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Ungenaue Rekonstruktion

Leo Perutz’ unzuverlässig erzählte Romane warten weiter auf eine präzise narratologische Beschreibung

  • Markus Fleckinger: Der unzuverlässige Erzähler bei Leo Perutz. Eine Strukturanalyse unzuverlässigen Erzählens. Saarbrücken: SVH-Verlag Südwestdeutscher Verlag für Hochschulschriften 2009. 221 S. Broschiert. EUR (D) 98,00.
    ISBN: 978-3-8381-0471-3.
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Der österreichische Autor Leo Perutz (1882–1957) gilt als Meister in der Beherrschung unzuverlässiger Erzählverfahren. Bis heute ist Perutz’ besondere Könnerschaft im Konstruieren komplexer und spannend erzählter Romane jedoch nicht mit der Aufnahme in den germanistischen Kanon gewürdigt worden – wohl unter anderem deswegen, weil ihre Komplexität im Laufe der Rezeptionsgeschichte häufig nicht bemerkt worden ist. In seiner Innsbrucker Dissertation hat nun Markus Fleckinger den Versuch unternommen, Perutz’ erzähltechnische Leistung bei der Erfindung unzuverlässiger Erzählerfiguren offenzulegen. 1

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Grundsätzlich gilt, dass Perutz’ Werk seit seiner Wiederentdeckung durch Hans-Harald Müller in den 1980er Jahren bis heute noch nicht umfassend erforscht worden ist. 2 Auch die genaue Beschreibung der unzuverlässigen Erzählverfahren, wie Fleckinger sie unternimmt, kann zu den Desiderata der Perutzforschung gerechnet werden. Für letztere gilt allerdings auch, dass sie in puncto Präzision zum Teil hinter den ausgeklügelten erzähltechnischen Experimenten des Urhebers ihres Untersuchungsgegenstands selbst zurückbleibt.

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Dies muss leider auch für Fleckingers Arbeit konstatiert werden. Diskussionsbedürftig sind unter anderem die Textauswahl, die zugrunde gelegten theoretischen Prämissen und der daraus sich ergebende methodische Zugriff sowie Fleckingers Umgang mit der zwar nicht üppigen, aber dennoch durchaus vorhandenen Forschungsliteratur. 3

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Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

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Fleckinger geht von folgenden Forschungsfragen aus:

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• Was leistet die Kategorie unzuverlässiges Erzählen für die Interpretation der Werke von Leo Perutz?

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• Was lehrt sie über den Lese- und Interpretationsprozess?

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• Mit welchen rhetorischen Mitteln wird unzuverlässiges Erzählen dargestellt und in welchem Kontext steht es?

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• Welche Bedeutung hat diese Kategorie im Kontext der phantastischen Literatur? (S. 208)

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In einem knappen theoretischen Teil setzt sich Fleckinger zu Beginn mit der narratologischen Forschung zum unzuverlässigen Erzählen auseinander. Den theoretischen Rahmen bildet Franz K. Stanzels »Typologie der Erzählsituationen« sowie Wayne C. Booths »Konzept der erzählerischen Unzuverlässigkeit«. Fleckinger beschreibt für jede der drei bekannten idealtypischen Stanzel’schen Erzählsituationen einzeln, inwiefern hier von erzählerischer Unzuverlässigkeit gesprochen werden kann. Er kommt zu dem Ergebnis, dass »[e]in unzuverlässiger Erzähler [...] meist ein persönlicher Ich-Erzähler« ist (S. 40), gesteht jedoch auch die Möglichkeit eines auktorialen unzuverlässigen Erzählers zu, womit er auch die Auswahl von Zwischen neun und neun für das Textkorpus begründet. 4

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Nach diesen theoretischen Vorüberlegungen analysiert Fleckinger im wesentlich umfangreicheren praktischen Teil die ausgewählten Korpustexte je einzeln nach einem weitgehend gleichbleibenden Analyseraster im Hinblick auf ihre Struktur, die zugrunde liegende Erzählsituation, die Erzählerfigur sowie die beiden aus dem Erzählten rekonstruierbaren Fabeln und fasst seine Ergebnisse am Ende jedes Unterkapitels noch einmal knapp zusammen. Dieses Vorgehen ermöglicht eine nicht-chronologisch vergleichende Lektüre, mit Hilfe derer die Unterschiede im jeweils gewählten Erzählverfahren besonders gut nachvollzogen werden können. Die etwas starre Aufteilung führt jedoch auch zu einigen Redundanzen, insbesondere deswegen, weil sich viele inhaltliche Überschneidungen ergeben – zum Beispiel in der Beschreibung der Erzählsituation oder der Erzählerfigur.

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Zum Abschluss diskutiert Fleckinger kurz, inwiefern Perutz’ Werk der literarischen Phantastik zugeordnet werden kann. Dazu bezieht er sich auf Todorovs Definition des Phantastischen und kommt zu dem Ergebnis, dass Perutz’ Werk nicht der literarischen Phantastik zugerechnet werden sollte.

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Erzählerische Unzuverlässigkeit als Textmerkmal
oder Interpretationsstrategie?

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Neben einem close reading der Texte aus dem Untersuchungskorpus geht es Fleckinger auch um die Frage, »[w]elche Bedeutung [...] diese Kategorie [des unzuverlässigen Erzählens, C.H.] für die Interpretation literarischer Werke und innerhalb der Erzähltheorie und die Erzählinstanz des unzuverlässigen Erzählers, besonders im Hinblick auf die Texte von Leo Perutz« hat (S. 5). Folglich will er seine Arbeit auch als grundsätzlichen narratologischen Forschungsbeitrag zum unzuverlässigen Erzählen verstanden wissen. Leider kommt die Arbeit dabei jedoch nicht über einige allgemeine und zum Teil vage Bemerkungen zum untersuchten Phänomen hinaus.

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So konstatiert Fleckinger am Ende seiner Untersuchung: »Unzuverlässiges Erzählen handelt von der Funktion der Abweichungen der Erzählerrede von der im und anhand des Textes feststellbaren Enzyklopädie« (S. 209). 5 Diese scheinbar prägnante Formulierung verwischt viele Probleme, die sich in der Auseinandersetzung mit dem Phänomen des unzuverlässigen Erzählens stellen, eher, als dass sie sie lösen hilft. Koppelt man die erzählerische Unzuverlässigkeit an den Eco’schen Enzyklopädiebegriff, so stellt sich die Frage, welches Differenzkriterium für die Unterscheidung zuverlässiger von unzuverlässigen Erzählverfahren noch zugrunde gelegt werden kann. Denn der Begriff der ›Enzyklopädie‹ bezieht sich erst einmal ganz allgemein auf Wissensbestände, wie Fleckinger selbst festhält (S. 31). Und dies umfasst auch Wissen über in der erzählten Welt lediglich imaginierte Sachverhalte. Es sind also nicht eigentlich die Abweichungen von im Text präsentierten enzyklopädischen Wissensbeständen, die eine Unterscheidung zuverlässiger von unzuverlässigen Erzählverfahren erlauben, sondern grob gesagt die textuelle Markierung des Erzählten als innerhalb der Diegese geltende oder nicht geltende Tatsachen. Trennschärfer als eine Unterscheidung mit Hilfe des Enzyklopädiebegriffs wäre daher wohl eine Differenzierung, die vom Normbegriff ausgeht, wie etwa diejenige von Booth.

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Als Zusatzkriterium nimmt Fleckinger daher an, dass der Erzählvorgang selbst thematisiert werden müsse, um von einem unzuverlässigen Erzähler sprechen zu können (S. 3, 8 und öfter). Als Beispiel zieht er einen kurzen Monolog der offenbar betrunkenen Erzählerin aus einer Kurzgeschichte von Marlen Haushofer heran. 6 Da hier der Erzählvorgang selbst nicht thematisiert wird, kann sie trotz ihres alkoholisierten Zustandes nach Fleckinger nicht als unzuverlässige Erzählerin bezeichnet werden. Im Fall der genannten Kurzgeschichte mag diese Annahme plausibel sein, ob aus einem solchen konkreten Beispiel jedoch verallgemeinerbare Aussagen getroffen werden können, muss bezweifelt werden. Viele fiktionale Erzähler thematisieren nicht den Erzählvorgang als solchen, dennoch kann es im Einzelfall sinnvoll sein, ihre Glaubwürdigkeit aufgrund von Informationen aus dem Ko-Text anzuzweifeln. In Zwischen neun und neun beispielsweise finden sich keine selbstreflexiven Bemerkungen des Erzählers, dennoch ist es möglich, den Romantext als Elaborat eines unzuverlässigen Berichterstatters zu bezeichnen. Mit einer inhaltlichen Einschränkung des Begriffs der erzählerischen Unzuverlässigkeit auf das Merkmal selbstreferentiellen Erzählens versehen würden jedenfalls viele Texte, die mit guten Gründen als ›unzuverlässig erzählt‹ rubriziert worden sind, von vorneherein ausgeschlossen. 7 Sinnvoller ist es von daher davon auszugehen, dass die Thematisierung des Erzählvorgangs eine mögliche Konsequenz der Wahl einer unzuverlässigen Erzählinstanz darstellt, die auf deren mangelnde Reliabilität verweisen kann. Sie ist jedoch keine notwendige oder hinreichende Bedingung für erzählerische Unzuverlässigkeit.

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In der damit zusammenhängenden Frage, ob erzählerische Unzuverlässigkeit definitorisch als Eigenschaft von Texten oder als Interpretationsstrategie des Rezipienten gefasst werden sollte, schließt Fleckinger sich Booth an und wendet sich teilweise polemisch gegen die Position Ansgar Nünnings, der in seinem kognitiv-narratologischen Modell die Annahme einer unzuverlässigen Erzählinstanz als eine mögliche Interpretationsstrategie von mehreren zur Auflösung textueller Inkohärenzen beschreibt. 8 Fleckinger kritisiert:

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Die Möglichkeit, einen unzuverlässigen Erzähler zu erkennen, wird nicht mehr im Text gesehen, der nach wie vor die wichtigste Informationsquelle für die fiktionale Welt ist, sondern in einem beliebig gesetzten Leser. (S. 25)
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Er unterstellt Nünning eine »extreme rezeptionsästhetische Position« (S. 25), was in dieser einseitigen Zuspitzung schlicht falsch ist. So nennt Nünning etwa eine umfangreiche Liste textueller Signale für erzählerische Unzuverlässigkeit und ist damit weit entfernt von einer radikal konstruktivistischen Position. 9 Es geht Nünning vielmehr darum zu zeigen, dass die Zuschreibung erzählerischer Unzuverlässigkeit eine durch Textfaktoren bedingte mögliche Form zur Herstellung von Kohärenz ist. Man muss diese Position nicht teilen, sollte sie jedoch wenigstens korrekt wiedergeben, bevor man sie mit der Unterstellung verwirft, Nünning öffne hier der Beliebigkeit bei der Interpretation von Erzähltexten Tür und Tor. 10

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Forschungsdesiderata oder Scheingefechte?

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Diese Form des Umgangs mit relevanter Forschungsliteratur muss für Fleckingers gesamte Studie konstatiert werden. Wenn Fleckinger gegen die Rubrizierung von Perutz’ Œuvre als ›phantastisch‹ im Sinne Todorovs argumentiert (S. 213), so unterschlägt er dabei beispielsweise, dass er nicht der erste ist, der diese Ansicht vertritt. So hat Hans-Harald Müller bereits vehement gegen Versuche argumentiert, Perutz der literarischen Phantastik zuzuordnen. 11 Offenbar hat Fleckinger Müllers Arbeiten zu diesem Thema jedoch entweder nicht zur Kenntnis genommen – was angesichts der immer noch gut überschaubaren Forschungsliteratur zu Perutz’ Werk verwundert –, oder er weist diesen Bezug im Text nicht explizit nach.

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Dies ist leider häufiger der Fall. Wenn Fleckinger etwa kritisiert, dass in der Sekundärliteratur »immer wieder über die Anthropomorphisierung der Erzähler geklagt« werde (S. 11), so ist diese Feststellung einerseits vage, weil die der von Fleckinger kritisierten Feststellung zugrunde gelegten Argumente nicht expliziert werden, andererseits verweist Fleckinger auch nicht darauf, gegen welche Autoren er sich hier genau wendet. Auch wenn er sich auf seine theoretischen Gewährsmänner Stanzel, Eco und Grice bezieht, weist er nicht immer durch Zitate oder bibliographische Angaben diejenigen Textstellen aus, auf die er sich im konkreten Zusammenhang genau berufen möchte. Dies ist wegen der daraus resultierenden mangelnden intersubjektiven Nachvollziehbarkeit seiner Thesen und der fehlenden forschungsgenetischen Transparenz durchaus ärgerlich.

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Bei näherem Hinsehen entsteht so der Eindruck, dass es sich bei der Diskussion einiger der von Fleckinger ausgewiesenen Forschungsdesiderata um Scheingefechte handelt, deren Behandlung mit Hilfe eines genaueren Blicks in die bereits vorhandene Sekundärliteratur wesentlich knapper hätte ausfallen können. Grundsätzlich wäre unter anderem zu fragen, warum Fleckinger seine Analysen unter Rekurs auf Stanzels Modell der Erzählsituationen vornimmt und nicht mit Hilfe einer Komponentenanalyse nach Genette. Die Kritik an Stanzels Modell ist schließlich bekannt 12 und Fleckinger selbst sieht sich im Zuge seiner Analysen gezwungen, Stanzels Modell für seine Zwecke deutlich zu modifizieren (S. 55, 70). Ein solches methodisches Vorgehen hätte deswegen mindestens der eingehenderen Rechtfertigung unter Einbezug größerer Mengen narratologischer Forschungsliteratur mitsamt den dazugehörigen bibliographischen Nachweisen bedurft.

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Funktionen erzählerischer Unzuverlässigkeit bei Perutz

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Grundsätzlich ist Fleckinger recht zu geben, wenn er betont, dass unzuverlässiges Erzählen ein »sehr vielschichtiges Phänomen ist« (S. 40), dessen Reiz sich erst in seiner je individuellen literarischen Ausgestaltung erweist. Eine genaue Betrachtung der einzelnen Korpustexte erscheint von daher methodisch geradezu geboten. Allerdings bedürfte die Zusammenstellung dieses Korpus der genaueren Begründung.

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So geht Fleckinger etwa nicht darauf ein, warum er Perutz’ Romanerstling Die dritte Kugel nicht mit berücksichtigt, obwohl Jan-Christoph Meister dafür argumentiert hat, dass die vom Erzähler suggerierte personale Identität von Grumbach und dem Wildgraf am Rhein bezweifelt werden kann. 13 Dies gilt in gleicher Weise für die Erzählung Herr, erbarme dich meiner!, für die Bettina Clausen darauf hingewiesen hat, dass möglicherweise Erzähler und Protagonist identisch sein könnten, obwohl dies im Text selbst nicht explizit gesagt wird. 14 Auch hier gilt: Man muss weder Meisters noch Clausens Ansicht teilen, aber bei der Begründung der Korpuszusammenstellung wäre ein kurzer Verweis auf deren abweichende Forschungspositionen wünschenswert gewesen.

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Fleckinger nimmt die von ihm ausgewählten Texte mit dem Ziel in den Blick, »die Textstrategien genauer zu beschreiben, mit denen der Autor Leo Perutz die genannten Romane derart konstruiert hat, dass ihnen mehrere Fabeln zugrunde liegen können, ohne dass eine davon widerspruchsfrei beanspruchen dürfte, die richtige zu sein« (S. 6). Diese Feststellung ist im Rahmen der gesamten Arbeit nicht vollständig konsistent, wenn man sie mit den nun folgenden Einzelanalysen vergleicht. So lässt sich Zwischen neun und neun vollkommen widerspruchsfrei als Phantasie eines Sterbenden lesen – ein Ergebnis, zu dem auch Fleckinger in seinen Analysen kommt (S. 62).

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Gewinnbringender als der Versuch einer Systematisierung ist daher auch die differenzierte Betrachtung der einzelnen Texte mit ihren je unterschiedlich ausgestalteten unzuverlässigen Erzählern. So erweist sich etwa die von Matias Martínez und Michael Scheffel vorgenommene Unterscheidung von mimetisch und theoretisch unzuverlässigem Erzählen als fruchtbar für die Einzeltextanalysen. Fleckinger weist hier nach, dass Jochberg aus Der Marques de Bolibar als theoretisch unzuverlässiger Erzähler klassifiziert werden kann, 15 während Amberg aus St. Petri-Schnee mimetisch unzuverlässig ist und der Freiherr von Yosch aus Der Meister des jüngsten Tages sowohl mimetisch als auch theoretisch unzuverlässig von den Ereignissen um den Tod des Hofschauspielers Bischoff berichtet.

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Verwunderlich ist allerdings, dass Fleckinger hier nicht mit Martínez und Scheffel weiter mimetisch teilweise unzuverlässiges Erzählen und mimetisch unentscheidbares Erzählen unterscheidet – eine zusätzliche Binnendifferenzierung, von der die Textanalyse zu Zwischen neun und neun etwa hätte profitieren können, handelt es sich bei diesem Roman, wie übrigens auch Martínez und Scheffel zeigen, genau um den Fall mimetisch teilweise unzuverlässigen Erzählens. 16

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Fazit

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Fleckingers Arbeit stellt weder für die Perutzforschung noch für die Forschung zur erzählerischen Unzuverlässigkeit einen wesentlichen neuen Beitrag dar. So sehr seinem methodischen Vorgehen eines close reading recht zu geben ist, weil »wie bei kaum einem anderen Dichter [ ] es gerade die erzähltechnische Gestaltung [ist], die in Perutz’ Romanen stets zur jeweiligen inhaltlichen Kernaussage führt« 17 , so problematisch ist es, dass die theoretischen Voraussetzungen, auf denen Fleckingers Analysen fußen, begrifflich vage bleiben und relevante Forschungsliteratur nur in Teilen wiedergegeben oder gar nicht berücksichtigt wird. Als störend erweist sich vor diesem Hintergrund der zuweilen belehrende bis polemische Ton der Arbeit – insbesondere deshalb, weil Fleckinger sich nicht immer die Mühe macht, das Ziel seiner Kritik durch genaue bibliographische Angaben auszuweisen. 18

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Darüber hinaus sticht die schlechte Lektorierung des Bandes ins Auge. So sind Zitate zum Teil nicht ausgewiesen (vgl. z.B. das Rushdie-Zitat auf S. 127), Langzitate werden zum Teil eingerückt, zum Teil in den Fließtext integriert, einige Korrekturmarkierungen sind augenscheinlich stehen geblieben (z.B. S. 51), der Text ist insgesamt uneinheitlich formatiert etc. Kurios ist, dass Fleckinger den Literaturwissenschaftler Fotis Jannidis in den Fußnoten konsequent mit »Fotidis« zitiert (z.B. S. 7, Fußnote 10). Die Arbeit erweckt so den Eindruck, als sei sie überhastet für die Drucklegung vorbereitet worden.

 
 

Anmerkungen

Fleckinger untersucht vier Romane (Zwischen neun und neun, Der Marques de Bolibar, Der Meister des jüngsten Tages, St. Petri-Schnee) und eine Erzählung von Perutz (Nur ein Druck auf den Knopf).   zurück
Vgl. dazu etwa die umfangreiche Liste von Forschungsdesiderata, die Peter Lauener zusammengestellt hat. Peter Lauener: Die Krise des Helden. Die Ich-Störung im Erzählwerk von Leo Perutz. (Hamburger Beiträge zur Germanistik 41) Frankfurt/M.: Peter Lang 2004, S. 20.   zurück
Vgl. dazu etwa die von Michael Mandelartz erstellte Bibliographie in: Tom Kindt / Jan Christoph Meister (Hg.): Leo Perutz’ Romane. Von der Struktur zur Bedeutung. Tübingen: Niemeyer 2007, S. 188–204.    zurück
Diese Zuordnung widerspricht allerdings Stanzels Zuordnungsvoraussetzungen im Typenkreis, nach denen Zwischen neun und neun wohl eher als personal erzählter Roman klassifiziert werden müsste. Vgl. Franz K. Stanzel: Theorie des Erzählens. (UTB 904) Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1979, S. 241.   zurück
Hervorhebung im Original.   zurück
Vgl. Marlen Haushofer: »I’ll be glad when you’re dead...«. In: M.H.: Schreckliche Treue. Gesammelte Erzählungen. München: List Taschenbuch 2003, S. 323–335, hier S. 323.   zurück
Betrachtet man Fleckingers Textanalyen genauer, so entsteht der Eindruck, dass es ihm statt um den Begriff der »Thematisierung«, der nahelegt, dass über den Erzählvorgang als solchen im Text reflektiert wird, allgemeiner um textuelle Signale zu tun ist, die die Zuschreibung der Eigenschaft ›unzuverlässig‹ plausibel erscheinen lassen. Eine genaue Begriffsexplikation hätte hier helfen können, solche Unklarheiten zu vermeiden.   zurück
Vgl. Ansgar Nünning: Unreliable Narration zur Einführung. Grundzüge einer kognitiv-narratologischen Theorie und Analyse unglaubwürdigen Erzählens. In: Ansgar Nünning (Hg.): Unreliable Narration. Studien zur Theorie und Praxis unglaubwürdigen Erzählens in der englischsprachigen Erzählliteratur. Trier: WVT 1998, S. 3–39.    zurück
Ebd., S. 27 f.   zurück
10 
Genauer ließe sich wohl anmerken, dass Nünnings Entwurf eines kognitiv-narratologischen Analyseverfahrens zur Ermittlung erzählerischer Unzuverlässigkeit zwischen einem klassisch strukturalistischen und einem rezeptionsästhetisch empirisch fundierten Zugriff changiert, ohne dass die unterschiedlichen theoretischen Voraussetzungen, auf denen beide Ansätze basieren, befriedigend miteinander vermittelt würden.   zurück
11 
Hans-Harald Müller: Literarische Phantastik oder Interpretationsprobleme? Zur Erzählkonzeption von Leo Perutz – dargestellt an der Novelle »Nur ein Druck auf den Knopf«. In: Thomas Eicher (Hg.): Grenzüberschreitungen um 1900. Österreichische Literatur im Übergang. Oberhausen: Athena 2001, S. 177–191 sowie H.M.: Leo Perutz. (Beck’sche Autorenbücher 625) München: C.H. Beck, S. 99–102. Letzteren Text nennt Fleckinger selbst in seiner Bibliographie.   zurück
12 
Vgl. etwa Matias Martínez und Michael Scheffel: Einführung in die Erzähltheorie. 6. Auflage. München: C.H. Beck 2005, S. 93 f.   zurück
13 
Jan Christoph Meister: Das paralogische Lesen von Identität. Leo Perutz’ Roman Die dritte Kugel. In: Modern Austrian Literature 22 (1989), S. 71–91. Der Erzählvorgang wird im Roman auch explizit thematisiert.   zurück
14 
Bettina Clausen: Leo Perutz: Herr, erbarme dich meiner! Ein Lesart-Vorschlag. In: Brigitte Forster / Hans-Harald Müller (Hg.): Leo Perutz. Unruhige Träume – Abgründige Konstruktionen. Dimensionen des Werks, Stationen der Wirkung. Wien: Sonderzahl 2002, S. 50–72. In gleicher Weise wäre auch zu begründen, warum Fleckinger Turlupin und die Erzählungen Das Gasthaus zur Kartätsche und Die Geburt des Antichrist nicht näher untersucht. Vgl. dazu etwa Tom Kindt: Turlupin oder: Und wo bleibt das Ethische, Herr Perutz? In: Tom Kindt / Jan Christoph Meister (Anm. 2), S. 69–79.   zurück
15 
In gleicher Weise kann aber auch die Glaubwürdigkeit des Herausgebers in Zweifel gezogen werden wie auch die von Jochberg geäußerten mimetischen Sätze. Vgl. etwa Wilhelm Schernus: Der Marques de Bolibar oder: Ein Spiel mit der Romanform. In: Tom Kindt / Jan Christoph Meister (Anm. 2), S. 35–48.   zurück
16 
Vgl. Matias Martínez / Michael Scheffel (Anm. 8), S. 102 f.   zurück
17 
Reinhard Lüth: Drommetenrot und Azurblau. Studien zur Affinität von Erzähltechnik und Phantastik in Romanen von Leo Perutz und Alexander Lernet-Holenia. (Studien zur Phantastischen Literatur 7) Meitingen: Corian-Verlag 1988, S. 19.   zurück
18 
So unterstellt er etwa dem Narratologen Jürgen H. Petersen, dieser wisse nicht, dass das englische Wort »rhetoric« mehrere Bedeutungen haben könne, ohne dies wenigstens an Petersens Texten zu belegen (S. 13).   zurück