecken.

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Zu den Publikationen, die sich dem Thema ›Schiller und die Frauen‹ widmen, zählen die Darstellungen von Ursula Naumann (bereits 2004) und Jörg Aufenanger (2005). Auch Sigrid Damms bereits vielbeachtete Schiller-Biographie nimmt mit einer ganz eigenen Perspektive dieses Thema auf.

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So bekannt und offen sie längst vor uns ausgebreitet daliegt, die Reihe voreiliger und zurückgewiesener Heiratsanträge des Flüchtlings ohne Einkommen, die unstatthafte und deshalb schnell verhandelte Beziehung zu der verheirateten Charlotte von Kalb und schließlich die immer wieder gern erzählte, die bürgerliche Wertewelt so angenehm irritierende ménage à trois mit Charlotte von Lengefeld und Caroline von Beulwitz – darstellen lässt sich das alles tatsächlich neu; unterschiedlich kommentiert, verschieden perspektiviert, aber nicht in jedem Fall gelungen. Gemein ist allen drei Darstellungen der eher populäre (bei Aufenanger gelegentlich auch populistische) Ton, ganz unakademisch und literarisch ambitioniert nähern sich die drei Philologen Schillers ›Frauengeschichten‹.

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Eine Frauengeschichte
des 18. Jahrhunderts

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Weil Ursula Naumann (wie Jörg Aufenanger und Sigrid Damm) nicht nur für ein Fachpublikum schreibt, erhält die nacherzählte Geschichte etwa der sonst noch berühmten Weimaraner viel Bekanntes. Gewiss kann man das auch als eine Konzession an diejenigen erklären, die wenig oder gar nichts von Friedrich Schiller wissen. Dass da manches reproduziert wird, was eine zweihundertjährige Schiller-Rezeption hervorgebracht hat, darf man Naumann gleichwohl vorwerfen.

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Dazu zählen etwa die Episoden um Schillers Aufenthalt in Dresden und sein Verhältnis zu den »Weimarischen Riesen«. Die Autorin bemüht sich um biographische Vollständigkeit – auch weil sie die darzustellende Geschichte in einem Zusammenhang sieht. Der Reiz ihres Buches aber ist ein anderer: die Konzentration auf den vereinzelten Aspekt. Deshalb stören gerade am Anfang die allgemeinen Explikationen über den biographischen Rahmen, darin ist das Buch inkonsequent. Wer Naumanns Buch liest, kennt den Schiller bereits, dessen Frauengeschichten jetzt interessieren sollen.

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Klug angelegt ist die Darstellung, wie sie im Rückgriff auf die berühmte Sage des Grafen von Gleichen die Aktualität des Themas beschwört. Naumann erzählt die Geschichte des Grafen, der auf einem Kreuzzug in türkische Gefangenschaft gerät, gleich zu Anfang: Die Tochter des Sultans verliebt sich dort in ihn und verhilft ihm zur Flucht unter der Bedingung, dass sie ihn zur Frau nimmt. Dem Grafen gelingt es tatsächlich, diese Verbindung vor dem Papst zu legitimieren und gegenüber seiner Frau im heimatlichen Thüringen zu rechtfertigen, und er lebt fortan eine glückliche Ehe zu dritt. Männerphantasien sind das auch, »der Männertraum einer gemäßigten Orientalisierung der abendländischen Ehe« (S. 14). »Klassisch« aber wird die Dreiecksgeschichte durch die literarischen Adaptionen – Goethes Stella (1776) etwa oder Rousseaus Briefroman Julie ou La Nouvelle Héloïse (1760/61), die Naumann als Belege für die Aktualität des Themas in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts anführt.

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Dass Friedrich Schiller sich nicht entscheiden konnte, welche der beiden Schwestern Lengefeld er denn eigentlich zur Ehefrau wünsche – das ist vorstellbares Leben und gewiss ein literarischer Topos. Fast könnte man meinen, es sei Teil der Inszenierung eines literarischen Lebens. Naumann lässt Schiller in seinen Briefen ausführlich zu Wort kommen, um die ambivalente Sehnsucht dieses Mannes darzustellen: die Sehnsucht nach der Ruhe einer Beziehung, wo wenig Sinnlichkeit, aber garantierte Wirtschaftlichkeit herrscht. Friedrich Schiller hat Beziehungen danach bewertet, wie sie Arbeitsbedingungen schaffen: Das wird deutlich daran, wie Naumann das abwägende Kalkül des Schriftstellers – besonders im Briefwechsel mit seinem Freund Körner – darstellt.

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Naumann lässt in ihrem Buch nichts aus, präsentiert die spektakulären Zitate aus Schillers Briefen und aus anderen Zeugnissen über Schillers Umgang mit Frauen. Leidenschaftlich, geradezu wahllos scheint sich Schiller in Stuttgart bewegt zu haben, als er dort Regimentsmedicus im Dienst des württembergischen Herzogs war. Die Verfasserin bemüht sich um Vollständigkeit; das wiederum schadet ihrer Darstellung. Man versteht eigentlich nicht, warum man diese ›Jugendsünden‹ braucht, die als Bestandteil noch beinahe jeder Biographie vertraut sind. Dann aber kann Naumann mit ihrer geschickten Auswahl an Briefzitaten, mit denen sie durchaus nicht sparsam ist, zeigen, wie wichtig Schiller die Ehefrau war – abstrakt sozusagen: an eine konkrete Person hat er offenbar nicht gedacht, als er Körner schrieb, dass er einer Ehefrau als

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[...] eines Mediums [bedürfe], durch das [er] die anderen Freuden genieße. Freundschaft, Geschmack, Wahrheit und Schönheit [würden mehr auf ihn] wirken, wenn eine ununterbrochene Reihe feiner wohlthätiger häuslicher Empfindungen [ihn] für die Freude stimmt und [sein] erstarrtes Wesen wieder durchwärmt. (S. 39)
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Die Autorin hat den historischen Hintergrund der dargestellten Biographien sorgfältig recherchiert: für das nicht-spezialisierte Publikum zweifellos eine gute Quelle. Zuweilen, insbesondere im ersten Teil, zerfällt ihre Monographie in Exkurse, dann wird zu wenig erzählt, wie Leben und gesellschaftlicher Kontext miteinander verwoben sind. Dennoch: Naumann weiß, dass man das Leben nicht ohne seine gesellschaftsgeschichtlichen Zusammenhänge verstehen kann. Der Alltag der drei – Schillers und der Schwestern – teilt sich nicht allein über ihre Briefe mit. Die wiederum aber werden vor dem hier angelegten Geschichtspanorama anders les- und letztlich auch neu interpretierbar.

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Stereotypen findet man freilich auch in Naumanns Darstellung. Caroline, Charlotte – die ältere erfahrene, die jüngere naive, die Intellektuelle hier, die Anschauende da. Neues entdeckt zunächst nicht, wer die Klischees über die Schwestern bereits in einer der unzähligen Schiller-Biographien nachgelesen hat. »Charlotte lernte nicht gern« (S. 46) – so erzählt, wird ein differenziertes Bild der späteren Ehefrau Friedrich Schillers kaum möglich. Aber die Autorin weiß, wie man kompliziert denkbare Verhältnisse klar ausdrücken kann. Und so lapidar es nacherzählt wird, entbehrt es auch nicht einer gewissen Komik – was dem Umgang mit dem Klassiker keineswegs schadet:

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Nach seiner Verlobung mit Charlotte schreibt Schiller ihr Liebesbriefe, die auch an Caroline gerichtet sind, er schreibt Caroline Liebesbriefe, die Charlotte einschließen, er schreibt Liebesbriefe, die an beide gerichtet sind. Und beide schreiben Liebesbriefe an ihn. (S. 119)
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Und Caroline von Beulwitz, spätere von Wolzogen, schreibt auch literarische Texte. Naumann weckt vor dem historischen Panorama – einer kleinen ›Frauengeschichte des 18. Jahrhunderts‹ – Interesse für diese vergessenen Geschichten, die »obsessionell« um das Thema »Dreiecksverhältnisse [...] kreisen« (S. 168). Da hat die eine – Caroline – mühsam, aber konstruktiv reflektiert, womit die andere – Charlotte – in ihrer ungetrübten Moral gar keine Schwierigkeiten hatte. So wie Naumann die beiden Schwestern zeichnet, entsteht ein antithetisches Frauenbild: Während Charlotte von Lengefeld gerade die Tugenden – Häuslichkeit, Bildung ohne intellektuellen Anspruch, Anpassungsbereitschaft – verkörpert, die dem (selbstverständlich männlich geprägten) Ideal einer Frau im 18. Jahrhundert entsprechen, steht Caroline von Beulwitz für diejenige Frau, die sich aus der Enge eines solchen Ideals bereits zu befreien versucht.

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Freilich: Als junge Adlige in einer längst bürgerlich geprägten, bedingt aufgeklärten Gesellschaft wurde ihr das nicht sehr schwer gemacht. In diesem Spannungsfeld von Anpassung und Aufbegehren muss sich auch Friedrich Schiller einen Ort suchen – das Dreiecksverhältnis wird so auch als ›Zeitgeist‹ verstehbar. Der Gestus in Naumanns Darstellung aber ist eindeutig. Und es stört keineswegs zu erkennen, dass die Sympathie der Autorin Caroline von Beulwitz gilt, die zweifellos den steinigeren Weg beschritten hat. In diesem Sinne ist Naumanns Buch zu Recht eine »historische Arbeit« zu nennen (S. 184).

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Schiller literarisch

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Jörg Aufenanger hat dagegen einen Roman versucht und also seine Phantasie gleich mitspielen lassen. Er erklärt es vorsichtig, konjunktivisch: »so könnte sich die Geschichte erzählen lassen« (S. 7). Wenn man erzählen könnte, muss man ergänzen. Aber es gebricht dem profilierten Wissenschaftler schon am rechten Stilgefühl:

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Charlotte steht neben ihrer Schwester, und obwohl es noch dunkel ist, sieht sie, daß Caroline vergeblich von ihm geküßt werden wollte und nun ihr Zucken im Gesicht bekommt, das sich gestern abend nicht eingestellt hat. (S. 7)
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Es ist ja wahr: Die Fiktion bedarf der Imagination des Autors. Aber die besonderen Möglichkeiten einer anderen Interpretation, die eine literarische Adaption des Stoffes in sich birgt, werden von Aufenanger kaum genutzt. Der Stil ist ein anderer, die Klischees sind geblieben. Wenn Aufenanger schreibt, Schiller sei – in Weimar angekommen –»in der Hand der Kalb«, dann wird bloß reproduziert, was das Schiller-Bild schon lange prägt. Das selbständige Leben in der Gesellschaft, der selbstbewusste Umgang Charlottes von Kalb waren verdächtig – und sind es offenbar für manchen bis heute geblieben.

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Dass sie die Briefe Schillers nach dessen endgültigem Rückzug vernichtet hat, wird Charlotte noch zweihundert Jahre später zum Verhängnis: zu viel Leere ist hier entstanden für die Phantasie. Zu sehr ist das Bild, das Aufenanger von dieser für Schillers Leben so bedeutenden Frau zeichnet, von Schillers eigenem Zeugnis bestimmt – und von der Wahrnehmung derjenigen, die das Verhältnis gar nicht unbefangen betrachten können.

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Aufenanger kennt sich aus, Fehler kann man ihm nicht nachsagen. Was er über das Leben Friedrich Schillers schreibt, ist richtig – aber auch bestens bekannt. Wer das alles anders und neu erzählen will, muss sich auch nach anderen Maßstäben messen lassen. Während Naumanns Darstellung auf das historische Interesse ihres Publikums zielt, versucht Aufenanger seine Leser durch eine unkonventionell erzählte Darstellung zu gewinnen. Das ist als Idee überzeugend. Aber mehr noch als sonst ist man bei dem Versuch, authentische Geschichte als Roman zu erzählen, der Gefahr des unpassenden Ausdrucks ausgeliefert.

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Salopp soll es gelegentlich in Aufenangers Text klingen und eben das missrät dann leicht. Was man von Charlotte von Kalb in seinem Buch lesen kann, hätte man lieber differenzierter präsentiert bekommen. Während Aufenanger sonst gerne das Bühnenbild selbst entwirft für die biographischen Szenen, die ihm wichtig erscheinen, verzichtet er hier ganz auf erklärende Illustrationen. Man liest bloß: »Sie bewohnte seinen Kopf und seinen Körper.« (S. 49)

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Dass Schiller im Briefwechsel mit Körner »immer wie von ihm ferngesteuert wirkt« (S. 52), ist ebenfalls eine inakzeptable Verkürzung. Und auch schlecht formuliert. Zugegeben, das sind vereinzelte Mängel des Ausdrucks, aber dazwischen gelingt auch nichts Neues, eigentlich kaum anderes als nacherzählter Briefwechsel. Aufenanger breitet mit solcher Ausführlichkeit die Briefe an Körner über Schillers Heiratsabsichten und -wünsche aus, dass sich die Frage aufdrängt: Muss man das alles so genau wissen – selbst wenn es sich um Friedrich Schiller handelt? Der eher dokumentarische Gestus der Darstellung Naumanns zeigt eine andere Genauigkeit: da sind es die Kontexte, in denen die Briefe – sorgfältiger ausgewählt – verständlicher werden.

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Schillers Werke –
nicht Schillers Frauen

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Anders als Ursula Naumann und Jörg Aufenanger hat sich Sigrid Damm in ihrer Monographie dem literarischen Werk Friedrich Schillers verschrieben – und sie kann auch überzeugend erklären, warum sie das tut. Wie in ihrer durchaus auch biographisch angelegten Darstellung das Frauenthema verhandelt wird, erscheint als hilfreiche Ergänzung – und auch als Korrektiv der oben besprochenen Bücher.

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Anders als Aufenanger kann Damm erzählen und schafft Authentizität durch die gleich eingangs ausgestellte Perspektive. Ihre persönliche, durch eine Kindheit und Jugend zum Teil noch im Nationalsozialismus, dann durch eine Studienzeit in der DDR geprägte Rezeption des Klassikers bleibt in ihrer Darstellung gegenwärtig: Es ist ein sehr persönliches Buch, für das sie gleich eingangs die Vorzeichen setzt. So erinnert sich die Autorin an eine Führung durch das Weimarische Schiller-Haus in ihrer Kindheit, und dass es einzig »die Stelle voller Flecken, Vertiefungen und Kratzer« auf Schillers Schreibtisch gewesen sei, die sie wirklich »berührt« habe, weil sie »seine Spuren zu tragen schien« (S. 12). Und sie erzählt, wie sie fünfzig Jahre später vor demselben Schreibtisch steht – ohne Flecken, ohne Kratzer.

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Damm ist sich bewusst, wie sie am Beispiel der ›retuschierten‹ Kratzer auf Schillers Schreibtisch reflektiert, dass dieser Autor »für jede Generation [...] neu aufpoliert« (S. 12) wird. Sie selbst will – Wieland Försters Schiller-Statue in Weimar als Vorbild nehmend – eine Biographie nach »menschlichem Maß« (ebd.). Und die gelingt ihr. Der »Arbeitsalltag Schillers« (S. 15) ist es, der sie interessiert, das »Schreiben als seine Daseinsform«, weil »jede Alltagsverrichtung, alles scheinbar Private [...] ihm zu- und untergeordnet« (S. 16) ist. Vor solchem Hintergrund erscheint der Blick auf das ›Frauenthema‹ in Schillers Leben eingeschränkt – oder richtiger: angenehm auf das richtige Maß reduziert.

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Damm erzählt das Leben Friedrich Schillers so, dass man das schon Bekannte gerne noch einmal liest. Gelegentlich häufen sich die Ellipsen, dann ist der Stilwille zu ausgestellt, wirkt geradezu formelhaft. Überzeugend aber ist das Prinzip der Leichtigkeit, mit der Damm auch Thesen zu den Werken formuliert, geradezu frech apodiktisch, wenn sie etwa in den Räubern zu »Ideologen pervertierte Idealisten« (S. 22) ausmacht. Weil man an der Sorgfalt der Recherchen merkt, dass eine Philologin ihre Überlegungen in solche Sätze gipfeln lässt, nimmt man sie gern zur Kenntnis. Die Texte sind ja bekannt, mindestens zugänglich, man darf der Autorin widersprechen.

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Weil aber die Biographie Friedrich Schillers nicht als fertiges oder gar klar konturiertes Bild zur kritischen Anschauung daliegt und der Öffentlichkeit nur bedingt zugeschrieben ist (anders als etwa das Leben Goethes oder Thomas Manns), erfordert dieses Leben einen differenzierteren Zugang. Und so fällt neben den sprachlich großzügigen Gesten der behutsamere Ton auf, mit dem Damm zum Beispiel die Frauenbeziehungen in Schillers Leben beschreibt.

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Selbstverständlich weiß und verbreitet sie, dass Charlotte von Kalb »in ihrer Verehrung für das Werk Schillers auch dessen Urheber zugeneigt« (S. 47) ist. Aber darüber hinaus äußert sie sich diskret im Konjunktiv und verzichtet auf den spekulativen (und zugleich spektakulären) Nebenton. Dass sie Werk und Menschen trennen kann, ohne dabei Stilbrüche zu riskieren, zeichnet ihre Darstellung aus.

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Damm hält sich nicht lange auf mit den Frauenbeziehungen – ihr Fokus bleibt auf das Werk gerichtet –, aber sie erfüllt die Erwartung an eine Darstellung etwa der ménage à trois mit Caroline von Beulwitz und Charlotte von Lengefeld durchaus. Indem sie Auszüge aus Briefen zusammenstellt, so dass ein neues Bild entsteht, dann längst Vertrautes hinzuzieht, gelingt ihr eine authentische Darstellung und eine respektvolle Stellungnahme. In ihrer Biographie wird ebenso die Perspektive der Schwestern wichtig, der Zweifel der mit Schiller verlobten Charlotte und die eifersüchtigen Gefühle beider Frauen werden thematisiert – gespiegelt erscheinen darin die Vorstellungen und Wünsche Schillers, bisweilen auch verzerrt.

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Eine überzeugende Darstellung seines Lebens braucht auch diese Perspektive. Bei Damm wird am deutlichsten, dass Schiller sein Leben plant und inszeniert wie seine Werke. Das verleitet dazu, die Frauen wie auch die anderen Personen in seinem Leben wie Figuren zu behandeln. Schiller selbst neigte dazu, seine Biographen bisweilen auch. Und so liest man beinahe überrascht: »Schillers Pläne, mit Caroline und Charlotte zu leben. Ohne Rücksicht auf Carolines Ehemann, Herrn von Beulwitz werden sie gemacht.« (S. 124) Allzu viele Nebenfiguren verträgt das selbst inszenierte Leben nicht.

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So wie Damm in ihrer viel beachteten Monographie Christiane und Goethe (1998) durch den anderen Blickwinkel – denjenigen der Frau – ein anderes Goethe-Bild entworfen hat, arbeitet sie auch hier: diejenigen neben Schiller bekommen Bedeutung. In dieser Vieldimensionalität gelingt tatsächlich noch einmal ein anderes Schiller-Buch.