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Sophie Tieck oder Sophie Tieck-Bernhardi bzw. Sophie Tieck-Bernhardi-Knorring, wie man korrekterweise sagen müsste, gehört nach wie vor zu den eher unbekannten Frauen der Romantik. Im Schatten ihrer zwei berühmteren Brüder stehend, dem Schriftsteller Ludwig Tieck und dem Bildhauer Friedrich Tieck, war sie lange Zeit eher als Skandalnudel berühmt-berüchtigt und hat sonst sachliche Germanisten zu erstaunlich boshaften, z.T. deutlich misogynen Urteilen veranlasst.
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Seit einigen Jahrzehnten gewinnt sie aber als Person wie auch als Schriftstellerin zunehmend eine eigene Kontur. Wichtige ihrer Werke wurden ediert,
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es gibt Forschungsliteratur zu ihr
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und Teile ihrer noch erhaltenen Briefe wurden nach den älteren Editionen von Josef Körner
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und Edwin H. Zeydel
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der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
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Damit lässt sich ein objektiveres, empirisch abgesichertes Bild gewinnen, das die alten Vorurteile vielleicht nicht ganz aufzuheben vermag, aber ihre eigenwillige Persönlichkeit und Biographie ein Stück weit besser verstehbar und erklärbar macht.
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41 bisher nicht edierte Briefe fügen Renata Dampc-Jarosz und Hannelore Scholz-Lübbering diesem Bild nun hinzu, ein bereits an früherer Stelle edierter Brief wird erneut abgedruckt. Der Empfänger ist in allen Fällen der ältere Bruder Ludwig, der entscheidende Mann der ersten Lebenshälfte Sophie Tiecks, ja vielleicht ihres ganzen Lebens, auch wenn die Beziehung kein gutes Ende nimmt. Man muss diese Briefe also im Zusammenhang mit den Briefeditionen v.a. von Edwin H. Zeydel, Uwe Schweikert und James Trainer lesen,
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um die Beziehung der Geschwister in toto zu verstehen. Insgesamt, so viel sei vorweggenommen, bieten die Briefe in vielerlei Hinsicht eine Ergänzung zum bisher Bekannten, führen aber sicher nicht dazu, dass man grundlegende Komponenten der Geschwisterbeziehung wird neu schreiben oder deuten müssen.
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Es sind auch keine ästhetischen Sensationen zu erwarten, Briefe vom Rang einer Caroline Schlegel-Schelling oder Rahel Varnhagen gelingen Sophie Tieck sicherlich nicht. Und doch zeigen sich nicht nur Eigenarten weiblichen Schreibens in ihren Briefen – der sehr freie Umgang mit Orthographie und Interpunktion etwa, der die Editionsarbeit nicht gerade erleichtert haben dürfte –, die Briefe sind auch unter biographischen, sozialgeschichtlichen, literaturhistorischen oder gendertypologischen Gesichtspunkten von Interesse.
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Frühe Briefe
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Gut die Hälfte der Briefe fällt in Ludwig Tiecks Studienzeit, also in die Jahre 1792-94. Es sind die Briefe einer zunächst Siebzehnjährigen, für die der Weggang des zwei Jahre älteren, geliebten und bewunderten Bruders ein tiefer, schmerzhafter Einschnitt ist. Sie sorgt sich, dass es ihm gut geht, berichtet von ihrem eigenen kleinen Lebenskreis und möchte sich immer wieder seiner Liebe versichern, wobei sie einen schwärmerischen Ton anschlägt: »Du weist selbst das Deine Liebe mein einziges Glück meine einzige Hoffnung ist« (S. 60); »ich liebe Dich schwärmerisch und bilde mir so gern ein das Du mich eben so liebst« (S. 42). Penibel verfolgt sie, ob er auch häufig und empfindsam genug schreibt, und malt sich schon Monate im Voraus seine Besuche im Elternhaus als Höhepunkte ihres als eintönig empfundenen Lebens aus. Als Zukunftsvision und Lieblingsprojekt taucht dabei immer wieder die Idee auf, nach Beendigung des Studiums zusammenzuziehen und damit die Gemeinsamkeit wie zu Kindertagen wiederherzustellen – eine Idee, die dann ab 1794 auch teilweise verwirklicht wird.
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Interessant sind sozialgeschichtliche Details, die man am Rande erfährt (etwa der Umgang mit Zahnausfall), kleinere Einblicke in die Handwerkerfamilie Tieck und schließlich, vielleicht der modernste Aspekt, Sophies Reflexionen über ihre Rolle als Frau. Sie, die wie der Bruder selbst sehr früh schon Texte verfasst, kann sich nur schwer mit der Zurücksetzung als Frau zurechtfinden, die v.a. ihr Vater offen zu propagieren scheint. Sie darf nicht studieren, kann nur ausgehen, wenn sich geeignete Begleiter finden, und wird im Haushalt eingespannt, so dass sie ihre Briefe an den Bruder nur in den Abend- und Nachtstunden schreiben kann. Empört berichtet sie über einen misogynen Ausspruch des Vaters –»Aber denke Dir Vater behauptet der dümste unter den Männern sei gewiß so klug als das klügste Frauenzimmer« (S. 48) –, um wenige Sätze später ängstlich nachzufragen, ob der Bruder vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht habe. Als sie ihrem Vater von den Plänen des Zusammenlebens mit dem Bruder berichtet, wird sie »ausgelacht« (S. 43), seine Zukunftsvision für sie besteht in einer Ehe, die Sophie selbst sehr skeptisch sieht (ebd.).
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Briefe um 1800
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Weitere 15 Briefe führen in die Jahre 1800 bis 1803. Sophie ist inzwischen wie auch der Bruder verheiratet, bekommt und verliert Kinder und müht sich mit eigenen schriftstellerischen Versuchen. Einerseits bleibt der Bruder das bewunderte Vorbild –»[ich] habe […] den kühnen Willen mit Dir fortzuschreiten wie mein ganzes Leben mit dem Deinigen verwandt ist« (S. 73) – und wird als Korrektor und Editor des eigenen Werks respektiert, andererseits melden sich auch emanzipatorische Züge. Wie schon knapp zehn Jahre zuvor wird auch jetzt wieder das Getrenntsein beklagt und Reisepläne geschmiedet – Tieck wohnt ab 1801 in Dresden und ab 1803 in Ziebingen –, die sich allerdings nicht leicht realisieren lassen. Ludwig Tieck seinerseits ist in diesen Jahren auf einem ersten Höhepunkt seines Ansehens und seiner Produktivität, doch verläuft sein Leben auch zunehmend unstet und sind seit dem Tod von Novalis 1801 die Risse im Romantikerkreis nicht mehr zu übersehen. Die Häme, die Sophie Tieck insbesondere über Caroline Schlegel-Schelling und Dorothea Veit-Schlegel – hier auch antisemitisch konnotiert – ausschüttet, dürfte er zumindest teilweise geteilt haben.
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Hält man sich vor Augen, wie krisenhaft diese Jahre allerdings für Sophie gewesen sein müssen, sind die Briefe eher eine Enttäuschung bzw. lassen die dramatischen Szenen nur erahnen, die sich abgespielt haben müssen. Dass August Wilhelm Schlegel für Sophie mehr als nur ein Hausbewohner und literarischer Freund und Berater war, erschließt sich aus den Briefen nicht.
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Und auch die Entfremdung von ihrem Ehemann August Ferdinand Bernhardi, die früh begonnen haben muss, wird nicht explizit ersichtlich. Wie schwer sich Sophie mit dieser Ehe und dem damit verbundenen Verlust an Eigenständigkeit tat, zeigt schön ihre Unterschrift unter Brief Nr. 23 von 1800: »Deine dich liebende Schwester S. Tieck ja so S. Bernhardi« (S. 70).
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Was sie in Brief Nr. 24 beschreibt (vgl. S. 70 f.), würde man heute wohl mit einigem Recht als Schwangerschaftsdepression bezeichnen und wieder ist es die Rolle als Frau und Mutter, mit der Sophie hadert, weil dies ihr eigenes literarisches Wirken erschwert und ihre Mobilität, z.B. um den Bruder zu besuchen, einschränkt. Dass sie aber nicht das rein berechnende, gefühllose Monster ist, als das sie manchmal in der älteren Literatur gesehen wird, zeigen nicht nur manche Sorgen und Beschreibungen die Krankheiten ihrer Kinder betreffend, sondern v.a. ihre ergreifende Klage angesichts des überraschenden Todes ihres zweiten Sohnes Ludwig im Alter von einem halben Jahr (vgl. S. 86 f.).
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Späte Briefe
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Die letzten vier Briefe führen in die Jahre 1820-31. Ist ein bereits publizierter Brief aus Rom von 1805 zwischengeschaltet, so fehlen hier dennoch 15 entscheidende Jahre, um die Geschwisterbeziehung zu verstehen. Ludwig Tiecks z.T. langjährige Abwesenheiten von seiner Familie in den Jahren 1804 bis 1806 und 1808 bis 1810 haben ganz wesentlich mit seiner Sorge um die Schwester zu tun, die mit den beiden Kindern vor ihrem Ehemann Bernhardi und den preußischen Gerichten geflohen ist. In München kam es 1808 nicht nur zum dramatischen Showdown mit dem Exmann, der mit der »Teilung« der Kinder endete – Felix Theodor blieb bei Sophie, Wilhelm musste mit Bernhardi zurück nach Berlin –, sondern wenig später auch zum nie wieder gekitteten Bruch zwischen den Geschwistern.
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Alle späteren Briefe zeugen vom Versuch Sophies, den Kontakt über diese Trennlinie hinweg wieder aufzubauen, was von ihrem Bruder aber weitgehend zurückgewiesen wurde. Er, der sich seit 1819 ein neues Leben in Dresden aufgebaut hat und die nächsten Jahre zu einem Renommee und Ansehen gelangt, das das des Romantikers um 1800 wohl noch übersteigt, war nicht bereit, sich dabei von seiner Schwester Sophie stören zu lassen, deren zweiten Ehemann Knorring er ablehnte und die in seinen Augen wohl mit dafür verantwortlich war, dass sein Ansehen zwischenzeitlich so gelitten hatte.
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Brief Nr. 39 vom 7.12.1820 – Sophie ist mit Mann und Sohn aus dem Baltikum nach Deutschland gereist, damit letzterer studieren kann – zeigt die Bemühungen Sophies um ihren Bruder und verdeutlicht, wie wenig sie von seinem Leben und Werk in den letzten Jahren offensichtlich mitbekommen hat. Nicht nur kann sie sich keinen Reim auf seine pikante Familienkonstellation machen – Henriette von Finckenstein war in Dresden neben Frau und Kindern wie selbstverständlich Teil des Tieckschen Haushaltes –, sondern sie muss sich auch erst den bereits vier Jahre zuvor erschienenen Fortunat besorgen, um seine schriftstellerische Entwicklung würdigen und beurteilen zu können.
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Ihre eigenen Werke dienen jetzt vornehmlich, so hat man den Eindruck, dem Versuch die eigene Kassenlage zu verbessern, die eigentlich stets prekär ist. Und so ist das Thema Geld, ein notorisches Problem aller drei Tieckgeschwister, zwar ein Gegenstand vieler Briefe, tritt aber gehäuft gegen Ende auf. Man muss die, je nach Lesart, peinlichen oder zudringlichen Briefe Sophie Tiecks an ihren zweiten Bruder Friedrich, der sehr viel nachgiebiger als Ludwig war, hier hinzudenken,
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um Tiecks Härte und Kompromisslosigkeit einschätzen und verstehen zu können.
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Bis zuletzt ergeht sie sich auch in Träumen einer finanziell goldenen Zukunft, so im Brief vom 26. Mai 1821, als sie imaginiert »ein herrliches Gut« zu kaufen, das ein »so großes Wohnhaus« besitzt, dass »wir alle einmal wieder ein Zeit lang beiander leben« könnten (S. 108). Man kann diesen Grad der Wirklichkeitsverkennung oder ‑leugnung bei einer fast 50jährigen Frau naiv, aber auch tragisch nennen.
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Der letzte Brief vom 16. Februar 1831, zwei Jahre vor Sophies Tod, beschwört noch einmal die alte Gemeinsamkeit: »Wenn ich mich meiner Jugend erinnere, und es mir zurückrufe wie so innig mein Dasein, mit der Liebe zu Dir verflochten war, so komt es mir völlig unmöglich vor, dass das nun alles vorüber sein soll, dass Du Dich ganz von mir los zu sagen scheinst, und auf meine Briefe nich mehr antworten wills.« (S. 112) Sophie hofft hier, wieder nach Deutschland zurückzukehren, das war ihr aber ebenso wenig vergönnt wie den Bruder noch einmal zu sehen oder sich gar mit ihm auszusöhnen.
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Zum Stellenkommentar
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Der Stellenkommentar zeichnet sich, nicht zu seinem Nachteil, durch eine zurückhaltende und sparsame Kommentierung aus. Allerdings wird auch deutlich, dass die Herausgeberinnen eher Expertinnen für Sophie Tieck denn für Ludwig Tieck sind, und es haben sich Fehler, Ungenauigkeiten und Nachlässigkeiten in einer Häufigkeit eingeschlichen, die schlechterdings ärgerlich ist, von einigen unbegreiflichen Fällen ganz abgesehen. Dies wiegt umso schwerer, als gerade manche ältere Briefeditionen zu Ludwig Tieck, zu erwähnen sind hier insbesondere die beiden von Edwin H. Zeydel verantworteten Briefausgaben,
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stark fehlerhaft sind, aber bis heute die einzige zitierfähige Quelle darstellen. Die Chance, diesen älteren Editionen eine neue, mustergültige an die Seite zu stellen, wie es sie ja durchaus gibt, wurde leider vertan. Zu einigen Einzelstellen und -problemen:
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- Da sowohl in dieser Edition als auch in früheren viele Briefe undatiert sind, hätte man erwarten können, dass detaillierte Überlegungen zur inneren Chronologie angestellt werden und ein Versuch der Ordnung dargelegt wird, was aber nur in wenigen Fällen passiert, ein expliziter Abgleich mit den Datierungsvorschlägen des Repertoriums der Briefwechsel Ludwig Tiecks
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findet nicht statt. Auf diese Weise wird man also selbst mühsam das Puzzle der Briefe ordnen müssen. An keiner Stelle wird im Übrigen deutlich, welcher Status den hier neu veröffentlichten Briefen in der bisher bekannten Korrespondenz zukommt, einen Überblick über bisherige Editionen der Briefe von Sophie an Ludwig Tieck, wie Trainer ihn gegeben hat,
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vermisst man.
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- Wiederholt wird im Falle von Tiecks Werken auf das Tieck-Buch von Armin Gebhardt
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verwiesen (vgl. z.B. S. 118, 121 u.ö.). Dies ist allerdings eine fragwürdige Referenz, da Gebhardts eigenwilliges Buch wissenschaftlichen Standards ganz sicher nicht genügt. Den Herausgeberinnen scheint auch nicht bewusst zu sein, dass viele Frühwerke Tiecks inzwischen mustergültig ediert sind und zwar im ersten Band der leider Fragment gebliebenen Tieck-Ausgabe des Deutschen Klassiker Verlags;
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eine Tieck-Ausgabe findet sich irritierenderweise nicht im Literaturverzeichnis. So ist z.B. der Roßtrapp nicht »ungedruckt[]«(so S. 125, Anm. 3), sondern eben dort ediert.
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- Brief Nr. 1 antwortet auf Circle-Letters (Anm. 5), S. 292-294 vom 12.6.1792, insofern lässt sich Anm. 1 (vgl. S. 115) präzisieren, das korrekte Datum muss 19.6.1792 sein. Anm. 2: Die Seitenangabe ist falsch, es muss Wackenroder, Sämtliche Werke, S. 464-466 heißen, nicht »S. 458« (so S. 115). Anm. 3: zu ergänzen wäre: Darauf rekurriert Tieck in seinem Brief vom 9. Juli 1792, vgl. Circle-Letters (Anm. 5), S. 296. Anm. 6: Die Seitenangabe ist erneut falsch, es muss Wackenroder, Sämtliche Werke, S. 28, nicht »S. 38« (so S. 115) heißen.
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[23]
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- Brief Nr. 12: »Was Dein Gedicht anbetrifft« (S. 50): Zu ergänzen wäre die Anmerkung, dass Sophie hier von Ludwig Tiecks Dichtung Roßtrapp spricht, der undatierte, in Circle-Letters (Anm. 5), S. 324 f. gedruckte Brief antwortet darauf, Brief Nr. 14 wiederum auf ihn.
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[24]
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- Brief Nr. 16, Anm. 1: Die korrekte Seitenangabe ist Wackenroder, Sämtliche Werke, S. 245–253, nicht »S. 243-245« (so S. 126). »P Arend« (S. 58) und Anm. 3 (»Diese Person konnte nicht ermittelt werden.«, S. 126): Ich tippe auf eine undeutliche Schreibung Sophies oder einen Lesefehler, denn liest man die Referenzquelle, muss sich Sophie doch auf die preußische Armee beziehen, die Tieck erwähnt.
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[25]
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- Brief Nr. 17, Anm. 1: Es muss heißen Brief vom 5.10.1793, nicht »23.12.1792« (vgl. S. 126), die korrekte Seitenzahl ist 320, nicht »319«. Der bessere Querverweis als hier auf Schweikert wäre allerdings auf Circle-Letters (Anm. 5), S. 326 gewesen.
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[26]
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- Brief Nr. 18, Anm. 1: Man sollte ergänzen, dass Ludwig Tieck dies in seinem Brief vom 13.2.1794 erwähnt, der die Antwort auf Brief Nr. 18 ist.
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[27]
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- Brief Nr. 20, Anm. 1: Der Verweis ist falsch, bei »Schweikert 1971, S. 344-349« gibt es keine »zwei Briefe« Tiecks aus dem Jahr 1794 (so S. 127). Gemeint sein müssen wahrscheinlich Circle-Letters (Anm. 5), S. 348 f. (6.3.1794) und ebd., S. 344 f. (undatiert). Anm. 3: Die Quellenangabe ist erneut falsch, es muss Circle-Letters (Anm. 5), S. 344 f. heißen statt »Schweikert 1971, S. 344 f.« ( vgl. S. 128).
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[28]
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- In Brief Nr. 23 ist sicher nicht das »goetische[] Journal« (S. 68) gemeint, die entsprechende Anmerkung (vgl. S. 129, Anm. 8) führt in die Irre. Ich tippe auf einen Lesefehler, gemeint sein muss natürlich das Poetische Journal, an dem Tieck arbeitet (und von dem auch in Brief Nr. 24 die Rede ist, vgl. Anm. 10, S. 131, sodass dieser Fehler leicht hätte vermieden werden können).
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- Brief Nr. 25 ist vor Nr. 24 anzusetzen und damit sehr viel früher zu datieren als hier angegeben, nämlich zwischen 13.4. und 28.4.1801 und nicht auf »Mai / Juni 1801« (so S. 71). Er rekurriert ganz offensichtlich auf August Wilhelm Schlegels Brief vom 13.4.1801 an Ludwig Tieck, wo auf den Verlust von Tiecks »Romanze« angespielt wird,
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ein Thema, das Sophie aufgreift und berichtigt (vgl. S. 72); in August Wilhelm Schlegels Brief vom 28.4.1801 wird dann schon wieder davon ausgegangen, dass Tieck bereits weiß, dass die »Romanze« nicht verloren gegangen ist.
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In Brief Nr. 25 ist Sophie noch optimistisch, mit auf die geplante Besuchsreise nach Dresden gehen zu können, im Brief Nr. 24 revidiert sie dies.
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- Brief Nr. 25, Anm. 2: Verwiesen wird auf Brief Nr. 24, Anm. 12 (vgl. S. 132), aber die gibt es nicht (und sie wurde, liest man den Brief Nr. 24, ganz offensichtlich vergessen).
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[31]
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- Brief Nr. 27: Mit den »Eumeniden« (S. 76, ohne Anmerkung) ist wohl das Werk Die Eumeniden oder Noten zum Text des Zeitalters (1801 anonym erschienen) gemeint, hinsichtlich des Verfassers muss Sophie Tieck irren. Anm. 10 (vgl. S. 134) führt wohl eher in die Irre.
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[32]
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- Brief Nr. 28 (vorgeschlagene Datierung: »Ende September / Anfang Oktober 1801«, S. 78) ist früher anzusetzen und zwar vor dem 17. September 1801, da Sophie Tieck ihrem Bruder ein Gedicht für den »Almanach« schickt (vgl. S. 78), was August Wilhelm Schlegel im Brief vom 17. September seinerseits erwähnt: »Deine Schwester meldet mir von einem Gedicht für den Almanach, das sie an dich geschickt«.
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Das andere »Gedicht«, von dem hier außerdem die Rede ist (vgl. S. 78), ist natürlich Der Traum von August Ferdinand Bernhardi, Anm. 4 führt hier völlig in die Irre (vgl. S. 135). Die Stelle rekurriert zudem auf August Wilhelm Schlegels Brief vom 10. Juli 1801, hier wird Tieck nämlich jenes »Gedicht in Stanzen« gleichsam zur Probe geschickt, um zu prüfen, ob er den Verfasser erkennt.
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Die Antwort auf Sophies Brief findet sich in Circle-Letters (Anm. 5), S. 360 f., dieser ebenfalls undatierte Brief gehört also offensichtlich zwischen Brief Nr. 28 und 29.
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Anm. 14 (vgl. S. 135) ist zudem irreführend, hier muss ein anderer, vielleicht nicht erhaltener Brief gemeint sein.
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[33]
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- Brief Nr. 30: Anm. 3 ist fehlerhaft, der »letzte uns bekannte Brief« Tiecks ist später anzusetzen als »Juli/August 1801« (so S. 136), und zwar handelt es sich um den bereits genannten, in Circle-Letters (Anm. 5), S. 360f. edierten Brief. Dieser ist selbstverständlich auch nicht die Antwort auf Brief Nr. 30 (so fälschlich in Anm. 6, S. 137), sondern geht diesem deutlich voraus. Die Lesung »Nicolai« (S. 82, vgl. auch Anm. 7, S. 137) ist offensichtlich falsch, sondern gemeint sein muss der Verleger Nicolovius, wie auch durch die Ortsangabe Königsberg wenige Zeilen später offensichtlich ist, dort sind ja auch Sophie Tiecks Wunderbilder und Träume 1802 erschienen.
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- Brief Nr. 32: Man kann bei diesem undatierten Brief den Zeitpunkt auf nach dem 15.3.1802 präzisieren, da August Wilhelm Schlegel Sophie in einem Brief an Ludwig Tieck von diesem Tag entschuldigt, dass sie nach dem Tod ihres Sohnes (wieder) nicht selbst schreibt,
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worauf sie in ihrem Briefeingang rekurriert (vgl. S. 86).
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[35]
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- Brief Nr. 35: Er ist ziemlich sicher nach Brief Nr. 36 anzusetzen, der vage Datierungsvorschlag »Winter 1803« (S. 91) lässt sich wohl auf Februar 1803 präzisieren. Sophie entschuldigt sich, »daß ich Dir das Märchen nicht geschikt habe« (S. 91), was sie in Brief Nr. 36 angekündigt hatte: »Mein Märchen denke ich nun sehr bald zu schiken« (S. 93). Außerdem übersendet sie den ersten Band von Friedrich Schlegels Europa, der im Februar 1803 erschienen ist. Anm. 2: Friedrich Schlegel lebte nicht seit »1803« (so S. 143), sondern seit 1802 in Paris.
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[36]
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- Brief Nr. 36: Die Zeitangabe »vermutlich Dezember 1802/Januar 1803« (S. 93) lässt sich bei diesem undatierten Brief dahingehend präzisieren, dass er, wie aus inhaltlichen Details deutlich wird, nach August Wilhelm Schlegels Brief vom 24.12.1802 an Tieck anzusetzen ist
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und vor Tiecks undatiertem Brief an Schlegel, der bei Lohner im Anschluss gedruckt ist.
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Anm. 8 (vgl. S. 144) ist falsch, Caroline von Finckenstein (nicht »Finkenstein«!) unterhielt eine Liebesbeziehung mit dem Architekten Genelli, die Lebensdaten lauten korrekt 1776-1832 (nicht »1793-1877«, so S. 144).
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[37]
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- Brief Nr. 37, Anm. 10: Es muss korrekt heißen, dass Tieck seit Oktober 1802 (nicht »1803«, so S. 145) in Ziebingen wohnt.
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[38]
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- Brief Nr. 39: Anm. 2 ist falsch, der Fortunat besteht zwar aus zwei Teilen, erschien aber nicht in zwei Teilen 1815 und 1816 und wurde auch nicht in den Phantasus »aufgenommen« (so S. 146), sondern zuerst und ausschließlich innerhalb des dritten Bandes des Phantasus 1816 ediert. »Wahl« (S. 105, vgl. auch Anm. 4, S. 147: »Diese Person konnte nicht ermittelt werden.«) ist ein offensichtlicher Lesefehler, gemeint sein muss Pius Alexander Wolff. Diesen erwähnte Sophie Tieck schon vier Tage zuvor gegenüber Friedrich Tieck, den sie ebenfalls wie hier Ludwig gebeten hatte sich für die Aufführung ihres Schauspiels Egidio und Isabella in Berlin einzusetzen.
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»Tibauch« (S. 106, vgl. auch Anm. 11, S. 147: »Diese Person konnte nicht ermittelt werden.«) ist vermutlich ein Lesefehler, gemeint sein muss jedenfalls der Heidelberger Professor Anton Friedrich Justus Thibaut, der auch in einem Brief von Georg Friedrich Creuzer an Tieck erwähnt wird.
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Weitere, hier nicht kommentierte Namen lassen sich auflösen, so »Nägelz« (vgl. S. 106), gemeint sein muss der Pathologe Franz Carl Joseph Naegele, oder so »Kaiser« (ebd.), gemeint sein muss der Philologe Karl Philipp Kayser, den Tieck in Heidelberg mehrmals besucht hat und der darüber in seinen autobiographischen Aufzeichnungen berichtet.
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Zu ergänzen wäre eine Anmerkung auf S. 102, denn wenn hier von Tiecks »Verhältnisse[n]« die Rede ist, so meint Sophie offensichtlich sein Zusammenleben mit Henriette von Finckenstein, ohne dass sich Tieck von Frau und Töchtern getrennt hat.
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[39]
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- Brief Nr. 40: Anm. 2 ist missverständlich, denn was genau soll mit der »Rückreise nach Deutschland« (S. 148) gemeint sein? Anm. 15: Hier muss als Querverweis Anm. 13 statt »Anm. 14« stehen (vgl. S. 149).
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[40]
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- Brief Nr. 41: Anm. 9 ist abwegig, denn der »junge[] Voß« (S. 112) ist selbstverständlich nicht »Carl von Voß« (so S. 149), sondern Heinrich Voß, mit dem etwa Jean Paul während seiner Heidelberg-Aufenthalte engen Umgang pflegte. Anm. 11 ist in ihrer Relativierung absurd (vgl. S. 150), da die Anspielung auf Shakespeare offensichtlich ist. Anm. 12: Der korrekte Name lautet Schelver, nicht »Schelvar« (vgl. S. 150).
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[41]
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- Brief Nr. 42: Sophie beginnt mit »Ich schrieb dir vor einiger Zeit« (S. 112) und hier müsste als Anmerkung eingefügt werden, dass damit Sophies Brief vom 21.4.1830 gemeint ist, den Trainer ediert hat.
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Fazit
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Die Liste ist mit Sicherheit erweiterbar. Nun ist Edieren und Kommentieren unbestreitbar ein mühsames und anfechtbares Geschäft, aber viele Fehler sind so offensichtlich, dass man einigermaßen ratlos zurück bleibt. Die inhaltlich doch eher dünne Einleitung und die Stilblüten in der Nachbemerkung (»Zu dieser Ausgabe«, S. 151 f.) verstärken das Vertrauen in die Herausgeberinnen nicht eben. Ist es etwa möglich, durch die Edition von Briefen »Lebens- und Werkstadien von Sophie Tieck gültig zu repräsentieren« (S. 151)? Umfangreichere philologische Ausführungen oder eine kurze Erklärung zum Vorgehen und den Kriterien beim Stellenkommentar sucht man hingegen vergebens.
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Gerne würde man die Briefe der Geschwister Tieck – entweder nur die Sophies und Ludwigs oder auch noch Friedrich einbeziehend – im Zusammenhang lesen, aber diese Chance wurde leider vertan. Die geradezu irrsinnige editorische Verstreuung der Briefe von und an Ludwig Tieck schreibt sich damit fort. Immerhin, die bisher bekannten Briefe von Sophie an Ludwig Tieck sind damit bis auf eine Ausnahme ediert.
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Es wird aber auch erneut deutlich, dass hier eine interessante Künstlerfamilie zu beobachten ist, wie sie kaum ein zweites Mal aus einem Handwerkermilieu hervorgegangen sein dürfte, die bei allen Höhen und Tiefen der Beziehung und allen wechselnden, spannungsreichen Konstellationen nie ganz den Kontakt zueinander verloren hat. Diese Gesamtkonstellation könnte künftigen Forschungen, fachübergreifend, durchaus noch ein Augenmerk wert sein.
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Einmal mehr zeigt sich auch, wie dringend eine sorgfältige moderne Edition sämtlicher Briefe von und an Ludwig Tieck geboten wäre und wie schwierig diese Aufgabe ist. Vor Schnellschüssen, das wird deutlich, ist zu warnen, sondern es handelt sich, wie auch ein Blick auf andere Großeditionen lehrt, um ein Projekt wahrscheinlich eher von Jahrzehnten als Jahren, das nur dann wird überzeugen können, wenn es von Experten ins Werk gesetzt wird – und die gibt es im Falle Tiecks nicht eben reichlich. Und so bekommt der Tieckfreund und -forscher zwar neues Material an die Hand, muss dieses aber wie gewohnt mühsam zu einem Gesamtbild vereinen.
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