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Empirie der Lesarten. Interpretierende Rezeptionsforschung als Methode.

  • Martin Rehfeldt: Literaturwissenschaft als interpretierende Rezeptionsforschung. Entwurf einer philologischen Methodik mit humanwissenschaftlichem Erkenntnisinteresse mit Beispielanalysen zur Rezeption von Helmut Kraussers Hagen-Trinker-Trilogie und UC. Würzburg: Königshausen & Neumann 2017. 338 S. Kartoniert. EUR (D) 44,00.
    ISBN: 978-3826057083.
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1. Die These: Hermeneutische Methoden als Problem

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Martin Rehfeldt betreibt Wissenschaftskritik. Adressiert ist sie an die germanistische Literaturwissenschaft, die seit Jahrzehnten neue Theorien aus Nachbardisziplinen importiert und sich von ihnen neue Betrachtungsweisen ihres Kerngegenstandes erhofft. Angesichts der zunehmenden Ausweitung des Literaturbegriffs (von der Schrift auf andere Medien) und zahlreicher importierter -ismen und turns in den vergangenen Jahrzehnten ist es dem Fach heute, so Rehfeldt, kaum noch möglich, Konsens über sein Fachverständnis zu erzielen.

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Darunter leide sowohl der extradisziplinäre Theorie-Praxis-Transfer, den die Literaturwissenschaft an Schulen, Universitäten oder sekundäre Institution der Literaturvermittlung zu leisten habe, als auch der intradisziplinäre Diskurs über die wissenschaftstheoretischen Grundlagen. Selbstverständigungsdebatten wechselten sich ab mit offensiven Bekenntnissen zu einem Methodenpluralismus, hinter dem sich, wie Rehfeldt argwöhnt, in erster Linie jedoch Verteidigungsstrategien angesichts einer zunehmenden »Beliebigkeit der Untersuchungsmethoden« (S. 14) verbergen: »Mit der Anerkennung der theoretischen Vielstimmigkeit als Status Quo durch den Begriff ›Methodenpluralismus‹ wurden zum einen theoretische und methodologische Konzepte zunehmend zu einem eigenen Forschungsgegenstand des sich etablierenden neuen Fachteils Literaturtheorie. Zum anderen kam es zu einem starken ›Methodenverschleiß‹, der außerhalb dezidiert mit entsprechenden Fragen befasster Forschergruppen zu einer gewissen Theoriemüdigkeit führte, die wiederum zu einer zunehmenden ›Beliebigkeit der Untersuchungsmethoden‹ beigetragen hat.« (S. 14).

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Diese Kritik ist nicht neu. Theorie- und Methodendiskussionen begleiten das Fach seit seiner Gründung im 19. Jahrhundert, wie Rehfeldt im zweiten Kapitel seiner Studie selbst darstellt (S. 20 ff.). Auch wenn die Literaturwissenschaft seit den 1960er-Jahren immer wieder zu »Paradigmenwechsel[n]« (S. 55) ansetzte: Weder den Theorien der empirischen Literaturwissenschaft noch des französischen Poststrukturalismus gelang es am Ende, jene Methode zu ersetzen, die mit großer Kontinuität seit dem Ende des 19. Jahrhunderts das Fach bestimmt – die Hermeneutik. Dass diese ungebrochene Stellung der Hermeneutik als Methode bis heute nicht erkannt ist, liegt laut Rehfeldt in einer ungenauen Verwendung von Begriffen: »Bei einer trennscharfen Verwendung müsste [...] zwischen Theorie, Modell und Methode unterschieden werden.« (S. 15). Dann würde deutlich, dass der Methodenpluralismus in Wahrheit eine Theorievielfalt ist, während im methodisch nach wie vor ein »hermeneutisch interpretierendes Vorgehen mit gelegentlich strukturalistischen Anleihen« vorherrscht (S. 16). Soll die Literaturwissenschaft (immerhin ein Massenfach!) wieder mehr wissenschaftliche und praktische Relevanz erhalten, so muss sie über ihr Verhältnis zur Hermeneutik nachdenken und darüber, mit welchen Methoden sie als Fach auch für andere Humanwissenschaften wieder anschlussfähig wird.

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Die starke Stellung der Hermeneutik als Methode ist es auch, der Rehfeldt in seiner Studie mit einem alternativen Methodenvorschlag begegnen will. Ziel seines »Entwurf[s] einer philologischen Methodik mit humanwissenschaftlichem Erkenntnisinteresse« (so der Untertitel) ist es, »eine zwar spezifisch literaturwissenschaftliche, aber interdisziplinär anschlussfähige Methodik zu entwickeln, die aktuellen theoretischen Anforderungen gerecht wird und zugleich fachgeschichtlich gewachsene Strukturen und gesellschaftliche Aufgaben des Faches berücksichtigt« (S. 16). Um Ziel und These zu untermauern, arbeitet er zunächst jene wissenschaftstheoretischen Kriterien heraus (Kap. 2), die sein Methodenvorschlag zu erfüllen hat (Relevanz, Theorezität, Empirizität, Didaktisierbarkeit, Interpretativität), stellt sodann sein Modell für eine interpretierende Rezeptionsforschung (Kap. 3) vor und operationalisiert es am Beispiel der Romane Helmut Kraussers (Kap. 4, 5). Wie die Rezeptionswissenschaft vor ihm richtet er sein Erkenntnisinteresse dabei auf die Überprüfbarkeit von Lektüren. Wie interessant, aber auch komplex sein Vorschlag ist, zeigt sich dort, wo er ihn operationalisiert.

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2. Der Gegenvorschlag: Interpretierende Rezeptionsforschung

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Rehfeldt nutzt für seine Studie einen erweiterten Literaturbegriff, zu dem neben literarischen Texten auch Filme (Serien) zählen 1 ; sie kommen in seiner Studie gleichfalls zum Einsatz. Theoretisch nähert er sich seinem Untersuchungsobjekt, dem Leser, indem er auf die Ansätze der Medienwirkungsforschung, der Kognitionspsychologie sowie der Schemaforschung rekurriert. Dies kommt in Rehfeldts Terminologie zum Ausdruck: Mit Begriffen wie Schema (Frames) oder Gratifikation (Uses and Gratifications) präzisiert er die Annahme, dass Menschen bei der Auswahl von Informationen und der Steuerung von Aufmerksamkeit auf Schemata zurückgreifen, die als top down-Faktoren bei der Strukturierung der Wahrnehmung fungieren. Im Leseprozess können sich solche Schemata explizit als literarisches Wissen (Kenntnis von Werken, Autoren, Gattungen), als Wissen von Scripts (typische realweltliche Abläufe) oder von StoryGrammars (Komponenten einer typischen Geschichte) manifestieren, implizit in der Suche nach Werten oder eigenen Lebensthemen (»thematische Voreingenommenheit«, S. 91). Ausgehend von ihnen bildet der Leser Hypothesen der Wahrnehmung, die seine »aktive Suche nach erwartungsbestätigenden Informationen« (S. 103) stützen und dazu beitragen, dass er selektieren und bereits Gewusstes abrufen kann.

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Bekannte Informationen versprechen Gratifikationen (Selbstbestätigung, Bildung, Lust, Entspannung); um sie einzulösen, werden Lesestrategien ausgewählt, mit deren Hilfe das Gelesene aufgenommen, ergänzt, kognitiv oder emotional verarbeitet wird. »Warum wir ein Buch lesen, beeinflusst also, wie wir es lesen. « (S. 113). Dabei interessiert Rehfeldt vor allem, was passiert, wenn gelernte Lesestrategien unterlaufen werden – etwa durch Signale im Text, die ein einfaches Verstehen verhindern (bottom up-Faktoren). Findet eine Irritation in einem Rezeptionsprozess statt, der offen ist (etwa, weil die Störung im Erwartungshorizont des Lesers liegt), kann ein Volitionswechsel in Gang kommen, der ebenfalls zu Gratifikationen führt. Übersteigt die Störung hingegen den Erwartungshorizont des Lesers und löst das Gefühl der Hilflosigkeit aus, kann dies zum Lektüreabbruch oder einer negativen Bewertung führen. Lesestrategien können in Texten, die das Leseerlebnis reflektieren, auch sichtbar und explizit gemacht werden: »Damit lässt sich das Verfassen einer professionellen oder nicht-professionellen Rezension als verarbeitende Lesestrategie beschreiben.« (S. 110).

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In diesen theoretischen Rahmen bettet Rehfeldt seine interpretierende Rezeptionsforschung als Methode ein: Er will Lesestrategien untersuchen, um so den » ›Rezeptionsvorgang am Medium‹« sichtbar zu machen (S. 121). In einer Erschließung und systematischen Beschreibung dieses Rezeptionsvorgangs sieht er einen »genuinen literaturwissenschaftlichen Beitrag zum interdisziplinären Projekt der Rezeptionsforschung« (S. 121). Um seine Methode zu operationalisieren, greift er auf ein »kognitiv-konstruktivistisches Lektüremodell« zurück, das »Rezeptionshandlungen als Text-Leser-Interaktionen« (S. 119) definiert. In dieser Versuchsanordnung interagiert der Leser mit dem Text unter seinen Voraussetzungen (top down-Faktoren, lektüreleitende Erwartungen), während der Text wiederum auf Signale hin untersucht wird, mit denen er die Aufmerksamkeit zu steuern versucht (bottom up-Signale). Beide Faktoren treffen im Leseakt aufeinander und sorgen für ein bestimmtes Verstehen – mit der Kommunikationsforschung spricht Rehfeldt allerdings von Kommunikat und nicht von Textsinn oder -bedeutung, wie es die Hermeneutik tut: »Aus der Konfrontation dieser beiden Faktoren entsteht die Konkretisation des Textes bzw. das Kommunikat, also die individuelle Lesart, die [...] Gegenstand des hier verfolgten Erkenntnisinteresses ist.« (S. 120).

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Scheint Rehfeldts Ansatz auf den ersten Blick mit der Rezeptionsästhetik der Konstanzer Schule durchaus vereinbar, so zeigt sich bald, dass er im Unterschied zu ihr auf dem Leser als empirischer Größe im Leseakt beharrt. Hermeneutische Erkenntnisprozesse, wie sie auch die Rezeptionsästhetik anstrebt, sind für ihn nur tolerabel, wenn sie das Objekt, nicht aber die Methode der Untersuchung betreffen. 2 Doch wie kann sein eigenes Modell am Text umgesetzt werden? Das zeigt Rehfeldt in zwei Spielarten: der Rekonstruktion von Lektüren anhand von Rezeptionsdokumenten und der Simulation einer eigenen Lektüre und deren Abgleich.

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3. Operationalisierung: Rekonstruktion von Kommunikaten und Simulation

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Im ersten Durchlauf operationalisiert Rehfeldt seine Methode anhand von Helmut Kraussers Frühwerk, der Hagen-Trinker-Trilogie, bestehend aus den drei Romanen Könige über dem Ozean, Fette Welt und Schweine und Elefanten. 3 Ziel ist eine »Lektürerekonstruktion anhand von Rezeptionsdokumenten« (S. 122) in zwei Schritten: Aus Leser- und Kritikerrezensionen rekonstruiert Rehfeldt zunächst das Kommunikat (Angaben zu Inhalt, Genre, Gratifikationen, Sympathieverteilung), um zu erfahren, »als was der Leser den Text gelesen hat« (S. 122). Daran schließt sich die Konfrontation des rekonstruierten Kommunikats mit dem literarischen Text an, um Auskunft über top down-Faktoren zu erhalten, die bei der Bildung des Kommunikats zum Tragen kamen: »Im Idealfall lässt sich die Frage beantworten, mit welchem Vorwissen, welchen Erwartungen und Bedürfnissen jemand einen Text gelesen haben muss, um zum rekonstruierten Kommunikat zu gelangen.« (S. 122).

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Was findet Rehfeldt heraus? Den meisten untersuchten Rezensionen entgehen implizite Signale auf den ästhetischen Mehrwert der Romane; intertextuelle Verweise oder raffinierte Erzähltechniken (etwa die narrative Überblendung zweier Figuren, S. 173) werden als widerständig empfunden und vor dem eigenen Interessenshorizont ausblendet. Die Kommunikate zeigen, dass Leser aus literarischen Texten (wie auch aus nonfiktionalen) vor allem das herauslesen, was ihnen »interessanter« (S. 179) und ihrer Lebenswelt näher erscheint. Mehrheitlich lassen sie sich von Gattungshinweisen leiten und bevorzugen referenzialisierbare Inhalte. Präferiert wird dabei, was bekannt ist oder Gratifikation verspricht. Damit geht, zumal in einem Werk wie Helmut Kraussers, eine Menge Information verloren, wie Rehfeldts ergänzende eigene Textanalysen zeigt. Seine Einordnung des Ergebnisses ist dennoch weit davon entfernt, den (ungebildeten, unbeweglichen?) Leser zu richten: Vielmehr sucht er nach historischen Erklärungen für die überwiegend referenzialisierte Lektüre der Bücher und findet die erste in der in den 1970er- und 1980er-Jahren noch virulenten Trennung von E- und U-Literatur (da Kraussers Werk dies Zuordnung unterläuft, werden ästhetische Irritationen ausgeblendet), die zweite im wachsenden Bedürfnis der 1990er-Jahre nach »generationeller Selbstverständigung« (S. 188) – hier passen sich seine Romane gut in die gesuchte Lebenswelt ein, was die Rezeption dieses Aspekts verstärkt.

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Für seine zweite methodische Spielart schlägt der Verfasser den umgekehrten Weg ein: Anhand des Romans UC von Krausser konstruiert (simuliert 4 ) er erst eine eigene Lektüre, die sich an lektüreleitenden top down-Faktoren wie dem Paratext orientiert 5 , um sie sodann mit den Kommunikaten fremder Lektüren (Kunden- und Kritikerrezensionen) zu vergleichen. Dabei geht Rehfeldt davon aus, dass Paratexte ähnlich funktionieren wie das Agenda Setting in der journalistischen politischen Berichterstattung, das heißt, für eine spezifische Wahrnehmung des Romans durch Autor- und Genreangaben sowie »thematische Schwerpunkte« auf dem Klappentext sorgen (S. 196). Ihnen geht Rehfeldt anhand der Genreangabe »Detektivroman« nach und zeigt, dass sie sich ab einer bestimmten Stelle im Roman nicht mehr nutzen lässt, um das Buch zu verstehen und (Lese-)Gratifikationen zu erlangen. Vielmehr ändert der Text seine Strategie, sendet implizite Signale für eine ästhetische, nicht mehr einfach referenzialisierbare Lektüre aus (bottom up-Faktoren), die der Genrezuschreibung zuwiderläuft. Während Rehfeldt als lector doctus diese Signale erkennen und dekonstruieren kann, zeigt der Abgleich mit Kunden- und Kritikerrezensionen, dass die meisten Leser den Wechsel in der Textstrategie zwar erkennen, ihm jedoch hilflos begegnen: Sie übersehen mehrheitlich die impliziten bottom up-Faktoren im Text, finden keine alternativen Sinnangebote und reagieren mit Reaktanz, indem sie die Lektüre abbrechen oder ablehnende Urteile fällen. Dabei ist kein wesentlicher Unterschied zwischen ungeübten Lesern und professionellen Kritikern festzustellen: Auch letztere verfassen weitgehend »polemische Verrisse« (S. 296), statt auf die ästhetischen Absichten des Textes hinzuweisen.

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4. Fazit

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Welche Schlüsse kann man nun aus diesen Befunden ziehen – zumal vor der geäußerten Kritik am Fach? Zunächst einmal: Rehfeldts profundes Wissen über Kraussers Werk und seine eigenen rhetorisch klugen Textanalysen sind sehr beeindruckend und zu bewundern (diese Leistung der Studie geht angesichts der Forschungsziele fast etwas unter). Hinsichtlich der postulierten Methode stellen sich am Ende einige Fragen. So expliziert Rehfeldt beispielsweise seine theoretischen Vorannahmen zur Fiktionalität nicht (Theorezität), auch nicht in Bezug auf rezeptionsbezogene Fiktionalitätstheorien (make believe!) 6 . Zwar erwähnt er, dass bei der »Imagination der fiktionalen Welt« auch »literatur- und wissensbezogene Schemata« (S. 97) zum Einsatz kommen, doch werden diese Schemata nicht weiter ausgeführt. Damit entsteht der Eindruck, dass Leser bei der Rekonstruktion faktualer und fiktionaler Texte letztlich gleiche Imaginationen entwerfen.

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In Hinblick auf die Relevanz seiner Methode ist zu sagen, dass sich die (vorsichtig angedeutete) Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse wohl nicht in dem Ausmaß erreichen lässt, dass sie eine Anschlussfähigkeit an andere Humanwissenschaften ermöglichen würde. Rehfeldt argumentiert, dass Kommunikate, die häufiger auftreten, genutzt werden könnten, um Aussagen über die literarische Rezeption einer Zeit, einer Gesellschaft oder einer Gruppe zu machen. 7 Dem muss man entgegnen, was Dieter Gutzen, Norbert Oellers und Jürgen Petersen schon gegen die empirisch-positivistische Literatursoziologie vorgebracht haben: Die interpretierende Rezeptionsforschung hat ein Induktionsproblem. 8 Ihr haftet, wie der Hermeneutik, das hier nicht gelöste Problem einer begrenzten Datenlage und Reichweite an.

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Am meisten Fragen wirft Rehfeldts antihermeneutisches Bekenntnis auf (Interpretativität). Denn auch in seiner Methode, die keine Messungen, sondern re- und dekonstruierende Beobachtungen an Texten vornimmt, sind hermeneutische Anteile im Grunde kaum zu vermeiden – dies zeigt auch seine eigenen Lektüresimulation. Erstaunlicherweise erwähnt das umfangreiche Literaturverzeichnis der gründlichen Studie einen Aufsatz nicht, der schon 1995 den Vorschlag machte, die Gegensätze von Empirie und Hermeneutik zu vereinen – wenn auch vom hermeneutischen Standpunkt aus. Seine Verfasserin Simone Winko zeigt die Relevanz kognitionspsychologischer Verstehensforschung auch für das »hermeneutische Paradigma« 9 und vermittelt terminologisch zwischen empirischer »Lesart« und hermeneutischem »Verstehen«. Dabei findet sie hinter diesen scheinbar so unterschiedlichen Begriffen mehr konzeptuelle Gemeinsamkeiten als Ausschlusskriterien. 10 Was also ist es, das die Hermeneutik als Methode so verdächtig macht? Der große Anteil an Subjektivität in den Textauslegungen, die mangelnde Anschlussfähigkeit an andere Humanwissenschaften? Ist die Hermeneutik auch als Methode tatsächlich nicht mehr zu retten, oder läge ein wichtiger Beitrag in ihrer methodischen Reform? Am Ende scheinen die explizierten Gegensätze mehr ideologischer denn methodischer Natur zu sein – doch das würde Rehfeldt verneinen.

 
 

Anmerkungen

Vgl. Jahraus, Oliver (2014): Grundkurs Literaturwissenschaft, 6. Aufl., Stuttgart: Klett (Klett Lerntraining), S. 172-179.   zurück
Vgl. Rehfeldt, S. 301: »Eine Trennung von Aussagebereich (Rezeption bzw. Kommunikat) und Untersuchungsgegenstand (literarischer Texte) wird möglich, wenn man Hermeneutik nicht als Methode sondern als Gegenstand des Erkenntnisinteresses auffasst [...].«    zurück
Vgl. Krausser, Helmut (2002): Fette Welt, Reinbek: Rowohlt; ders (2003): Könige über dem Ozean, Reinbek: Rowohlt; ders. (1999): Schweine und Elefanten, Reinbek: Rowohlt.    zurück
Vgl. Rehfeldt, S. 189: »Lassen sich Prozesse nicht direkt beobachten oder erweisen sie sich als zu komplex für die Erforschung mittels gängiger empirischer Methoden, so werden in den Sozialwissenschaften zuweilen Verfahren der Simulation eingesetzt. Dafür wird zunächst auf der Grundlage von ›Beobachtungen über die Wirklichkeit‹ ein Modell als ›Replikation eines Realitätsausschnitts‹ generiert, das zu seinem Urbild in einer Modellrelation steht, die es ermöglicht, ,von bestimmten Merkmalen des Modells auf bestimme Merkmale des Urbilds zu schließen und umgekehrt‘.«   zurück
Krausser, Helmut (2003) UC. Roman. Unter Zuhilfenahme eines Märchens von H. C. Anderson, Reinbek: Rowohlt.   zurück

Walton, Kendall (1990): Mimesis as Make-believe, Cambridge: Harvard University Press.

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Vgl. Rehfeldt, S. 125: »Je mehr der analysieren Kommunikate ist, desto eher können sie als mutmaßlich repräsentativ für die Mehrzahl der übrigen Leser desselben Textes gelten. Jedoch ist zuvor zu eruieren, ob sich die Gruppe derer, von denen Verarbeitungen vorliegen, von der Gruppe der Leser eines Textes systematisch unterscheidet, etwa durch einen höheren Bildungsstand oder die Beherrschung von Fertigkeiten, die zur Herstellung und ggf. Veröffentlichung der untersuchten Verarbeitungen nötig sind.«

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Gutzen, Dieter / Norbert Oellers / Jürgen Petersen (1989): Einführung in die neuere deutsche Literaturwissenschaft, 6. Aufl., Berlin, S. 228.

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Winko, Simone (1995): Verstehen literarischer Texte versus literarisches Verstehen von Texten? Zur Relevanz kognitionspsychologischer Verstehensforschung für das hermeneutische Paradigma der Literaturwissenschaft. In: DVJS 68 (1995), S. 1-27.   zurück
10 
Winko, Simone (1995): Verstehen literarischer Texte, S. 7 (= Anm. 9).   zurück