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Der entgrenzte Text. Hartmann von Aue, Hans Ries und die Entzauberung der philologischen ,Erec'-Kritik.

  • Hartmann von Aue: Ereck. Textgeschichtliche Ausgabe mit Abdruck sämtlicher Fragmente und der Bruchstücke des mitteldeutschen 'Erek', hg. von Andreas Hammer, Victor Millet und Timo Reuvekamp-Felber unter Mitarbeit von Lydia Merten, Katharina Münstermann und Hannah Rieger. Berlin: Walter de Gruyter 2016. XLI, 633 S. EUR (D) 149,95.
    ISBN: 978-3-05-006385-0.
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»›Ich sehe den verfall der editionskunst und die bewuste vernachlässigung der pflichten und aufgaben des herausgebers ringsum so betrübend vor augen, dass ich dazu nicht schweigen darf.‹ « (Edward Schröder AfdA 45 (1926), S. 93.)

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Die neue Ausgabe von Hartmanns von Aue Erec, die Andreas Hammer, Victor Millet und Timo Reuvekamp-Felber als textgeschichtliche Edition konzipiert und 2017 unter dem Titel ›Ereck‹ in Buchform veröffentlicht haben, 1 hat bereits eine Reihe von immer engagierten, positiven wie negativen Reaktionen erfahren. 2 Bei der Auseinandersetzung mit der Edition wie mit den Rezensionen zeigt sich, dass der textkritische Umgang mit der bekanntermaßen schwierigen Überlieferung von Hartmanns Artusroman zur Reflexion wichtiger editionsphilologischer Kategorien wie Autor, Text und Werk geradezu herausfordert. Mir scheint, dass an der Diskussion um die textkritische Behandlung des ›Erec‹ in der Ausgabe von Hammer/ Millet/ Reuvekamp-Felber sich der Stand des editionstheoretischen Diskurses in der mediävistischen Germanistik exemplarisch ablesen lässt. Als These möchte ich daher formulieren, dass sich in der Diskussion spezifische Verschiebungen des textkritischen Diskurses im Bereich der Altgermanistik beobachten lassen, denen ich im Weiteren nachgehen werde. Die folgenden Überlegungen wollen damit an jene Probleme grundsätzlicher anschließen, die sich aus der neuen Edition ergeben.

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I. Verlust und Rettung

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Der unwiederbringliche Verlust kultureller Güte aufgrund von katastrophischen Ereignissen wie Kriege und Brände – davor schützen auch nicht die medialen Inszenierungen und Instrumentalisierungen, die im Falle der Pariser Kathedrale ›Notre Dame‹ als live event anschaubar gewesen sind – ist der Philologie von Beginn an in vollem Bewusstsein. Wie ein Brief Friedrich Beneckes an Jacob Grimm aus dem Jahr 1810 belegt, ist die Reaktionsweise auf solches Gefährdetsein aller kultureller Überlieferung das der ›Rettung‹: »Es kommt nicht darauf an, eine Mode an altdeutscher Poesie zu erregen, sondern die Quellen der altdeutschen Poesie zu retten 3 Schärfer noch greift der Kafka-Editor Roland Reuß diesen Zusammenhang in einer als kategorischen Imperativ geformten Formulierung auf, die das Motiv der Rettung im Pathos einer katastrophisch gestimmten Philologie aufgehen lässt: »Ediere so, als erlösche mit deinem Blick aufs Manuskript die Schrift. Motiv der Rettung.« 4 Die Kehrseite des Verhältnisses von Verlust und Rettung, die Kehrseite der Reußschen Formel verweist auf eine Wunscherfüllung, einen magischen Zauber, der es dem Editor erlaubt, die Ablösung der Schrift vom Manuskript zu imaginieren und das Werk oder nur die von ihrer Realisierung nicht zu trennenden Schrift zu retten. Diese Phantasie lässt sich gleichsam auch als die Geburt des Editors als Autor verstehen, wie sie in der Philologie des 19. Jahrhundert geprägt wurde, von der sich Reuß nicht zuletzt aufgrund ihrer nationalphilologischen Ausrichtung absetzen würde. Wie Harald Weigel festgestellt hat, begreift sich das textkritische Tun des Editors gerade nicht als Wiederholung der Rede des Autors: Der Editor verschafft dem Autor erst Geltung durch seine schöpferische Arbeit am Text, er versteht die Rede des edierten Textes als seine eigene Rede. 5

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Die Verlusterfahrung aber, die den Philologen in radikaler Weise zu prägen scheint, liegt in der »elementaren Aufgabe der Philologie« begründet, »den ursprünglichen Wortlaut eines Textes gegen die ›Verderbnisse‹ wiederherzustellen, die sich im Laufe der Zeit festgesetzt haben. Mit dem Misstrauen gegen das Vorliegende und Überlieferte, gegen die früheren Abschreiber und Bearbeiter des Textes beginnt die Arbeit des Philologen; mit Recht heißt sie ›Kritik‹. […] Hinter den ›Verderbnissen‹ entdeckt der Kritiker den Verderber, liederlich, unaufmerksam, willkürlich, halbgelehrt.« 6 Wer also editorisch tätig wird, verdrängt die (unwiederbringlichen) Verluste an Text und Sinn, handelt unter dem »Phantasma, immer schon Herr über die Zufälle und Bedingtheiten der Überlieferung gewesen zu sein oder sich wenigstens über diese aufschwingen zu können«. 7

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Der Hartmann-Editor Volker Mertens spricht in seiner Ausgabe des ›Erec‹ von einer »›Überlieferungskatastrophe‹«, die Hartmanns erstem Artusroman »in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts« zugestoßen sei und »in Hartmanns Text irreparable Lücken gerissen« habe. 8 Wenn wir auch nur wenig wissen über die tatsächlichen Vorgänge bei der Entstehung von Hartmanns Werk, bei der Genese der Textfassungen und der Tradierung des ›Erec‹, so ist dennoch der Gegensatz nicht zu bestreiten, der zwischen der überaus spärlichen Überlieferung von Hartmanns ›Erec‹ und seiner im Mittelalter (wie in der Neuzeit) überaus großen Wirkung besteht. Auch die Tätigkeit von Hans Ried als Schreiber des Ambraser Heldenbuchs ist von der textkritischen Forschung des 19. und auch in Teilen des 20. Jahrhunderts nicht selten als Katastrophe charakterisiert worden.

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II. Überlieferung

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Derzeit lassen sich, wie mir scheint, zumindest zwei Tendenzen innerhalb der mediävistischen Editorik beobachten: Einerseits lassen sich Positionen festhalten, die für die Hinwendung zur Überlieferung plädieren und damit verbunden für eine veränderte Wahrnehmung der Materialität der Überlieferung. 9 Andererseits rufen diese Forderungen (polemische) Reaktionen hervor, die die Hinwendung zum tradierten Text in einer Handschrift und seiner Materialität wenn nicht ablehnen, so doch Zweifel äußern, dass allein aus ihr ein historischer Zugang zu Werken des Mittelalters möglich sei:

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»Es regiert die Apotheose des überlieferten Materials, es gilt, was irgendwo – ganz gleich wie korrupt – geschrieben steht; es kann dies auch gelten, weil alles Überlieferte von grundsätzlicher Gleichwertigkeit ist und sein muss, zumal ja jene textkritischen Methoden, mit denen sich die Überlieferung sortieren und gewichten ließe, absichtlich über Bord geworfen sind. Varianz ist die Norm; sie wird nicht als dem Text ruinös begriffen, sondern sie substituiert, als neuer Sehnsuchtsort der Philologie, die frühere Faszination für den ›alten‹, ›bereinigten‹, werkhaften: für den e i n e n Text. Lediglich offensiv Sinnloses, vor allem offensichtliche sprachliche Störungen stehen zu lassen, hält man anscheinend nach wie vor nicht aus (...). Insgesamt aber tut man gerade so – ich spitze polemisch zu –, als bestünde mittelalterliche Dichtung im Wesentlichen oder gar ausschließlich aus einem wirren Sammelsurium von Inkonsistenzen; als wäre sie damit deckungsgleich. (...) Der Textfetisch ist einem Überlieferungsfetisch gewichen.« 10
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Überraschend an diesem Zitat, wie überspitzt es auch immer formuliert ist, ist die Gleichsetzung von Überlieferung und Korruptheit, ebenso die Rede von der grundsätzlichen Gleichwertigkeit des Überlieferten, zu der ja eine ausführliche Forschungsdebatte geführt worden ist, 11 die Behauptung des Überbordwerfens der textkritischen Methoden, schließlich die Verteufelung von Varianz und die Abwertung von Überlieferung. Den grundlegenden Zusammenhang von Fetischismus und Kultur hat Kragl freilich gar nicht erst zur Kenntnis genommen, wenn er das Bemühen gegenwärtiger Editorik um Überlieferungs- und Handschriftennähe auf diese Weise attackiert. 12

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III. Ereck

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Die hier im Zentrum stehende textgeschichtliche Edition des ersten deutschen Artusromans widersteht einem solchen philologischen backlash und präsentiert den Text Hartmanns erstmals nach der einzigen Handschrift, die diesen Roman tradiert, dem Ambraser Heldenbuch – fast 180 Jahre nach der ersten Edition des Textes durch Moriz Haupt, die der 31-jährige Schüler Lachmanns 1839 herausgebracht hat. 13 Dass hier verspätet geschieht, was die germanistische Editorik längst hätte in Angriff nehmen müssen, liegt meines Erachtens auf der Hand. Den Herausgebern gebührt daher bereits durch ihre Initiative aller Dank.

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Haupts rekonstruierende Herstellung des Texts bildete die längste Zeit die Grundlage weiterer Editionen 14 – wie auch für die Forschung zu diesem mittelhochdeutschen Klassiker par excellence. Spätere Editionen wie jene von Gärtner, Scholz 15 , Mertens oder Edwards 16 folgen dem Prinzip einer stärkeren Orientierung am Text des Ambraser Heldenbuchs, dem späten und einzigen vollständigen Überlieferungsträger von Hartmanns Roman. Die Geschichte der ›Erec‹-Editionen, dies belegt Mertens in seiner Zusammenschau der Herausgaben von Moriz Haupt, Fedor Bech, Albert Leitzmann, Ludwig Wolff, Christoph Cormeau und Kurt Gärtner, ist eine Geschichte der immer engeren Bezugnahme und Bindung an die Überlieferung. 17 Dass hier der letzte Schritt noch nicht getan ist, betont Kurt Gärtner als Herausgeber der kritischen Ausgabe in der ATB:

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»Vor allem die stärkere Berücksichtigung des Wortlauts der Überlieferung in der Ambraser Handschrift und die oft in Zusammenhang damit stehende Aufhebung der metrischen Glättungen Leitzmanns im kritischen Text (...) muß auf die nächste Auflage verschoben werden, ebenso die von Eberhard Nellmann geforderte Kursivierung der Abweichungen des kritischen Textes von der Überlieferung.« 18
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In der Einleitung widmen sich die Herausgeber der neuen Ausgabe zunächst der Beschreibung der bekanntlich prekären Überlieferung. Hervorgehoben wird der Widerspruch von der außerordentlichen literarischen Wirkung des ersten Artusromans in deutscher Sprache und seiner schmalen Tradierung. Reflektiert werden die Möglichkeiten, aber auch die engen Grenzen textkritischer Bemühungen um Hartmanns erstes Werk. In den Blick genommen werden dabei die auf den Autortext gerichteten Rekonstruktionsbemühungen der Editoren des 19. und 20. Jahrhunderts im Gefolge der Prinzipien der Lachmannschen Methode – so etwa die These einer mittelhochdeutschen Literatur- und Kunstsprache. Kritisiert wird ebenso der hermeneutische Zirkelschluss, der sich durch den Gebrauch von kritisch edierten Textausgaben und Wörterbüchern automatisch ergibt. Hingewiesen wird (und an Beispielen intensiv diskutiert) auf die lange und komplexe Historie der Konjekturalkritik, die auf Versausfälle und Unverständlichkeiten des Ambraser Textes reagierte, aber auch nach dem Vorbild eines angenommenen Hartmannschen Stilideals agierte und gegen das Zeugnis der Überlieferung Stellung bezog. Nach Auffassung der Einleitung zeigen diese Beispiele,

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»wie zahlreiche Eingriffe von Moriz Haupt in seinen beiden Ausgaben, die vielfach Vorschlägen Karl Lachmanns folgen, bis heute in der Ereck-Philologie präsent sind. Zwar hat sich bereits an die Erstausgabe durchaus eine intensive Forschungsdiskussion angeschlossen, in der kontrovers über weitere Emendationen in den Text des Ambraser Heldenbuchs nachgedacht worden ist und die sich in den neueren Ausgaben auch durchaus abbildet.« (S. XV) 19
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Ohne eine Diskussion der Positionen der ›New‹ oder ›Material Philology‹ 20 konstatieren die Herausgeber, »dass in den letzten Jahrzehnten die wissenschaftliche Herangehensweise an und das Verständnis für einen mittelalterlichen Text zunehmend von der Wahrung des historisch bezeugten Wortlauts und der Berücksichtigung des Überlieferungskontexts geprägt ist. Methodisch gilt der überlieferte Text einer modernen Editionsphilologie als einzig legitimierter Ausgangspunkt für die Textherstellung.« (S. XX) In der Tat ist damit die Position der Textkritik in der mediävistischen Germanistik seit den 1960er Jahren treffend beschrieben. Aus dem Befund, dass aufgrund der besonderen Überlieferungsbedingungen der mittelalterlich-volksprachlichen Literatur die Regeln Lachmannscher Textkritik nicht geeignet sind, zog die altgermanistische Textkritik der 1960er und 1970ger Jahre Folgerungen, die in der altgermanistischen Textkritik weitreichende Gültigkeit erreichen konnten. Joachim Heinzle hat die wichtigsten Aspekte dieser Folgerungen für die Editionstheorie und -praxis benannt: »Der entscheidende Unterschied zur Textkritik alten Stils liegt im ›Geist‹, mit dem die kritische Arbeit unternommen wird, in jenem ›Prinzip Unsicherheit‹ eben.« 21 Das ›Prinzip Unsicherheit‹, das dem Leser einer Textedition deren Rekonstruktionscharakter vor Augen führen soll, entwickelt Heinzle in drei Grundsätzen. Der erste besteht darin, dass der Herausgeber sich einer Leithandschrift anvertraut, welcher der Editor im Sprachlichen wie im Bereich der iterierenden Varianten folgt. Ferner entscheidet er nicht zwischen gleichwertigen, d.h. textgenetisch nicht voneinander ableitbaren Präsumptivvarianten. Die Herstellung eines kritischen Textes erfolgt also über methodisch streng kontrollierte Eingriffe in den Text einer Leithandschrift. Die Suche nach dem Autortext ist nicht aufgegeben, doch dem divinatorischen Vermögen des Textkritikers sind aufgrund der Gegebenheiten der jeweiligen Überlieferung Grenzen gesetzt. Folglich kann der Editor mit seinem rekonstruierten Text den Autortext verfehlen. Dass der edierte Text rekonstruiert worden ist, soll durch graphische Mittel betont werden, um nicht dem Vorwurf einer Simulation des mittelalterlichen Originals in der Edition Vorschub zu leisten. Letztens hat die Edition dem Leser bewusst zu machen, dass er sich an den textkritischen Problemen der Ausgabe abarbeiten könne. 22

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Ziel der vorliegenden Ausgabe sei es, »den Text als Rezeptionszeugnis wahrzunehmen, das zeigt, wie Hartmanns Werk am Beginn des 16. Jahrhunderts verstanden (oder vielleicht auch nicht mehr verstanden) wurde: Dies gilt es zu erfassen, während uns ein Zugang zu Hartmanns Originaltext durch das Ambraser Heldenbuch wie auch die spärliche Fragmentüberlieferung weitgehend verwehrt bleibt.« (S. XVII) Die neue Edition will also mitnichten das Werk Hartmanns von Aue rekonstruieren, sondern versteht die Eintragung im Ambraser Heldenbuch als Ergebnis reproduktiven Umgangs mit der Vorlage eines hochmittelalterlichen Autors. Diese Auffassung der Überlieferungssituation des ›Erec‹ bzw. ›Ereck‹ lässt sich zwanglos mit Überlegungen verbinden, die Albrecht Hausmann in der Einleitung zu dem Sammelband ›Übertragungen. Formen und Konzepte von Reproduktion in Mittelalter und Früher Neuzeit‹ formuliert. 23 Der Band untersucht »Reproduktionsprozesse, bei denen von einer Vorlage […] ein Reprodukt hergestellt wird, um Inhalte, gegebenenfalls aber auch Form und Gestalt der Vorlage an einem anderen Ort, in einem anderen Medium oder in einem anderen gesellschaftlichen oder sprachlichen Kontext verfügbar zu machen.« 24 Auch die Überlieferung von Hartmanns erstem Artusroman lässt sich dem Versuch zuordnen, eine Typologie der je unterschiedlich gestalteten Übertragungsphänomene in Mittelalter wie in Früher Neuzeit zu entwerfen, die zumeist durch die Perspektive differenter Disziplinen wie der Editorik, der Musik- wie Kunstwissenschaft oder der Literatur­wissenschaft wahrgenommen wurden. Eine solche Typologie gibt Einblicke in eine Kulturgeschichte des Reproduzierens. Epochensignatur des Mittelalters sind manuelle Reproduktionsverfahren, durch die ein großer Spielraum für Adaptationen an die jeweilige Gebrauchssituation ermöglicht werden: »Das Mittelalter ist das Zeitalter der ›freien‹ Reproduktion; mittelalterliche Übertragungen sind gekennzeichnet von der Lizenz zur Abweichung vom Original, ja von einem mangelnden Bewusstsein für Vorlagentreue.« 25 In diesem Zusammenhang fügt sich auch eine überaus stimmige Charakterisierung des Ambraser Heldenbuchs durch Stephan Müller ein, der ebenso die Funktionalisierung der Reproduktion reflektiert: Diese »ist keine Abschrift, sondern – wie die Bilder und das heldenbuch auf Runkelstein – eine Arbeit an einer neuen Form für etwas Altes. Keine bloße Reproduktion, sondern eine Transformation in einen neuen, zeitgemäßen Zustand im Kontext von Maximilians ›Gedechtnus‹-Werk.« 26

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In dieser Perspektive ist der Begriff des ›entgrenzten Textes‹, der in der Einleitung zur Charakterisierung des ›Erec‹/ ›Ereck‹ eingeführt wird und über den weiter nachzudenken sich lohnte, durchaus sinnvoll:

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»Wir haben es mit einem entgrenzten Text zu tun, der sich längst aus seinen kulturellen Kontexten gelöst hat, in neue Funktionszusammenhänge eingerückt ist und sprachlich, vielleicht auch inhaltlich modernisiert wurde. Der Textbestand des 12. Jahrhunderts dürfte sich in seiner Entgrenzung längst unentwirrbar mit kleineren oder größeren Transformationen im Laufe der Überlieferungsgeschichte verwoben haben.« (S. XVIII)
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Aus meiner Sicht wäre im Kontext der theoretischen Überlegungen zum Überlieferungsmaterial von Hartmanns Artusroman auch die Autordiskussion zu führen. 27 Denn die Beobachtungen zum Umgang mit dem Text, noch mehr aber die Beobachtungen zum Umgang mit dem Text durch die Editoren des 19. und 20 Jahrhunderts machen die Fortführung dieser in 1990er Jahren ja so virulent geführten Debatte unvermeidlich. Die Frage steht im Raum, weshalb die mediävistische Germanistik noch bis zur nun vorliegenden Ausgabe von Felber/ Hammer/ Millet die Gegebenheiten der handschriftlichen Überlieferung nicht anerkannt hat und stattdessen das Modell einer rekonstruierenden Rückübersetzung favorisierte.

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In ihrer Rezension zur neuen Ausgabe konstatiert Sonja Glauch, dass Hans Ried als Urkundenkopist und Kanzleischreiber nicht als wirkende Instanz von Textgestaltung begriffen werden darf; seine (sehr) eingeschränkte Form von Autorschaft dürfe nicht mit jener von Hartmann von Aue verglichen werden:

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»Ried agiert niemals als Redaktor, er stellt niemals etwas her, das man mit Bumke eine ›Bearbeitung‹ nennen könnte, er beweist keinen Gestaltungswillen. Das einzige historische Subjekt, das mit dem Text ab V. 994 jemals auf allen Ebenen der Textkonstitution ›etwas gewollt‹ hat, ist der ursprüngliche Autor, den wir ohne Zweifel Hartmann von Aue nennen dürfen. Ohne die Annahme eines Aussagesubjekts mit einer Aussageabsicht (sei es ein Verfasser oder Autor, sei es ein Bearbeiter) ist aber im Grunde keinerlei korrigierender Eingriff in einen Wortlaut denkbar, denn ohne die Annahme einer ›das Textmaterial zentrierenden und organisierenden Kohärenzfigur‹ oder ohne die Vorstellung, dass ein Wortlaut von jemandem in der Absicht geäußert wurde, dass eben dieser Wortlaut von einem Zweiten verstanden werde, ist nicht einmal der Versuch des Verstehens möglich, geschweige denn die Unterstellung von Sinn, die jeder editorische Eingriff aber voraussetzt.« 28
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Auch wenn Glauch im Folgenden der Schreibarbeit Rieds zugesteht, das Textverständnis doch für seine Handschrift zu sichern oder sichern zu wollen, ist für sie die Kategorie der Intentionalität 29 das entscheidende Kriterium zur Bestimmung von Autorschaft. Mir erscheint, dass damit eine idealistische Position eingenommen wird, die – das zeigen viele Beispiele aus der Geschichte der Editorik – auch für Autoren des 18. und 19. Jahrhunderts kaum in Geltung gesetzt werden kann. Weist man zudem lediglich den Begriff von Intentionalität als Kategorie von Autorschaft aus, verkennt man den eminent historischen Gehalt des Konzepts. 30 Operiert man mit dem Konzept der Intentionalität, favorisiert man eine produktionsästhetische Perspektive, reflektiert man nur pejorativ den schon erwähnten Aspekt des reproduktiven Umgangs in Überlieferungsprozessen, um gar nicht über rezeptionsästhetische Möglichkeiten des hermeneutischen Umgangs mit dem Ambraser Text zu reden. Schließlich verkennt diese Auffassung den eigentlichen Charakter des Ambraser Heldenbuchs und der Arbeit und Absichten Rieds, wie sie in Stephan Müllers Beschreibung sehr deutlich wird:

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»Hans Ried hat nicht einfach abgeschrieben, sondern die Texte sprachlich modernisiert und auch über die Ebene des Wortlautes hinaus an ihnen gearbeitet. Auch für Rieds Arbeit muss man von vernewen sprechen, von ›Erneuern‹, das Jan-Dirk Müller als programmatischen Begriff für Runkelstein beschreibt (...). Die Philologie hat alle Hände voll zu tun, um die erneuernde Arbeit Hans Rieds im Verhältnis zu den verlorenen Vorlagen zu beschreiben.« 31
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Breiten Raum nehmen in der Einleitung Überlegungen zum Verhältnis von Mantel-Fragment und Ereck-Text ein, wie die Überlieferungssituation im Ambraser Heldenbuch es darstellt. Mir scheint, dass die Neubewertung gerade dieses Verhältnisses – neben der textgeschichtlichen Orientierung – das zentrale Anliegen der Edition ist. Die Anlage der Handschrift verbindet beide Texte: »Mitten im Satz, mitten in der Zeile, ohne Reim und durch nichts kenntlich gemacht, setzt unvermittelt die Handlung des ›Ereck‹ ein, wie sie aus Chrétiens Vorlage bekannt ist. Das Ambraser Heldenbuch verklammert die Handlungsstränge unter eine Überschrift, und inhaltliche Korrespondenzen zwischen ihnen legen eine planvolle Texteinheit nahe.« (S. XIX) Die Ausgabe behandelt den ›Mantel‹ und den ›Ereck‹ daher als Einheit. Sie konstatiert aber »einen kleinen inhaltlichen Bruch« (S. XX). In der Tat lassen sich Gründe und Gegengründe für die Zusammenstellung der Texte anführen und werden von den Herausgebern auch skrupulös benannt.

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»Ausschlaggebend für die editorische Entscheidung, die Texteinheit von ›Mantel‹ und ›Ereck‹-Handlung in der Ausgabe entsprechend abzubilden, ist ohnehin nicht die Frage, ob diese Texteinheit bereits auf Hartmann von Aue zurückgeht (was wie gesagt äußerlich unwahrscheinlich ist), sondern die Tatsache, dass diese Texteinheit in der Rezeption des 16. Jahrhunderts, die für uns die einzig greifbare bleibt, so dargestellt wird.« (S. XXI)
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Die Herausgeber diskutieren intensiv die Frage nach der einheitlichen Komposition und verweisen dabei auf inhaltliche Korrespondenzen im Bereich von Intertextualität und Motivik von ›Mantel‹-Erzählung und ›Ereck‹. Die Überschrift bzw. die Titelei von Hans Ried betone die Zusammengehörigkeit beider Texte. Ausgehend von der Beobachtung, dass das Ambraser Heldenbuch eine Vielzahl von Texten von Hartmann von Aue tradiert bzw. diesem Autornamen zuschreibt und in Bezugnahme auf die Neuedition des Erec bzw. Ereck analysiert auch Kurt Gärtner 32 den Umstand, dass im Ambraser Heldenbuch der Erec und die Verserzählung Der Mantel als Überlieferungsverbund überliefert sind. Dabei stimmt er der Ansicht Sonja Glauchs zu, dass der nicht angezeigte Bruch beim Übergang vom Mantel zum Erec bei Berücksichtigung des fehlenden Prologs dafür spricht, dass Hans Ried bei der Abschrift einen Blätter- oder Lagenverlust übersehen hat und daher eine »›Romanchimäre aus Mantel und Erec‹« 33 fabriziert habe. Die neue Ereck-Ausgabe hingegen geht für das Ambraser Heldenbuch von einer intentionalen Texteinheit aus und ediert den Mantel als Teil von Hartmanns Dichtung. Mögen die beiden Texte in Hinblick auf Stil und Reimwortschatz sich auch deutlich unterscheiden, an der Überlieferungsgemeinschaft von Mantel und Erec im Ambraser Heldenbuch führt nichts vorbei, die editorisch berücksichtigt werden muss. Gärtner kommt daher zu dem Schluss, dass in einer künftigen kritischen Textausgabe des Erec in einem Anhang eine kritische Edition des Mantel beizugeben ist, wobei für eine solche Unternehmung reimgrammatische Untersuchungen vorzunehmen seien. Hilfreich schiene es mir, den Fall des Mantels im Ambraser Heldenbuch in Bezug zu setzen mit den bekannten mittelalterlichen Praktiken, fragmentarisch überlieferten Texten bzw. Stoffen zu einer textuellen Ganzheit zu verhelfen. Freilich überdeckt die Provokation der neuen Ausgabe, den Mantel als Teil des Ereck unter dem Namen Hartmann von Aue 34 zu edieren, die eigentliche Herausforderung der so besonderen Handschrift, die in ihrer Materialität begründet liegt.

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Wenn vom Autor die Rede ist im Kontext textkritischer Auseinandersetzungen, wird vom Begriff des Werks (meist) nicht geschwiegen. 35 Im Rahmen ihrer Rezension der Ereck-Edition kommt Sonja Glauch zu folgender generalisierenden Feststellung:

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»Das Dilemma besteht also darin, dass die allermeisten mittelalterlichen Handschriften etwas Ideelles, intentional Gestaltetes nur repräsentieren, das in seiner präzisen Gestalt verloren ist, und dass sie zwar selbst eine präzise Gestalt haben, die aber nichts intentional Gestaltetes ist, man könnte vielleicht auch sagen: die keinen Werkcharakter hat.« 36
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Diese Sichtweise, der eine emphatische Autor- wie Werkkonzeption zugrunde liegt, präferiert nur eine Ebene bei der Betrachtung von Handschriften, jene Ebene, für die sich ebenso die Textkritiker des 19. Jahrhunderts interessiert haben. Sie entwertet dabei das Objekt des Interesses der Handschriftenphilologien, das Manuskript. Mehr noch: Diese Auffassung unterläuft auch den Umstand, dass Handschriften als Objekte, in der Absicht Repräsentation zu gestalten, Werkcharakter besitzen. Und es sei auch darauf hingewiesen, dass die interdisziplinäre und internationale Editorik in den letzten Jahrzehnten immer wieder auf die Einheit von Text und Medium –»the union of linguistic text and document« 37 – hingewiesen hat, die in jedem Leseakt wahrgenommen wird:

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»A material text, any material text, is the reader’s only access route to the work. A linguistic text cannot exist for anyone (who does not already hold it in memory) without a material medium; the linguistic text and its medium are the material text with all the implications of that union. Material texts are the production of utterance. The first material text (say the manuscript) is the first attempted union of the essayed version and a document.« 38
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Was derzeit eigentlich der zentrale Aspekt im Umgang mit der mittelalterlichen Handschriftenkultur ist, dem sich die Mediävistiken auch im Zeichen der Digitalisierung zuwenden und zuwenden sollten, ist kaum überraschend die Materialität des Tradierten. Die Kategorie der Überlieferungsnähe, die im Grunde das Credo der altgermanistischen Textkritik seit den 1960er Jahren darstellt, scheint allerdings in Misskredit zu geraten zu sein.

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Ausführlich wird die weitere Überlieferung des ›Erec‹ Hartmanns von Aue vorgestellt. Bisher sind vier Fragmente, die sich der (fast) vollständigen Handschrift A zuordnen lassen, bekannt geworden: »Zwei davon dürften noch aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen: das 1970 erstmals beschriebene Koblenzer Fragment (K) sowie die Wolfenbütteler Fragmente (W) (...). Deutlich jünger ist das aus dem letzten Drittel des 14. Jahrhunderts stammende Fragment aus St. Pölten (V), das nur einseitig beschrieben ist und die letzten Verse des ›Ereck‹ überliefert. Aufsehen erregt haben zuletzt die Funde von mittlerweile elf Pergamentstreifen im Kloster Zwetl (Z) (...).«(S. XXIII) Dabei erfolgt eine Charakterisierung der Textzeugen in Hinblick auf ihr Verhältnis zur Haupthandschrift A. Freilich bleibt dabei der Umstand zu berücksichtigen, dass die Fragmente K, V und W »zu wenig Vergleichstext« (S. XXIV) bieten. Die Wolfenbütteler Fragmente repräsentieren – so die opinio communis der Forschung –»eine selbständige, im mitteldeutschen Raum entstandene Bearbeitung des ›Ereck‹, die zumindest stellenweise stärker an der altfranzösischen Fassung Chrétiens orientiert ist.« (S. XXV) 39 Auch Z belege die Möglichkeit einer zweiten Fassung des ›Ereck‹.

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Auch wenn die Genese der Fassungen im Dunkeln liegt, ist doch mit den Herausgebern die Ansicht zu teilen, »den Befund zweier Ereck-Fassungen im 13. Jahrhundert, die nach Ausweis mindestens eines Textzeugen sogar in irgendeiner Weise miteinander verbunden sind, zu konstatieren.« (S. XXVI). In wünschenswerter Klarheit wird eine weitere Zielsetzung der Edition dargestellt: »Daher ist es ein vorrangiges Anliegen der vorliegenden Ausgabe, diese Textgeschichte der ›Ereck‹-Überlieferung in ihrer Gesamtheit abzubilden, um einerseits die vorhandenen Fassungsdivergenzen vorzuführen, andererseits die immensen Veränderungen aufzuzeigen, denen der Text vom 12./ 13. bis ins 16. Jahrhundert unterworfen war, wobei das Ambraser Heldenbuch selbst schon als Zeugnis einer frühneuzeitlichen Mittelalterrezeption gelten kann und auch vorrangig als solches betrachtet werden sollte.« (S. XXVI)

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Die Edition verfolgt im Weiteren das Ziel, das Überlieferungsmaterial als Parallelversionen zu präsentieren: »die Wiedergabe und Aufarbeitung von Hans Rieds Ereck-Text in seiner Vollständigkeit« und »vom Text der Fragmente in seiner überlieferten Form« (S. XXXV).

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Ein Topos wissenschaftsgeschichtlicher Kritik an der Philologie des 19. Jahrhunderts besagt, dass die Textkritik – allen voran Lachmann – kaum Auskunft gegeben hat über ihre Methodik. Die Begründungen für die textkritischen Entscheidungen blieben oft im Dunklen; der Leser hatte das wieder hergestellte Werk zu goutieren, ohne nach den Prinzipien seiner philologischen Gestaltung zu fragen oder fragen zu können. Eine solche Editionspolitik hat ihre historischen Gründe und Kontexte – und ist natürlich auch dem Wandel unterworfen: Mit der von D. E. Sattler herausgegebenen Frankfurter Hölderlin-Ausgabe, die seit den 1970er Jahren das Moment der Textgenese für das Werkverständnis favorisierte, ist es ein unhintergehbarer Glaubenssatz von Editionspolitik, den Zugang zu und das Verstehen von Editionen und ihrer Prinzipien zu demokratisieren. 40 So verdienstvoll und kenntnisreich die Stuttgarter Hölderlinausgabe von Friedrich Beissner auch ist, so deutlich ist auch geworden, dass man Hölderlins Gedichte von seinen Handschriften her angemessen lesen und interpretieren muss. Jeder Leser und jede Leserin der Frankfurter Faksimile-Ausgabe sieht sich vor die Aufgabe gestellt und in die Lage versetzt, selbst die Arbeitsschritte der Textkritik einzuüben. Sonja Glauchs kritische Äußerung in Hinblick auf die neue ›Erec‹-Ausgabe, wonach kaum ein Benutzer sich leisten wolle, Textkritiker und -herausgeber zu werden, 41 ignoriert oder unterschätzt das gewandelte Verständnis in der gegenwärtigen Textkritik und Philologie.

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IV. Ausblick

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In seiner Einführung zu Hartmanns von Aue ›Erec‹ von 2006 benennt Joachim Bumke jene philologischen Schritte, die aus seiner Sicht zur Sicherung des Textes notwendig sind. Diese zeichnen sich durch Überlieferungsnähe aus: »Das dringendste Desiderat der philologischen ›Erec‹-Forschung ist ein vorsichtig normalisierter und nur in den evidenten Fehlern korrigierter Abdruck des Ambraser ›Erec‹ wobei alle Abweichungen von der Handschrift markiert oder aufgelistet werden sollten.« 42 Die neue Ausgabe von Felber/ Hammer/ Millet schließt hier mit Sicherheit an, ohne allerdings dem von Bumke Geforderten gänzlich zu entsprechen. Den überlieferten Handschriften aus dem Mittelalter und ihrer Materialität kann und muss man sich – methodisch abgesichert – konstruierend und rekonstruierend nähern. Dabei soll und kann man die Methodik klassischer Textkritik zur Anwendung bringen – im Bewusstsein ihrer Reichweite und Möglichkeiten. Neben einer Diskussion des Autor- und Werkbegriffs, wie sie hier in Ansätzen geführt worden ist, wäre mit Sicherheit auch eine Auseinandersetzung mit dem Fehlerbegriff sehr fruchtbar, berücksichtigt man das Material der Ambraser Handschrift. 43 Der hier diskutierten Edition kommt jetzt schon der Verdienst zu, die textkritische Debatte in der Altgermanistik neu angestoßen zu haben.

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Die neue Ausgabe wird, so ist zu hoffen, auch Impulse geben, um die Relevanz und die Validität bisheriger Interpretationen und Interpretationsansätze kritisch zu prüfen. Diese Diskussion wird auch den Umstand in den Blick nehmen, welche Reichweite eine variierende Textstelle im Kontext eines Romanganzen besitzt. Denn die Konzeption männlicher Freundschaft im Artusroman, die am Beispiel der Guivreiz-Kämpfe von Burkhard Hasebrink so überzeugend herausgearbeitet worden ist, 44 wird kaum durch eine einzige Lesart aus den Angeln gehoben. 45

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Das Innsbrucker Projekt von Mario Klarer, das sich die Aufgabe gestellt hat, im Rahmen eines groß angelegten Digitalisierungsprojekts eine allographische Transkription der Handschrift A und ein für unterschiedliche wissenschaftliche Zwecke nutzbares Datenset zu erstellen, wird wohl, was die Vorlagen des Ambraser Heldenbuchs betrifft, die textkritische Diskussion auf eine neue Grundlage stellen können. 46 Dieses Instrumentarium wird helfen, sich von den Imaginationen der Textkritik des 19. Jahrhunderts endgültig befreien zu können.

 
 

Anmerkungen

Ereck. Textgeschichtliche Ausgabe mit Abdruck sämtlicher Fragmente und der Bruchstücke des mitteldeutschen ›Erek‹. Hrsg. von Andres Hammer, Victor Millet und Timo Reuvekamp-Felber unter Mitarbeit von Lydia Merten, Katarina Münstermann und Hannah Rieger, Berlin, Boston 2017.   zurück
Hinzuweisen ist auf die Rezensionen von Thomas Bein (in: Editio 31,1 (2017), S. 285-293); Sonja Glauch (in: PBB 141,1 (2019), S. 112127); Stephan Müller: Arbitrium 36 (2018), S. 302-311).   zurück
Friedrich Benecke an Jacob Grimm 07.10.1810.   zurück
Roland Reuß: ›genug Achtung vor der Schrift‹? Zu: Franz Kafka, Schriften Tagebücher Briefe. Kritische Ausgabe. In: Text-Kritische Beiträge 1 (1995), S. 107-126.   zurück
Harald Weigel: ›Nur, was du nie gesehn wird ewig dauern‹. Karl Lachmann und die Entstehung der wissenschaftlichen Edition, Freiburg im Breisgau 1989.   zurück

Heinz Schlaffer: Poesie und Wissen. Die Entstehung des ästhetischen Bewußtseins und der philologischen Erkenntnis, Frankfurt a. M. 1990, S. 227.

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Martin Stingelin: Dämmerpunkte der Überlieferung. Autor, Text und Kontingenz. In: MLL 117 (2002), S. 650-660, S. 650.   zurück
Hartmann von Aue: Erec. Mittelhochdeutsch/ Neuhochdeutsch. Hrsg., übersetzt und kommentiert von Volker Mertens, Stuttgart 2008, S. 579.   zurück
Hinweise hierzu bei: Ursula Peters: ›Texte vor der Literatur‹? Zur Problematik neuerer Alteritätsparadigmen der Mittelalterphilologie. In: Poetica 39 (2007), S. 59-88. Ursula Peters: Philologie und Texthermeneutik. Aktuelle Forschungspositionen der Mediävistik. In: IASL 36, H.2 (2011), S. 251-282; Markus Stock: Introduction: Philological Moves. In: Florilegium 32 (2015), S. 1-17; Martin Baisch: Transmission and Materiality: Philology, Old and New, in German Medieval Studies. In: Digital Philology. A Journal of Medieval Cultures 6,2 (2017), S. 177-195;    zurück
10 
Florian Kragl: Der Preis der Überlieferungsnähe. Zur neuen Ausgabe der ›Virginal‹. In: PBB 140,3 (2018), S. 327-359, S. 335. Die bemühte Polemik des Zitats überdeckt die bedenkenswerten Gedanken, die Florian Kragl in dem Aufsatz entwickelt. Er legt dar, dass erstens die Varianz mittelalterlicher Texte einen zeitlichen Index besitzt und zweitens, dass es sinnvoll ist, die Formseite mittelalterlicher Dichtung in textkritischer Perspektive stärker als bisher zu berücksichtigen.   zurück
11 
Dokumentiert bei Hans-Jochen Schiewer: Fassung, Bearbeitung, Version und Edition, in: Deutsche Texte des Mittelalters zwischen Handschriftennähe und Rekonstruktion. Berliner Fachtagung 1.-3. April 2004, hg. von Martin J. Schubert, Tübingen 2005, S. 35-50.   zurück
12 
Vgl. hierzu Hartmut Böhme: Fetischismus und Kultur. Eine andere Theorie der Moderne, Reinbek 2006.   zurück
13 
Erec. Eine Erzählung von Hartmann von Aue. Hrsg. von Moriz Haupt, Leipzig 1839.   zurück
14 
Vgl. etwa die Ausgaben aus der Reihe der ATB – zuletzt Erec von Hartmann von Aue. Hrsg. von Albert Leitzmann, fortgeführt von Ludwig Wolff. 6. Auflage besorgt von Christoph Cormeau und Kurt Gärtner. Tübingen 1985 (Altdeutsche Textbibliothek; Bd. 39).   zurück
15 
Hartmann von Aue: Erec. Hrsg. von Manfred Günther Scholz. Übersetzt von Susanne Held. Frankfurt/ Main 2004 (Bibliothek des Mittelalters; Bd. 5).   zurück
16 
Hartmann von Aue: Erec. Ed. and transl. by Cyril Edwards, Cambridge 2014 (German Romance 5; Arthurian archives 19).   zurück
17 

Mertens (Hg.): Hartmann von Aue: ›Erec‹, S. 580 f. Vgl. auch Hartmann von Aue: Erec. 7. Auflage besorgt von Kurt Gärtner, S. XXIII f.

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18 
Hartmann von Aue: Erec. 7. Auflage besorgt von Kurt Gärtner, S. VII.   zurück
19 
Vgl. auch Andreas Hammer: Hartmann von Aue oder Hans Ried? Zum Umgang mit der Text- und Stilkritik des ›Ambraser Erec‹. In: Elisabeth Andersen, Ricarda Bauschke-Hartung, Nicola McLelland u. Silvia Reuvekamp (Hgg.), Stil im Mittelalter. Deutschsprachige Literatur zwischen Tradition und Innovation. XXII. Anglo-German Colloquium, Berlin, Boston 2015, S. 427-444.   zurück
20 
Aus meiner Sicht ist es bedauerlich, dass die germanistische Mediävistik im Grunde seit den Arbeiten von Karl Stackmann aus den 1990er Jahren nicht mehr auf die texttheoretischen Herausforderungen dieser Positionen reagiert hat.   zurück
21 
Joachim Heinzle: Laudatio auf Karl Stackmann. In: Karl Stackmann, ›Ich theile ... nicht die Ansicht von Gervinius‹. Wilhelm Grimm über die Geschichte der Poesie. Reden anläßlich der Verleihung des Brüder-Grimm-Preises 1991 (Mainzer Universitätsreden 17), Marburg 1992, S. 3-9, S. 4; vgl. auch Karl Stackmann: Karl Stackmann, Karl: Mittelalterliche Texte als Aufgabe. In: Festschrift für Jost Trier zum 70. Geburtstag. Hrsg. von William Foerste/ Karl Heinz Borck, Köln, Graz 1964, S. 241-267. Vgl. auch Thomas Bein: Textkritik. Eine Einführung in die Grundlagen germanistisch mediävistischer Editionswissenschaft, Frankfurt a.M. 2008.   zurück
22 
Vgl. Heinzle: Laudatio auf Karl Stackmann.   zurück
23 
Vgl. Britta Bussmann, Albrecht Hausmann, Annelie Kreft, Cornelia Logemann (Hgg.): Übertragungen. Formen und Konzepte von Reproduktion in Mittelalter und Früher Neuzeit (Trends in Medieval Philology 5), Berlin, New York 2005.   zurück
24 
Ebd. S. XI.   zurück
25 
Ebd. S. XVI.   zurück
26 
Stephan Müller: Prominente Unikate. Zu den (verlorenen) Vorlagen des Ambraser Heldenbuchs und dem heldenbuch zu Runkelstein. In: Mario Klarer (hg.), Kaiser Maximilian I. und das Ambraser Heldenbuch, Köln – Weimar – Wien 2019, S. 89-98, S. 94. Kritisch zu fragen wäre freilich, wie genau sich die Begriffe ›Reproduktion‹ und ›Transformation‹ hier unterscheiden.   zurück
27 
Vgl. Martin Baisch: Textkritik als Herausforderung der Kulturwissenschaft. Tristan-Lektüren, Berlin, New York 2006 (TMP 9), S. 35 ff.   zurück
28 
Glauch: Rezension, S. 118.   zurück
29 
Äquivalent in Hinblick auf seine Funktion verwendet Glauch den Begriff der ›Formung‹: »Diese richtet sich aber immerhin auf eine absichtsgetragene Formung (nämlich durch einen Verfasser); es ist also sicher, d a s s es diese Formung gegeben hat, auch wenn sie nicht mehr im Einzelnen nachvollzogen und wiederhergestellt werden kann. Dagegen kann man dem Textzustand des 16. Jahrhunderts überhaupt keine homogene absichtsgetragene Formung nachweisen, womit es schwierig bis unmöglich wird, den Text zu ›bessern‹ und ihn als Narration zu interpretieren oder gar als Dichtung zu analysieren.« (Glauch: Rezension, S. 119) Wenn auch die Formung des Textes im 16. Jahrhundert nicht als homogen absichtsgetragen bezeichnet werden kann, so kann man auch nicht sagen, das der Textzustand im 16. Jahrhundert über keine Programmatik verfügt.   zurück
30 
Vgl. hierzu besonders Hans Walter Gabler: Wider die Autorzentriertheit in der Edition. In: Jahrbuch des freien deutschen Hochstifts 2012, S. 316-348.   zurück
31 
Müller: Prominente Unikate, S. 94.   zurück
32 
Kurt Gärtner: Der Ambraser Erec – eine Kompilation? Zu einer Ausgabe des Ereck von Hans Ried. In: Mario Klarer (Hrsg.): Kaiser Maximilian I. und das Ambraser Heldenbuch, Wien 2019, S. 75-87. Vgl. hierzu auch Joachim Bumke: Der ›Erec‹ Hartmanns von Aue. Eine Einführung, Berlin 2006, S. 11 f.; Henrike Manuwald: Der Mantel im Ambraser Heldenbuch und die Frage nach dem Stil. In: Stil. Mittelalterliche Literatur zwischen Konvention und Innovation, XXII. Anglo-German Colloquium, hg. von Elizabeth Andersen, Ricarda Bauschke, Nicola McLelland und Silvia Reuvekamp, Berlin, Boston 2015, S. 445-464.   zurück
33 
Ebd. S. 77.   zurück
34 
Auch an dieser Stelle wäre die Autorschaftsdebatte zu führen, wie Thomas Bein in seiner Rezension darlegt: Ist der in der Ausgabe präsentierte Text wirklich mit dem Namen Hartmann von Aue adäquat beschrieben? Wäre beim gegenwärtigen Stand der Forschung ein Titel wie »Der Erec des Ambraser Heldenbuchs« tatsächlich nicht angebrachter?   zurück
35 
Martin Baisch: Was ist ein Werk? Mittelalterliche Perspektiven. In: Jahrbuch für Internationale Germanistik XXXIV (2002), Heft 2, S. 105-125.   zurück
36 
Glauch: Rezension, S. 119.   zurück
37 
Peter Shillingsburg: Resisting Texts. Authority and Submission in Constructions of Meaning, Ann Arbor 1997 (Editorial Theory and Literary Criticism), S. 73.   zurück
38 
Shillingsburg: Resisting Texts, S. 74.   zurück
39 
Vgl. hierzu Kurt Gärtner: Der Text der Wolfenbütteler ›Erec‹-Fragmente und seine Bedeutung für die ›Erec‹-Forschung. In: PBB 104 (1982), S. 207-230 und 359-430; Kurt Gärtner: Die Zwettler ›Erec‹-Fragmente: Versuch einer ersten Auswertung. In: Literatur als Erinnerung. FS W. Woesler. Hrsg. von Bodo Plachta, Tübingen 2004, S. 35-50; Eberhard Nellmann: Ein zweiter ›Erec‹-Roman? Zu den neugefundenen Wolfenbütteler Fragmenten. In: ZfdPh 101 (1982), S. 28-78 und 436-441; Sonja Glauch: Zweimal ›Erec‹ am Anfang des deutschen Artusromans? Einige Folgerungen aus den neugefundenen Fragmenten. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 128 (2009), S. 347-371.   zurück
40 
Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe in 20 Bänden und 3 Supplementen. Stroemfeld/ Roter Stern, Frankfurt am Main und Basel 1975-2008 (Frankfurter Hölderlin-Ausgabe).   zurück
41 
Glauch: Rezension, S. 119.   zurück
42 
Bumke: Hartmann von Aue, S. 17. Festzuhalten ist, dass Bumke mit der Textkritik zu Hartmanns ›Erec‹ hart in Gericht geht: »Die Editionsgeschichte des ›Erec‹ stand unter keinem guten Stern. Dabei gibt es eigentlich kein großes textkritisches Problem. Ein Herausgeber des ›Erec‹ kann gar nichts anderes tun, als Hans Rieds ›Erec‹-Text abzudrucken. Sein Ermessenspielraum besteht nur darin, wie genau er dem Wortlaut von Hans Ried folgt oder wie stark er den Ambraser ›Erec‹ bearbeitet und wie er die Fragmente dem Ambraser Text zuordnet.« (Ebd. S. 15).   zurück
43 
Vgl. Stephan Müller: Widersprüche in Kunstdichtungen. Über ›Fehler‹inmittelhochdeutschen Erzähltexten und was man aus ihnen lernen kann. In: Elisabeth Lienert (Hg.), Poetiken des Widerspruchs in vormoderner Erzählliteratur (Contradiction Studies), Wiebaden 2019, S. 43-62, S. 53 ff. Vgl. schon Stackmann: Mittelalterliche Texte als Aufgabe, S. 264: »Man hat, namentlich in der französischen Schule, die Nachteile des Begriffes ›Fehler‹ hervorgehoben (...) und braucht daher statt ›faute‹ lieber den Ausdruck ›innovation‹. Jedoch ist vom Standpunkt dessen, der den Wortlaut des Archetypus rekonstruiert, jeden Variante, die er verwirft, als fehlerhaft anzusehen, mag sie entstanden sein, wie er will.«    zurück
44 
Burkhard Hasebrink: Erecs Wunde. Zur Performativität der Freundschaft im höfischen Roman. In: Oxford German Studies 38,1 (2009), S. 1-11.   zurück
45 
Timo Felber: Polyvalenzen und Kulturkritik. Zur notwendigen Neuausgabe des Erec Hartmanns von Aue. In: Ambiguität im Mittelalter. Formen zeitgenössischer Reflexion und interdisziplinärer Rezeption. Hrsg. von Oliver Auge und Christiane Witthöft, Berlin 2016 (TMP 30), S. 219-237.   zurück
46 
Mario Klarer, Aaron Tratter, Hubert Alisade: Ambraser Heldenbuch: Allographische Transkription und wissenschaftliches Datenset. In: Das Mittelalter 24,1 (2019), S. 244-246; Mario Klarer: Vom Buchstaben zum Text. Die Handschrift von Hans Ried und die Transkription des Ambraser Heldenbuchs. In: M. K. (Hrsg.): Kaiser Maximilian I. und das Ambraser Heldenbuch, Wien 2019, S. 171-186.   zurück