IASLonline

Zur Schnittstelle zwischen Narratologie und Medienwissenschaft:

Nicole Mahnes Einführung in die transmediale Erzähltheorie

  • Nicole Mahne: Transmediale Erzähltheorie. Eine Einführung. (UTB 2913) Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2007. 143 S. 18 s/w Abb. Kartoniert. EUR (D) 16,90.
    ISBN: 978-3-8252-2913-9.
[1] 

Entwurf einer transmedialen Erzähltheorie

[2] 

Es ist beinahe zum Allgemeinplatz geworden, zu Beginn von narratologischen Studien auf die Allgegenwart des Erzählens hinzuweisen. Ebenso häufig wird dabei die Vielfalt narrativer Ausdrucksformen beschworen und deren spezifische Erzählstrukturen mit der kognitiv-kommunikativen Disposition des jeweiligen Erzählmediums in Zusammenhang gebracht. Zumeist bleibt es allerdings bei diesem salvatorischen Zugeständnis an eine an Bedeutung gewinnende Medienwissenschaft: Die konkreten Analysen vernachlässigen allzu häufig eine ausreichende Reflexion der medialen Spezifik des Erzählens. Diesem Desiderat möchte sich Nicole Mahnes bei UTB erschienene Einführung Transmediale Erzähltheorie annehmen. Darin sollen »die verschiedenartigen Möglichkeiten und Begrenzungen von Zeit- und Raumgestaltung, kommunikativen Verschachtelungen und Figurenwahrnehmung im Roman, Comic, Film, Hörspiel und in der Hyperfiktion« (S. 9) aufgezeigt werden.

[3] 

Klare Gliederung

[4] 

Zu diesem Zweck ist das Buch übersichtlich in zehn Kapitel gegliedert; fünf beschäftigen sich mit dem Entwurf einer transmedialen Erzähltheorie, fünf mit je einem der behandelten Erzählmedien Roman, Comic, Film, Hörspiel und Hyperfiktion: Die kurze Einleitung (1, S. 9–11) ordnet das Narrative als kognitive Grunddisposition des Menschen seinen konkreten medialen Ausdrucksformen über. Darauf folgt (2, S. 12–18) eine knappe Skizze der Forschungsgeschichte des Erzählbegriffs von ihren strukturalistischen Anfängen bis zu neueren medienorientierten Ansätzen. Das dritte Kapitel (3,19–20) bestimmt die Komponenten Figurenpersonal, Ort, Zeit und Ereignisstruktur als Grundelemente von Erzählungen. Daran schließt sich (4, S. 21–24) eine Operationalisierung des Medienbegriffs im Hinblick auf narratologische Fragestellungen an. Eine Betrachtung der Erzählstrukturen des Romans (5, 25–43) eröffnet den anwendungsorientierten Teil, da das elaborierte Analyseinstrumentarium der Romanforschung als Grundlage für die Untersuchung der anderen Erzählmedien dient. Die komplexen, multimedialen Erzählungen in Comic (6, 44–76) und Film (7, 77–103) werden relativ ausführlich behandelt. Das Hauptaugenmerk liegt jeweils auf den Besonderheiten bildlichen Erzählens. Das Kapitel zum Hörspiel (8, 104–109) entwirft dessen mediale Spezifik in Abgrenzung zum Hörbuch: Statt einen literarischen Text lediglich vorzulesen, wird im Hörspiel die Textvorlage bearbeitet sowie die narrativen Möglichkeiten von Musik und Ton genutzt. Die Medialität der Hyperfiktion (9, 110–125) wird im Gegensatz zu den Möglichkeiten und Begrenzungen literarischen Erzählens konzeptualisiert. Die knappe Schlussbetrachtung (10, 126–128) setzt die fünf behandelten Medien »in ihrem narrativen Leistungsvermögen« (S. 126) ins Verhältnis. Jedes der fünf anwendungsorientierten Kapitel sowie die Schlussbetrachtung werden tabellarisch zusammengefasst. Ein Abbildungs- und ein Tabellenverzeichnis, (unkommentierte) Literaturangaben, sowie ein Sachwort- und ein Namensregister schließen die Einführung ab.

[5] 

Problematischer Verzicht auf eine Erzähldefinition

[6] 

Der Blick ins Inhaltsverzeichnis zeigt, dass der Schwerpunkt des Buchs auf dem anwendungsorientierten Teil liegt: Knapp zwanzig Seiten transmedialer Erzähltheorie stehen gut hundert Seiten Anwendungsteil gegenüber, der das narrative Potenzial einzelner Medien fokussiert.

[7] 

Es geht der Verfasserin dezidiert nicht darum, zu klären, welche Elemente eines Erzähltextes transmedial und welche medienspezifisch sind: »Das Narrative als formales Verstehens- und Kommunikationsprinzip wird im Gegenteil allen medialen Erscheinungsformen übergeordnet« (S. 9). Dies geschieht in Anlehnung an Irina Rajewskys 1 (S. 9) und Werner Wolfs 2 (S. 16) Theorien der Intermedialität. Bezeichnenderweise verwendet die Verfasserin dabei die Begriffe Intermedialität und Transmedialität synonym: Stillschweigend verwandelt sie etwa Werner Wolfs »Beitrag zu einer intermedialen Erzähltheorie« 3 in »Werner Wolfs transmediale Erzähltheorie« (S. 16, Hervorhebung dort). Dabei ließen sich die Begriffe im Rahmen einer solchen Arbeit gewinnbringend voneinander abgrenzen: Durch Intermedialität gerät das Produkt einer Verbindung verschiedener Medien in den Blick, während Transmedialität Austausch- und Übergangsprozesse zwischen unterschiedlichen Medien untersucht. 4

[8] 

Folglich grenzt die Verfasserin ihre eigenen Überlegungen von Ansätzen ab, die Narrativität anhand konkreter Kriterien definieren, die in allen Erzählmedien auf eigene Weise verwirklicht sind. 5 Sie argumentiert wie folgt:

[9] 
Das Narrative, verstanden als universal structure, umfasst heterogene mediale Erscheinungsformen [...]. Es stellt sich folglich auch nicht die Frage nach definitionsrelevanten Präsentationsformen, die immer an das Spezifikum des konkreten Mediums gebunden sind [...]. (S. 16 f.)
[10] 

Eine Begriffsbestimmung des Narrativen wird also mit Hinweis auf die mediale Spezifik allen Erzählens verweigert. Selbstverständlich müssen im Rahmen einer medienbewussten Erzähltheorie Prämissen, die auf Besonderheiten nur eines Erzählmediums beruhen, vermieden und Terminologie- oder Theorietransfers zwischen unterschiedlichen Erzählmedien kritisch überprüft werden. Auf eine Definition des Narrativen gänzlich zu verzichten resultiert aber in der Preisgabe der wissenschaftlichen Anwendbarkeit und Trennschärfe des ohnehin von der Inflation bedrohten Begriffs. Vielmehr gälte es zu klären, welche Kriterien Erzähltexte medienübergreifend als ›narrativ‹ ausweisen und – darauf aufbauend – wie diese transmediale Narrativität in verschiedenen Erzählmedien jeweils umgesetzt wird.

[11] 

Ertragreicher Anwendungsteil:
Die Stärken einer medienbewussten Erzähltheorie

[12] 

Der Teil, der sich mit dem narrativen Potenzial einzelner Medien beschäftigt (Kap. 5 – Kap. 9, 25–125), besticht durch eine überzeugende Argumentation und anschauliche Textbeispiele. Hier zeigt die Verfasserin, was eine medienbewusste Erzähltheorie zu leisten vermag. Besonders im viel beachteten Feld der Romananalyse wird offenbar, dass eine medienorientierte Herangehensweise die Disziplin auf eine völlig neue Grundlage zu stellen imstande ist. Im Zuge der Konfrontation mit den mittlerweile nicht mehr ganz ›neuen‹ Medien kann die Literatur(wissenschaft) ihrer eigenen medialen Vorgaben gewahr werden. Nicole Mahnes Buch macht deutlich, dass die Literatur(wissenschaft) gut beraten ist, sich mit Medienkonkurrenz produktiv im Sinne einer Theorie- und Methodenreflexion auseinanderzusetzen statt sich auf eine elitäre Position zurückzuziehen. 6

[13] 

So kann die Verfasserin zeigen, dass das narrative Grundelement Raum für die visuellen Medien Comic und Film (S. 86), die Zeitkomponente hingegen für den sprachlich verfassten Roman konstitutiv ist (S. 34 f.), der sich – worauf schon Genettes wegweisende Studie 7 hinweist – an der (Tempus)struktur des Verbs orientiert. 8

[14] 

Darüber hinaus erweist sich ein Vergleich der Dominanz verschiedener Erzählfunktionen in den behandelten Medien als aufschlussreich. Dabei werden zunächst vier grundsätzliche Erzählfunktionen unterschieden: Die erzähltechnische, die die notwendigen Informationen über die erzählte Welt vergibt, die vermittlungsbezogene oder selbstreflexive, die den Erzählakt selbst thematisiert, die analytische, die sich kommentierend auf die erzählte Welt bezieht und die synthetische, die sich in allgemeinen Anschauungen ohne direkten Bezug zur erzählten Handlung manifestiert (S. 27, Hervorhebung dort). Darauf aufbauend kann die Verfasserin hinsichtlich der relativen Gewichtung dieser Funktionen in verschiedenen Erzählmedien feststellen:

[15] 
Im Unterschied zum Roman vermögen Erzählgattungen wie der Comic und der Film nicht in vergleichbarer Absolutheit die erzähltechnische Funktion auszuschalten. Das Bildmaterial enthält grundsätzlich Informationen über die Beschaffenheit der erzählten Welt [...]. (S. 27)
[16] 

Daran ließe sich eine Typologie verschiedener Erzählmedien hinsichtlich narrativer Grundkategorien wie Raum, Zeit, Erzählfunktionen, Fokalisierungsmöglichkeiten, Zeichenverwendung etc. anschließen. Einen ersten Ansatz hierzu formuliert die Verfasserin in ihrer Schlussbetrachtung (S. 126 f., siehe vor allem den tabellarischen Vergleich narrativer Medien, S. 128). Einzelne Punkte sind darin allerdings noch diskussionswürdig. So ist etwa nicht einzusehen, warum die Verfasserin die Annahme einer allen Zeichensystemen übergeordneten Erzählinstanz für den Film ablehnt (S. 17 bzw. S. 127 f.) – zumal sie selbst feststellt:

[17] 
André Gaudreault konstatiert, dass im Film der meganarrator nie vollständig hinter einem figuralen Erzähler der diegetischen Ebene verschwindet. In schriftsprachlichen Erzählungen übernimmt die eingebettete Erzählinstanz das relevante Ausdrucksmedium und ersetzt die aktuelle Kommunikationsebene. Der Film hingegen zeigt, was die diegetische Erzählinstanz nur sagen kann [...]. In der schriftbasierten Erzählliteratur drücken sich alle involvierten Erzähler in dem gleichen Zeichensystem Sprache aus [...]. Er [= André Gaudreault, N. H.] vernachlässigt allerdings die Tatsache, dass es sich oftmals um mündliche Erzählungen der Figuren handelt. Die Übertragung der gesprochenen Sprache in Schriftsprache verweist folglich, vergleichbar dem Film, auch auf eine übergeordnete Instanz [Hervorhebung dort]. S. 101 f.
[18] 

Neben der vergleichenden Typologisierung narrativer Medien sind die Erkenntnisse der Verfasserin zu einzelnen Erzählmedien aufschlussreich. So wird etwa das medienbedingte Gestaltungsprinzip des Comics aufgezeigt, aufgrund seiner Panelstruktur »den Anschein von Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen« (S. 54) zu vermitteln. Im Gegensatz dazu liegt dem Film durch die lineare Anordnung einzelner Einstellungen in der Montage eine sequenzielle Struktur zugrunde (S. 77). Als medienspezifische Besonderheit des Films wird die Möglichkeit herausgearbeitet, durch die Mobilität der Kamera innerhalb derselben Einstellung variable »Aufmerksamkeitszentren« (S. 77) zu schaffen. Auch die Hyperfiktion zeichnet sich durch eine besondere Nutzung ihres Darstellungsraumes aus. Darin unterscheidet sich von erzählender Literatur, die die räumlichen Dimensionen des Buchs meist nur spärlich als Gestaltungsmittel nutzt: »Der Bildschirm als dynamisches Oberflächenphänomen der Darstellung eröffnet [...] diverse Möglichkeiten der Erzählraumgestaltung.« (S. 112)

[19] 

Formale Mängel und inhaltliche Unschärfen

[20] 

Formale Mängel und inhaltliche Unschärfen schmälern den Ertrag des schönen Buchs. Wünschenswert für eine weitere Auflage wäre etwa die Korrektur der zahlreichen Tippfehler, die den Lesefluss zum Teil erheblich behindern und besonders bei Fachbegriffen (»isochon« statt isochron, S. 122 oder »offsreen« statt offscreen, S. 89) und wörtlichen Zitaten (S. 46, S. 80, S. 118 und S. 124) irritieren. Yasujirō Ozus Meisterwerk heißt Only Son (Hitori musuko 1936), nicht »Only So« (S. 80). Das Tabellenverzeichnis (S. 130) enthält falsche Seitenzahlen.

[21] 

Als verwirrend erweist sich auch die knappe Zitierweise der Verfasserin, die das zitierte Werk nur anhand des Autornamens ohne Erscheinungsjahr oder Kurztitel belegt. So lässt sich im Fall von Knut Hickethiers Beiträgen nur unter Berücksichtigung des jeweiligen Kontextes klären, ob aus seiner medienwissenschaftlichen Einführung 9 oder seiner Film- und Fernsehanalyse 10 zitiert wird (vgl. Fußnoten S. 15, S. 80, S. 82 und S. 92). Besondere Verwirrung stiftet die verkürzte Zitierweise in Kombination mit den häufigen Tippfehlern: Der Vermerk »Vgl. dazu auch Cohen« (Anmerkung 39, S. 26) verweist wohl auf die Studie von Dorrit Cohn. 11 Wäre gemäß der üblichen Zitierweise neben dem Autornamen das Erscheinungsjahr oder ein Kurztitel angegeben, ließen sich Belege – trotz etwaiger Tippfehler – leichter zuordnen.

[22] 

Gerade im Rahmen einer Einführung, die zur weiterführenden Lektüre anregen könnte, ist es ein echtes Versäumnis, dass die Verfasserin bei Bezugnahmen zur Forschungsliteratur nur den jeweiligen Autornamen angibt, nicht aber auf die entsprechende Publikation verweist. So wäre etwa William Nelles einschlägiges Werk zur Kommunikationsstruktur narrativer Texte 12 , dem die Verfasserin eine Typologie narrativer Metalepsen entnimmt (S. 32), durchaus wert, in das Literaturverzeichnis einer transmedialen Erzähltheorie aufgenommen zu werden. Dasselbe gilt für Espen Aarseths Beitrag zur Netzliteratur 13 , an dessen Klassifikation möglicher Rezipientenaktivität sich die Verfasserin anlehnt (S. 199). Im Fall des Anglisten Kurt-Michael Pätzold lässt sich gar nicht mehr nachvollziehen, welcher seiner Publikationen die Modifikation Genettescher Fokalisierungstypen (S. 39) entstammt. Ebenso fehlen konkrete Angaben zu Anleihen aus Werner Wolfs intermedialem Ansatz 14 (S. 24), Shlomith Rimmon-Kenans Erzähltheorie 15 (S. 35), Scott McClouds Comic-Studie 16 (S. 68) und Gérard Genettes Narratologie 17 (S. 121); ein Zitat von Claude Bremond (S. 13 f.) entstammt einer englischen Übersetzung und nicht dem angegebenen französischen Original.

[23] 

Noch problematischer ist der Umgang der Verfasserin mit der Forschungsliteratur dort, wo sie bisherige Lehrmeinungen kritisiert ohne konkrete Belege zu bringen. Beispielsweise schreibt sie im Bezug auf den auditiven Kanal des Films: »Einige Theoretiker verfallen dem Irrglauben, der Film ließe sich unabhängig vom Tonrepertoire nur auf der Basis des Bildmaterials analysieren und bewerten.« (S. 95) Hier wäre ein exemplarischer Verweis etwa auf die tatsächlich methodisch fragwürdigen Überlegungen Anke-Marie Lohmeiers angebracht, die den Sprechtrakt des Films aufgrund seines linguistischen Charakters bereits ausreichend theoretisiert sieht und folglich ebenso wie Filmton und -musik aus ihrer Filmtheorie ausklammert. 18

[24] 

Zu den formalen Mängeln treten inhaltliche Unschärfen. Als besonders problematisch erweist sich dabei das Genette 19 - Referat. Indem die Verfasserin Genettes homodiegetischen Erzähler mit Franz K. Stanzels 20 Ich-Erzählsituation bzw. Genettes heterodiegetischen Erzähler mit Stanzels auktorialem Erzähler gleichsetzt (S. 26), unterläuft sie eben jene Unterscheidung zwischen Erzählstimme und Fokalisierungsmodus bzw. zwischen den Genetteschen Fragen Wer spricht? und Wer sieht? 21 , auf die es der Genetteschen Narratologie notwendig ankommt.

[25] 

Auch der (indirekte) Bezug zur Zeichentheorie von Charles S. Peirce erweist sich als unzulänglich. Im Rahmen ihrer Mediendefinition spricht die Verfasserin von Medien »als Transportmittel für Botschaften, die mittels symbolischer oder ikonischer Zeichen zwischen Kommunikationspartnern ausgetauscht werden« (S. 21). Obwohl hier nicht explizit auf die Peircesche Semiotik verwiesen wird, sind ihr doch die Begriffe des symbolischen und ikonischen Zeichens entlehnt. 22 Dabei fehlt allerdings das Index-Zeichen, das bei Peirce die Trichotomie der drei möglichen Objektrelationen des Zeichens vervollständigt. 23 Besonders im Kapitel zur narrativen Funktionsweise des Comics (Kap. 6, 44–76) macht sich sein Fehlen dann auch bemerkbar. Mithilfe des Index-Zeichens hätten etwa Schrift-Bild-Relationen im Comic (S. 45–50) präziser beschrieben werden können. Was eine (vollständige) Anwendung der Peirceschen Semiotik für eine medienbewusste Comic-Analyse zu leisten vermag, lässt sich etwa in der hervorragenden Comic-Studie von Stephan Packard 24 nachlesen, der den von der Verfasserin favorisierten McCloud 25 an entscheidenden Stellen modifiziert und erweitert.

[26] 

Gelungene Einführung

[27] 

Nicole Mahne hat eine gelungene Einführung geschrieben. Ihr Buch zeichnet sich durch eine verständliche Sprache und eine klare Gliederung aus. Fachbegriffe werden systematisch eingeführt und mithilfe von Textbeispielen erläutert. Komplexe Sachverhalte sind anhand von übersichtlichen Schaubildern illustriert (S. 19, S. 30, S. 96, S. 113–115). Tabellarische Zusammenfassungen runden jeweils die anwendungsorientierten Kapitel sowie die Schlussbetrachtung ab (S. 43, S. 76, S. 103, S. 109, S. 125, S. 128). Abbildungen aus Comic-Klassikern unterstützen die Ausführungen über deren ikonische Funktionsweise (S. 48, S. 52, S. 55, S. 59, S. 61, S. 69, S. 71 f.). Der jeweilige Einbezug der Forschungsliteratur geschieht auf aktuellem Stand und zeigt das Bemühen, trotz der gegebenen Kürze ein breites Spektrum von Lehrmeinungen zum Thema zu berücksichtigen. Diese werden ins Verhältnis gesetzt und kritisch hinsichtlich ihres Analysepotenzials hinterfragt. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil des Buchs ist folglich seine Praxisorientierung: Das eingeführte Analyseinstrumentarium erfüllt nie einen Selbstzweck, sondern wird am praktischen Beispiel erprobt und mithilfe der zahlreichen Textbeispiele verdeutlicht.

[28] 

Fazit

[29] 

Der Schwerpunkt des Buchs liegt auf dem gelungenen, anwendungsorientierten Teil. Dabei verliert die Verfasserin nie aus dem Blick, dass sich ihr Buch an Studienanfänger richtet. Hauptkritikpunkte bleiben die formalen Mängel und der unzulängliche Theorieentwurf. Wer sich für die narrative Funktionsweise einzelner Medien interessiert, wird das Buch mit großem Gewinn lesen, wer sich für eine transmediale Theorie des Erzählens interessiert, folglich weniger.

 
 

Anmerkungen

Irina O. Rajewsky: Intermedialität. Tübingen et al.: Francke 2002.   zurück
Werner Wolf: Das Problem der Narrativität in Literatur, bildender Kunst und Musik: Ein Beitrag zu einer intermedialen Erzähltheorie. In: Vera Nünning / Ansgar Nünning (Hg.): Erzähltheorie transgenerisch, intermedial, interdisziplinär. Trier: WVT 2002, S. 23–87.    zurück
Werner Wolf (Anm. 2).    zurück
Zur Unterscheidung zwischen Trans- und Intermedialität siehe Urs Meyer / Roberto Simanowski / Christoph Zeller (Hg.): Transmedialität. Zur Ästhetik paraliterarischer Verfahren. Göttingen: Wallstein 2006.   zurück
Vergleiche etwa Thomas M. Leitch: What stories are. Narrative Theory and Interpretation. Pennsylvania: Pennsylvania State University Press 1986, Gerald Prince: Narratology. The Form and Functioning of Narrative. New York et al.: Mouton 1982, Seymour Chatman: Story and Discourse. Narrative Structure in Fiction and Film. Ithaca, London: Cornell University Press 1978, Marie-Laure Ryan (Hg.): Narrative across Media. The Languages of Storytelling. Lincoln, London: University of Nebraska Press 2004.   zurück
Ebenso und weiterführend Oliver Jahraus: Literatur als Medium. Sinnkonstitution und Subjekterfahrung zwischen Bewußtsein und Kommunikation. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2003, S. 9–22.    zurück
Gérard Genette: Die Erzählung. München: Fink 1994.    zurück
Ebd., S. 18 f. bzw. 153 f.    zurück
Knut Hickethier: Einführung in die Medienwissenschaft. Stuttgart, Weimar: Metzler 2003.   zurück
10 
Knut Hickethier: Film- und Fernsehanalyse. Stuttgart, Weimar: Metzler 32001.   zurück
11 
Dorrit Cohn: Transparent minds. Narrative Modes for presenting Consciousness in Fiction. Princeton: Princeton University Press 1983.   zurück
12 
William Nelles: Frameworks. Narrative levels and embedded narrative. New York et al.: Lang 1997.   zurück
13 
Espen J. Aarseth: Cybertext. Perspectives on ergodic literature. Baltimore et al.: Johns Hopkins University Press 1997.   zurück
14 
Werner Wolf (Anm. 2).   zurück
15 
Shlomith Rimmon-Kenan: Narrative Fiction. Contemporary Poetics. London: Methuen 1983.   zurück
16 
Scott McCloud: Comics richtig lesen. Hamburg: Carlsen 1995.   zurück
17 
Gérard Genette (Anm. 7).    zurück
18 
Anke-Marie Lohmeier: Hermeneutische Theorie des Films. Tübingen: Niemeyer 1996, besonders S. 50.   zurück
19 
Gérard Genette (Anm. 7).   zurück
20 
Franz K. Stanzel: Theorie des Erzählens. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 51991, S. 79.   zurück
21 
Gérard Genette (Anm. 7), besonders S. 132.   zurück
22 
Zur Dreiteilung von symbolischen, indexikalischen und ikonischen Zeichen siehe Charles Sanders Peirce: Semiotische Schriften. Hrsg. und übersetzt von Christian Kloesel und Helmut Pape. Bd. 1. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1986, S. 193–199.    zurück
23 
Vgl. hierzu auch Winfried Nöth: Handbuch der Semiotik. 2., vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage mit 89 Abbildungen. Stuttgart, Weimar: Metzler 2000, S. 66.   zurück
24 
Stephan Packard: Anatomie des Comics. Psychosemiotische Medienanalyse. Göttingen: Wallstein 2006, S. 267 f. (= Kapitel 7.2.2: Indexikalischer Verweis).    zurück
25 
Scott McCloud (Anm. 16).    zurück