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Einführung
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Die Erörterung des Verhältnisses von Philosophie und fiktionaler Literatur gehört seit dem poetologischen Diktum des Aristoteles, dass »Dichtung etwas Philosophischeres und Ernsthafteres«
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sei, als Historiographie, zu den immer wiederkehrenden Problemstellungen einer theoretischen Reflexion über Gemeinsamkeiten und Differenzen philosophischen Nachdenkens über Mensch und Welt einerseits und der literarischen Darstellung menschlichen Denkens und Handelns andererseits. Dass sie nichts von ihrer Aktualität verloren hat, zeigt das Erscheinen der Blackwell Companion to the Philosophy of Literature.
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Namentlich die erste der sieben Sektionen behandelt »Relations between Philosophy and Literature«. In den weiteren Umkreis der Diskussion um das Verhältnis von Philosophie und fiktionaler Literatur gehören auch die Debatten um die kognitive Signifikanz fiktionaler Literatur sowie den Intentionalismus.
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Sie sind Gegenstand der Sektionen fünf, »Narrative and the Question of Literary Truth« und sechs, »Intention and Biography in Criticism« und sollen in der vorliegenden Rezension ausführlich erörtert werden. Abgeschlossen wird die Erörterung der Behandlung von kognitiver Signifikanz und Intentionalismus von den Beiträgern der Companion durch eine kurze Synthese, die die von der Companion versammelten Positionen im Horizont um die Frage nach dem Verhältnis von Philosophie und fiktionaler Literatur diskutiert.
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Wenn am Ende der Rezension eine kurze Kritik des Companion abgegeben wird, orientiert sich diese vor allem an dem Anspruch der Herausgeber, Garry L. Hagberg und Walter Jost, (i.) mit der Companion der Behandlung klassischer Fragestellungen durch ihre Verknüpfung mit jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet der analytischen Ästhetik neue Impulse gegeben und (ii.) eine abstrakte theoretische Reflexion durch konkrete Beispiele aus dem Kanon der westlichen Literaturgeschichte veranschaulicht zu haben.
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Da eine ähnlich extensive Behandlung der anderen Sektionen der Companion den Rahmen der Rezension sprengen würde, soll mit einem kurzen Überblick begonnen werden, um einen groben Eindruck von den Themen zu geben, die in der Companion behandelt werden:
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Überblick
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1. Sektion »Relations between Philosophy and Literature«: Die Beiträger der bereits angesprochenen ersten Sektion erörtern im engeren Sinne das Verhältnis von Philosophie und fiktionaler Literatur. Richard Shusterman geht in seinem Beitrag der Frage nach, inwiefern sich Philosophie der Reflexionsmöglichkeiten genuin literarischer Darstellungsstrategien bedient, um anschließend die Selbstständigkeit der Philosophie herauszuarbeiten. Demgegenüber argumentiert Roger A. Shiner für die diskursive Parität von Philosophie und fiktionaler Literatur –»their fundamental kinship« (S. 36). Walter Jost wiederum konzentriert sich auf die Seite der fiktionalen Literatur und fragt nach dem philosophischen Potential fiktionaler literarischer Werke. Abgeschlossen wird die Sektion durch Arthur C. Dantos Aufsatz »Philosophy and/as/of Literature«.
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2. Sektion »Emotional Engagement and the Experience of Reading«: Die Beiträger der zweiten Sektion befassen sich mit der affektiven Wirkungsdisposition fiktionaler literarischer Werke.
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3. Sektion »Philosophy, Tragedy, and Literary Form«: Die dritte Sektion schließt wiederum an die Frage nach der ›Philosophiezität‹ fiktionaler Literatur an. Die Behandlung der Problemstellung erfolgt gattungsspezifisch am Beispiel der Tragödie.
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4. Sektion »Literature and the Moral Life«: Die Beiträge der vierten Sektion sind im Kontext einer Diskussion zu verorten, für die sich seit den beginnenden 1990ern der Begriff des ›New Humanism‹ beziehungsweise ›Ethical Criticism‹ herausgebildet hat. Diskutiert wird einerseits, ob es legitim ist, fiktionale Literatur mit moralischen Standards zu bewerten. Gefragt wird also, ob man fiktionaler Literatur, verstanden als Kunstform, gerecht wird, wenn man ein fiktionales literarisches Werk als ›schlecht‹ qualifiziert, weil es eine fragwürdige moralische Position zum Ausdruck bringt. Die Beiträger erörtern zum anderen die Frage, ob fiktionale Literatur das Moralverständnis ihrer Leser schulen kann. Insbesondere Martha Nussbaum argumentiert, dass die Möglichkeit einer moralischen Bildung der Leser fiktionaler Literatur qua Lektüre die moralphilosophische Dimension fiktionaler Literatur konstituiert.
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5. Sektion »Narrative and the Question of Literary Truth«: Privilegierter Untersuchungsgegenstand der Beiträge der fünften Sektion ist erzählende fiktionale Literatur. Gregory Currie widmet sich in seinem Aufsatz einem im engeren Sinne narratologischen Problem. Der Beitrag Richard Eldridges ist der einzige der Companion, dessen Reflexion sich ausschließlich auf Lyrik konzentriert. Die Beiträge von Eldridge sowie diejenigen von Mitchell Green und Peter Lamarque erörtern, ob die Frage nach der kognitiven Signifikanz fiktionaler literarischer Werke fiktionaler Literatur als solcher adäquat ist.
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6. Sektion »Intention and Biography in Criticism«: Die Beiträge der sechsten Sektion sind in erster Linie Fragen den Intentionalismus betreffend gewidmet. Stein Haugom Olsens Aufsatz erörtert die heuristische Funktion biographischer Informationen bei dem Versuch einer Bedeutungsrekonstruktion fiktionaler literarischer Werke.
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7. Sektion »On Literary Language«: Aus sprachphilosophischer Perspektive reflektieren die Beiträger der siebten und letzten Sektion über Funktion und Eigenart des Mediums Sprache in fiktionaler Literatur. Jon Cook und Robert Read gehen explizit von der Sprachphilosophie Ludwig Wittgensteins aus. Ted Cohen und Charles Altieri erörtern die semiotischen Darstellungsmechanismen fiktionaler Literatur. Cohen greift zu diesem Zweck auf den Begriff der Exemplifikation Nelson Goodmans zurück. Altieri hingegen interessiert sich für metaphorische Sprache in fiktionaler Literatur. Abgeschlossen wird die Sektion mit Stanley Cavells »Macbeth Appalled«.
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Philosophie und Literatur
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1. Kognitive Signifikanz – Sektion V. »Narrative and the Question of Literary Truth«
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Die Beiträge der fünften Sektion stammen von Gregory Currie, Mitchell Green, Richard Eldridge und Peter Lamarque.
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Green und Eldridge argumentieren für die kognitive Signifikanz fiktionaler Literatur. Peter Lamarque vertritt die Position des Nonkognitivismus, die auf der These beruht, dass fiktionale Literatur zwar durchaus kognitiv signifikant sein kann, dass die kognitive Signifikanz fiktionaler Literatur jedoch nicht den Wert fiktionaler literarischer Werke als Kunstwerke berührt.
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Peter Lamarque, »Literature and Truth«: Peter Lamarques Frage nach der kognitiven Signifikanz fiktionaler Literatur erfolgt vornehmlich in Form einer Auseinandersetzung mit der sogenannten Propositionstheorie der kognitiven Signifikanz fiktionaler Literatur. Die Propositionstheorie basiert auf der These, dass eine angemessene Würdigung zumindest einiger fiktionaler literarischer Werke eine Rekonstruktion der impliziten Propositionen einschließt, die diese Werke über die Hintergrundsemantik ihrer expliziten Propositionen kommunizieren und als wahre Aussagen darüber, was in der Welt der Fall ist, behaupten.
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Wird die Propositionstheorie akzeptiert, ist mit ihr, wie Lamarque festhält (vgl. S. 373–375), eine argumentative Grundlage für den Vergleich von fiktionaler Literatur einerseits und andererseits solcher diskursiver Praktiken, namentlich Philosophie und Historiographie, gegeben, die Erkenntnisse über den Menschen und sein Dasein in der Welt produzieren und durch diese Generierung propositionalen Wissens definiert werden.
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Lamarque streitet die Möglichkeit fiktionaler literarischer Werke, wahre Aussagen zu kommunizieren und damit als Quelle theoretischen Wissens zu fungieren, nicht ab. Er vertritt jedoch die Position, ohne diese allerdings argumentativ zu stützen, dass ein Interesse an der kognitiven Signifikanz fiktionaler Literatur beziehungsweise der Möglichkeit des Wissenserwerbs durch die Lektüre fiktionaler Literatur nicht das vorrangige Motiv sei, das Leser zur Lektüre fiktionaler literarischer Werke veranlasse. Die Beschäftigung mit fiktionaler Literatur, so Lamarque, sei durch das Interesse an einer besonderen ästhetischen Lusterfahrung motiviert: »[...] readers seek a distinctive kind of pleasure from their reading. [...] Readers like to be imaginatively involved with the narrative or subject content, they like to find coherence and interest at a broader thematic level, they enjoy and look out for formal qualities of structure and design.« (S. 382–383, Kursivdruck von mir, A.B.)
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Lamarque greift hier ein Argument auf, das er gemeinsam mit Stein Haugom Olsen in der, für die analytische Ästhetik grundlegenden Monographie Truth, Fiction, and Literature (1994) entwickelt hat. Argumentiert wird, dass die Beschäftigung mit fiktionaler Literatur durch ein Interesse an der Definition und Entwicklung allgemeinmenschlich relevanter Themen durch literarische Werke motiviert wird, das heißt ein Interesse an der Thematisierung von Fragen, Problemen und Gegenständen, die die menschliche Natur betreffen.
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Gegen Lamarques Verständnis von fiktionaler Literatur ist einzuwenden, dass es intuitiv nicht überzeugend ist, die Verhandlung eines Themas durch ein fiktionales literarisches Werk als allgemeinmenschlich relevant zu qualifizieren und durch sie das Interesse an dem fraglichen Werk zu begründen, wenn gleichzeitig die Frage nach der Wahrheit der thematischen Stellungnahmen des literarischen Werkes ausgeschlossen wird. Hinter diesem Einwand steht die Annahme, dass die Identifikation eines Themas von allgemeinmenschlicher Relevanz nicht anders möglich ist, als durch die Überzeugung des Rezipienten, dass das literarische Werk eine wahrheitsfähige Stellungnahme zu einem bestimmten Thema abgibt. Wenn Lamarque behauptet, dass man die Verhandlung eines Themas durch ein literarisches Werk zwar als Proposition formulieren könne, dies aber nicht nötig sei (vgl. S. 379), ist in diesem Sinne einzuwenden, dass ein Thema, bestimmt als abstraktes Konzept (etwa ›Ehrgeiz‹), oder als Nominalphrase (etwa ›zügelloser Ehrgeiz‹) allein kein Interesse erwecken kann. Erst wenn ein literarisches Werk anhand eines Themas eine profunde Einsicht kommuniziert oder dem Leser zu vermitteln scheint (etwa ›zügelloser Ehrgeiz geht zu Lasten der Menschlichkeit‹), macht es Sinn, der Verhandlung des Themas eine allgemeinmenschliche Relevanz zu zuschreiben.
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Es ließe sich also diskutieren, ob das Interesse, das eine Beschäftigung mit (zumindest einigen) Werken fiktionaler Literatur allererst begründet, im Anschluss an Lamarque nicht als Erfüllung einer bestimmten Erwartungshaltung der Rezipienten zu bestimmen wäre. Letztere bestünde in der Erwartung einer wahren Erkenntnis über Natur des Menschen und die Situation des Menschen in der Welt, die das Werk auf ästhetisch anspruchsvolle Weise über eine Kongruenz von Form und Inhalt kommuniziert und es so dem Rezipienten ermöglicht, imaginativ an seiner Darstellung einer fiktionalen Wirklichkeit zu partizipieren.
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Richard Eldridge, »Truth in Poetry«: Gegenüber Lamarque, dessen Erörterung der Möglichkeit fiktionaler Literatur, eine Quelle theoretischen Wissens zu sein, gewidmet war, fragt Richard Eldridge nach dem Erwerb eines (empathisch wie emphatisch fundierten) Erfahrungswissens –»a feeling of ›knowing what it is like‹« (S. 386) – durch die Lektüre fiktionaler literarischer Werke.
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Eldridges Begriff von der kognitiven Signifikanz fiktionaler Literatur ist in der aristotelischen respektive pragmatistischen Tradition Martha Nussbaums und Hilary Putnams zu verorten.
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Gemeinsam ist den Arbeiten Nussbaums und Putnams sowie derjenigen Eldridges, dass sie die kognitive Signifikanz fiktionaler Literatur über die Möglichkeit literarischer Werke begründen, ihren Lesern einen Eindruck davon zu liefern, wie sich die Welt aus einer bestimmten Perspektive darstellt, und ihnen damit Gelegenheit zu bieten, durch empathische Partizipation an dieser Perspektive sie als Daseinsmöglichkeit zu reflektieren. Im Kontext einer solchen ›Visionstheorie‹
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der kognitiven Signifikanz fiktionaler literarischer Werke steht denn auch Eldridges Argument, dass der Erwerb von Erfahrungswissen anhand fiktionaler Literatur durch die Reflexion und Exemplifikation von Fragen und Problemen des menschlichen Daseins (vgl. S. 390–396) ermöglicht werde.
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Angemerkt sei hier, dass eine strenge Trennung von theoretischem Wissen und Erfahrungswissen, wie sie Eldridges Erörterung suggeriert, wenig plausibel ist, da in der Regel der Möglichkeit zu wissen, wie es sich mit etwas verhält, ein Wissen vorausgehen muss, dass etwas der Fall ist.
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Nur wenn ein fiktionales literarisches Werk die Erkenntnis liefert, dass der Mensch trotz aller Widrigkeiten und inneren Konflikte zu altruistischem Handeln fähig ist, besteht für den Leser prinzipiell die Möglichkeit, zu erfahren, was es bedeuten mag, altruistisch zu handeln.
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Mitchell Green, »How and What We Can Learn from Fiction«: Mitchell Green begreift fiktionale literarische Werke als Gedankenexperimente.
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Autoren fiktionaler literarischer Werke, so Green, testen mit ihren Werken Hypothesen darüber, was geschehen würde, wenn X in der Welt der Fall wäre (vgl. S. 360–361). Notwendige Bedingung für die Anerkennung der Erkenntnisse, die fiktionale literarische Werke als Gedankenexperimente liefern, ist nach Green die Einhaltung allgemein anerkannter Annahmen über die Psyche des Menschen (vgl. S. 354 und 356).
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Greens Verständnis fiktionaler literarischer Werke als Gedankenexperimente ist meines Erachtens unbefriedigend, da es, ähnlich wie Noël Carrolls Konversationsmodell,
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ein reduktionistisches Verständnis der Bedeutungsdisposition fiktionaler literarischer Werke impliziert. Es gehört zu den Gemeinplätzen des Nachdenkens über fiktionale Literatur, die inkommensurable, eine Vielfalt unterschiedlicher, unterschiedlich überzeugender und gegebenenfalls einander ausschließender Interpretationen ermöglichende Bedeutungsvielfalt literarischer Werke zu bemerken.
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Dieser charakteristischen Eigenschaft fiktionaler Literatur wird Green nicht gerecht, dessen Literaturverständnis eine Eindeutigkeit suggeriert, wie sie auch naturwissenschaftlichen Experimenten nicht zukommt.
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2. Intentionalismus – Sektion VI. »Intention and Biography in Criticism«
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Bevor im Folgenden die einzelnen Beiträge der sechsten Sektion und ihre Positionierungen in der Debatte um den Intentionalismus vorgestellt werden, kann als Gemeinsamkeit aller Beiträge eine kritische Haltung gegenüber der Position des sogenannten Hypothetischen Intentionalismus (HI) genannt werden. Während der Intentionalismus Paisley Livingstons und Ray Monks der Position des sogenannten moderaten starken Intentionalismus nahe steht, grenzt sich Henry Staten, der einen radikalen Formalismus in der Tradition des New Criticism vertritt, von der Bedeutungskonzeption des HI ab, da diese seines Erachtens zu stark auf eine Bedeutung ›hinter‹ dem Text abzielt, anstatt sich auf das konkrete Wortmaterial eines fiktionalen literarischen Werkes zu konzentrieren.
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Paisley Livingston, »Authorial Intention and the Varieties of Intentionalism«: Paisley Livingston argumentiert in seinem Beitrag für die heuristische Verwendung der semantischen Intentionen des empirischen Autors eines fiktionalen literarischen Werkes zum Zweck einer Rekonstruktion der Bedeutung des fraglichen Werkes. Damit die Autorintention im Zusammenhang einer literaturwissenschaftlichen Textinterpretation Verwendung finden kann, formuliert Livingston eine Minimalbedingung für den Nachweis der erfolgreichen Umsetzung einer Autorintention in einem literarischen Werk. Diese Minimalbedingung ist genau dann erfüllt, wenn die semantische Intention des empirischen Autors eines literarischen Werkes mit den expliziten Propositionen des Texts des literarischen Werkes kongruiert (engl. mesh). Eine Kongruenz von Intention und Text kann dann konstatiert werden, wenn die expliziten Propositionen des Texts des Werkes, deren Bedeutung unabhängig von der Autorintention über die zur Entstehungszeit des Werkes aktuellen Sprachkonventionen, das aktuelle kulturelle Wissen und den historischen Kontext im Allgemeinen zu bestimmen ist, sich sinnvoll durch den (durch den Interpreten zu rekonstruierenden) propositionalen Gehalt der semantischen Intention des empirischen Autors interpretieren lassen (vgl. S. 412–415).
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Gelingt es dem Interpreten eine Kongruenz zwischen Autorintention und Werkbedeutung nachzuweisen, kann im Sinne der bereits erwähnten Propositionstheorie kognitiver Signifikanz für die These argumentiert werden, dass Autoren fiktionaler literarischer Werke, verstanden als rational kommunizierende Sprecher, ihre Werke als Medium nutzen, um Aussagen über Sachverhalte von allgemeinmenschlicher Relevanz zu kommunizieren (vgl. S. 407–408).
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Ray Monk, »Getting Inside Heisenberg’s Head«: Ray Monks Beitrag schließt insofern an die Bedeutungskonzeption des moderaten starken Intentionalismus an, als er sich mit der Frage nach der Möglichkeit beschäftigt, die Intentionen historischer Persönlichkeiten zu rekonstruieren. Im Mittelpunkt der Diskussion steht die These, dass es, so Monk, keine intrinsische Eigenschaft der Gedanken, Motive und Intentionen historischer Persönlichkeiten sei, einer Rekonstruktion durch Historiker oder Biographen unzugänglich zu sein. Die Möglichkeit einer Rekonstruktion von Intentionen hängt von der Verfügbarkeit entsprechenden Quellenmaterials ab, das Rückschlüsse auf Gedanken, Motive und Intentionen historischer Persönlichkeiten zulässt. Monk gelangt zu der Schlussfolgerung, dass die Tatsache, dass es in vielen Fällen schwierig, wenn nicht unmöglich ist, zu gesicherten Erkenntnissen über die Intentionen historischer Persönlichkeiten zu gelangen, nicht darüber hinweg täuschen sollte, dass dies in vielen Fällen, in denen entsprechendes Quellenmaterial vorhanden ist, möglich (wenn auch nicht problemlos möglich) ist.
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Stein Haugom Olsen, »Biography in Literary Criticism«: Stein Haugom Olsen erörtert in seinem Beitrag die Möglichkeit einer durch den Rekurs auf biographische Informationen zur historischen Persönlichkeit des empirischen Autors fundierte Interpretation fiktionaler literarischer Werke. Der Verfasser betont, dass die Frage nach dem heuristischen Mehrwert der Verwendung biographischer Informationen im Rahmen von Textinterpretationen unabhängig ist von der Frage nach dem heuristischen Mehrwert einer Verwendung der semantischen Intention des empirischen Autors (vgl. S. 441).
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Olsens Beitrag stellt im Wesentlichen den Versuch da, den lange diskreditierten Rekurs auf die Biographie des Autors zum Zwecke der Interpretation seiner literarischen Werke zu rehabilitieren. In diesem Sinne unterscheidet Olsen bei der Rede von der Biographie des Autors zwischen (i.) der, einer Würdigung fiktionaler Literatur unangemessenen, Verwendung eines literarischen Werkes, um Erkenntnisse über die historische Persönlichkeit des Autors zu erlangen, von der (ii.) prinzipiell legitimen Verwendung biographischer Informationen zur Person des Autors, um Aufschluss über eine dem literarischen Werk angemessene Würdigung (appreciation) zu erlangen (vgl. S. 442, 449).
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Henry Staten, »Art as Techne, or, The Intentional Fallacy and the Unfinished Project of Formalism«: Henry Staten nimmt eine dezidiert anti-intentionalistische Position ein. In der Tradition des New Criticism argumentiert Staten für die Methode des close reading als die den semiotischen Mechanismen der Bedeutungsdisposition fiktionaler literarischer Werke angemessene Analysemethode.
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Statens Aufsatz kann denn auch, lehrreich besonders für Studenten, gewinnbringend als anschauliches Beispiel für eine Anwendung des Verfahrens des close reading gelesen werden, das der Verfasser am Beispiel von William Blakes Gedicht »London« durchführt (vgl. S. 428–432).
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Negativ fällt die dogmatische Haltung auf, die Staten bei seiner Argumentation für einen radikalen Formalismus einnimmt. In diesem Sinne (und im Sinne eines gesunden methodischen Eklektizismus) wird bei all dem argumentativen Aufwand, den Staten betreibt, um den Intentionalismus zu widerlegen, nicht ersichtlich, wieso der Rekurs auf die Autorintention nicht als zusätzliche Begründung einer Interpretation fungieren können sollte, die ihre Erkenntnisse vorrangig durch ein close reading gewinnt.
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Staten begründet seine Ablehnung einer intentionalistischen Bedeutungskonzeption damit, dass es möglich sein müsse, die Bedeutung eines fiktionalen literarischen Werkes ausschließlich anhand des Textes des Werkes beziehungsweise des Wortmaterials, das diesen Text konstituiert, zu rekonstruieren. Staten argumentiert, dass mit Livingstons Minimalbedingung für den Nachweis einer erfolgreichen Realisierung von Intention in literarischen Werken (s.o.) eine Bedeutung in ein fiktionales literarisches Werk hineingelegt werde, die der Text nicht besitze; als Begründung führt Staten an, dass man die Bedeutung, die durch den Rekurs auf die Autorintention gewonnen wird, auch ohne den Rekurs auf diese hätte erschließen können, wenn die Bedeutung tatsächlich im Text angelegt wäre (vgl. S. 424).
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Statens Einwand gegen eine intentionalistische Interpretation fiktionaler Literatur kann meines Erachtens jedoch nicht überzeugen, da er auf einem Missverständnis der Minimalbedingung Livingstons beruht. Mit einer intentionalistischen Interpretation werden einem fiktionalen literarischen Werk keineswegs bestimmte »features« (S. 424) implementiert, sondern die, den Text des Werkes konstituierenden Elemente in bestimmter Weise interpretiert. Eine Autorintention erfüllt in diesem Sinne eine heuristische Funktion. Mit ihr wird eine Hypothese über die Bedeutung eines literarischen Werkes formuliert und am Text des Werkes geprüft.
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Die Verwendung der Intention des empirischen Autors kann also dazu dienen, eine im Text angelegte Bedeutung transparent zu machen; es wird keine Bedeutung in den Text hineingelegt.
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3. Synthese
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Die Erkenntnisse, die die Beiträger der Companion durch ihre Auseinandersetzung mit der kognitiven Signifikanz fiktionaler Literatur sowie dem Intentionalismus liefern, bieten einen guten Ansatzpunkt, um die Frage nach dem Verhältnis von Philosophie und fiktionaler Literatur zu erörtern; eine Frage, die den Beiträgen der Companion insgesamt zugrunde liegt.
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Wird fiktionale Literatur als Quelle theoretischen Wissens begriffen, besteht einer der populärsten Einwände gegen die kognitive Signifikanz literarischer Werke darin, dass fiktionale Literatur mit diesem Verständnis auf ihren instrumentellen Wert reduziert werde. Paradoxerweise besteht ein weiterer populärer Einwand darin, dass die Wahrheiten, welche fiktionale literarische Werke kommunizieren, keine unmittelbare alltagspraktische Relevanz besäßen und daher auch keine Rolle für die Bewertung fiktionaler Literatur spielen könnten.
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Gegenüber diesen Einwänden würde ich im Anschluss an die Beiträger der Companion argumentieren, dass eine non-kognitivistische Position eine Trivialisierung fiktionaler Literatur impliziert. Fiktionale literarische Werke können durchaus als Medium dienen, um profunde Einsichten in die Conditio Humana zu kommunizieren. Solche Einsichten macht fiktionale Literatur in ihrem Erkenntniswert genuin philosophischen Texten vergleichbar. Dass die Einsichten, die fiktionale literarische Werke kommunizieren keine alltagspraktische Relevanz besitzen,
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ist dabei kein schlagender Einwand, da man gleiches von den Texten Hegels, Nietzsches oder Heideggers behaupten könnte.
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Notwendig erscheint es daher durch die Synthese unterschiedlicher Forschungsdiskussionen ein Textverständnis zu entwickeln, das der Möglichkeit fiktionaler Literatur, Erkenntnisse über die Natur des Menschen zu liefern, Rechnung trägt.
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Von der aristotelischen Skalierung ausgehend, wäre dann nicht mehr von einer strikten generischen Trennung zwischen Philosophie und fiktionaler Literatur auszugehen, auf die Puristen wie Lamarque ihre nonkognitivistische Position gründen. Vielmehr ist ein Kontinuum zwischen genuin philosophischen und genuin literarischen Texten anzunehmen, das die theoretisch undurchlässigen Grenzen zwischen Philosophie und fiktionaler Literatur abschafft.
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Dieses Verständnis fiktionaler Literatur entspräche dem Selbstverständnis vieler Autoren, die für sich in Anspruch nehmen, mit ihren Werken Wahrheiten über Allgemeinmenschliches zu formulieren. Stellvertretend für eine Vielzahl von Autoren sei hier William Faulkners Ratschlag an junge Schriftsteller zitiert:
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[...] you’re writing about people. […] About man as he faces eternal truths of love, compassion, cowardice, protection of the weak. Not facts, but truths. You’re going to write about truth: man as he comes into conflict with his heart.
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Fazit
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Vor dem Hintergrund der Frage nach dem Verhältnis von Philosophie und fiktionaler Literatur bietet die Companion einen umfassenden und soliden Einblick in die Diskussion einschlägiger Themen der analytischen Ästhetik. Durch die übersichtliche und gut verständliche Darstellung der einzelnen Beiträge bietet sich die Companion insbesondere für Studenten im Hauptstudium an. Theoretiker, die bereits über entsprechendes Grundlagenwissen verfügen, dürften durch die Mehrzahl der Beiträge nicht zu neuen Forschungserkenntnissen gelangen. Die Aufsätze besitzen kaum Innovationspotential, sondern rekapitulieren überwiegend einen älteren Forschungsstand. Die Verhinderung eines konstruktiven Dialogs, von dem dieser Forschungsrückstand zeugt, scheint vor allem das Produkt einer mangelnden Bereitschaft zu sein, die Argumente der jeweiligen Gegenseite ernsthaft zur Kenntnis zu nehmen.
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